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Krieg und Frieden
Iranisches Tankschiff von britischer Spezialeinheit in der Meerenge von Gibraltar gekapert
Mit einer Koalition der Willigen die Londoner Piraterie bekämpfen?
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Man kann die unvernünftige Impertinenz eines verirrten US-Generals gegenüber der deutschen Regierung als ein mediales Ablenkungsmanöver von den Vermittlungsbemühungen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in der Golf-Krise und zugleich als Einschüchterungsmaßnahme gegenüber dem Iran bewerten. "Macron hatte am Samstag (6.7.2019) mit Präsident Rohani mehr als eine Stunde lang telefoniert... Der iranische Außenminister Sarif sagte, es sei unmöglich, unter Zwang zu verhandeln. Die USA müssen zunächst ihren 'Wirtschaftsterrorismus' gegen Iran beenden... Inzwischen gilt eine Reise Macrons nach Teheran als eine Option, um die Lage zu beruhigen." („Freiheit für die Schiffe“ von Paul-Anton Krüger, SZ, 11.7.2019)

Allerdings ist es ein krasser Humbug, eine rechtswidrige, unfaire, inakzeptable Position, den Iran zur vollständigen Einhaltung aller Verpflichtungen aus dem Wiener Abkommen zu nötigen, während die US- und EU-Regierungen sich nicht daran halten. Just auf einseitiger Vertragserfüllung durch den Iran zu bestehen, ließ Außenminister Heiko Maas in Teheran vor einigen Tagen scheitern. Seine Gespräche dort führten deshalb zu nichts. Dagegen lassen die jüngsten guten Unterredungen des Beauftragten von Macron in Teheran hoffen, dass Paris seine Außenpolitik gegenüber dem Iran richtigstellt und nicht weiter dieselbe anmaßende ungerechtfertigte Forderung an Teheran wiederholt, wie es Heiko Maas törichterweise tat.

Gezielte britische Provokation: Iranisches Tankschiff von britischer Spezialeinheit in der Meerenge von Gibraltar gekapert


Die Lage am Golf spitzte sich schon durch Londons Piraterie am 4.7.2019 zu, als eine britische Spezialeinheit ein iranisches Tankschiff in der Meerenge von Gibraltar kaperte und durchsuchte. Der Tanker soll Gibraltar mindestens für zwei Wochen nicht verlassen. Dieses britische Vorgehen ist bisher weltweit einmalig und hat alle Züge einer gezielten Provokation. Der indische Kapitän und der erste Offizier wurden festgenommen. Teheran fordert die Freigabe des Schiffes und kündigt Konsequenzen für Großbritannien an.

Es profiliert sich somit eindeutig einen Konflikt zwischen Großbritannien und dem Iran, der sich nicht ausweiten darf, weder auf die USA noch auf Europa. EU-Staaten müssen sich heraushalten und die Krise politisch und diplomatisch entschärfen. "SPD und Grünen lehnen den Einsatz der Marine ab. 'Wir sollten unsere diplomatischen und politischen Anstrengungen verstärken und nicht über den Einsatz der Deutschen Marine im Persischen Golf spekulieren', sagte richtig SPD-Außenpolitiker Nils Schmid." (SZ, 12.7.2019) Diese zutreffende grundgesetzmäßige SPD-Position hat auch die CDU/CSU ohne weitere Verzögerung einzunehmen, um nicht weiter abseits der deutschen Verfassung zu lavieren. An erster Stelle gilt es jetzt für alle EU-Staaten, aus den verhängnisvollen Sanktionen, die die Bevölkerungen Irans und Syriens hart treffen, auszusteigen. Die EU-Staaten sollten sich nicht weiter dem Common Sense verschließen. Alle törichten Maßnahmen und Schritte, die zur Eskalation führen, sind endlich von allen europäischen Außenministern zurückzuweisen. Gerade dass dies bisher unterblieb, brandmarkt Europa als völlig untauglich, eine konstruktive Rolle im Nahen/Mittleren Osten zu spielen. Eher spielt Deutschland und die EU das teuflische Spiel der Falken und extremen Zionisten. Dafür sind Berlin und Brüssel inzwischen berüchtigt.

Britische Missachtung der Souveränität Spaniens


Die britische Militäraktion fand in spanischen Gewässern statt und stellt eine Verletzung der Souveränität Spaniens dar. So die Regierung in Madrid. Das Vereinigte Königreich nahm Gibraltar im Jahr 1704 gewaltsam in Besitz und betrachtet es immer noch als Teil seines Herrschaftsgebiets. Spanien hat wiederholt diesen unzulässigen Anspruch zurückgewiesen. Piraterie schafft keinen rechtmäßigen Besitz, der sich aus brutalem Überfall und Gewalt ergibt.

"Die britische Regierung rechtfertigte ihr Vorgehen (vom 4. Juni) mit den verhängten Sanktionen gegen Syrien und behauptet, dass das iranische Schiff sich auf der Fahrt zu einer Raffinerie in Syrien befand.... Über Aktionen zur Durchsetzung der Sanktionen können jedoch alle Mitgliedstaaten autonom entscheiden. Das spanische Außenministerium behauptet, dass London auf eine Bitte der US-Administration hin tätig geworden sei." („Überfall im Mittelmeer“ von Knut Mellenthin, junge Welt, 8.7.2019) Will etwa Großbritannien durch seinen Piraterie-Akt alle EU-Staaten einschüchtern? Es fehlt eine starke EU-Reaktion auf dieses inakzeptable Londoner Vorgehen mit Überfall auf ein Schiff und Attentat gegen seinen Kapitän und Offizier, ein abscheuliches strafbares Verhalten, das zur weiteren Eskalation und Völkerrechtsbruch führt. Der Bruch des Völkerrechts durch Großbritannien ist in der Tat nicht einfach hinzunehmen, rechtliche Konsequenzen sind daraus zu ziehen. Die Staatenverantwortlichkeit bestimmt Gegenmaßnahmen gegen einen Völkerrechtsbruch.

Britischer Verstoß gegen internationales Seerecht

Mit der Kaperung des Öl-Tankers am 4. Juni 2019 hat das Vereinigte Königreich gegen das allgemeine Recht der „Transitdurchfahrt“ im internationalen Seerecht verstoßen. Die dreiste britische Provokation stellt das Vereinigte Königreich als einen flagranten Rechtsbrecher bloß, der gegen ein anerkanntes Seerecht, nämlich die freie Transitdurchfahrt verstößt, und damit den Handel in der Golfregion tatsächlich behindert. Die Londoner Regierung hat nicht nur das Seerecht auf freie Fahrt der Schiffe gebrochen, sondern auch wieder die Souveränität Spaniens. Sollte eine Koalition der Willigen die Londoner Piraterie auf See bekämpfen? Der SZ-Journalist Paul-Anton Krüger schuldet darauf eine Antwort.

Seltsame Inkursion eines britischen Öltankers zusammen mit einem britischen Kriegsschiff im Persischen Golf


Die seltsame Inkursion eines britischen Öltankers zusammen mit einem Kriegsschiff im Persischen Golf am Donnerstag, dem 11.7.2019, hat erneut für Unruhe und Spannung gesorgt. Die Anschuldigung aus London, der Iran hätte den britischen Öltanker in der Straße von Hormus „bedrängt“, also behindert, wurde sofort von Teheran dementiert. Die Revolutionsgarden bestreiten einen Zwischenfall mit irgendeinem ausländischen Schiff. Völlig fehl am Platz bestätigte das Pentagon die Londoner Version. Eher handelt es sich um eine Angelegenheit zwischen London und Teheran, aber es gab glücklicherweise keinen Zusammenstoß, keine Gewalt-Anwendung im Persischen Golf am 11.7.2019. "Irans 'Revolutionsgarden' haben Berichten über einen Zwischenfall widersprochen, der sich in der Nacht zum Donnerstag im Persischen Golf ereignet haben soll... Der Außenminister des Irans, Mohammed Dschawad Sarif twitterte, die Behauptungen der Gegenseite seien wertlos und sollten nur Spannungen schaffen." („Mediale Konfrontation – Iran dementiert Berichte über Zwischenfall im Persischen Golf“ von Knut Mellenthin, junge Welt 12.7.2019)

In der Tat: „Derartige Unterstellungen provozieren nur Spannungen“ wie der iranische Außenminister treffend sagte. Solche Anschuldigungen nützen gewiss den Hardlinern in Washington, die einen Militärschlag gegen den Iran fordern. (ZDF-Heute 19 Uhr und ARD-Tagesschau 20 Uhr am 11.7.2019)

Unterwanderte ARD-Tagesschau

Über den Kopf des US-Präsidenten hinweg könnten diese verrückten Leute des US-Militärindustriekomplexes zusammen mit ihren britischen Komplizen eine schreckliche Katastrophe im Nahen/Mittleren Osten auslösen. Ein verirrter US-General spielt mit dem Feuer gemeinsam mit unzurechnungsfähigen Hardlinern, und eine unterwanderte ARD-Tagesschau (NDR Hamburg) gewährt ihm einen Auftritt dazu vor Millionen Zuschauern, obwohl es aus dem Weißen Haus keine Anfrage für irgendeine militärische Intervention am Golf an die Berliner Regierung gibt und auch nicht aus dem US-Verteidigungsministerium selbst. Was sind das für Verhältnisse beim NDR in Hamburg? Haben es sich dort die Dienste Ihrer Majestät so richtig gemütlich gemacht? Immerhin sind sie dort vor Jahrzehnten von Amts wegen in der britischen Besatzungszone präsent gewesen, und die Briten hatten zumindest das Verdienst, die Idee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens erst hierzulande eingeführt zu haben. Etwa bis heute nur unter ihren Augen?

Nicht wieder in britische Falle tappen


Die aktuelle brennende Frage lautet: Was bezweckt die britische Regierung mit ihren undurchsichtigen dreisten Handlungen und seltsamen unglaubwürdigen Mutmaßungen? Achtung: Es war London, das mit falschen Konstruktionen und Intrigen Washington zum Krieg gegen den Irak 2003 bewegte! Die US-Regierung von Donald Trump darf keineswegs in dieselbe britische Falle tappen, die heute für die USA gegen den Iran ausgelegt ist.


Verfasst am 13.07.2019 unter Bezugnahme auf "junge Welt" vom 8.7.2019: „Überfall im Mittelmeer“ von Knut Mellenthin, Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 11.7.2019: „Freiheit für die Schiffe“ von Paul-Anton Krüger, ZDF-Heute um 19 Uhr und und ARD-Tagesschau um 20 Uhr am 11.7.2019, "junge Welt" vom 12.7.2019: „Mediale Konfrontation – Iran dementiert Berichte über Zwischenfall im Persischen Golf“ von Knut Mellenthin

Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 713  vom 17.07.2019



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