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Lokales
Aus der Dauerserie: Ach hätte man doch nur früher auf die MBI gehört
Der drohende ÖPNV-Kollaps im Ruhrgebiet
Von Lothar Reinhard

Seit Jahren schreiben und reden sich die Mülheimer BürgerInitiativen (MBI) Mund und Finger wund mit der Forderung nach Zusammenlegung der Verkehrsbetriebe des Ruhrgebiets, um die ruinöse und ineffektive Kirchturmspolitik endlich zu beenden. Über lange Jahre hat das wenig interessiert, die Düsseldorfer Aufsichtsbehörden auch nicht. Nun ist der Karren fast völlig vor die Wand gefahren und jetzt meldet sich Frau Regierungspräsidentin Lüttkes in einem Brandbrief an die Städte Duisburg, Essen, Mülheim, endlich mit deutlichen Worten auch zu dem halbherzigen Verkehrsverbund VIA der 3 Städte. Selbst die VIA droht stetig an den Einzelegoismen der weiterhin existenten Einzelverkehrsgesellschaften zu scheitern und auch die berechtigte RP-Kritik kommt viel zu spät.
 

MBI-Plakat zum öffentlichen Personennahverkehr
Quelle: MBI
Heinz Lison, auch genannt „die Wirt- schaft“, Mülheimer Unternehmerfunktionär, dessen Firma Elektro Neumann pleite ging und von Österreichern aufgekauft wurde, sitzt nicht nur in diversen lokalen und regionalen Aufsichtsräten als Vertreter „der Wirt- schaft“, er wird in Mülheim oft auch „König Heinz“ genannt. Zu allen passenden und mitunter weniger passenden Gelegenheiten meldet er sich zumindest in Mülheim zu Wort und erklärt den Zeitungslesern, was Sache ist. Zum ÖPNV-Desaster seiner Busenfreundin, Mülheims OB Dagmar Mühlenfeld von der SPD, hat er bisher allerdings eher geschwiegen.

OB Dagmar Mühlenfeld neben Heinz Lison, Sprecher der regionalen Wirtschaft
Quelle: www.muelheim-ruhr
 
Nun meldete auch er sich zum ÖPNV-Desaster zu Wort, aber in der Duisburger WAZ. Zum Teil vertritt er dort jetzt Positionen und Forderungen, wie sie die Mitglieder der MBI-Fraktion im Mülheimer Stadtrat seit Jahren immer und immer wieder gestellt haben, mit wenig Gegenliebe von Politik, Medien oder „der Wirtschaft“ im Mülheimer Kirchturm.
 
Ganz am Rande: Es gibt keinen vehementeren Lobbyisten für bestimmte Mülheimer Firmen als ausgerechnet Lison (im Bild neben Frau OB Mühlenfeld), u.a. als Nachlassverwalter der Firma des verstorbenen Wüllenkemper und nicht enden wollender Forderungen nach Ausbau des sterbenden Flughafens Essen/Mülheim. Anders ausgedrückt: Herrn Lison ist das Kirchturmdenken, das er nur zu recht anprangert, nicht gerade fremd.
 
Doch egal: Es ist bereits 5 nach 12 und zumindest im Folgenden kann man Herrn Lison nur beipflichten, wenn er sagt: „Mit Kirchturmdenken werden wir im Ruhrgebiet die Zukunft nicht gewinnen.“ Das Gegeneinander der Städte beim Verkehr habe zu einem „Tohuwabohu“ und zu einem „massiven Investitionsstau“ geführt. Lison nennt das gescheiterte Referendum zur Straßenbahn zwischen Oberhausen und Essen sowie die vielen nicht einsatzfähigen Fahrzeuge der Verkehrsbetriebe (auch der DVG) als aktuell sichtbare Zeichen für den Missstand. „Es kann nicht sein, dass wir hier in einer Metropolregion leben, die einen aber in die Straßenbahn investieren und die anderen aussteigen wollen.“ Damit verspiele das Revier weiter Ansehen als Wirtschaftsstandort. Ein funktionierender ÖPNV sei Grundlage für funktionierende Unternehmen. Der hoch defizitäre ÖPNV im Ballungsraum Ruhrgebiet brauche eine gemeinsame Zukunftsstrategie, auch über die drei genannten Städte hinaus.
 
„Straßenbahnen und Busse dürfen im Revier nicht an den Stadtgrenzen enden, deswegen ist die Zusammenarbeit ein Muss“, so Lison. Er bezweifelt, ob es mittel- und langfristig überhaupt noch Sinn mache, so viele verschiedene Verkehrsgesellschaften im Ruhrgebiet zu unterhalten. „Hier sind längst nicht alle Synergien genutzt.“ Die Zukunft des ÖPNV müsse ein zentrales Thema der Politik in den kommenden Monaten werden.“
 
Der ganze WAZ-Artikel vom 9.4., „Wirtschaft fordert Kooperation der Städte“ ist nachzulesen unter http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/wirtschaft-fordert-kooperation-der-staedte-aimp-id10542119.html. Die 3 OB`s der VIA-Städte Duisburg, Essen, Mülheim betonen ebenfalls die Notwendigkeit von mehr Kooperation, haben aber ihr geplantes Treffen für den 10.4. genau dazu erst einmal wieder verschoben auf Mitte Mai. Na denn!
 
Der MBI-Standpunkt sieht seit langem ungefähr so aus:
Ohne baldige Fusion der vielen Einzelgesellschaften und mit dem Weiterwurschteln jedes Einzelkirchturms nur im eigenen Saft wie bisher droht nämlich der Kollaps des ÖPNV im größten deutschen Ballungsraum mit seinen 5 Millionen Menschen. So ganz allmählich scheint das auch in Düsseldorf bewusst zu werden. Von selbst werden die Kirchtürme des Ruhrgebiets außer Jammern und Betteln aber nichts verändern! Düsseldorf muss tätig werden, nicht nur in Briefen wie dem von Frau Lüttkes! Frau Ministerpräsidentin Kraft aus Mülheim, ihr zuständiger Minister Groschek aus Oberhausen und der für Kommunen zuständige Innenminister Jäger aus Duisburg müssen handeln, und zwar bald! Dabei müssen sie alle ihre bisherige Rücksicht auf den Filz der jeweiligen Heimatstadt ad acta legen! (PK)
 
Mehr zum Thema findet man auch in einem 45-minutiger Fernsehbericht des WDR vom 15.9.14: „DieStory – Endstation – Kollaps im Nahverkehr“ auf youtube.
 
 


Online-Flyer Nr. 506  vom 15.04.2015



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