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Aktueller Online-Flyer vom 03. Oktober 2024  

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Inland
Bericht 1: Gerichtsverhandlung Reiner Füllmich, Göttingen, 2. Februar 2024
Auf hoher See
Von Daniela Göken

Es ist schon ein großer Augenblick für mich: Ich betrete zum ersten Mal in meinem Leben den Verhandlungssaal eines Gerichtes. Nein, nicht als Beteiligte des Verfahrens, nur als Zuschauerin bin ich hier und natürlich als Unterstützerin des Angeklagten. Ich bin positiv überrascht. Obwohl am Eingang streng kontrolliert wird, obwohl überprüft wird, ob ich Waffen bei mir trage, obwohl mir alles abgenommen wird, was ich bei mir habe (bis auf ein Notizbüchlein und einen Stift) trotz allem zeigen doch die Mitarbeiter, dass sie keine Unmenschen sind und durchaus auch freundlich sein können. Manchmal drücken sie sogar ein Auge zu. Aber davon später mehr. Der Saal ist nicht sehr groß, alles ist ziemlich nah beieinander, was aber positiv zu werten ist, da man sich sogar als Zuschauer so fühlt als sei man mittendrin im Geschehen. Es ist auch gar nicht so düster wie ich es mir vorgestellt habe: Eine große Fensterfront lässt viel Licht herein und auch für frische Luft ist gesorgt.


Reiner Füllmich, Kassel, 20. März 2021 (Foto: Arbeiterfotografie)

Auf der einen Seite befinden sich die Tische, an denen die Beteiligten Platz nehmen werden: Auf der einen Seite der Angeklagte mit einer Verteidigerin, auf der anderen Seite stehen die Schilder mit den Namen der beiden Anzeigeerstatter. Dort wird es relativ leer bleiben, denn nur der Staatsanwalt wird von der Seite der Anzeigenden erscheinen. Nur durch eine niedrige Wand von dem Verhandlungsbereich getrennt befinden sich die 3 Reihen mit Zuschauerplätzen. Sie sind aufsteigend angeordnet, sodass alle eine gute Sicht auf das Geschehen haben. Es freut mich sehr, dass fast alle Zuschauerplätze besetzt sind. So ist die relativ große Unterstützung des Angeklagten in der Bevölkerung für die Verhandelnden stets sicht- und erlebbar.

Es geht heute um die weitere Vernehmung des Angeklagten, mit der man beim ersten Termin nicht zum Ende gekommen war.

Ich bin sehr überrascht, auch diesmal wieder angenehm. Das Gespräch zwischen dem Richter und dem Angeklagten wird auf Augenhöhe geführt. Es hört sich ganz und gar nicht so an, wie man sich die Vernehmung eines seit fast vier Monaten inhaftierten Mannes vorstellt. Manchmal kann man sogar den Eindruck gewinnen, da sitzen Vertraute beisammen, von denen einer „aus dem Nähkästchen“ plaudert. Ja, der Angeklagte plaudert viel „aus dem Nähkästchen“, aber das liegt keinesfalls daran, dass er so redselig ist und gerne Heimlichkeiten ausplaudert, sondern eher daran, dass die Geschichte, die hier erzählt werden muss, die endlich einmal erzählt werden darf, eine über alle Maßen verzwickte und rätselhafte ist, bei der einem der Mund offen stehen bleibt, bei der man lachen und weinen und sich wundern kann und bei der noch ganz andere Gefühle hochkommen bei den Zuhörern, Gefühle wie Bestürzung, Unglauben, Ärger und … vielleicht sogar Wut. Wut auf eine Gruppe von Menschen, die sich dem Anschein nach verschworen hat einen anderen Menschen zu ruinieren, in jeder Hinsicht zu ruinieren (anders kann man das einfach nicht ausdrücken).

Am Gefühlsintensivsten, geradezu herzzereißend ist das, was der Angeklagte sagt, als der Richter ihn über seine finanzielle Situation befragt und die Rede auf seine Frau kommt. Denn da zeigt sich, dass er sich ausschließlich Sorgen um sie macht, überhaupt nicht um sich selbst. Dabei ist er doch eigentlich derjenige, der das größte, das geradezu untragbare Päckchen zu tragen hat.

Zuerst beschreibt er sie so: „Sie ist sehr klug. Und sie ist sehr zurückhaltend. … Sie ist ein kleiner Engel!“ Und dann kommt der entscheidende, der durchaus anklagende Satz, vor allem an den Staatsanwalt gerichtet, der dort sitzt und der alles zu verantworten hat: „Und durch das hier wird sie schwer beschädigt!“

Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Es handelt sich keinesfalls um eine Märchenstunde, die hier stattfindet. Es ist nicht so, dass der Angeklagte nur plaudert oder erzählt. Er hat mehrere Ordner dabei, in denen er sich bestens auskennt, sodass er alles, was er sagt genau belegen kann.

In der kurzen Pause bleibe ich auf meinem Platz sitzen. Der Angeklagte darf ebenfalls im Raum bleiben und wird nicht in seine ungemütliche Warte-Gitterzelle im Keller gebracht. Da kommt mir ein Gedanke. Jetzt wäre doch eigentlich die Gelegenheit, ihm die Frage zu stellen, die mir schon lange auf den Nägeln brennt: Wann würde die Geschichte, die er begonnen hatte für die Öffentlichkeit zu erzählen endlich fortgesetzt werden, die Geschichte, die von dem handelte was ihm passiert war im Corona-Ausschuss und in der Zeit die darauf folgte. Es gab noch so Vieles, das rätselhaft geblieben war und wofür ich gerne eine Erklärung gehabt hätte.

Auf meine Frage hin, ob es erlaubt sei mit dem Angeklagten zu sprechen, verneint der Mitarbeiter. Aber da mischt sich der Betroffene, der ja juristisch bewandert ist selbst ein und meint, es sei ihm erlaubt mit Besuchern zu sprechen. Deshalb traue ich mich meine Frage zu stellen. Während des kurzen Gespräches wird mir klar, dass der Angeklagte noch Geschichten ohne Ende auspacken könnte, allesamt Geschichten, die die Anzeigeerstatter und mit ihnen verbundene Personen stark belasten. Nun ja, der Prozess hat ja gerade erst begonnen. Der Unterhaltungswert ist auf jeden Fall schon jetzt sehr groß und man kann erahnen welche Dimensionen er noch annehmen könnte.

Abschließend kann ich sagen, dass ich sehr froh bin, die eineinhalbstündige Autofahrt auf mich genommen zu haben um live bei der Verhandlung dabei sein zu können. Und das war ganz bestimmt nicht mein letzter Besuch in der schönen Stadt Göttingen. Das Spannendste kommt ja noch: Die Anhörung der Anzeigeerstatter, die bisher noch nicht in Erscheinung getreten sind. Dann kann das Rätselraten über ihre tieferen Beweggründe beginnen, denn es passiert ganz bestimmt das erste Mal in der Geschichte, dass sich kritische Menschen zusammenfinden um in einem Regierungsunabhängigen Untersuchungs-Ausschuss gemeinsam Aufklärungsarbeit zu betreiben um sich dann hinterher wegen relativer Lappalien (im Vergleich zu den Verbrechen, die sie eigentlich aufklären wollten) vor Gericht zu zerren. Aber alles hat seinen Sinn im Leben. Auch daraus wird etwas Gutes entstehen. Vergessen wir nicht (Johannes Kienau, Inschrift im Rathaus zu Bremen):

Gottes sind Wogen und Wind,
Segel aber und Steuer,
dass ihr den Hafen gewinnt,
sind euer.

Dass Reiner Füllmich wie kein anderer in der Lage ist, sein persönliches Schiff sicher durch hohe Wogen und starke Stürme zu steuern, ist uns wohl allen in den letzten Jahren, in denen wir seine Arbeit verfolgen konnten, klar geworden. Er ist eine Art moderner Held, das zeigt die Beachtung, die sein Fall auf der ganzen Welt findet. Ich wünsche ihm, dass er ganz bald sicher in den Hafen einläuft, dass er so schnell wie möglich sein gewohntes Leben wiederaufnehmen und seine Frau in die Arme schließen kann! Die Fähigkeiten, das Segel richtig zu setzen und das Steuer einfühlsam zu bedienen hat er auf jeden Fall!

Mögen die starken Winde, die ihn erfasst haben, und die einen anderen umgepustet hätten, sich segensreich auswirken. Wir alle werden davon profitieren.


Der Bericht gesprochen:




Siehe auch:

Bericht 2: Gerichtsverhandlung Reiner Füllmich, Göttingen, 7. Februar 2024
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=29011

Bericht 3: Gerichtsverhandlung Reiner Füllmich, Göttingen, 27. Februar und 1. März 2024
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=29012

Online-Flyer Nr. 827  vom 08.03.2024



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