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Aktueller Online-Flyer vom 07. Mai 2025  

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Kultur und Wissen
Erklärung zur "geschertzten"  Kritik an der Anwaltskanzlei Schertz Bergmann
Kein Scherz
Von Professor Hans See

Die erste geschwärzte, faktisch die zweite, Auflage des Buches "Der Bankier" von Werner Rügemer ist vergriffen. Die jetzt erschienene dritte muss mit weiteren Schwärzungen erscheinen. Diesmal wurde meine in der vorigen Auflage abgedruckte Kritik an den Methoden der Berliner Anwaltskanzlei Schertz Bergmann zum Gegenstand eines privaten Angriffs auf die in Artikel 5 unserer Verfassung garantierte Meinungs- und Pressefreiheit. Die Anwaltskanzlei wurde in eigener Sache aktiv.
Ich betrachte ihre Einstweilige Verfügung als anmaßenden Anspruch, die Schilderung meiner Eindrücke von ihrer Arbeitsweise als Majestätsbeleidigung aufzufassen. Das ist aus meiner Sicht auch ein unzulässiger Versuch der Einschränkung meiner von der Verfassung verbürgten Wissenschaftsfreiheit und meiner als gemeinnützig anerkannten Aufklärungsarbeit, die ich als Gründer und Vorsitzender der Bürger- und Menschenrechtsorganisation Business Crime Control e.V. und als verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift BIG Business Crime seit 15 Jahren ehrenamtlich leiste. Dabei ging es mir in meinem Artikel keineswegs nur um Schertz Bergmann, sondern um die von vielen Chefredakteuren beklagte "anwaltsindustrielle Markterschließung". Es war der Chefredakteur der "Welt", Roger Köppel, der diese Fehlentwicklung gegenüber der Frankfurter Rundschau vom 21. Juli 2006 voll zutreffend auf den Begriff brachte.

Ich würde nach dieser eigenen Erfahrung mit der - nicht nur von Schertz Bergmann - geübten Praxis, in meine Kritik auch die Unterzeichner der Einstweiligen Verfügung des Berliner Landgerichts einbeziehen, weil sie diese Verfügung trotz ihrer Bedeutung ohne mündliche Verhandlung erlassen haben. Denn in meinem Beitrag wird nur Methodenkritik geübt, selbstverständlich am Beispiel der Anwaltskanzlei, aber unter Einbeziehung allgemein beobachteter Entwicklungen. Es ging mir nicht um Schertz Bergmann, sondern darum, dass die Methode (nämlich Nebensachen zur Hauptsache zu machen und damit die Verbreitung der Hauptsache zu unterbinden) aus meiner Sicht verfassungswidrig ist.

Schertz Bergmann beklagt sich über "Eindrücke", die ich in meinem Bericht zu ihrem Nachteil erzeugt habe. Wahr ist, dass die Kanzlei diese Eindrücke durch ihr Vorgehen gegen Rügemer, den Verlag und gegen Buchhändler selbst erzeugte. Ich darf leider hier diese Eindrücke nicht wiederholen. Ich weiß freilich nicht genau warum. Habe ich das Urheberrecht verletzt? Ich habe natürlich nicht hinreichend belegt, dass die Anwaltskanzlei diese Eindrücke selbst erzeugt hat. Ich habe versäumt, ausdrücklich auf ihre Urheberschaft hinzuweisen. Ich dachte, dass das ohne ausdrückliche Erwähnung deutlich sei. Aber die Richter haben es nicht erkannt.

Wie kommt eine seriöse Kanzlei dazu, die von ihr selbst erzeugten Eindrücke, wenn sie wirklich falsch sind, verbieten zu lassen? Sie könnte sich doch - wie ein mit der Etikette nicht vertrauter Gast - einfach entschuldigen, durch ihr Verhalten die falschen Eindrücke erweckt zu haben. Stattdessen hängt sie mir - unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000, in Worten zweihundertfünfzigtausend Euro, ersatzweise 6 Monate Haft - einen Maulkorb um. Wo bleibt da Angela Merkel? Kämpft sie nur in Russland und China für die Meinungsfreiheit kritischer Minderheiten und eine freie Presse? Sollte sie nicht erst einmal ihre Hausaufgaben machen? Oder glaubt sie, wir hätten aus Jux und Dollerei "die andere Bürger- und Menschenrechtsorganisation" BCC gegründet?

Wer hat das Urheberrecht von "Eindrücken"?


Die inkriminierten Passagen meiner Kritik an den falsche Eindrücke erweckenden Praktiken der Anwaltskanzlei - die ich hier nicht wiedergeben darf, bevor nicht gerichtlich geklärt ist, ob ich sie am Ende doch wieder publizieren darf - sind in der dritten Auflage des Buches "Der Bankier" nun ebenfalls geschwärzt. Sie berühren - wie die beanstandeten Passagen des Rügemer-Buches - nur am Rande das, worum es wirklich geht. Die Frage, ob man die "Eindrücke", die nachweisbar befremdlichen Praktiken einer Anwaltskanzlei oder eines anderen Unternehmens hinterlassen, unabhängig davon, ob diese Eindrücke aus Sicht derer, die sie vermitteln, richtig oder falsch sind, in einer Kritik dieser Praktiken nicht schildern darf, wird ein Gericht entscheiden. Es kann durchaus sein, dass die Klärung in erster Instanz nicht gelingt. Hier könnten Überlastung und Routine - wie Erfahrung lehrt - zu einem ernsten Hindernis der Rechtsfindung werden. Für die Verschlankung des Staates können Richter und Richterinnen der unteren Stufen der Hierarchie nichts. Allenfalls Bundesrichter. Für "Bürokratieabbau" sind hauptsächlich Unternehmerverbände, Großunternehmen, Beraterkonzerne und ihnen ideologisch nahe stehende Politiker und Wissenschaftler verantwortlich zu machen.

Sollte jedoch ein Gericht auch der letzten Instanz die Methoden von Schertz Bergmann absegnen, nämlich erst falsche Eindrücke zu erwecken und dann die öffentliche Kritik ihrer Arbeitsweise verbieten zu lassen, müssten Business Crime Control und viele andere demokratische kapital- und umweltkritische Vereine, besonders die gemeinnützigen, ihre Öffentlichkeitsarbeit bald einstellen. Es wäre dann leicht möglich, sogar das Erscheinen größerer Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich SPIEGEL, mit dem Vorwand zu verhindern, in einem kritischen Artikel, und ein kritischer ist garantiert in jeder Ausgabe zu finden, würden irgendwelche Persönlichkeitsrechte verletzt und falsche Eindrücke über die Kritisierten erweckt. Diese angeblichen Rechtsverletzungen per Einstweiliger Verfügung zu verhindern, könnte bedeuten, die wirklichen Rechtsverletzungen von Unternehmen, Unternehmern oder Managern nicht mehr ungestraft kritisieren zu können.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich halte es für richtig, dass die Persönlichkeitsrechte, wessen auch immer, vor Paparazzi und sensationslüsternen Schlüssellochjournalisten geschützt werden. Dieser notwendige Schutzanspruch darf aber nicht auf diejenigen ausgedehnt werden können, die durch ihre Geschäfte die sozialstaatliche Demokratie untergraben, Bürger- und Menschenrechte ignorieren oder gar verletzten und die Öffentlichkeit manipulieren. Daher ist die kritische Auseinandersetzung mit diesem Problem, das sich zur Landplage auszuwachsen droht, überfällig. Und dies nicht nur vor Gerichten. Denn es ist längst keine rein juristische Frage mehr, sondern ein brennendes gesellschaftspolitisches Problem, das den Kernbereich demokratischer Freiheitsrechte berührt.

Business Crime Control e.V. wird diese Herausforderung annehmen. Dazu habe ich 1991 mit Freunden BCC gegründet. Ich sehe einen immer schamloser betriebenen Missbrauch wirtschaftlicher Macht. Wir wissen aus verschiedenen Untersuchungen, dass die Deutsche Bank und die Dresdner Bank während des "Dritten Reichs" in weitgehend geklärte Verbrechen verwickelt waren, und wir wissen, dass diese beiden Banken in teilweise noch klärungsbedürftige Machenschaften bis in unserer Gegenwart hinein verstrickt sind. Wenn nun Rügemer die Oppenheim Bank kritisch beleuchtet, die bisher einer solchen Kritik weitgehend entging, ist dies im Interesse unserer demokratischen Grundordnung notwendig. Wenn aber diese Kritik mit der Keule vorgeschobener Persönlichkeitsverletzungen von spezialisierten Anwaltskanzleien und offensichtlich überlasteten Gerichten, die keine Zeit mehr zu mündlichen Verhandlungen haben, vom Markt gefegt wird, und wenn die mit dieser Aufgabe beauftragte Anwaltskanzlei auch noch meine Kritik an ihrer Methode mit gerichtlicher Zustimmung unterbinden darf, dann ist aus meiner Sicht für diese Demokratie Gefahr in Verzug.

Machtmissbrauch: Kein Ausrutscher


Dass Rügemers Buch nicht geschrieben wurde, um Persönlichkeitsrechte zu verletzten, darf unterstellt werden. Er kämpft freilich nicht für die Rechte von Banken und Bankiers, die sich selbst zu helfen wissen oder sich Helfer in ausreichender Zahl und Qualität kaufen können. Ihm ging und geht es um die Rechte derer, die die Rechnungen skrupellosen Machtmissbrauchs in Form von Arbeitslosigkeit, Lohn- und Sozialleistungskürzungen, Mehrwertsteuererhöhung, selbst gemachten politischen und Umweltkatastrophen bezahlen müssen. Es ging und geht ihm, und damit bewegt er sich als Stellvertretender Vorsitzender von Business Crime Control im Rahmen unseres als gemeinnützig anerkannten Aufklärungsauftrags, in seinen Büchern, Aufsätzen und Artikeln immer um Aufklärung über die Macht und den von vielen Politikern geschützten und unterstützten Machtmissbrauch von Wirtschaftsunternehmen.

Im Buch "Der Bankier" geht es um Bankenmacht am Beispiel der Bank Sal. Oppenheim. Rügemer schildert den Aufstieg dieser Bank in frühkapitalistischen Zeiten, in denen schon - wie heute - die Finanzierung von Rüstungsgeschäften und Kriegen eine große Rolle spielte und zur Akkumulation privaten Reichtums beiträgt. Er setzt sich mit der bisher kaum beachteten Aktivität dieser Bank bei einem Arisierungsfall auseinander. Er zeigt, dass die Bank Sal. Oppenheim, obgleich die CDU in Nordrhein-Westfalen im Februar 1947 ihr berühmtes Ahlener Programm verabschiedet hatte, in dem für notwendig erklärt wurde, künftig den Missbrauch wirtschaftlicher Macht zu verhindern, in der jungen westdeutschen Demokratie verdeckte Parteienfinanzierung betrieben hat. Sie hat der Partei Konrad Adenauers, die damals keine Mitglieder-, sondern eine Honoratiorenpartei, also schwach bei Kasse war, am Wählerbewusstsein vorbei materielle Hilfe geleistet.

Dass sich Rügemer überhaupt mit dieser Bank befasste, hatte jedoch einen hoch aktuellen Anlass, nämlich ihre Verstrickung in die Kölner Klüngelwirtschaft. Die Rückblenden in die Geschichte dienten nur dem Nachweis, dass Machtmissbräuche von Wirtschaftsunternehmen bis hin zum Rechtsbruch, dass Missachtung demokratischer Willensbildungsprozesse, und dass, wie sich jetzt wieder zeigt, auch die Bekämpfung der Meinungs- und Pressefreiheit, wenn es um Kritik an den eigenen Geschäftpraktiken geht, auch bei angesehenen Banken nicht einfach "Ausrutscher" sind, sondern eine lange Geschichte haben. Dass sich die Geschichte von Banken in der allgemeinen Geschichte niederschlägt, in Weltwirtschaftskrisen und Weltkriegen, in der Zerstörung gesellschaftlicher Strukturen, sozialstaatlicher Ordnungen, auch der natürlichen Lebensgrundlagen der Gattung Mensch, ist inzwischen millionenfach in wissenschaftlichen Untersuchungen und Sachbüchern dokumentiert und wird sogar von ansonsten völlig unkritischen Massenmedien (wegen des hohen Marktwerts von "Sensationen" und "Skandalen") täglich verifiziert.

Daher rührt die große Aufmerksamkeit, die der Rechtsstreit zwischen Autor Rügemer und Nomen Verlag auf der einen, und Bank Sal. Oppenheim und Anwaltskanzlei Schertz Bergmann auf der anderen Seite findet. Interessant ist, dass ausgerechnet die "Welt", deren Chefredakteur Roger Köppel sich (siehe oben) so zutreffend im Artikel der FR zum Maulkorb für Rügemer über die "anwaltsindustrielle Markterschließung" geäußert hat, in der Ausgabe vom 4. August 2006 eine Rezension des Buches "Der Bankier" veröffentlichte, die den großen Zeitungen "Zeit" und "Frankfurter Rundschau" und der Tageszeitung" übel nimmt, dem kleinen David Rügemer in seinem Kampf gegen den Goliath Bank Oppenheim "beigesprungen" zu sein. Diese Rezension kann als eine indirekte Rechtfertigung der "Schwärzungen" gelesen werden. Die Rezension ist eine in Teilen bösartige Polemik des Zeithistorikers und Journalisten Sven Felix Kellerhoff gegen Rügemer. Er nennt seinerseits Rügemers "Bändchen" ein "Pamphlet". Unter der Überschrift "Vergangenheitsbewältigung - Brisante Falschheiten" macht Kellerhoff zuerst einmal seinem Ärger gegen diejenigen Luft, die Sympathie für Rügemers Kampf zeigen. Denn täten sie es nicht, könnte man Rügemer ignorieren, der den David doch nur "spielt", sich inszeniert. Welchen Eindruck will Kellerhoff erwecken? Will er sagen, Rügemer liege gar nichts an den Machenschaften der Bank, er kämpfe nur gegen sie, um - wie er am Ende schreibt - "den unseligen DDR-`Antifaschismus´" fortzuführen? Verletzt er damit vielleicht die Persönlichkeitsrechte Rügemers? Oder greift er ins Waffenarsenal der um ihren verlorenen Klassenfeind trauernden kalten Krieger, weil ihm keine besseren Argumente zur Rechtfertigung des Missbrauchs von Bankenmacht einfallen?

Nachhutgefechte


Kellerhoff inszeniert sich als kalten Krieger, er relativiert Unrecht, denunziert die "Junge Welt", für die unter anderen Rügemer Artikel schreibt, als das "Lieblingsblatt aller Stasi-Kader". Woher weiß er das? Hat er es selbst recherchiert? Wer sind diese Stasi-Kader? Er vermittelt Eindrücke, aber ohne Belege. Warum erwähnt er nicht, dass die Frankfurter Rundschau schon große Rügemer-Artikeln abdruckte, die "Welt" (22.3.02) eine ganze Seite von Rügemer über den Kölner Klüngel abdruckte? Außerdem einige der geschwärzten Stellen in seinem Buch auf Zitate aus der "Welt" zurückgehen. Warum verschweigt er die Zeitschrift BIG, für die Rügemer regelmäßig Artikel schreibt und - trotz ihrer Linkslastigkeit - wegen ihrer Realitätsnähe nicht nur von Linken, sondern auch von Mittelständlern (meist Opfern von Banken und Versicherungen und deren Gutachtern) sowie eher konservativen Wirtschaftskriminalisten, Staatsanwälten, Richtern gelesen wird.

Die FR, Die Zeit, die TAZ und andere Zeitungen nehmen das Anliegen "David" Rügemers und seinen Kampf gegen "Goliath" Bank Oppenheim sehr ernst. Es geht nämlich - unabhängig von diesem konkreten Fall - um die Verteidigung der Meinungs- und Pressefreiheit, den tragenden Säulen der Demokratie. Kellerhoff dagegen bietet - statt diese Werte zu verteidigen - einer neuen Einstweiligen Verfügung gegen Rügemer und sein Buch "Der Bankier" Flankenschutz. Bank und Anwaltskanzlei wollen nämlich neuerdings beweisen, dass nicht nur Nebensachen herhalten müssen, um die Verbreitung heikler Tatsachen wie die Mitwirkung an der Arisierungspolitik verhindern zu können.

Experte für Zeitgeschichte Kellerhoff liefert also "Beweise", dass Rügemers Vorwürfe in Sachen "Arisierung" überhaupt "nicht wahr" sind. Immerhin habe die Kölner NSDAP am 1. August 1944 (das war rund elf Jahre nach Errichtung der Nazidiktatur) der Gestapo mitgeteilt, sie habe Friedrich Carl von Oppenheim schon wegen seiner nicht-arischen Abstammung die politische Zuverlässigkeit aberkannt, 1944/45 habe Friedrich Carl in Gestapohaft gesessen und sein Bruder Waldemar sei steckbrieflich gesucht worden. Was hat das alles mit Rügemers Feststellung zu tun, dass sich die Bank nach 1945 - wenn es ihr nützlich erschien - das Image der verfolgten jüdischen Bank übergestülpt habe? Wurde die Bank arisiert, oder wirkte die Bank bei der Arisierung der luxemburgischen Lederfabrik "Ideal" mit? Darum geht es doch. Und sie wirkte mit. Auch wenn es ihr in diesem Falle versagt blieb, trotz großer Bemühungen am Ende den Zuschlag zu bekommen, was Rügemer übersah. Fest steht: Die Bank wollte die luxemburgische Lederfabrik arisieren. Wenn also Rügemer nun den Satz schwärzen muss, in dem er behauptet, die Bank Pferdmenges (wie sie damals hieß - HS) und die Dresdner Bank hätten sich in alter Freundschaft und "brüderlich-verbrecherisch die Beute geteilt", dann wird damit zwar ein bedauerlicher Recherche-Fehler Rügemers, nicht aber seine Aussage über die Mitwirkung der Bank bei der Arisierung korrigiert. Vielleicht weiß Kellerhoff besser als Rügemer, wie viele Arisierungsprojekte neben der von ihm erwähnten niederrheinischen Textilfabrik die Oppenheim Bank noch verfolgte. Er sollte es öffentlich machen.

Und was meint bitte Arisierungsspezialist Kellerhoff mit dem Satz: "Beide Vorgänge waren `formal´ Arisierungen."? Will er sagen, die Enteignungen der beiden Lederfabriken, von denen die Bank Pferdmenges zu ihrem Bedauern nur eine bekam, seien der NS-Rechtsordnung gemäß vollzogen worden, also auch rechtens? Oder soll es heißen, die Fabriken seien nur dem Anschein nach arisiert worden? Und was soll der Vorwurf, Rügemer habe "die seltsame Karriere von Harald Kühnen", dem "Arisierungsspezialisten" der Dresdner Bank, in der Bank Oppenheim von 1950 bis zu seinem Tod 2002, zwar angesprochen, aber er habe sie "nicht selbst recherchiert", sondern dem "hochseriösen Forschungsprojekt" entnommen, "das die Dresdner Bank zu ihrer Vergangenheit finanziert hat". Hat Sven Felix Kellerhof alles selbst recherchiert, was er in seinen Artikeln und Büchern geschrieben hat? Hat er alles selbst recherchiert, was er an historischem Wissen erworben hat und nun Rügemer besserwisserisch entgegenhält? Er hat Rügemer, der ihn deshalb anrief, nicht einmal verraten, wie er auf die "mindestens 89 sachliche Fehler" kommt, die er in seiner Rezension unterstellt. Verletzt es Kellerhoffs Persönlichkeitsrechte oder erwecke ich einen falschen Eindruck, wenn ich ihn hier öffentlich frage, ob der Eindruck, den seine Rezension auf mich macht, richtig oder falsch ist, dass ihn, den Zeithistoriker, die Bank Oppenheim vielleicht beauftragt haben könnte, den Arisierungsvorwurf zu relativieren? Auftrag oder nicht, er hat es getan.

Ich kann allerdings nicht erkennen, dass gerichtlich durchgesetzte Schwärzungen und denunziatorische Rezensionen von ihren Urhebern Schaden abwenden. Im Gegenteil. Sie helfen allen, die nicht wahrhaben wollen, wie es um die "Freiheit" in diesem unserem Lande bestellt ist, wenn man der Wirtschaft Machtmissbrauch nachweist, sich mit Tatsachen und Gefahren auseinanderzusetzen, die ihnen vielleicht selbst gefährlich werden. Das schadet - hoffentlich - all jenen, die wirtschaftliche Macht missbrauchen oder dabei - bezahlt oder freiwillig - den Mächtigen beispringen, ihn zu verschleiern, zu rechtfertigen oder zu relativieren. Die Unterdrückung der Kritik an Mächtigen trägt - Lob der Dialektik - auch zur Aufklärung über Missstände bei. So funktioniert - wenn sie funktioniert - Demokratie.

Buch: Der Bankier

Werner Rügemers Buch in der 3. Auflage

Hans Sees Erklärung finden Sie in Werner Rügemer "Der Bankier - Ungebetener Nachruf auf Alfred Freiherr von Oppenheim". Da die bereits geschwärzte Ausgabe durch eine weitere einstweilige Verfügung gestoppt ist, bringt der Nomen Verlag bis zur gerichtlichen Klärung das Buch mit einer weiteren Schwärzung heraus. Umfang: 136 Seiten, erschienen am 12.08.2006, Preis: 14,- Euro, ISBN: 3 - 939816 -00 - 0

Die NRhZ berichtete über Angriffe auf die Presse- und Meinungsfreiheit im Zusammenhang mit Rügemers Buch in den Ausgaben
50, 56, 57.

Online-Flyer Nr. 58  vom 22.08.2006



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