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Lokales
DuMont-Verfahren gegen den SPIEGEL vor dem Kölner Landgericht
Wahrheitsfindung und Arisierung
Von Albrecht Kieser
Wohl deshalb war die Pressekammer des Landgerichts Köln im Verfahren Alfred Neven DuMont bzw. Verlag M. DuMont Schauberg als Kläger gegen den SPIEGEL nicht an der Wahrheitsfindung interessiert. Die Wahrheit ist in diesem Fall die wahrheitsgemäße Antwort auf eine schlichte Frage. Auf die Frage nämlich: Hat die Familie Neven DuMont im Nationalsozialismus von Arisierungen profitiert? Das hatte der SPIEGEL im Februar 2006 expressis verbis behauptet (und nicht nur er), und das bestreitet das Haus Neven DuMont.
Ach ja, nebelte die Vorsitzende Richterin während der mündlichen Verhandlung am 26. Juli in Köln: "Arisierung - da ist vieles drunter gefasst." Ihr gehe es aber darum, "die Angelegenheit aus der Welt zu schaffen". So schlug sie den anwesenden Streitparteien vor, einen außergerichtlichen Vergleich zu schließen. Diesem Vorschlag schlossen sich die Kontrahenten an. Binnen zwei Wochen werden sie nun versuchen, ihn auch tatsächlich zustande zu bekommen.
Die Pressekammer gab den Parteien mit auf den Weg, was dieser Vergleich beinhalten solle:
Also: Hornberger Schießen beim Landgericht? Nicht ganz. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Gericht wie SPIEGEL haben sich um die Wahrheitsfindung gedrückt. Beide haben dafür ihre speziellen Gründe. Und der Verlag M. DuMont Schauberg bzw. Alfred Neven DuMont? Die haben bekanntlich die Wahrheitsfindung zur Geschichte des Verlages im Nationalsozialismus einem Historiker übertragen. Wir unterstellen: der wird sie irgendwann liefern. Aber das kann dauern.
Wohl deshalb sind die Kläger in diesem Verfahren (und den weiteren Verfahren gegen andere Journalisten) bis dahin an einer Wahrheitsfindung in Sachen Arisierung, zumal wenn sie durch Dritte geschieht, nicht interessiert.
Online-Flyer Nr. 55 vom 02.08.2006
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Lokales
DuMont-Verfahren gegen den SPIEGEL vor dem Kölner Landgericht
Wahrheitsfindung und Arisierung
Von Albrecht Kieser
Wohl deshalb war die Pressekammer des Landgerichts Köln im Verfahren Alfred Neven DuMont bzw. Verlag M. DuMont Schauberg als Kläger gegen den SPIEGEL nicht an der Wahrheitsfindung interessiert. Die Wahrheit ist in diesem Fall die wahrheitsgemäße Antwort auf eine schlichte Frage. Auf die Frage nämlich: Hat die Familie Neven DuMont im Nationalsozialismus von Arisierungen profitiert? Das hatte der SPIEGEL im Februar 2006 expressis verbis behauptet (und nicht nur er), und das bestreitet das Haus Neven DuMont.
Ach ja, nebelte die Vorsitzende Richterin während der mündlichen Verhandlung am 26. Juli in Köln: "Arisierung - da ist vieles drunter gefasst." Ihr gehe es aber darum, "die Angelegenheit aus der Welt zu schaffen". So schlug sie den anwesenden Streitparteien vor, einen außergerichtlichen Vergleich zu schließen. Diesem Vorschlag schlossen sich die Kontrahenten an. Binnen zwei Wochen werden sie nun versuchen, ihn auch tatsächlich zustande zu bekommen.
Die Pressekammer gab den Parteien mit auf den Weg, was dieser Vergleich beinhalten solle:
- Erstens müsse der SPIEGEL Fehler und Ungenauigkeiten in seinem damaligen Artikel korrigieren, die nicht oder nur schwer haltbar seien. Wie etwa die, drei Grundstücke neben dem Stammsitz des Verlages in der Breite Straße, die vormals dem jüdischen Wäschereibesitzer Brandenstein gehört hatten, seien 1938 nur sechs Wochen im Besitz des Gerling Konzerns gewesen und wären direkt danach von Gabriele Neven DuMont gekauft worden. Die Gattin des damaligen Verlegers hatte die Grundstücke aber erst 1941 vom Gerling-Konzern gekauft. Das z.B. solle richtiggestellt werden, wie auch die unpräzise Formulierung, den ursprünglichen jüdischen Vorbesitzern, deren Grundstücke die Familie Neven DuMont bzw. die Versorgungskasse des Verlages 1938 bzw. 1941 käuflich erworben hatten, sei ihr Eigentum "enteignet" worden. Das ist es nach gängigem Sprachverständnis nicht. Das Eigentum der Brandensteins ist zwangsversteigert und nach dem heutigen Verständnis der Historikerzunft "arisiert" worden. Denn "Arisierung" - das hat sogar Eingang ins lexikalische Wissen gefunden - ist "die Übernahme jüdischer Wirtschaftsunternehmen durch Nichtjuden ("Arier") unter dem nationalsozialistischen Regime. Da die Juden durch staatliche Verfolgungsmaßnahmen zum Verkauf ihrer Vermögenswerte gezwungen und auf vielfältige Weise benachteiligt waren, brachte die Arisierung den Käufern erhebliche Gewinne" (Das große Bertelsmann Lexikon in 15 Bänden von 1989).
- Zweitens solle der SPIEGEL solche Fehlerberichtigungen in einem redaktionellen (allerdings mit dem Kontrahenten bis in die einzelnen Formulierungen auszuhandelnden) Beitrag vornehmen. Klappt´s, dann braucht der SPIEGEL keinen formalen (und unangenehmen) Widerruf ins Heft nehmen.
- Drittens müssten, sollten und brauchten sich die Kontrahenten der strittigen Kernfrage, ob in den damaligen Eigentumsübergängen nun ein "Profitieren von Arisierungen" zu sehen sei, nicht weiter widmen.
Also: Hornberger Schießen beim Landgericht? Nicht ganz. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Gericht wie SPIEGEL haben sich um die Wahrheitsfindung gedrückt. Beide haben dafür ihre speziellen Gründe. Und der Verlag M. DuMont Schauberg bzw. Alfred Neven DuMont? Die haben bekanntlich die Wahrheitsfindung zur Geschichte des Verlages im Nationalsozialismus einem Historiker übertragen. Wir unterstellen: der wird sie irgendwann liefern. Aber das kann dauern.
Wohl deshalb sind die Kläger in diesem Verfahren (und den weiteren Verfahren gegen andere Journalisten) bis dahin an einer Wahrheitsfindung in Sachen Arisierung, zumal wenn sie durch Dritte geschieht, nicht interessiert.
Online-Flyer Nr. 55 vom 02.08.2006
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