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Wirtschaft und Umwelt
Hauptversammlung der BAYER-AktionärInnen am 28. April 2017
26 kritische Redebeiträge
Von Jan Pehrke (CBG)
So viel Leben gab es noch nie vor einer BAYER-Hauptversammlung – aus gegebenem Anlass: Der Leverkusener Multi schickt sich an, MONSANTO zu übernehmen und damit zum größten Agro-Konzern der Welt zu werden. Ein sichtbares Zeichen gegen diesen Plan, die Industrialisierung der Branche weiter voranzutreiben, setzten in Bonn vor dem World Conference Center (WCCB) LandwirtInnen mit einem historischen Kartoffeldämpfer. Dieser konnte sich sogar noch von seiner praktischen Seite zeigen und dazu dienen, Übernahme-Verträge und Patent-Urkunden zu verbrennen. Mit Transparenten bestückte Traktoren taten ein Übriges. Rede-Beiträge und mexikanische Musik von der LKW-Bühne stimmten die rund 300 KundgebungsteilnehmerInnen auf „Stop BAYER/MONSANTO“ ein und der von AktionärInnen-Versammlungen des Konzerns schon gewohnte Protest kam noch bunter als je zuvor zur Geltung. ImkerInnen, Medikamenten-Geschädigte, GegnerInnen der Kohlenmonoxid-Pipeline und AktivistInnen, die gegen die Öffnung von BAYERs Giftgrab „Dhünnaue“ im Zuge eines anvisierten Autobahn-Baus protestierten, konfrontierten die AktionärInnen mit ihren Anliegen.
Protest vor dem World Conference Center (WCCB) am 28. April 2017 (Foto: arbeiterfotografie.com)
Rechtsbruch und Diffamierung
Aber all das hätte eigentlich nicht sollen sein. Der Leverkusener Multi hatte nämlich vor, die Hauptversammlung (HV), auf der mit der MONSANTO-Übernahme eine der umstrittensten Entscheidungen der Unternehmensgeschichte auf der Tagesordnung stand, unter Ausschluss der kritischen Öffentlichkeit abzuhalten. Dafür hatte der Agro-Riese sein AktionärInnen-Treff extra in den Bonner World Conference Center (WCCB) verlegt. Der Standort-Vorteil des neuen Tagungsortes bestand in den Augen des Konzerns darin, den Protest gegen den Milliarden-Deal bei entsprechenden Vorkehrungen weit draußen vor der Tür halten zu können. Entsprechend teilte die Polizei der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) eine Woche vor der HV mit, die Kundgebung an dem dafür vorgesehenen Ort nicht zu erlauben und stattdessen ins Niemandsland weit weg vom HV-Eingang zu verlegen.
Die Coordination schaltete sofort einen Rechtsanwalt ein und reichte Klagen ein. Der Konzern hielt mit Terror-Gefahr dagegen und spannte dabei den Bogen weit. Von Sprengsatz-Zündungen aus Habgier wie beim Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund über Ankündigungen der CBG, es am 28. April nicht zu einem HV-Business as usual kommen zu lassen, bis hin zu den Rauch-Bläsern, mit den ImkerInnen auf früheren Hauptversammlung gegen bienenschädliche Pestizide protestiert hatten („Gasangriff von Vermummten“/O-Ton BAYER), reichte die für Hauptversammlung skizzierte Bedrohungslage des Unternehmens.
In der juristischen Auseinandersetzung errang die Coordination einen Teilerfolg. Sieben der acht Auflagen der Polizei kippten die Gerichte. Der Bruch der Verfassung und der Hoheitsrechte durch BAYER allerdings blieb unbeanstandet.
„Bedenklich“ nannte die taz das Urteil in dieser Sache. Die Zeitung prophezeite: „Jeder Konzern kann sich künftig auf eine drohende Terror-Gefahr berufen, um missliebige Demonstrationen zu verhindern“ und warnte davor, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit den Konzern-Interessen zu opfern.
BAYER aber besaß die Dreistigkeit, auf seinem Bannmeilen-Bollwerk am Tag X ein Transparent mit der Aufschrift „Liebe Demonstranten, nutzt doch mal ‚Fakten statt Vorurteile’ anzubringen“. Der Schuss ging nach hinten los, die DemonstrantInnen folgten der Aufforderung und überschütteten vor und in der HV die Verantwortlichen im Konzern mit Fakten, Fakten, Fakten.
Protest vor dem World Conference Center (WCCB) am 28. April 2017 (Foto: arbeiterfotografie.com)
Proteste und 26 kritische Redebeiträge in der HV
Die Rede des Vorstandsvorsitzenden wurde bereits nach fünf Minuten und auch danach mehrfach durch Sprechchöre wie „Ihr vergiftet unsere Böden!“ unterbrochen. Die 2.500 anwesenden AktionärInnen wurden außerhalb und innerhalb der Halle immer wieder aufgefordert: „Stimmen Sie mit Nein.“ Zwei DemonstrantInnen enterten das Vorstandspodium. In der HV wurden Transparente „Menschenrechte statt Profite“ entfaltet. Und bis ca. 18 Uhr traten dann 26 kritische BAYER-AktionärInnen an die Mikrofone. Neben Betroffenen und Opfern auch Fachleute: ÄrztInnen, LandwirtInnen, IngenieurInnen, ImkerInnen, ChemikerInnen, BetriebswirtInnen, JuristInnen, PhysikerInnen. Darunter auch Gäste aus aller Welt.
Den Versuch, die HV vor den Protesten abzuschirmen, kritisierte Jan Pehrke vom Vorstand der CBG in seiner Rede vehement: „BAYER instrumentalisiert die Terror-Gefahr in infamer Weise.“ Anschließend führte der Journalist dem Saal das mit dem Kauf von MONSANTO verbundene Schreckensszenario noch einmal drastisch vor Augen. „Käme der Deal vollumfänglich zustande, betrüge der Markt-Anteil beim gen-manipulierten Saatgut weit über 90 Prozent, bei den konventionellen Saaten läge er bei 30 Prozent und bei den Pestiziden ungefähr bei 25 Prozent“, so Pehrke Anschließend beschrieb er die Risiken und Nebenwirkungen, welche die Transaktion für die LandwirtInnen, VerbraucherInnen, Beschäftigte und Standorte-Städte hätte. Aber zu Ende bringen durfte er seinen Beitrag nicht, der Global Player hatte zwischenzeitlich die Rede-Zeit verkürzt und drehte dem CBGler kurzerhand das Mikrofon ab.
BAYER musste sich jedoch trotzdem noch viel zur avisierten MONSANTO-Akquisition anhören. So ließ René Lehnherr vom Internationalen MONSANTO-Tribunal Den Haag aus gegebenem Anlass das gerade veröffentlichte, niederschmetternde Votum der RichterInnen-Jury über den Bruch von UN-Abkommen durch das US-Unternehmen an BAYER-Chef Werner Baumann weiterreichen.
Heike Moldenhauer vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und Peter Clausing vom Pestizid Aktionsnetzwerk (PAN) setzten das berühmt-berüchtigte Glyphosat auf die Agenda der HV.
Toni Hofreiter von Bündnis 90/Die Grünen warnte vor einem Verlust der Artenvielfalt und seine Partei-Kollegin Renate Künast fragte Baumann rhetorisch: „Haben Sie die Welt eigentlich gefragt, wie sie ernährt werden möchte?“
Michael Aggelidis, Landtagskandidat der Linkspartei, kritisierte vehement, dass BAYER die Verantwortung für „die größte Giftmülldeponie der Welt“ mit unabwägbaren Gefahren für das Trinkwasser, die sonstige Umwelt und Millionen von Menschen an das Land NRW und damit an den Steuerzahler weiterreicht.
Bei BAYER zählen einzig die Profite
Den Vorstandsvorsitzenden focht das alles nicht an. Die Konzentration auf dem Agro-Markt fand er unbedenklich, zu möglichen Arbeitsplatzvernichtungen infolge der Übernahme mochte er wegen schwebender Genehmigungsfragen nichts sagen und für die Weigerung, die AktionärInnen zu dem Deal zu befragen, lieferte der BAYER-Boss fadenscheinige Begründungen.
Immerhin sprach er aus, worum es bei der Sache wirklich geht, nämlich um Profit: Der Konzern will Baumann zufolge durch den Kauf von MONSANTO „langfristig erheblichen zusätzlichen Wert schaffen“. Nur die mit dem geplanten Erwerb des US-Unternehmens einhergehenden „Reputationsrisiken“, die einige VertreterInnen von AktionärInnen-Verbänden auf den Leverkusener Multi zukommen sahen, wollte der Ober-BAYER nicht von der Hand weisen. Dass es sich bei BAYER und MONSANTO jedoch keinesfalls um „Die Schöne und das Biest“ handelt und es bei der Transaktion deshalb keinesfalls darum geht, dass eine kleine nette Firma von nebenan beabsichtigt, einen bösen, großen US-Konzern zu resozialisieren – das demonstrierten eindruckvoll die RednerInnen, die zu anderen Themen sprachen. Diese präsentierten den AktionärInnen die Schadensbilanz der glänzenden Geschäftsbilanz und berichteten von risiko-reichen Projekten wie der Kohlenmonoxid-Pipeline, hormon-schädigenden Chemikalien, bienengefährlichen Pestiziden und BAYERs Politik der doppelten Standards in der „Dritten Welt“. Besonders beeindruckten wie jedes Jahr die Medikamenten-Geschädigten mit ihren Leidensgeschichten.
Insgesamt reagierte der neue BAYER-Vorstandsvorsitzende Baumann wie seine Vorgänger: zynisch und kaltschnäuzig. Egal wie groß und schlimm die berichteten Gesundheits- und/oder Umweltschäden auch waren, immer hieß es, dass „die Kosten-/Nutzen-Bilanz positiv“ sei. Wie immer auch wurde den anwesenden Opfern jede Entschuldigung verweigert. Deutlich wurde einmal mehr: Einzig der Profit ist bei BAYER entscheidend. Solange Produkte trotz Entschädigungszahlungen und Prozesskosten noch Gewinne bringen, gibt es keinen Anlass, sie vom Markt zu nehmen.
Nur konsequent, wenn Axel Köhler-Schnura (Vorstand der CBG) das Diktat der Profite brandmarkt und einmal mehr fordert, dass BAYER unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden muss und dabei auf die Landesverfassung von NRW verweist, die eine Vergesellschaftung durchaus als Möglichkeit vorsieht.
Bis zu 17 % stimmten mit den KritikerInnen
Bei den Abstimmungen zeigte sich, dass die menschenverachtende Haltung der BAYER-Verantwortlichen nicht nur von den Kritischen AktionärInnen verurteilt wird. Mehrere Hundert KleinaktionärInnen unterstützten die CBG bereits im Vorfeld der Hauptversammlung und übertrugen Zehntausende von Aktien. Im Saal stimmten viele Zehnmillionen Aktien mit den Kritischen AktionärInnen mit NEIN. Selbst beim Antrag der CBG, die Gewinnausschüttung auf zehn Cent zu begrenzen und stattdessen die Milliarden für Umweltschutz, Menschenrechte, soziale Sicherheit sowie für gerechte Entschädigung der Opfer einzusetzen, stimmten noch knapp eine Millionen Aktien mit der CBG.
Entsprechend zog die Coordination eine andere Bilanz als die Wirtschaftspresse: Angesichts der Tatsache, dass einige wenige GroßaktionärInnen mit ihrem gigantischen Besitz von Hunderten Millionen Aktien regelmäßig für satte Mehrheiten und für immer neue Rekorddividenden sorgen, sind die NEIN-Ergebnisse von Tausenden KleinaktionärInnen, die mit der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) stimmten, ein beachtliches Signal gegen das Diktat des Profits und für Umweltschutz, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit.
Unterschriftenkampagne „Tod auf den Feldern. Gift im Essen. BAYER/MONSANTO stoppen!“
„Das Geschäftsmodell von BAYER und MONSANTO ist skrupellos: Mit Pestiziden und Gentechnik machen beide ihre Profite, sie schädigen die Gesundheit von Bauern und Verbrauchern, zerstören das Weltklima und die Artenvielfalt und gefährden die Ernährungs- und Lebensgrundlage aller künftigen Generationen. BAYER möchte nun MONSANTO übernehmen und dieses lebensbedrohliche Geschäftsmodell so zugunsten gesteigerter Profite für Großaktionäre ausbauen. Widerstand ist daher dringend notwendig: Für eine solidarische Gesellschaft ohne Profitjagd auf Kosten von Mensch und Natur!“ So heißt es im Zusammenhang mit einer Unterschriftenkampagne der "Coordination gegen BAYER-Gefahren" unter dem Motto „Tod auf den Feldern. Gift im Essen. BAYER/MONSANTO stoppen!“ (http://cbgnetwork.org/6721.html)
Online-Flyer Nr. 613 vom 17.05.2017
Hauptversammlung der BAYER-AktionärInnen am 28. April 2017
26 kritische Redebeiträge
Von Jan Pehrke (CBG)
So viel Leben gab es noch nie vor einer BAYER-Hauptversammlung – aus gegebenem Anlass: Der Leverkusener Multi schickt sich an, MONSANTO zu übernehmen und damit zum größten Agro-Konzern der Welt zu werden. Ein sichtbares Zeichen gegen diesen Plan, die Industrialisierung der Branche weiter voranzutreiben, setzten in Bonn vor dem World Conference Center (WCCB) LandwirtInnen mit einem historischen Kartoffeldämpfer. Dieser konnte sich sogar noch von seiner praktischen Seite zeigen und dazu dienen, Übernahme-Verträge und Patent-Urkunden zu verbrennen. Mit Transparenten bestückte Traktoren taten ein Übriges. Rede-Beiträge und mexikanische Musik von der LKW-Bühne stimmten die rund 300 KundgebungsteilnehmerInnen auf „Stop BAYER/MONSANTO“ ein und der von AktionärInnen-Versammlungen des Konzerns schon gewohnte Protest kam noch bunter als je zuvor zur Geltung. ImkerInnen, Medikamenten-Geschädigte, GegnerInnen der Kohlenmonoxid-Pipeline und AktivistInnen, die gegen die Öffnung von BAYERs Giftgrab „Dhünnaue“ im Zuge eines anvisierten Autobahn-Baus protestierten, konfrontierten die AktionärInnen mit ihren Anliegen.
Protest vor dem World Conference Center (WCCB) am 28. April 2017 (Foto: arbeiterfotografie.com)
Rechtsbruch und Diffamierung
Aber all das hätte eigentlich nicht sollen sein. Der Leverkusener Multi hatte nämlich vor, die Hauptversammlung (HV), auf der mit der MONSANTO-Übernahme eine der umstrittensten Entscheidungen der Unternehmensgeschichte auf der Tagesordnung stand, unter Ausschluss der kritischen Öffentlichkeit abzuhalten. Dafür hatte der Agro-Riese sein AktionärInnen-Treff extra in den Bonner World Conference Center (WCCB) verlegt. Der Standort-Vorteil des neuen Tagungsortes bestand in den Augen des Konzerns darin, den Protest gegen den Milliarden-Deal bei entsprechenden Vorkehrungen weit draußen vor der Tür halten zu können. Entsprechend teilte die Polizei der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) eine Woche vor der HV mit, die Kundgebung an dem dafür vorgesehenen Ort nicht zu erlauben und stattdessen ins Niemandsland weit weg vom HV-Eingang zu verlegen.
Die Coordination schaltete sofort einen Rechtsanwalt ein und reichte Klagen ein. Der Konzern hielt mit Terror-Gefahr dagegen und spannte dabei den Bogen weit. Von Sprengsatz-Zündungen aus Habgier wie beim Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund über Ankündigungen der CBG, es am 28. April nicht zu einem HV-Business as usual kommen zu lassen, bis hin zu den Rauch-Bläsern, mit den ImkerInnen auf früheren Hauptversammlung gegen bienenschädliche Pestizide protestiert hatten („Gasangriff von Vermummten“/O-Ton BAYER), reichte die für Hauptversammlung skizzierte Bedrohungslage des Unternehmens.
In der juristischen Auseinandersetzung errang die Coordination einen Teilerfolg. Sieben der acht Auflagen der Polizei kippten die Gerichte. Der Bruch der Verfassung und der Hoheitsrechte durch BAYER allerdings blieb unbeanstandet.
„Bedenklich“ nannte die taz das Urteil in dieser Sache. Die Zeitung prophezeite: „Jeder Konzern kann sich künftig auf eine drohende Terror-Gefahr berufen, um missliebige Demonstrationen zu verhindern“ und warnte davor, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit den Konzern-Interessen zu opfern.
BAYER aber besaß die Dreistigkeit, auf seinem Bannmeilen-Bollwerk am Tag X ein Transparent mit der Aufschrift „Liebe Demonstranten, nutzt doch mal ‚Fakten statt Vorurteile’ anzubringen“. Der Schuss ging nach hinten los, die DemonstrantInnen folgten der Aufforderung und überschütteten vor und in der HV die Verantwortlichen im Konzern mit Fakten, Fakten, Fakten.
Protest vor dem World Conference Center (WCCB) am 28. April 2017 (Foto: arbeiterfotografie.com)
Proteste und 26 kritische Redebeiträge in der HV
Die Rede des Vorstandsvorsitzenden wurde bereits nach fünf Minuten und auch danach mehrfach durch Sprechchöre wie „Ihr vergiftet unsere Böden!“ unterbrochen. Die 2.500 anwesenden AktionärInnen wurden außerhalb und innerhalb der Halle immer wieder aufgefordert: „Stimmen Sie mit Nein.“ Zwei DemonstrantInnen enterten das Vorstandspodium. In der HV wurden Transparente „Menschenrechte statt Profite“ entfaltet. Und bis ca. 18 Uhr traten dann 26 kritische BAYER-AktionärInnen an die Mikrofone. Neben Betroffenen und Opfern auch Fachleute: ÄrztInnen, LandwirtInnen, IngenieurInnen, ImkerInnen, ChemikerInnen, BetriebswirtInnen, JuristInnen, PhysikerInnen. Darunter auch Gäste aus aller Welt.
Den Versuch, die HV vor den Protesten abzuschirmen, kritisierte Jan Pehrke vom Vorstand der CBG in seiner Rede vehement: „BAYER instrumentalisiert die Terror-Gefahr in infamer Weise.“ Anschließend führte der Journalist dem Saal das mit dem Kauf von MONSANTO verbundene Schreckensszenario noch einmal drastisch vor Augen. „Käme der Deal vollumfänglich zustande, betrüge der Markt-Anteil beim gen-manipulierten Saatgut weit über 90 Prozent, bei den konventionellen Saaten läge er bei 30 Prozent und bei den Pestiziden ungefähr bei 25 Prozent“, so Pehrke Anschließend beschrieb er die Risiken und Nebenwirkungen, welche die Transaktion für die LandwirtInnen, VerbraucherInnen, Beschäftigte und Standorte-Städte hätte. Aber zu Ende bringen durfte er seinen Beitrag nicht, der Global Player hatte zwischenzeitlich die Rede-Zeit verkürzt und drehte dem CBGler kurzerhand das Mikrofon ab.
BAYER musste sich jedoch trotzdem noch viel zur avisierten MONSANTO-Akquisition anhören. So ließ René Lehnherr vom Internationalen MONSANTO-Tribunal Den Haag aus gegebenem Anlass das gerade veröffentlichte, niederschmetternde Votum der RichterInnen-Jury über den Bruch von UN-Abkommen durch das US-Unternehmen an BAYER-Chef Werner Baumann weiterreichen.
Heike Moldenhauer vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und Peter Clausing vom Pestizid Aktionsnetzwerk (PAN) setzten das berühmt-berüchtigte Glyphosat auf die Agenda der HV.
Toni Hofreiter von Bündnis 90/Die Grünen warnte vor einem Verlust der Artenvielfalt und seine Partei-Kollegin Renate Künast fragte Baumann rhetorisch: „Haben Sie die Welt eigentlich gefragt, wie sie ernährt werden möchte?“
Michael Aggelidis, Landtagskandidat der Linkspartei, kritisierte vehement, dass BAYER die Verantwortung für „die größte Giftmülldeponie der Welt“ mit unabwägbaren Gefahren für das Trinkwasser, die sonstige Umwelt und Millionen von Menschen an das Land NRW und damit an den Steuerzahler weiterreicht.
Bei BAYER zählen einzig die Profite
Den Vorstandsvorsitzenden focht das alles nicht an. Die Konzentration auf dem Agro-Markt fand er unbedenklich, zu möglichen Arbeitsplatzvernichtungen infolge der Übernahme mochte er wegen schwebender Genehmigungsfragen nichts sagen und für die Weigerung, die AktionärInnen zu dem Deal zu befragen, lieferte der BAYER-Boss fadenscheinige Begründungen.
Immerhin sprach er aus, worum es bei der Sache wirklich geht, nämlich um Profit: Der Konzern will Baumann zufolge durch den Kauf von MONSANTO „langfristig erheblichen zusätzlichen Wert schaffen“. Nur die mit dem geplanten Erwerb des US-Unternehmens einhergehenden „Reputationsrisiken“, die einige VertreterInnen von AktionärInnen-Verbänden auf den Leverkusener Multi zukommen sahen, wollte der Ober-BAYER nicht von der Hand weisen. Dass es sich bei BAYER und MONSANTO jedoch keinesfalls um „Die Schöne und das Biest“ handelt und es bei der Transaktion deshalb keinesfalls darum geht, dass eine kleine nette Firma von nebenan beabsichtigt, einen bösen, großen US-Konzern zu resozialisieren – das demonstrierten eindruckvoll die RednerInnen, die zu anderen Themen sprachen. Diese präsentierten den AktionärInnen die Schadensbilanz der glänzenden Geschäftsbilanz und berichteten von risiko-reichen Projekten wie der Kohlenmonoxid-Pipeline, hormon-schädigenden Chemikalien, bienengefährlichen Pestiziden und BAYERs Politik der doppelten Standards in der „Dritten Welt“. Besonders beeindruckten wie jedes Jahr die Medikamenten-Geschädigten mit ihren Leidensgeschichten.
Insgesamt reagierte der neue BAYER-Vorstandsvorsitzende Baumann wie seine Vorgänger: zynisch und kaltschnäuzig. Egal wie groß und schlimm die berichteten Gesundheits- und/oder Umweltschäden auch waren, immer hieß es, dass „die Kosten-/Nutzen-Bilanz positiv“ sei. Wie immer auch wurde den anwesenden Opfern jede Entschuldigung verweigert. Deutlich wurde einmal mehr: Einzig der Profit ist bei BAYER entscheidend. Solange Produkte trotz Entschädigungszahlungen und Prozesskosten noch Gewinne bringen, gibt es keinen Anlass, sie vom Markt zu nehmen.
Nur konsequent, wenn Axel Köhler-Schnura (Vorstand der CBG) das Diktat der Profite brandmarkt und einmal mehr fordert, dass BAYER unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden muss und dabei auf die Landesverfassung von NRW verweist, die eine Vergesellschaftung durchaus als Möglichkeit vorsieht.
Bis zu 17 % stimmten mit den KritikerInnen
Bei den Abstimmungen zeigte sich, dass die menschenverachtende Haltung der BAYER-Verantwortlichen nicht nur von den Kritischen AktionärInnen verurteilt wird. Mehrere Hundert KleinaktionärInnen unterstützten die CBG bereits im Vorfeld der Hauptversammlung und übertrugen Zehntausende von Aktien. Im Saal stimmten viele Zehnmillionen Aktien mit den Kritischen AktionärInnen mit NEIN. Selbst beim Antrag der CBG, die Gewinnausschüttung auf zehn Cent zu begrenzen und stattdessen die Milliarden für Umweltschutz, Menschenrechte, soziale Sicherheit sowie für gerechte Entschädigung der Opfer einzusetzen, stimmten noch knapp eine Millionen Aktien mit der CBG.
Entsprechend zog die Coordination eine andere Bilanz als die Wirtschaftspresse: Angesichts der Tatsache, dass einige wenige GroßaktionärInnen mit ihrem gigantischen Besitz von Hunderten Millionen Aktien regelmäßig für satte Mehrheiten und für immer neue Rekorddividenden sorgen, sind die NEIN-Ergebnisse von Tausenden KleinaktionärInnen, die mit der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) stimmten, ein beachtliches Signal gegen das Diktat des Profits und für Umweltschutz, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit.
Unterschriftenkampagne „Tod auf den Feldern. Gift im Essen. BAYER/MONSANTO stoppen!“
„Das Geschäftsmodell von BAYER und MONSANTO ist skrupellos: Mit Pestiziden und Gentechnik machen beide ihre Profite, sie schädigen die Gesundheit von Bauern und Verbrauchern, zerstören das Weltklima und die Artenvielfalt und gefährden die Ernährungs- und Lebensgrundlage aller künftigen Generationen. BAYER möchte nun MONSANTO übernehmen und dieses lebensbedrohliche Geschäftsmodell so zugunsten gesteigerter Profite für Großaktionäre ausbauen. Widerstand ist daher dringend notwendig: Für eine solidarische Gesellschaft ohne Profitjagd auf Kosten von Mensch und Natur!“ So heißt es im Zusammenhang mit einer Unterschriftenkampagne der "Coordination gegen BAYER-Gefahren" unter dem Motto „Tod auf den Feldern. Gift im Essen. BAYER/MONSANTO stoppen!“ (http://cbgnetwork.org/6721.html)
Online-Flyer Nr. 613 vom 17.05.2017