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Aktueller Online-Flyer vom 07. November 2024  

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Globales
Von Bethmann Hollweg über Hitler bis Bärbock/Scholz
Die schreckliche Kontinuität deutscher Außenpolitik
Von Rudolph Bauer

„Wollte man in Europa Grund und Boden, dann konnte dies im Großen und Ganzen nur auf Kosten Russlands geschehen, dann musste sich das neue Reich wieder auf der Straße der einstigen Ordensritter in Marsch setzen, um mit dem deutschen Schwert dem deutschen Pflug die Scholle, der Nation aber das tägliche Brot zu geben.“ (1) Der dies nach dem gescheiterten Putsch am 9. November 1923, während der Festungshaft 1924, geschrieben hatte, war Adolf Hitler. Im ersten Teil seines „Mein Kampf“ sah er Deutschlands Expansionsziel in der Eroberung und Kolonisation „des Ostens“. Diese Expansionsrichtung war nicht neu. Offiziell war die Parole vom „unvermeidlichen Existenz- und Endkampf“ zwischen Slawen und Germanen seit 1909, spätestens seit 1912/13 im Umlauf. (2)

Zwei Tage nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs, am 6. August 1914, bzw. 9. September 1914 nannte der deutsche Reichskanzler Theodor von Bethmann Hollweg als Kriegsziel die Zurückwerfung der russischen Grenze auf Moskau und die Bildung einer Reihe von Pufferstaaten zwischen Deutschland bzw. Österreich-Ungarn und Russland. Als solche sollten Finnland, Polen, Georgien und die Ukraine installiert werden. Nach weiteren Monaten hieß es im sog. Septemberprogramm (3) des Reichskanzlers, dass Russland so weit als möglich zurückgeworfen und seine Herrschaft über die nicht-russischen Völker gebrochen werden muss. (4)

Die Ost-Expansion als Ziel des Ersten Weltkriegs

Nach der Oktoberrevolution 1917 hat die deutsche Ostpolitik diese Zielsetzung beibehalten. Der Friede von Brest-Litowsk im März 1918 war vereinbart worden zwischen dem Deutschen Reich und sowohl der Sowjetunion als auch – mit Unterstützung der Mittelmächte – einer selbständig gewordenen Ukraine. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits Polen und Finnland zu selbständigen Staaten gemacht worden. Im August 1918 folgten Estland und Georgien.

Das Motiv dieser Politik bildeten „neben raumpolitisch-strategischen (…) vor allem wirtschaftliche Interessen“: „die Ukraine als Kornkammer und Lieferant von Erzen“. (5) Der Historiker Fritz Fischer schreibt: „Es führt eine gerade Linie von diesem Frieden (von Brest-Litowsk; R. B.) zu dem Milieu Adolf Hitlers in München. Dort sammelten sich nach Kriegsende neben Ludendorff und entlassenen deutschen Offizieren baltendeutsche, russische und ukrainische Emigranten: unter ihnen der von den Deutschen eingesetzte ‚Hetman‘ (= Führer; R. B.) des deutschen Vasallenstaates Ukraine, Skoropadsky, ein Mitbegründer des ‚Völkischen Beobachters‘.“ (6)

Der Zweite Weltkrieg als „rein imperialistischer Eroberungskrieg“

Die anti-(sowjet.)russische Tendenz der deutschen Außenpolitik in der Tradition von 1909 und 1912/13 steigerte sich 1936/37 unter der Nazi-Herrschaft mit wilden Propagandaaktionen gegen die UdSSR und den „Bolschewismus“. Nach dem „Zwischenspiel“ des am 24. August 1939 von beiden Seiten unterzeichneten deutsch-sowjetischen Nichtangriffs-Paktes – bekannt als „Hitler-Stalin-Pakt“ – erfolgte am 22. Juni 1941 dessen Bruch durch den Überfall Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion, einen „rein imperialistischen Eroberungskrieg“ (7).

Fischer resümiert: „Die geopolitisch-strategische und ökonomische Zielsetzung (‚Nach Ostland wollen wir reiten!‘) ist Kontinuität des wilhelminisch-alldeutschen Expansionismus.“ (8) Diese Traditionslinie scheint sich bis in die Gegenwart fortzusetzen. Von Seiten des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik wurde im Februar 2022 von der amtierenden Ministerin Bärbock die Parole „Russland ruinieren“ (9) ausgegeben. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf eine Art „Parallelaktion“: den Beitrag von Kanzler Scholz in einem Aufsatz der Ausgabe der US-amerikanischen Zeitschrift „Foreign Affairs“ vom 5. Dezember 2022 (10).

Bärbock und Scholz als Fortsetzer der expansionistischen Tradition

Dort lesen wir u. a., stets mit antirussischem Tonfall wie seit Bethmann Hollweg und Hitler: „Einer der ersten Beschlüsse, die die Bundesregierung (…) gefasst hat, war die Schaffung eines Sondervermögens in Höhe von 100 Milliarden Euro, um die Bundeswehr besser auszurüsten. Wir haben sogar unser Grundgesetz geändert, damit dieses Vermögen eingerichtet werden kann.“ Scholz wirft der Russischen Föderation „revanchistischen Imperialismus“ vor und schreibt: „Angesichts seiner Geschichte kommt meinem Land (= Deutschland; R.B.) eine besondere Verantwortung zu, die Kräfte des Faschismus, Autoritarismus und Imperialismus zu bekämpfen.“ Das ist, in verlogen-verklausulierter Form, eine offene Feinderklärung gegenüber Russland.

„Die Zeitenwende“, so der deutsche Kanzler, „ hat die Bundesregierung außerdem dazu veranlasst, einen seit Jahrzehnten bestehenden, fest etablierten Grundsatz deutscher Politik in Bezug auf Rüstungsexporte zu überdenken. Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte Deutschlands liefern wir heute Waffen in einem Krieg zwischen zwei Staaten.“

Deutschland komme „jetzt die wesentliche Aufgabe zu, als einer der Hauptgaranten für die Sicherheit in Europa Verantwortung zu übernehmen, indem wir in unsere Streitkräfte investieren, die europäische Rüstungsindustrie stärken, unsere militärische Präsenz an der NATO-Ostflanke erhöhen und die ukrainischen Streitkräfte ausbilden und ausrüsten.“ Im Unterschied zu früher verbergen sich die deutschen Expansionsziele – vorerst jedenfalls – unter dem EU-, Nato- und US-Schutzschirm.

„Zeitenwende“ zum Total-Militarismus unter falschen Vorzeichen

In einem Kommentar zum Scholz-Aufsatz heißt es: „Scholzens ‚Globale Zeitenwende‘ ist eine Wende hin zum verschärften Total-Militarismus im Profit-Interesse des Militärisch-industriellen-Komplexes. Es werden kriegerische und kriegsvorbereitende Maßnahmen verkündet, finanziell reichlich unterfüttert und in Gang gesetzt. Es werden Waffen geliefert und Soldaten für den Einsatz gedrillt. Die Bundeswehr wird zur Kriegsstreitmacht, die BRD zur Kriegspartei.“ (11)

Es häufen sich die erschreckenden Anzeichen für die Kriegs- und Expansions-Kontinuität deutscher Außenpolitik, die am Beginn des 20. Jahrhunderts ihren gefährlichen Anfang genommen hat. Im Fall der heutigen Ukraine (Asow, Bandera) kann die militaristische deutsche Außenpolitik ferner bei verbrecherischen anti-russischen und faschistischen Gemeinsamkeiten in der Geschichte anknüpfen. Das deutsche Osterweiterungs-Programm wird ideologisch übertüncht durch die False-Flag-Berufung auf demokratische Werte und das Völkerrecht. Seine Umsetzung erfolgt im Rahmen des US-amerikanischen Vasallenstatus der BRD sowie unter dem Mantel der Nato-Zugehörigkeit.


Fußnoten:

1 Adolf Hitler: Mein Kampf. München 1942: 154
2 Vgl. Fritz Fischer: Hitler war kein Betriebsunfall. 3. Aufl., München 1993: 177
3 Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Septemberprogramm#cite_note-3 (15.01.2023)
4 Fritz Fischer: Hitler war kein Betriebsunfall. 3. Aufl., München 1993: 177
5 A. a. O.: 178
6 Ebd.
7 Ebd.
8 A. a. O.: 179
9 Außenministerin Bärbock im Februar 2022; vgl. https://www.rnd.de/politik/ukraine-krieg-baerbock-uebersanktionen-das-wird-russland-ruinieren-RZDYS2DEPRK5OST7ZGGRZ6UN4I.html
10 Foreign Affairs (5.12.2022): The Global Zeitenwende – How to Avoid a New Cold War in a Multipolar Era.
Auf https://www.foreignaffairs.com/germany/olaf-scholz-global-zeitenwende-how-avoid-new-cold-war (19.12.2022).
11 Siehe https://neue-debatte.com/2022/12/19/der-vergessliche-teutone-unversoehnlich-rechthaberisch-toedlich/ (08.01.2023)

Online-Flyer Nr. 805  vom 23.01.2023



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