NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

Fenster schließen

Kommentar
Frage an die Deutschland Regierenden
Wollt ihr uns täuschen?
Von Jürgen Heiducoff

Vorweg sei unterstrichen: Ich gehöre nicht zu denen, die das gesamte Spektrum der Bundespolitik permanent schlecht reden. Ich gehöre nicht zu denen, die die auf konsequentes Sparen gerichtete Haushaltspolitik generell unpassend finden. Und ich gehöre schon gar nicht zu denen, die die sicher aus humanitären Gründen durch Angela Merkel ausgesprochene Einladung an hunderttausende Kriegsflüchtlinge kritisieren. Ich bin auch weder rassistisch, noch ausländerfeindlich orientiert. Wohl aber muss ich unterstreichen, dass große Bereiche der aktuelle Politik der Bundesregierung von einer kaum zu übertreffenden Arroganz gegenüber uns, den schon nicht mehr mündigen Staatsbürgern bestimmt wird.


Bundespräsident Joachim Gauck: „Die Eliten sind gar nicht das Problem, die Bevölkerungen sind im Moment das Problem.“ (Foto: arbeiterfotografie.com)

Besonders deutlich macht dies unser Staatsoberhaupt Joachim Gauck. Er hält nichts von direkter Demokratie und empfindet eine gewisse Abneigung gegen das Volk. Dies brachte er im April 2014 bei einem Besuch der Schweiz zum Ausdruck: Er sehe... Nachteile in der direkten Demokratie, sagte er nach Gesprächen mit dem Bundespräsidenten der Schweiz Didier Burkhalter. „Die direkte Demokratie kann Gefahren bergen, wenn die Bürger über hochkomplexe Themen abstimmen“, sagte Gauck in einer Medienkonferenz. Er sei ein überzeugter Unterstützer der repräsentativen Demokratie, mit der Deutschland „sehr gut fährt." (1) Doch Gauck scheint insgesamt eher der Bevölkerung / den Völkern nicht zu trauen. Am 19.06.2016 sagte er in einem ARD-Interview über die wachsenden patriotischen Protestbewegungen und Parteien in Europa: „Die Eliten sind gar nicht das Problem, die Bevölkerungen sind im Moment das Problem.“ (2) Wir wollen einfach nicht begreifen, dass wir uns nicht in die große Politik einzumischen haben. Die wird für uns schon gemacht. Alles wird für uns gerichtet. Wir müssen die Zeche nur bezahlen.

Hier nur zwei Beispiele aus der Kiste der verfehlten Politik und deren arrogante Begründung:

1. Die Schuldenkrise der öffentlichen Haushalte und die „schwarze Null“: die Bürger wissen, dass die Schuldenlast der öffentlichen Haushalte kaum noch zu beherrschen ist. In Berlin unweit des Reichstagsgebäudes am Spreeufer ist die Schuldenuhr, die digital den permanenten Anstieg dieser anzeigt. Da kann einem schon schwindlig werden. Die Bundesregierung will seinen Schäfchen weiß machen, dass in Deutschland mit der Politik der „schwarzen Null“ die Schuldenkrise beherrschbar sei. Es wird verkündet, dass keine neuen Schulden gemacht würden – seit einigen Jahren. Es wird verschwiegen, dass der unüberschaubare Schuldenberg aber weiter besteht und allein schon durch die Zinsen weiter anwächst. Klar ist, dass nach dem künftig nicht zu verhindernden Anstieg der Zinsen dieser Schuldenberg schneller wachsen wird – trotz der „schwarzen Null“. Wollt ihr uns täuschen?

2. Die Flüchtlingskrise und die unbegründete Hoffnung „Wir schaffen das“ oder das versprechen „Deutschland bleibt Deutschland“: Die Bundeskanzlerin hat ohne eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit aus dem Bauch heraus entschieden, die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen. Der Ansturm der bemitleidenswerten Kriegsflüchtlinge aus US-geschaffenen und selbst gemachten Krisen und Kriegen stieg ins Unermessliche. Die Behörden in unserer Republik waren nicht im Ansatz auf diesen Ansturm vorbereitet. Zum Teil entstanden chaotische Zustände. Die Bundesregierung begann verzweifelt und übereilt mit politischen Maßnahmen den Flüchtlingsstrom zu reduzieren. Beschlüsse der EU, die die Verteilung der Flüchtlinge zum Ziel haben, waren nicht durchsetzbar. Durch die Schließung der Balkanroute und einen zweifelhaften Deal mit der Türkei ging letztlich im Frühjahr 2016 der Flüchtlingsstrom zurück. Dieser Umstand wird nun von der Kanzlerin als die „Lösung“ hingestellt. Als würde mit dem sinkenden Zustrom die Zahl der Flüchtlinge abgebaut werden. Diese steigt weiterhin, nur zurzeit eben etwas langsamer. Und dies könnte sich schon mit dem Anstieg der Zahlen der über das Mittelmeer kommenden Menschen ändern. Der Lebensunterhalt der steigenden Zahl von Flüchtlingen verschlingt gewaltige Summen, die in den Kommunen schon zum Teil nicht mehr vorhanden sind. Solange es nicht zu einer funktionierenden Abschiebungspraxis der abgelehnten Asylbewerber kommt, ist am Horizont keine Entspannung zu erwarten. Gleichzeitig steigen Druck und die Reibereien zwischen auf engstem Raum hausenden Menschen aus uns fremden Kulturen. Wollt ihr uns täuschen?

Der erste Schritt zur Lösung von Problemen in einer Krise ist die Analyse der vergangenen politischen Prozesse, die Herausarbeitung der Fehler, deren öffentliche Bekanntgabe, die Übernahme der Verantwortung für diese Krise und ein Programm zu deren Beseitigung! Nichts von alledem ist zu erkennen. Und was geschieht stattdessen? Ein Kleinreden der Krisen und ein Zurückweisen der politischen Verantwortung. Wollt ihr uns täuschen? Da müsst ihr schon noch eine Generation abwarten, bis die Jugend, die dem durch euch bewusst vernachlässigten Bildungs- und Erziehungssystem ausgesetzt ist, herangewachsen sein wird – eine Generation nach eurem Bilde, die sich an Nebensächlichem aufschaukelt und die wesentlichen Dinge nicht zu erkennen vermag.


Quellen:

1 https://www.freitag.de/autoren/hans-springstein/gauck-warnt-vor-der-direkten-demokratie
2 http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Interviews/2016/160619-Bericht-aus-Berlin-Interview.html

Online-Flyer Nr. 580  vom 21.09.2016



Startseite           nach oben