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Literatur
Buchrezension zur "Im Spinnennetz der Geheimdienste"
Warum wurden Olof Palme, Uwe Barschel und William Colby ermordet?
Von Barbara Hug

Schon der Buchtitel legt nahe, dass das Autorenteam einen engeren Zusammenhang zwischen den drei politischen Morden – die als solche nicht offiziell anerkannt sind - aufzeigen werden. Publikationen über U. Barschel und O. Palme sind natürlich nicht rar, im Gegenteil. Sie werden, mit grösserer zeitlicher Entfernung zu ihrem Tod, aber inhaltlich mit einer erhöhten Faktendichte belegt, mit Kenntnissen, die erst im Laufe der Zeit an die Oberfläche dringen durften, weil sie erhebliche Brisanz haben. Man kann heute das gebildete Publikum nicht mehr hinhalten mit fragwürdigen Selbstmordthesen oder noch fragwürdigerer Einzeltäterschaft.

Wen die aktuelle angespannte Weltlage nicht kalt lässt und wer noch immer der Auffassung ist, dass Krieg und Terrorismus keine taugliche Antwort auf Konflikte sind, sollte sich also die jüngere Geschichte Deutschlands, Schwedens, der Nato, von Stay Behind und des internationalen Waffenhandels nicht entgehen lassen. Nicht nur, dass Barschel, Palme und Colby nur einige wenige sind in der vermuteten Reihe der politischen Morde, - hier auf Europa bezogen. Auch der Kalte Krieg, das Problemfeld zwischen West und Ost, Kriege im Nahen Osten unter aktiver Belieferung mit Waffen aller Art, die Dämonisierung von Staaten bei gleichzeitiger Aufrüstung – diese Themenfelder werden ihres Mystizismus entkleidet und dadurch einer genaueren geschichtlichen Analyse zugeführt. Diese muss noch vollumfänglich geleistet werden. Der Kalte Krieg war eine Konstruktion der Geheimdienste des westlichen Lagers. Durch den Versuch einer Rekonstruktion der Ereignisse und Vorgänge, die zu den Morden als Barschel, Palme und Colby führten, leisten Baab und Harkavy einen wesentlichen Beitrag zur Erhellung dessen, was man ...hinter den Kulissen... nennt. Dadurch bekommt die politische Gegenwart einen anderen Geschmack – illusionsloser, aber auch fassbarer, und dadurch prinzipiell veränderbar.


Im Spinnennetz der Geheimdienste – Warum wurden Olof Palme, Uwe Barschel und William Colby ermordet?



Patrik Baab und Robert E. Harkavy
Westendverlag Frankfurt/Main 2017, 380 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-864489-176-2

Verlagstext: "Geheimdienste wie CIA, FSB, Mossad oder BND sind für uns schlicht eine verbotene Zone, in der nicht nur diskret spioniert, sondern auch die blutige Drecksarbeit streng geheim erledigt wird. Robert E. Harkavy und Patrik Baab werfen mit ihrem Buch ein helles Licht auf die verdeckten Operationen dieser Schattenkrieger. Am Beispiel der bis heute ungeklärten Todesfälle von Olof Palme, Uwe Barschel und William Colby beleuchten sie die Strippenzieher und Hintergründe. Sie haben Quellen aus fünf verschiedenen Geheimdiensten angezapft, zahlreiche ehemalige Geheimdienstler interviewt und führen die drei Todesfälle zusammen vor dem Hintergrund der Iran-Contra-Affäre und eines Schattenkrieges der CIA, dessen größter Teil immer noch im Dunkeln liegt. Ein spannender Spionage-Thriller, der leider finstere Realität ist."


Anmerkung:

Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten fragen den Autor Patrick Baab in einem Interview: "Der Untertitel Ihres Buches lautet: 'Warum wurden Olof Palme, Uwe Barschel und William Colby ermordet?' Das steht also zweifelsfrei fest?" Der antwortet:

"Beim Mord an Olof Palme am 28. Februar 1986 liegen die Dinge klar. Uns liegt ein Dokument des Secret Operations Planning Staff, also des Leitungsgremiums der NATO-Geheimarmee 'Stay Behind' vor. Dieses Protokoll trägt den Stempel „Cosmic“. Das ist die höchste Geheimhaltungsstufe der NATO. Danach wurde im Kreis der NATO-Geheimdienste der Mord an Olof Palme organisiert. Der Grund: Palme plante im Frühjahr 1986 einen Besuch bei Michail Gorbatschow in Moskau. Dabei sollte es auch um eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa und ein neutrales Skandinavien gehen. Dies widerstrebte den strategischen Plänen der NATO. Sie sahen im Kriegsfall einen Präventivschlag gegen die sowjetischen Militärbasen auf der Halbinsel Kola vor. Dazu waren die militärischen Einrichtungen der NATO in Skandinavien, insbesondere in Norwegen, zwingend erforderlich. Uwe Barschel wurde am 11. Oktober 1987 – also vor genau dreißig Jahren – tot in einer Badewanne des Hotels Beau Rivage in Genf aufgefunden. Die toxikologischen Befunde, die Spuren am Tatort und sein Doppelleben deuten auf Mord. Barschel starb an einer Medikamentenvergiftung. Doch die Abbaustufen der Präparate in seinem Körper zeigen, dass er zunächst die Sedativa, dann das tödliche Gift aufnahm. Er selbst wäre zur Zuführung des Giftes nicht mehr in der Lage gewesen. Im Hotelzimmer finden sich Spuren des Kontaktgiftes Dimethylsulfoxid. Man benutzt es, um Stoffe durch die Haut in den Körper einzubringen. Dies macht bei einem Suizid keinen Sinn. Wir haben bei Barschel auch zahlreiche Hinweise auf ein Doppelleben zusammengetragen. So war er verstrickt in den Iran-Contra-Waffenhandel und hat mehreren Quellen zufolge nach seinem politischen Sturz mit der Preisgabe seines Wissens gedroht. Der frühere CIA-Direktor William Colby ist angeblich bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen. Doch dies kann nicht stimmen. Seine Leiche wurde Tage später entgegen der Strömungsrichtung aufgefunden. Sie wies keinen Vogelfraß auf, es befand sich kein Wasser in der Lunge. Colbys Körper muss dort abgelegt worden sein. Allen dreien war gemeinsam, dass sie für CIA und NATO-Geheimdienste zur Gefahr wurden – sei es, weil sie deren Plänen zuwiderhandelten oder weil sie Kenntnisse hatten, die nicht in die Öffentlichkeit gelangen durften."

Das komplette Interview hier:
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2017/11/28/ndr-journalist-politische-morde-sind-auch-heute-moeglich/


Online-Flyer Nr. 639  vom 29.11.2017



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