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Aktueller Online-Flyer vom 25. April 2024  

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Aktuelles
Protestbrief: Meinungsvielfalt ist ein kostbares Gut, das es zu bewahren gilt
Antizionismus ist kein Judenhass
Von Evelyn Hecht-Galinski

An  den Oberbürgermeister Axel Jahnz der Stadt Delmenhorst:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jahnz,
aus den Medien habe ich erfahren, dass der mir bekannte Dr. Özoguz eine Informationsveranstaltung zum Thema Islam plant und der Vorsitzende der ortsansässigen jüdischen Gemeinde das verhindern will mit dem Argument, er wäre ein "Judenhasser". Ich selbst bin deutsche Publizistin und Autorin und setze mich schon seit Jahrzehnten für Gerechtigkeit für Palästinenser und gegen Islamophobie ein.

Aus diesem Grund habe ich mir auch das Lebensmotto meines Vaters Heinz Galinski zu Eigen gemacht, welches lautete: "Ich habe Auschwitz nicht überlebt um zu neuem Unrecht zu schweigen".
Mit großem Unbehagen sehe ich, wie immer häufiger versucht wird Antisemitismus und Antizionismus in einen Zusammenhang zu bringen, um so Israel-Kritik und Judenhass in Zusammenhang zu bringen.
Besonders verwerflich ist das, seit die israelische Regierung versucht, durch den Anspruch auf Anerkennung als "Jüdischer Staat" eben Juden und Israel-Kritik zu verquicken, um sie so unmöglich zu machen, bzw. zu diffamieren.
Ich empfehle Ihnen dazu den Film Defamation, des israelischen Filmemachers  Yoav Shamir anzuschauen, der sich sehr aufschlussreich mit diesem Thema befasst https://archive.org/details/Defamation
Herrn Özoguz und seine Texte zu verschiedenen Themen, darunter auch die Palästina-Frage, kenne und verfolge ich seit mehreren Jahren. Es gehört bedauerlicherweise zu den Erscheinungsbildern unserer Zeit in Deutschland, dass Antizionismus von glühenden Zionisten mit Antisemitismus gleich gesetzt wird. Ziel dieser Gleichsetzung ist, Israels unmenschliche Politik zu schützen. Herr Dr. Özoguz ist zweifelsohne kein Judenhasser (was sie allein an seiner langjährigen Bekanntschaft mit mir erkennen können). Und als Außenstehende plädiere ich dafür, die Aussage Voltaires nie zu vergessen: "Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen."
Ich habe keine Kenntnis darüber, ob Sie die Meinung von Herrn Dr. Özoguz verachten, aber auf jeden Fall sollten Sie ihm die Gelegenheit geben, für das friedliche Miteinander von Juden, Christen und Muslimen auch öffentlich einzutreten, wie er es stets getan hat. Gleichzeitig erlaube ich mir, Ihnen einen Blick auf meine eigenen Publikationen zu empfehlen, (siehe http://sicht-vom-hochblauen.de ). Sie werden darin sicherlich erheblich deutlichere antizionistische Postionen finden, als bei Dr. Özoguz, aber mir werden Sie sicherlich keinen Antisemitismus vorwerfen wollen, bin ich doch selbst eine deutsche Bürgerin mit jüdischen Wurzeln.
Deutsche Juden und deutsche Muslime können sich - bei allen Meinungsunterschieden im Detail - sehr gut miteinander verständigen. Es sind diejenigen, die unser gemeinsames Grundgesetz missachten, die für Unruhe sorgen. Darin heißt es in Artikel 3: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden." Genau das können wir in Deutschland leben, aber Nichtjuden im "Jüdischen Staat" nicht.

In diesem Sinn würde ich mich über eine Resonanz in Ihren Medien über die erfolgreich verlaufende Veranstaltung in Ihrer Stadt freuen. Daher sende ich eine Kopie dieses Schreibens an Ihre Lokalpresse.

Mit freundlichen Grüßen
Evelyn Hecht-Galinski
(PK)
 


Online-Flyer Nr. 513  vom 03.06.2015



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