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Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

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Kommentar
Zur "Studie" des früheren Chefs der FR und "Medienberaters" Wolfgang Storz
Wie man Meinung macht
Von Max Hölz

Die sogenannte Studie "Querfront – Karriere eines politisch-publizistischen Netzwerks " des früheren Chefredakteurs der FR und jetzt als "Medienberater" tätigen Wolfgang Storz, hat zu heftigen Diskussionen bezüglich der Bewertung eines kritischen Umganges mit den Mainstreammedien geführt. Albrecht Müller, der Herausgeber der NachDenkSeiten hat dort (1) bereits eine umfassende Kritik verfasst. Storz hat sich dazu in einem Interview (2) geäußert, weicht dabei aber nicht vom Tenor seines „ medienanalytischen Arbeitspapiers " ab, sondern ergeht sich in wortreichen Erklärungen, an deren Ende dann das Fazit steht, dass "unser Mediensystem und übrigens auch diese demokratische Grundordnung, bei aller berechtigten Kritik im Einzelnen, … im Prinzip intakt" ist. Deswegen noch einmal einige Anmerkungen zum manipulativen Charakter der Arbeit von Storz. Auch, da sich hieran fast idealtypisch das Vorgehen der Meinungsbeeinflussung und des Kampagnenjournalismus nachvollziehen lässt.

"Medienberater" Wolfgang Storz und seine "Studie"
NRhZ-Archiv
 
Ein wichtiges Element bei der Desavouierung einer kritischen Position ist es, derartige propagandistische Auftragsarbeiten unter der Flagge einer als kritisch und links geltenden Institution zu veröffentlichen, um so die notwendige Glaubwürdigkeit zu erlangen. Storz und seinen Auftraggebern ist dies damit gelungen, dass sie die gewerkschaftsnahe Otto-Brenner-Stiftung gewinnen konnten, bzw. dass diese sich dafür hergab Storzens "Studie" unter ihrem Namen zu veröffentlichen.
 
Storz vermeint ein "publizistisch-politisches Netzwerk" verschiedener Akteure erkannt zu haben und verwendet dabei die Methode, Zusammenhänge zu konstruieren, wo keine sind, um den Zielpersonen ein entsprechendes kompromittierendes Etikett aufkleben zu können. Die Konstruktion einer angeblichen "Querfront" aus Aktivisten aus dem linken und rechten politischen Spektrum ist hier nur das Vehikel, um kritische Positionen und Aktivitäten eines Aufbaues einer Gegenöffentlichkeit pauschal zu diffamieren. Es fällt auf, dass Storz in diesem Zusammenhang mehrmals die NachDenkSeiten und deren Herausgeber Albrecht Müller explizit erwähnt, obwohl es sicher absurd ist, den NachDenkSeiten irgendeine Nähe zu einer vermeintlichen "Querfront" zu unterstellen. Es kann nur vermutet werden, dass Storz mit den NachDenkSeiten oder Albrecht Müller noch ein Hühnchen zu rupfen hat bzw. dieser ein Ziel dieser Kampagne sein soll.
 
Zum publizistischen Kampfbegriff "Querfront“ schreibt Albrecht Müller: „Der Begriff "Querfront“ ist im Frühjahr 2014 benutzt worden, um Bestandteile einer „neuen“ Friedensbewegung oder die Wiederbelebung der „alten“ zu diffamieren. Jene Menschen, die bei den Mahnwachen und Montagsdemonstrationen für Frieden eintraten, konnte man und kann man zentral treffen, wenn man ihnen Bündnisse mit Rechtsradikalen ankreidet. Es ist relativ evident, dass der Einsatz dieses Begriffes strategisch als Kampagne gedacht war. Ich habe mich deshalb im Sommer und Herbst 2014 mit anderen zusammen dafür engagiert, dass es weiterhin Friedensdemonstration gibt ohne Stigmatisierung mit einem solchen Begriff. Das hieß dann konkret, bei der für den 13. Dezember 2014 geplanten Friedensdemonstration vor dem Amtssitz des Bundespräsidenten dafür zu sorgen, dass keine Reden mit nationalen oder rechten Akzenten gehalten wurden. Jeder objektive Beobachter konnte bei dieser Demonstration sehen, dass dies gelungen ist. Die Hauptrede hat Eugen Drewermann gehalten. Von "Querfront“ konnte keine Rede sein. Allerdings hatten auch schon im Dezember 2014 die gleichen Medien und Journalisten, die auch jetzt wieder versuchen, mithilfe des „Arbeitspapiers“ der Otto Brenner Stiftung den abgenagten Knochen "Querfront“ zu kredenzen, versucht, die Demonstration vor dem Schloss Bellevue ins Zwielicht zu rücken.“
 
Nachdem Storz einige willkürlich herausgegriffene Akteure des aufgedeckten "Netzwerkes" entlarvt hat, geht es ihm darum, diese entsprechend zu diffamieren und zu kompromittieren. Dazu beruft man sich am besten auf Aussagen Dritter. Es geht nicht darum die genannten Personen zu verteidigen, aber hier ist Storz‘ Vorgehen schlicht und ergreifend unseriös und manipulativ. Zur Charakterisierung des Initiators der Montagsmahnwachen, Lars Mährholz, heißt es beispielsweise wörtlich: „In einem Text der linksalternativen Tageszeitung (taz) …. wird ihm nachgesagt, er bewege sich ‚im Spektrum der neuen Rechten und obskurer Verschwörungstheoretiker.“ Weiter zitiert Storz aus einem Text auf Zeit-online von Thomas Korn und Andreas Umland. Die Autoren bezeichnen Jürgen Elsässer dort als "Kreml-Propagandisten“. Storz erwähnt dabei, dass Umland wissenschaftlicher Mitarbeiter des „Instituts für Euro-Atlantische Kooperation Kiew“ ist. Es mag nun jeder selbst entscheiden, was von dieser Quelle zu halten ist. Storz referenziert hier einfach auf ausgesuchte subjektive Meinungsäußerungen, welche die entsprechenden Zuschreibungen liefern, um die passenden negativen Schlagworte im Zusammenhang mit den fokussierten Personen zu setzen. Der Trick ist klar, sind die Akteure des vorher konstruierten Netzwerkes erst negativ konnotiert, lassen sich auch andere Personen diffamieren, die in irgendeiner Form einmal Kontakt zu diesen hatten. Und die "Qualitätsmedien“ feiern nun die Studie als „Beleg“ ihrer eigenen, dort zitierten, Behauptungen – ein tautologischer Kreisschluss eines geschlossenen Systems, das sich über eine Vertrauenskrise und die daraus resultierende mediale Gegenöffentlichkeit aufregt.
 
Ferner ist nach Storz der Publizist und Autor Ken Jebsen eine zentrale Figur des „publizistisch-politischen Netzwerkes“ der "Querfront". Ihm wird eine enge und bis vor kurzem dauernde Zusammenarbeit mit Jürgen Elsässer unterstellt. Dabei hat der Studienautor offensichtlich die Stellungnahmen und Distanzierungen Jebsens auf dessen facebook-Seite – nennen wir es – übersehen. Storz schreibt dann weiter: „Albrecht Müller, prominenter linker Buchautor und einer der Herausgeber der linken NachDenkSeiten, gibt Ken Jebsen, den viele für einen Verschwörungstheoretiker und Antisemiten halten, ein langes Interview.....“ Die Absicht ist durchschaubar. Beim Leser soll hängenbleiben, Albrecht Müller, einer der Herausgeber der NachDenkSeiten, hat offenbar kein Problem sich von einem "Verschwörungstheoretiker und Antisemiten" interviewen zu lassen. Infamer geht es nicht.
Eine ähnliche Manipulations-Methode wird bei der Diffamierung kritischer Positionen angewandt. So gibt Storz vor, die Themen und Inhalte des von Jürgen Elsässer, einem, nach Storz, weiteren zentralen Akteur der "Querfront“, herausgegebenen Compact Magazins, analysiert und etwa folgendes Thema gefunden zu haben: "…eine durchweg negative Bewertung des Handelns der USA und der Wall Street, unter anderem anhand der Beispiele TTIP (Transatlantisches Freihandelsabkommen), Terror-Kampf, Syrien, Ukraine;…"
 
Nun wird der aufmerksame Leser sofort erkennen, dass dies etwa auch auf den NachDenkSeiten, um auf den bekanntesten medienkritischen Blog zu verweisen, reflektiert wird. Sind nun die NachDenkSeiten ebenfalls Bestandteil des von Storz angeblich entlarvten "Querfront"-Netzwerkes, nur weil sie sich ebenfalls kritisch mit dem entsprechenden Thema auseinandersetzen?
 
Was soll diese "Studie“ eigentlich? Was hat sich die Otto Brenner Stiftung dabei gedacht, eine solche Nebensächlichkeit wie das Thema "Querfront“ zum Thema einer Studie zu machen und dafür Gewerkschaftsgeld auszugeben?
Die Otto Brenner Stiftung hat sich auch schon kritisch und verdienstvoll mit Medienthemen auseinandergesetzt. Wie etwa mit der ganz hervorragenden Arbeit "Drucksache „Bild“ – Eine Marke und ihre Mägde“ oder mit "Das Unwort erklärt die Untat“ zu den Morden des NSU. Was hat die Verantwortlichen nun veranlasst, ein derartiges Machwerk zu publizieren? Und vor allem wer steckt wirklich dahinter? (PK)
 
(1) http://www.nachdenkseiten.de/?p=27377
(2) kontext: Wochenzeitung, http://www.kontextwochenzeitung.de/debatte/231/natuerlich-ist-radikale-kritik-noetig-3100.html


Online-Flyer Nr. 527  vom 09.09.2015



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