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Kommentar
Gesetzlicher Sozialbetrug ohne Medien-Echo
Sklaven auf Bestellung
Von Ulrich Gellermann

Ein Beben geht durch Deutschland: „Hartz -IV-Banden prellen Staat um 50 Millionen“ meldet uns die TAGESSCHAU und gibt den Takt zum Nachplappern für FAZ, ZEIT und viele andere an. Sozialbetrug! Hallt das Echo und die ohnehin als Faulenzer-Alimente geschmähte mickrige Hartz-Vier-Hilfe gerät weiter in den Verdacht der Schmarotzerei. Und natürlich sind es Banden aus „osteuropäischen Ländern“, die ausgerechnet von der Steuervermeidungs-Partei FDP entdeckt und angeprangert wurden. Das übliche Bildzeitungs-Niveau kennt zwar noch den einzelnen Hartz-Vierer, der versucht, seine Almosen z. B. durch das Verschweigen von Erspartem aufzubessern. Aber dann endet die übliche Medien-Weisheit über Hartz-4-Betrug. Dass man mit staatlicher Sozialhilfe ganz legal Milliarden beiseite schaffen kann, das möchten uns die Propagandamaschinen nicht anvertrauen.

Mehrere Millionen Menschen haben zwar einen Job, können davon aber nie und nimmer leben. Die bekommen dann von der Agentur für Arbeit – die Agentur, die zwar keine Arbeit schafft, aber jede Menge Arbeitslose schikaniert – eine Aufstockung ihres schlechten Lohns. Fast eine halbe Million Menschen, man nennt sie „Aufstocker“, bekommen auf ihren schäbigen Lohn ein gnädiges Zubrot, um ihr Einkommen auf Hartz-IV-Niveau zu heben. Was für den einzelnen Beschäftigten eine Überlebenshilfe ist, das ist für die Unternehmen, die Aufstocker beschäftigen, eine Super-Subvention: Jüngst flossen für diese Form des Sozialbetrugs rund 10 Milliarden Euro aus der Steuerkasse in die Taschen diverser Unternehmen. Da können die Banden aus Osteuropa mit ihrem mickrigen 50 Millionen-Betrag nur neidisch gucken.

Im Zuge der Hartz-Vier-Gesetze entstand auch die Verschärfung des "Arbeitnehmerüberlassungs-Gesetz". Was sich wie ein bürokratisches Monster anhört, das ist auch eins. Mit dieser Maßnahme kam der "Wegwerf-Mensch" als neue humanoide Kategorie auf den Arbeitssklaven-Markt: Heute wird er gebraucht und für kurze Zeit eingestellt, morgen, bei der Veränderung der Auftragslage wird er weggeworfen. So ist das Gesetz die große Freude aller Unternehmen geworden. Natürlich werden diese Wegwerfmenschen offiziell mit den schönen Namen "Leih- oder Zeitarbeiter" etikettiert. Das macht sich besser. Man muss doch auf die zarten Gemüter von Wählern Rücksicht nehmen. Aktuell liegt die Zahl dieser modernen Sklaven bei einer Million. Und obwohl die Sklaverei eigentlich verboten und geächtet ist, wird auch dieses Verbrechen staatlich subventioniert.

Auch unter den Leiharbeitern gibt es jede Menge "Aufstocker". Darüber hinaus entgehen dem Staat jede Menge Steuern und Abgaben: Denn der Lohn der Wegwerf-Menschen ist häufig viel zu niedrig, um Steuern und Sozialabgaben abführen zu können. Jene Unternehmen, die sich auf dem Sklaven-Markt bedienen, prellen den Staat auch noch um die ihm zustehenden Einnahmen. Natürlich wird das nicht "Betrug" genannt. Denn dieser betrügerische Steuermittelkreislauf wird dringend für jene aufgehübschte Arbeitsmarkt-Statistik gebraucht, in der voll Stolz immer eine gewisse Zahl von "sozialversicherungspflichtigen" Arbeitsplätzen ausgewiesen wird. Dass die zumeist über den Subventionsbetrug der Leiharbeit hergestellt werden, möchten uns die Agentur oder die zuständigen Minister nicht erklären.

"Haltet die Diebe!“, rufen lauthals empörte Medien irgendwelchen Osteuropäern hinterher. Dass sich scheinbar redlich andere an der über Hartz-IV organisierten Arbeitslosigkeit gütlich tun, will den Redakteuren einfach nicht auffallen. Sie hätten schlicht mal prüfen müssen, wer sich denn seit Jahr und Tag ganz legal aus den Sozialkassen bedient. Auf Katzen-Pfoten hatte sich in den 60er Jahren der holländische "Personaldienstleister" Randstad Holding auf den Markt geschlichen. Heute ist der Laden das weltweit zweitgrößte Unternehmen auf dem Sklavenhandels-Sektor und liegt bei einem Umsatz von 19,2 Milliarden Euro. Darunter ist ein schönes Stück Geld, das ohne große Umwege aus der Agentur für Arbeit auf die Konten der Randstad Holding fließt. Die 30.000 Mitarbeiter des Dienstleisters schönen die Arbeitslosenstatistik auf ihre Weise: Weil sie selbst unermüdlich die Beschäftigung Anderer vortäuschen, zählen sie natürlich nicht zu denen ohne Arbeit.

BETRUG, sagt das Strafgesetzbuch, liegt vor, wenn jemand "durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält". Aber vom jüngsten Groß-Betrug im Zusammenhang mit der Arbeitslosigkeit mag kein Medium erzählen: Von der betrügerischen offiziellen Arbeitslosenstatistik. Während die Bundesagentur für Arbeit nur 2,35 Millionen Arbeitslose ausweist, gab es zugleich im August 2018 rund 6,73 Millionen "Leistungsempfänger". Das heißt, dass die Agentur einfach rund 6,73 Millionen Menschen unterschlägt, die von Arbeitslosengeld und/oder Hartz-IV-Leistungen leben. Und die überwiegend arbeitslos sind. Und all jene betrügerischen Medien, die man auf keinen Fall Lügenpresse nennen darf, lügen mit der kaum kommentierten Weitergabe der Amts-Lüge immer feste mit. Die Zahl jener, die wegen der "Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen" eigentlich wegen Betrugs verurteilt werden müssten, wächst damit deutlich über die Tausendergrenze. Wenn man all diese Betrüger, wie das Gesetz es vorsieht, einsperren würde, müssten jede Menge neuer Gefängnisse gebaut werden. Ganz sicher würden die jeweiligen Sachwalter des Kapitals im Berliner Regierungsbezirk dieses Bauprojekt als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ausgeben und könnten so die Arbeitslosenstatistik real verbessern. Und endlich dürften die Medien melden: "Sozialbetrüger-Bande sitzt!


Erstveröffentlichung am 05. November 2018 bei rationalgalerie.de – Eine Plattform für Nachdenker und Vorläufer

Top-Foto:
Ulrich Gellermann (aus Video-Interview: deutsch.rt.com)


Online-Flyer Nr. 681  vom 07.11.2018



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