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Medien
ARD-Presseclub am 12.03.2023
Politik als Spiegel von Bildung
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

In der Sendung "Presseclub" am 12.03.2023 wurde richtig festgestellt, dass Deutschland in Europa die schlechtesten Gebäude für Schulen hat, aber es wurde nicht gesagt, dass in solchen schlechten Gebäuden oftmals nicht einmal die sanitären Mindeststandards eingehalten werden, so dass Kinder in den Grundschulen exponiert sind, Infektionen zu bekommen, vor allem in Armutskommunen. In einem defizitären Gebäude fühlt man sich nicht wohl, und wenn man sich nicht wohl fühlt, lernt man natürlich schlecht. Zudem gibt es nicht ausreichend Lehrer, die auch eine gute Allgemeinbildung haben. So erscheint das Bildungssystem Deutschlands eher als bildungsbehindernd. Milliarden werden für die Bildung gebilligt, aber wofür konkret? Die Zwecke dieser Milliarden müssen genau bestimmt werden, um ihre richtige Investition zu sichern und eine Verschwendung zu vermeiden.

In täglichen Medienverlautbarungen gespiegeltes Bildungsdesaster

Das Bildungsdesaster Deutschlands spiegelt sich im täglichen Desaster der Mediendarstellung, wo Recht und Gesetz keine Rolle spielen. Gerade der Mangel an einer zivilen Kultur, die Unkenntnis der Grundlage der Verfassung bzw. des Grundgesetz, die Unkenntnis des Völkerrechts bzw. der Charta der Vereinten Nationen ist Ursache dieser Missachtung.

Die Missachtung der Gesetze führt uns in die Tyrannei

Der einstige US-Präsident John F. Kennedy könnte deutsche Führungskräfte inspirieren, denn er bleibt für immer ein Vorbild für viele Deutsche, gerade in Berlin, gerade im Bundeskanzleramt. Er sagte einmal sinngemäß: „Die Missachtung der Gesetze führt uns in die Tyrannei. Uns Amerikanern steht es frei, die Gesetze zu hinterfragen, aber nicht gegen sie zu verstoßen, denn keine Regierung, die auf Gesetze baut und sich weder von Prominenz noch von Machthabern korrumpieren lässt, und keine Gruppe von aufrührerischen Unruhestiftern darf sich über die Gerichtsurteile hinwegsetzen…“

Im Sumpf der Verdummung

Führende deutsche Medien und Außenpolitiker plappern von „Freiheit“ und „Demokratie“, aber sie verstehen nichts davon. Sie verwechseln Freiheit mit Zügellosigkeit, Ausschweifung und Liederlichkeit. Deutsche Fernsehsender verfallen täglich in Propaganda-Maschen von unterstem Niveau, importiert aus den USA und dem NATO-Hauptquartier in Brüssel, um deutsche Zuschauer noch tiefer in den Sumpf der Verdummung zu ziehen. Derart zeigt sich der so genannte demokratische Westen, der sich als Vorbild für andere Länder ausgibt.

Aus Mangel an Bildung Ignoranz von zivilisatorischem Maß - Pressefreiheit in einer Demokratie und Strafrecht

Eine entsprechende Strafgesetzgebung gehört zur freiheitlich-demokratischen Rechtsstaatlichkeit in allen zivilisierten Ländern. Journalisten und Redakteure, die aus Mangel an Bildung das zivilisatorische Maß ignorieren, verstehen nichts von Pressefreiheit in einer Demokratie. Sie degradieren sie, indem sie sich zu Gefangenen und Werkzeugen unfreier deutscher Massenmedien machen. Solche Medien wollen keine rechtmäßige Entscheidung Russlands einsehen und respektieren. Wie könnten sie, wenn sie ihre Freiheit, eigenständig zu denken und zu urteilen im propagandistisch inszenierten Aufschrei längst aufgegeben haben. Freiheit hat ihre natürliche Grenze da, wo Werte und Sicherheit bestehen, die das Strafrecht schützt. Sollten Werte und Sicherheit eines Landes missachtet werden, entsteht ein Kasus für die Strafjustiz. Nicht nur in Russland, sondern in jedem demokratischen Rechtsstaat. Dass diese Selbstverständlichkeit in Deutschland nicht beachtet wird, brandmarkt den defizitären Zustand der deutschen Gesellschaft, ihr Mangel an Niveau und Bildung, ein Mangel, der einen demokratischen Rechtsstaat funktionsunfähig macht.

Realitätssinn verloren, extrem egoistische bürgerliche Mittelschicht in reinen Materialismus versunken


Westliche Massenmedien kann man vergessen. Ihre Dekadenz und ihr freier Fall in den Abgrund sind nicht zu bremsen. Sie wurden wiederholt Propaganda-Sprachrohr und Kriegstrommel - schon 1991 zum Beispiel, als die USA den Irak das erste Mal überfielen und bei jedem weiteren aggressiven Akt dieser NATO-Führungsmacht. Eine extrem egoistische bürgerliche Mittelschicht, die im reinen Materialismus versunken ist, hat ihren Realitätssinn verloren, diese verrohte Mittelschicht, denen deutsche Kriegsteilnahme in fremden Ländern gleichgültig ist. Es kümmert sie nicht, dass Deutschland Mitglied einer militärischen Verbrechensorganisation ist, die mit ukrainischen Terroristen gemeinsame Sache macht, mit gezieltem Töten und Verletzen von Zivilisten, von einfachen Bürgern wie seit 2014 im Donbass, in Donetzk und anderswo, jetzt sogar in Russland. Diese „braven“ deutschen Bürger merken nicht, wie umfassend und gründlich sie täglich von Medien belogen und betrogen werden, die sich als „frei“ ausgeben. Die Lüge funktioniert, denn kaum jemand wehrt sich.

Keine Rebellion gegen kriminelles Verhalten von Regierungen

Diese bildungsarme, deutsche Gesellschaft rebelliert auch nicht gegen das kriminelle Verhalten Washingtons, das sich in der US-Sprengung des Nord-Stream-Projekts zeigt, eine Zerstörung günstiger Energieversorgung, die den Deutschen und übrigen Bürgern in der gesamten EU das Leben extrem verteuert und ihre Wirtschaft ruiniert. Dieses kriminelle US-Verhalten ist typisch für alle US-Regierungen, das sie seit dem Zweiten Weltkrieg über viele Jahrzehnte praktizieren.

Mangel an kritischem Denken und investigativen Geist

Dazu ist festzuhalten, dass in deutschen Redaktionen ein völliger Mangel an kritischem Denken und investigativen Geist herrscht. Sie folgen bedenkenlos dem wiederholten kriminellen Hauptakteur in Washington, und nach den Enthüllungen der Nord-Stream-Sabotage durch den investigativen Journalisten Symour Hersh verharren sie in Sprachverlust. Sicherlich auch eine Folge mangelnder zivilisatorischer Bildung.

Zugang zu den Medien für alle Menschen öffnen

Kein besserer Staatsmann als Oskar Lafontaine trifft den Nagel auf den Kopf: „Es gibt den gewaltigen Irrtum, in den westlichen Industriestaaten seien die Medien demokratisch. Das ist ein gewaltiger Irrtum. Sie sind frei von staatlichen Einfluss, jawohl, überwiegend. Sie sind aber in der Hand der Wirtschaft. Und eine freie Presse kann nicht in der Hand der Wirtschaft sein. Pressefreiheit kann niemals die Freiheit von 200 reichen Leuten sein, ihre Meinung zu verbreiten. Pressefreiheit muss wirklich den Zugang zu den Medien für alle Menschen öffnen.“ (Rede von Oskar Lafontaine in Bad Doberan: „Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolken den Regen“, 03.06.2007)

Für gebildete, rechtsbewusste, demokratische Journalisten

Gerade weil westliche Medien der Macht der Konzerne untergeordnet sind, verbreiten sie täglich Desinformation und Lügen. Gleichzeitig verschweigen sie alles, was nicht im Interesse solcher Machtkonzerne und der ihnen folgsamen Regierung ist. Konstante Rechtsbrüche werden als solche hierzulande gar nicht öffentlich bekanntgegeben, gar nicht getadelt. Ein Staat, wo sich die Rechtsinstitutionen bei solchen Rechtsbrüchen nicht einschalten, entspricht gewiss nicht einem funktionierenden Rechtsstaat. Daher die aktuelle berechtigte Frage für einen gebildeten, rechtsbewussten, demokratischen Journalisten: Leben wir unter der Herrschaft des Rechts oder unter dem Unrecht der Herrschenden und Überlegenen? Die Antwort erübrigt sich angesichts der wiederholten Kalamitäten, die Deutschland an der Seite des größten Aggressors dieses Jahrhunderts nicht verhindert, nicht eingeschränkt, sondern eher verschlimmert hat.

Im Licht von Erpressung und nicht der Freiheit

Die deutsche Einheit selbst entstand nicht im Licht der Freiheit, sondern unter einer erpresserischen Bedingung der US-Regierung: Die Eingliederung des vereinten Deutschland in die NATO. Diesen Mangel hat die CDU/CSU-FDP-Regierung von Helmut Kohl zu verantworten, die eine deutsch-deutsche Verständigung mit ihrer Bruder-Regierung am Runden Tisch vernachlässigte zugunsten der Vorherrschaft der Vereinigten Staaten auf dem Kontinent. Die verhängnisvollen Ereignisse in Europa haben einen langen Schatten.

Wendepunkte

So auch die Schritte zur Einheit Deutschlands: Damals, eine Woche nach dem Treffen vom russischen Präsidenten Gorbatschow mit dem amerikanischen Präsidenten George Bush Sr. in Malta gab Gorbatschow dem US-Präsidenten das Wort, den Weg zur deutschen Einheit freizumachen. Dies tat er hinter dem Rücken der DDR-Führung, als wären sie niemals Verbündete gewesen. Bezeichnete die Sowjetregierung 1949 die Gründung der DDR als „Wendepunkt in der Geschichte Europas“, so war ihr Untergang 1992 ebenfalls ein Wendepunkt: Eine europaweite Rückkehr zum Kapitalismus, der nun wieder vom europäischen Kontinent aus Kriege führt wie der Angriffskrieg zweimal gegen den Irak, der mörderische Angriff auf Belgrad 1999 und andere militärische Interventionen wie in Afghanistan, Libyen, Syrien und Ukraine. Alle diese Kriege mit ihren katastrophalen humanitären Folgen kennzeichnen zur Schande für die westliche Zivilisation, wohin jene Wende geführt hat.

Vorbildliches Schulsystem des anderen deutschen Staates, der DDR, im Presseclub unerwähnt, tabu – obwohl bis heute Vorbild für Finnland, und das sehr erfolgreich

Die DDR trug dazu bei, den Frieden in Europa zu sichern und gewährte allen ihren Bürgern eine hervorragende Allgemeinbildung. Aber ausgerechnet dieses erfolgreiche Schulsystem im anderen deutschen Staat, der DDR, blieb im Presseclub unerwähnt, tabu, obwohl es später als Vorbild für Finnland galt, dessen Schulsystem seitdem unter denen in der EU mit den besten Ergebnissen rangiert, wenn nicht sogar den ersten Platz belegt. Was für eine erbärmliche Einseitigkeit im öffentlich-rechtlichen Ersten Deutschen Fernsehen!

Ratlosigkeit in Redaktionen deutscher Medien wegen fehlender Bildung

Diese Einseitigkeit ist auch zu anderen Themen zu beobachten. So auch wenn die US-Regierung völkerrechtswidrige oder verbrecherische Untaten veranlasst, wie in Syrien, in der Ukraine oder in der Ostsee gegen die Erdgasleitungen Nord-Stream. Anstatt offen und vollständig darüber zu informieren, verschanzen sich deutsche Medien oder zeigen sich wie gelähmt und schweigen. Von Anfang an gaben sie sich uninformiert an der Seite der US-Kriegsführung in Syrien und in der Ukraine. Den ganzen Kalten Krieg entlang waren sie unter dem Joch der USA und nach der so genannten deutschen Einheit wussten sie nicht, wie sie ihre formelle neue Freiheit benutzen sollten. Ohne Führung, ohne Anweisungen aus Washington oder dem NATO-Hauptquartier scheinen sie verloren, „ratlos“ aufgrund ihrer fehlenden Bildung.

Unfähigkeit, politisch aktiv zu reagieren, bis heute eine auffällige geistige Lähmung – mit zivilisierten Mitteln umgehen lernen

Deutschland ist ein Land, das historisch keine fortschrittliche politische Entwicklung kennt. Deutschland wusste nicht, die Nazi-Barbarei rechtzeitig zu verhindern. Die damaligen politischen Eliten weigerten sich, eine Allianz gegen die faschistische Gefahr zu bilden. Diese Blindheit, diese Unfähigkeit, politisch aktiv zu reagieren, bleibt bis heute eine auffällige geistige Lähmung. Der Preis für die Befreiung war unermesslich: Ein 2. Weltkrieg mit 60 Millionen Toten, die meisten davon Zivilisten. Diese ungeheuerliche Konsequenz hat die Seele vieler Deutscher zerstört und nicht dazu geführt, die politische Frage zu stellen, wie das alles hätte verhindert werden können. Im Gegenteil haben deutsche Eliten diese Frage verdrängt und die lange vor der nationalsozialistischen, faschistischen Machtergreifung geschehene Abnormität quasi als Normalität oder Fatalität angenommen. Daher der Hang zur militärischen Gewalt und die Skepsis gegenüber politischem Handeln, etwas, das hierzulande niemals richtig funktionierte. Ein solches Land verbreitet Furcht und Schrecken, denn es kann nicht mit zivilisierten Mitteln umgehen, d.h. mit dem Dialog als grundsätzliches Instrument einer konstruktiven vernünftigen Politik. Das Handicap dagegen ist enorm und über Jahrhunderte tradiert.

Zur Rechtfertigung aggressiver militärischer Gewaltanwendung - Thema einer Bildungsdebatte

Dieser erbärmliche Zustand ist von interessierten radikalen militaristischen Kreisen der USA und anderswo genau erkannt worden und wird gezielt ausgenutzt. Kein Zufall, dass US-Präsident Barack Obama keine Interesse daran zeigte, diese historische Frage für die Deutschen politisch aufzuklären und ihnen zur Normalität zu verhelfen. Im Gegenteil, er behandelte die Frage ganz tendenziös und einkalkuliert unter dem Gewalt-Aspekt, als ob die militärische Gewalt die einzige Alternative gewesen wäre: „Eine gewaltlose Bewegung hätte Hitlers Armeen nicht aufhalten können“. (Rede von Obama zum Friedensnobelpreis am 10.12.2009 in Oslo). Diese Simplizität, die aus einem fait accompli entsteht, dient bis heute noch zur Rechtfertigung der aggressiven militärischen Gewaltanwendung, die der US-Präsident gezielt in Bezug auf Deutschland wiederholt. Aber bevor es zum Aggressor wurde, was abzusehen war, hätte die Machtergreifung des Nazi-Faschismus durch eine breite politische Allianz aller humanistischen Kräfte verhindert werden können. Eine heutige Debatte über Bildung muss sich diesem Thema stellen.


Verfasst am 13.03.2023 unter Bezugnahme auf ARD-Fernsehsendung „Presseclub“ am 12.03.2023: "Das Bildungsdesaster – Wie sichern wir unsere Zukunft?"


Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 808  vom 17.03.2023



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