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Globales
Das staatliche Vorgehen gegen die Proteste der Gelbwesten eskaliert
Setzte Macron Chemiewaffen ein?
Von Georges Hallermayer

Der 1. Mai 2019 läutete eine neue Etappe im Widerstand gegen die Politik Macrons ein: Convergence. Gewerkschaften, politische Parteien und Assoziationen demonstrierten zusammen mit der Bewegung der "gilets jaunes" (Gelbwesten). Das Motto der Assemblee der Gelbwesten "Ende des Monats – Ende der Welt: dieselbe Logik, derselbe Kampf" konnte man als gemeinsamen Nenner all der Tafeln und Transparente nehmen. Die Staatsmacht eskalierte ihre Gewalt: Mit Wasserwerfern in Karrees zusammendrängen und dann mit dem Knüppel auseinander treiben, so beschrieb eine Gelbweste die Polizeitaktik.

Tausende suchten Schutz vor den Gasschwaden. Der Vorsitzende der CGT Martinez musste in Sicherheit gebracht werden. Dutzende suchten in Panik Ruhe im Krankenhaus Pitie-Salpetriere. Der auf Anordnung verriegelte Eingang wurde in Panik aufgebrochen. Die Polizei prügelte die Frauen und Männer hinaus. Innenminister Castaner, 2015 Spitzenkandidat der Sozialistischen Partei in Südfrankreich, wie die bürgerlichen Medien sprachen von "Attacke" und rückten die friedlichen Gelbwesten in die Nähe von Terroristen. Dabei sind die Kollegen in den Notaufnahmen seit Monaten in Streiks. Es gibt zu denken, dass die CGT zum repressiven Vorgehen der Polizei schweigt, während die CFDT zum Empfang im Elysee-Palast geladen ist.

Das hinterfragt die Gewerkschaft der Polizei "Vigi Ministere de l’Interieure" nach dem bislang massivsten Einsatz von "Tränengas". (Die frühere Branchengewerkschaft CGT-Police hatte sich im Juni 2017 umbenannt und im September 2018 von der CGT getrennt.) 

Vigi ist beunruhigt durch die zahlreichen Krankmeldungen von Kollegen, deren Gesundheitszustand sich von Woche zu Woche verschlechtert habe. Ärztliche Notdienste hätten die gleichen Verletzungen (Verbrennungen der Haut oder Augen) und Symptome (Atembeschwerden) festgestellt, wie sie beim Einsatz von Agent CS und CN auftreten. Die Gewerkschaft beruft sich auf das Statement von Kamran Loghman aus dem Jahr 2011 (1). Logman war von 1988 bis 2005 der Vorstandsvorsitzende des CS/CN-Gasgranaten-Produzenten ZARK International. (Er hatte als Alternative das weniger gefährliche Pfefferspray-Gas MACE erfunden.)

Der Gewerkschaft lägen Krankenakten von französischen Soldaten vor, „die diese Munition bei 20 Einsätzen von maximal 1 bis 4 Stunden eingesetzt hatten und ihr ganzes Leben lang schwer behindert waren: Ihre Lungen waren verbrannt und nekrotisch durch die von ihnen eingesetzten Gase.“ (2) Vigi veröffentlichte hierzu am 2. Mai auf ihrer website einen Auszug aus einem Gerichtsverfahren. Jean-P. (Anonymat zugesichert), Offizier im Ruhestand, der mich auf die website aufmerksam machte, ergänzte, dass das Tränengas CS je nach Aufnahmemenge im Körper Cyanid freisetze, was irgendwann zu Schäden bis zu Lähmungserscheinungen führen könne.

Vigi fragt, wer den Einsatz der chemischen Kampfstoffe in Gasform zu verantworten habe. Präsident Macron? Innenminister Castaner? Die Polizeidirektion? Vigi fragt, warum keine Gasmasken für die Kollegen ausgegeben worden seien. Sind sie nicht geeignet für den Kampfstoff CS? Aber warum sind die Kollegen der Gendarmerie und der Feuerwehr mit den Gasmasken der neuesten Generation ausgestattet?

Die Polizeigewerkschaft befürchtet eine echte Gesundheitskatastrophe, mehr als 200.000 Bürger (Polizisten wie Demonstranten) seien diesen Gasen ausgesetzt gewesen. Nach der Tageszeitung „L’Humanite“ waren allein am 8. Dezember auf die 10.000 Demonstranten in Paris 10.000 Gasgranaten niedergegangen. 

Es wird Zeit, sich zu wehren, 12 Tote, 5 abgerissene Hände, 18 ausgeschossene Augen sprechen eine deutliche Sprache. Die gilets jaunes machen es auf ihren nächsten Manifestation zum Thema. Noch dazu, wo noch eine weitere Waffe in der Diskussion (und in USA bereits in Erprobung) ist: ADS Active Denial System, was mit punktgerichteten starken Mikrowellen (also Verbrennungen) Demonstranten "außer Gefecht" setzen soll. Da muss man sich fragen, was die Ausgabe des Sturmgewehres HKg36 von Heckler & Koch an die CRS soll, wie es "Le Canard Enchaine" am 23. Januar meldete.

"Macron muss weg!" Um seine Oligarchen-Politik zu beenden, werden die drei Säulen des Protests ihren Widerstand koordiniert entfalten: Gelbwesten die Kreisverkehrs-Inseln mit Picknicks beleben, die Gewerkschafter ihre Streikaktionen in den Betrieben beschließen und alle zusammen mit rot-grünen Parteien und politischen Bewegungen die Straße bevölkern.


Verfasst in Sarreguemines am 9. Mai 2019


Fußnoten:


1 Kamran Loghman "Tear Gas Orthochlorobenzylidenemalononitrile" February 17, 2011
https://ezinearticles.com/?Tear-Gas-Orthochlorobenzylidenemalononitrile&id=5948001

2 Vigi : "La Présidence et le Gouvernement utilisent-ils des armes chimiques contre le peuple et les policiers?" 2 mai 2019
https://vigimi.fr/f/actualites-fr/entry/lapresidence-et-le-gouvernement-des-armes-chimiques-contre-ses-citoyens-et-sapolice

Online-Flyer Nr. 705  vom 15.05.2019



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