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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Globales
Irrtum obenauf wie auch die verfälschenden, verdrehenden Narrative über wichtige Ereignisse des Zeitgeschehens
Wichtig oder nichtig?
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

„Man muss das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird, und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse. In Zeitungen und Enzyklopädien, auf Schulen und Universitäten, überall ist der Irrtum obenauf, und es ist ihm wohl und behaglich, im Gefühl der Majorität, die auf seiner Seite ist.“ (Gespräche Goethes mit Eckermann) Diese treffsichere Aussage des scharf beobachtenden, weisen deutschen Schriftstellers scheint zeitlos, sie gilt auch heute. Nicht nur der Irrtum ist obenauf, nein, obenauf und omnipräsent sind auch die verfälschenden, verdrehenden Narrative über wichtige Ereignisse des Zeitgeschehens. Dagegen wird alles, was sich nicht so einfach verfälschen lässt und nicht in das Bild herrschender Kreise passt, verschwiegen oder mit ablenkenden Kampagnen überdeckt. Allerdings lässt das Bedürfnis der Menschen nach Wahrheit hoffen. Je mehr sich Menschen miteinander austauschen, was heute dank moderner Technik ganz einfach und in nie dagewesener Intensität möglich ist, desto häufiger wird sich das Wahre durchsetzen, wird klar, was wichtig und was nichtig ist. Die wahre Klägerin ist immer die Zivilisation.

DIE LINKE keine Ausnahme im desolaten Panorama

Bedauerlicherweise ist die Mehrheit des Führungspersonals der Partei DIE LINKE keine Ausnahme in diesem desolaten Panorama von Irrtümern und falschen Einstellungen, sei es aus Bequemlichkeit oder Anpassung, was angesichts des brennenden israelisch-palästinensischen Konflikts besonders schockierend ist.

In diesem Zusammenhang ist die Reaktion von Annette Groth bemerkenswert treffend und zu begrüßen. Sie vertritt die ehrenhafte Minderheit innerhalb einiger Führungsebenen der Partei DIE LINKE, die sich gegen den törichten Opportunismus und unaufmerksamen Arbeitsstil der Mehrheit stellt. In einem offenen Brief an Dietmar Bartsch, Co-Vorsitzender DIE LINKE ist Annette Groth (vormalige Bundestagsabgeordnete) sehr deutlich:

"...mit großem Befremden und Ärger habe ich Dein Interview in der Jüdischen Allgemeinen gelesen. Du hast völlig den Kontext im Mai vergessen oder Du willst ihn nicht wahrhaben, als sich die weltweiten Demonstrationen gegen das gewaltsame Eindringen durch israelische Polizei und Armee in die Al-Aksa Moschee, eines der bedeutendsten Heiligtümer des Islam, richteten, gegen die Vertreibung von Dutzenden palästinensischen Familien aus Sheikh Jarrah, gegen die Verhaftungen zahlreicher palästinensischer Frauen, Kinder und Männer, und die brutalen Gewaltakte sowie die rechtsradikalen Israelis, die „Tod den Arabern“ und ähnliches skandierten. Die Proteste in Berlin und anderen Städten in Deutschland und anderen Ländern richteten sich gegen diese Ungeheuerlichkeiten, begangen von den Herrschenden in Israel, und NICHT gegen Juden. Aber Du scheinst den Unterschied zwischen Judentum/Juden und dem Staat Israel nicht zu kennen oder kennen zu wollen. … DIE LINKE sollte die Suspendierung des EU-Israel Assoziierungsabkommens fordern, das eine Menschenrechtsklausel enthält: Gemäß Artikel 2 müssen alle Partner der EU die Menschenrechte und demokratische Prinzipien respektieren. In den letzten Jahren gab es immer wieder Kampagnen, dieses Abkommen auszusetzen, solange Israel an dem Siedlungsbau festhält und andere gravierende Menschenrechtsverletzungen begeht, wie z.B. Folter in israelischen Militärgefängnissen – auch an Minderjährigen!-, der Administrativhaft, kollektive Bestrafung wie die regelmäßigen Bombardierungen des Gaza-Streifens. Ich und viele andere erwarten von einer linken Partei, dass sie sich auf die Seite der Unterdrückten und der Menschenrechte stellt." (Annette Groth, DIE LINKE, 26.7.2021)
 
Frieden unter Schutz des Gesetzes bringen

Nicht nur hinsichtlich dem Apartheid-Regime Israels, sondern generell gilt: Auf internationaler Ebene, bei der Regelung der zwischenstaatlichen Beziehungen gemäß dem Völkerrecht geht es darum, dem Völkerrecht die notwendige Kraft zu verleihen, den Verbrecher unter Sanktionen zu stellen und den Frieden unter Schutz des Gesetzes. Die echte Unfähigkeit mit ihren Mitmenschen mitzufühlen war ein Kennzeichen der Nazis, die reale Bosheit der deutschen Faschisten, der Nationalsozialisten. Verschwörung zum Krieg und Durchführung des Kriegs: Beide Verbrechen wurden in den letzten Jahrzehnten wieder begangen, ohne den Verbrechern den Prozess zu machen. Ohne Einsicht, ohne Reue. Verantwortliche Politiker weigern sich zu bewerten, was sie getan haben, sich dafür zu verantworten, um mit den Konsequenzen ihrer Taten zu leben.

Mangel an Mitgefühl

Der Mangel an menschlichem Mitgefühl ist offenbar mit dem Untergang des Dritten Reiches und des Faschismus in Europa nicht einfach verschwunden. Zu viele Verantwortungsträger und Redaktionen offenbaren auch heute noch dieselbe Bosheit: Die Reihe von Angriffskriegen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch den westlichen Block USA/EU und die Gleichgültigkeit der Medien darüber belegen den Mangel an Mitgefühl.

Autoritätsgläubigkeit

Viele Menschen in Europa, gerade auch in Deutschland, werden seit ihrer Kindheit so erzogen, Autorität nicht infrage zu stellen: Den Vater, den Lehrer, den Pfarrer, den Chef, den Direktor, die Minister. Deutschland funktioniert auf Kommando; eine Diktatur oder eine autoritäre Regierung käme hierzulande wohl gut an und wäre sehr wirksam.

Auch die USA stellen für deutsche Politiker eine Autorität dar. Bei begründeter und sachlicher Kritik an den USA geht es allerdings nicht um Anti-Amerikanismus, sondern darum, mit nacktem Realismus das US-Führungspersonal zu beurteilen, das sogar fähig ist, einen eigenen Präsidenten zu ermorden, wie die Kennedy-Akte entlarvt. Nach mehr als 60 Jahren bleibt dieser Mord (1963) immer noch unaufgeklärt. Dem mutmaßlichen festgenommenen Attentäter Lee Harvey Oswald wurde kein Rechtsanwalt zugesichert. Wenige Stunden nach dem Mord an Präsident Kennedy wurde Lee Harvey Oswald als Sündenbock für den Mord an Präsident Kennedy festgenommen und dann 48 Stunden später, als er im Polizeigewahrsam war, auch ermordet Das obskure Verhalten der Warren-Kommission, die das Geschehen im Mordfall Kennedy aufklären sollte, stellt eine koordinierte Operation der Geheimdienste und des Pentagon bloß, wie der Staatsanwalt von Orleans, Jim Garrison, damals vor der Justiz anklagte. Dass deutsche Medien bedenkenlos die offizielle Version der Warren-Kommission verbreiteten, liegt nicht nur an mangelhafter journalistischer Ausbildung oder fehlender Intelligenz, sondern vor allem an deutscher Autoritätshörigkeit, die eigenständiges Denken verhindert.

Eine Kette, eine Orgie von Morden folgte nach dem Mord an Kennedy. Alle Zeugen, die dem offiziellen Narrativ der Warren-Kommission widersprachen, wurden ermordet oder kamen unter merkwürdigen Umständen, bei ungeklärten Unfällen ums Leben. Waren diese rätselhaften Umstände nie Anlass genug für westdeutsche Redaktionen, um anzufangen zu denken und zu recherchieren?

US-gehorsame westdeutsche Redaktionen

West-Deutschland hat seit 1945 seine Außenpolitik direkt an das US-amerikanische State Department gekoppelt. Die gehorsamen Redaktionen schweigen darüber, sie akzeptieren alles, was von oben kommt. Eigentlich ganz einfach und bequem, weil sie dann nichts zu bedenken, nichts zu recherchieren haben. Aber ist Pressefreiheit dazu da, um falsche Darstellungen zu reproduzieren und Propaganda der Herrschenden zu verbreiten? Damit ist sicherlich kein demokratischer Rechtsstaat zu gestalten. Nicht auf der Grundlage einer ungebildeten, manipulierbaren Massengesellschaft.

Dialogpolitik: Vorbild Schweiz

Die Schweiz kontrastiert da mit Deutschland. Sie gestattet sich starke basisdemokratischen Strukturen und eine starken politischen Willen zum Konsens. Hinsichtlich ihres Auftretens in internationalen Beziehungen ist sie vorbildlich. Dialogpolitik ist dabei ein Grundsatz. Beispiel die Schweizer Gespräche mit der Palästinenser-Organisation Hamas, die von der Schweiz anders als von der EU nicht als Terrororganisation eingestuft wird. Kritik daran aus Israel nimmt die Schweiz in Kauf, aber das ändert nichts an den Gesprächen, die die Schweiz souverän und unbeirrt auf diplomatischer Ebene mit Hamas seit Anfang Juli 2009 in Genf führt, um einen Weg zum Frieden zu ebnen. Es ist an der Zeit, dass die EU das einsieht und sich nicht weiter in Vorurteile verrennt.

Die Nürnberger Prozesse verpflichten jeden selbstbewussten zivilisierten Menschen, jeden zivilisierten Staat, gegen Kriegsverbrechen und illegale Besatzung Widerstand zu leisten. Es wird Zeit, dass Deutschland das Völkerrecht in seiner Integrität endlich anerkennt. Das Recht der Bevölkerung eines besetzten Gebietes auf Widerstand – auch mit bewaffneten Mitteln – ist völkerrechtlich verbrieft. Die Forderung nach Räumung aller Siedlungen in den von Israel 1967 besetzten Gebieten ist allein schon deshalb gerechtfertigt, weil das internationale Recht den Transfer der eigenen Bevölkerung auf widerrechtlich okkupiertes Territorium nicht zulässt.

Als Depositärstaat der Genfer Konventionen hatte die Schweiz israelische Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verurteilt und während der Gaza-Invasion zu Jahresbeginn 2009 erklärt, in dieser Frage nicht „neutral im Sinne von tatenlos“ sein zu können. Vor dem UNO-Menschenrechtsrat hatte die Schweiz eine Untersuchung der Völkerrechtsverletzungen in Gaza beantragt. So handelt ein demokratischer Rechtsstaat. Das ist ein beispielhaftes Vorbild für deutsche Außenpolitiker, Journalisten und Redaktionen.

Deutsche Medien mit haltlosen Narrativen der US-Regierung, Militärindustriekomplex der Profiteur

Zwei große Verbrechen klagen deutsche Medien und Redaktionen an für ihren eklatanten Mangel an Sensibilität und Intelligenz, sich mit ihrer Aufklärung zu beschäftigen. Stattdessen reproduzieren sie zu beiden Fällen haltlose Narrative der US-Regierung: Der Mord an Präsident John F. Kennedy am 22. November 1963 und das Attentat gegen den World Trade Center in New York am 11. September 2001.

Kennedy wollte den Kalten Krieg beenden, den permanenten Krieg durch Kooperation mit der Sowjetunion ersetzen. Ab1959 war Fidel Castro Angriffsziel der USA mit Sabotage und allen Mitteln. Chile erlitt einen äußerst gewalttätigen Regierungssturz, gesteuert von den USA (11.9.1973) am selben Septembertag und fast zur selben Uhrzeit wie Jahrzehnte später der Angriff auf das World Trade Center in New York (11.9.2001). Wieso wurde Kennedy ermordet, wieso wurde New York angegriffen? Wie war die Vorgehensweise, um die Öffentlichkeit von der Frage nach der Urheberschaft und den Tatmotiven abzulenken? Wer hat die Macht, diese Verbrechen zu decken? Wer profitiert davon? Der Militärindustriekomplex nach beiden Verbrechen, wie zeithistorisch belegbar ist.

"Kennedy beendete die Herrschaft der CIA und wollte den Kalten Krieg auch beenden. Dazu entließ er den rechtsradikalen General Edwin Walker, den Leiter der kriminellen CIA, Allen Welsh Dulles, und den Chef der FBI, J.Edgar Hoover, drei heilige Kühe für die Nachrichtendienste nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber Kennedys Anweisungen wurden wegen 'bürokratischen' Widerstands nie richtig ausgeführt. Er tangierte damit hohe Interessen der Militärs und der CIA, Krieg zu führen. Genauso wie Julius Cäsar war er dann umgeben von Feinden. Sie wollten auf Nummer sicher gehen und organisierten ein Exekutionskommando, um todsicher zu sein, dass die Liquidierung des Präsidenten gelingt als ein gelungener Staatsstreich." („Wer erschoss John F. Kennedy? Auf der Spur der Mörder von Dallas“ von Jim Garrison, Staatsanwalt in New Orleans, Bastei Lübbe Taschenbuch, 1992)

Keine der angeblichen Sicherheitskräfte von Dallas hatte einen Schutzauftrag für den Präsidenten erhalten. Es sind viele seltsamen Dinge geschehen zum Zeitpunkt des Kennedy-Mordes: Um 12.35 Uhr versagte die telefonische Kommunikation mit Washington. Alle telefonischen Leitungen waren zu diesem Zeitpunkt tot. Das ganze Kabinett saß im Flugzeug außer Landes. Übrigens: Zum Zeitpunkt des Attentats von 9/11 befand sich der US-Präsident George W. Bush nicht im Weißen Haus, sondern in einer entfernten Stadt.

Nach dem Mord an Kennedy verlängerte sich der Vietnamkrieg bis 1975. Nach dem Attentat von New York erfolgte der Krieg gegen Afghanistan ab dem 1. Oktober 2001. Wer hatte die Macht, die Ermittlungsarbeiten zum Attentat 9/11 in New York zu behindern und in die Irre zu führen?

"Viel alarmierender ist es, dass wir Amerikaner nicht wissen, wie die Außenpolitik unserer Regierung im Ausland angesehen wird. Es geht nicht um die Ablehnung der USA, sondern um die Ablehnung einer US-Regierung. Es gibt keinen Antiamerikanismus, im Sinne eine Anti-Haltung gegen uns, sondern eine Ablehnung einer bestimmten amerikanischen Regierungspolitik. Die Fundamente, auf denen wir Amerikaner alle stehen, sind unerschüttert. Alle Menschen sind gleich geschaffen und alle streben nach Glück.“ (Stimme einer Dame aus Amerika, 11.9.2001)

Militärindustriekomplex verdrängt Primat der Politik durch das Primat des Militärs

Solange der Militärindustriekomplex herrscht, wird eine rechtsstaatliche Demokratie nicht richtig funktionieren können, wie schon Dwight Eisenhower ermahnte, denn der Komplex ersetzt und verdrängt das Primat der Politik durch das Primat des Militärs. In seiner Abschiedsrede an die Nation (17.1.1961) warnte US-Präsident Dwight Eisenhower Amerika und die Welt vor dem wachsenden Einfluss des „military-industrial complex“. Dieses Zusammenwirken eines enormen militärischen Establishments und einer riesigen Rüstungsindustrie muss wiederholt thematisiert werden und in das Bewusstsein des Führungspersonals beiderseits des Atlantik, denn es betrifft existentielle Angelegenheiten.

Gefährlichkeit des Militärindustriekomplex mit ungeheurem Zerstörungspotential wahrnehmen

Der US-Militärindustriekomplex verfügt über ein ungeheures Zerstörungspotential, das in seiner ganzen Gefährlichkeit endlich wahrgenommen werden muss, um sich ihm zu erwehren und sich vor ihm zu schützen. Er ist eng mit der deutschen und europäischen Rüstungsindustrie verflochten. Der weiter wachsende Einfluss dieses machtvollen gesellschaftlichen Konglomerats - seit der Zeit Eisenhowers - geht inzwischen so weit, dass die US-Regierung, ihre EU-Satellitenregierungen und andere Staaten bedroht sind, von ihm vollständig gesteuert zu werden und die Demokratie weiterhin als reines illusionäres Theater degradiert bleibt.


Verfasst am 29.07.2021


Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 775  vom 25.08.2021



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