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Globales
Anmerkungen zu einer erratischen Debatte über Friedensfürst Obama
Drohnenkrieg – Terrorkrieg?!
Von Jürgen Rose

Ein erneut schlagendes Beispiel dafür, wie hoffnungslos kontraproduktiv sich der Versuch auswirkt, Frieden statt mit immer weniger Waffen mit aller Gewalt schaffen zu wollen, liefert der aus fernab des Kriegsschauplatzes in den USA gelegenen, unangreifbaren Gefechtsständen gesteuerte, feige und verheerende Drohnenkrieg, den der in Oslo zum Friedensfürsten gekürte US-Präsident Barack Hussein Obama vornehmlich durch die »Special Activities Division« seines Geheimdiensts CIA sowie das in Tampa, Florida gelegene »United States Special Operations Command« (SOCOM) mit hoher Intensität fortführen lässt.
 

Friedensfürst Obama
NRhZ-Archiv
Diesem "Krieg gegen den Terror" fallen unbeteiligte Zivilisten zu Hunderten, wenn nicht gar zu Tausenden zum Opfer. Da für den Einsatz der unbemannten Flugkörper der Geheimdienst CIA sowie das ebenfalls unter strikter Geheimhaltung operierende »Joint Special Operations Command« (JSOC) zuständig ist, unterliegen die Angriffe realiter keiner öffent-licher Kontrolle und Rechen-schaft. Bereits im Oktober 2009 monierte deshalb Philip Alston, der durch den UN-Flüchtlings-hochkommissar mit einer Untersuchung beauftragt war, dies-bezüglich: „The Central Intelligence Agency is running a programme that is killing a significant number of people, and there is absolutely no accountability in terms of the relevant international laws.”
 
Die angesehene US-Strafrechtsprofessorin Marjorie Cohn konstatierte hinsichtlich der Drohnenangriffe: „Vorsätzliche oder politische Morde finden auf Anordnung oder mit Billigung einer Regierung außerhalb jedes gerichtlichen Verfahrens statt.“ Dies verletze sowohl die Charta der UN als auch die Genfer Konventionen, die absichtliche Tötungen verbieten. So habe die UNO ausdrücklich erklärt: „Exekutionen ohne Gerichtsurteil sind unter keinen Umständen gerechtfertigt, auch nicht in Kriegszeiten.“ Vorsätzliches Töten, so die Rechtsexpertin, sei ein Kriegsverbrechen, das auch nach dem „US War Crime Act“ bestraft werden müsse. Demzufolge handelt es sich also bei Mr. Obama um einen Staatsterroristen und gemeinen Mörder, der als kongenialer Wiedergänger des mittlerweile von einer US-Todesschwadron qua Lynchmord liquidierten Privatterroristen Osama bin Laden erscheint.
Der US-amerikanische Reporter und investigative Journalist Jeremy Scahill hat diese These in seinem auf der Basis jahrelanger akribischer und umfassender Recherche entstandenen Buch „Schmutzige Kriege. Amerikas geheime Kommandoaktionen“ detailliert belegt und erhärtet. Darin eröffnet er unter dem Rubrum „Das Jahr der Drohne“ einen aufschlußreichen Einblick in die Planung und die Durchführung des völkerrechtsverbrecherischen Drohnenkrieges der USA:
 
„Ein Jahr nach seinem Amtsantritt waren Obama und sein Antiterrorteam intensiv damit beschäftigt, die Maßnahmen zur Tötung von Terrorverdächtigen und anderen »Militanten« zu formalisieren. Sie hatten, leicht abgewandelt, die neokonservative Sicht der Welt als Schlachtfeld übernommen, und auf ihren Todeslisten standen Namen aus der ganzen Welt. Im Gegensatz zu Präsident Bush, der Tötungsbeschlüsse häufig militärischen Befehlshabern und CIA-Vertretern überlassen hatte, bestand Obama meist darauf, die Tötungsbefehle selbst zu unterzeichnen. Bei den jeden Dienstagnachmittag unter Obamas Vorsitz abgehaltenen Meetings, von hochrangigen Mitarbeitern als »Terrordienstage« bezeichnet, wurden aus vorgeschlagenen Zielen diejenigen »nominiert«, die auf die Liste gesetzt wurden. Häufig handelte es sich um bekannte aktive Kämpfer in Pakistan, in Jemen und in Somalia, doch gelegentlich befanden sich auch nur lose mit anderen Verdächtigen verbundene Personen oder einfach Bewohner einer bestimmten Region oder eines Landes darunter. »Dieser geheime Nominierungsprozess ist eine Erfindung der Regierung Obama, es ist ein Debattierclub von Hardlinern, der die PowerPoint-Darstellungen mit den Namen, Decknamen und Biografien verdächtiger Mitglieder des al-Qaida-Ablegers im Jemen oder von dessen Verbündeten in der somalischen Shabaab-Miliz unter die Lupe nimmt«, berichtete die New York Times. Im Grunde war die Todesliste eine Art der Strafverfolgung »vor der Tat«, bei der einzelne Personen, deren Lebensführung der verdächtiger Terroristen glich, als Freiwild galten. Seit der Einführung der sogenannten »Signature Strikes« standen nicht mehr nur gewaltbereite Personen, die an bestimmten Komplotten oder Aktionen gegen die Vereinigten Staaten beteiligt waren, auf den Todeslisten. Schon allein die Möglichkeit, jemand könnte zukünftig solche Taten begehen, reichte als Rechtfertigung für seine Tötung. Gelegentlich war bereits die Zugehörigkeit zu einer Gruppe »von Männern im wehrfähigen Alter« in einer bestimmten Region Pakistans ein Beleg für terroristische Aktivitäten, der zu einem Drohnenangriff führte. Im Jemen genehmigte Obama, auch JSOC-Angriffe auf Zielpersonen, deren Identität den Planern gar nicht bekannt war. Diese Angriffe wurden als Terrorist Attack Disruption Strikes (TADS) bezeichnet.“
 
Der US-amerikanische Professor Michael Boyle, der an der in Pennsylvania gelegenen La Salle University in Philadelphia lehrt und ehemals Berater in der Expertengruppe für Terrorabwehr während Obamas Wahlkampf war, bringt den hochgradig kriminellen Charakter von dessen Mordprogramm mit den Worten auf den Punkt: „Mit der Aufstellung von Todeslisten und der Ausweitung der Drohnenangriffe bricht Präsident Obama sein Versprechen, die Antiterrorpolitik mit der US-Verfassung in Einklang zu bringen […]. Obama hat vom Oval Office aus die außergerichtliche Tötung zur Routine und zu einem normalen Vorgang gemacht, indem er Amerikas einstweiligen Vorsprung in der Drohnentechnologie dazu nutzt, in Afghanistan, Pakistan, im Jemen und in Somalia Schattenkriege zu führen. Ohne eine Prüfung durch die Legislative und die Gerichte und unsichtbar für die Öffentlichkeit genehmigt Obama Woche für Woche Morde, wobei die Debatte über die Schuld und Unschuld der Kandidaten für die ›Todesliste‹ hinter verschlossenen Türen geführt wird.“
 
Anhand der zuvor dargestellten Problematik wird unzweifelhaft deutlich, daß eine Diskussion lediglich über die instrumentelle Dimension von Waffensystemen wie Kampfdrohnen sekundär ist und nur in die Irre führt – während sich zugleich diejenigen klammheimlich ins Fäustchen lachen, denen vornehmlich daran gelegen ist, eine erregte Öffentlichkeit auf Nebenkriegsschauplätzen zu beschäftigen, um diese von erheblich neuralgischeren Fragen abzulenken . Die in meinen Augen wichtigste dieser Frage betrifft dagegen die Illegitimität und Illegalität des mit staatsterroristischen Methoden – unter anderem eben Kampfdrohneneinsätzen – geführten sogenannten „Krieges gegen den Terror“. In diesem Kontext ist es vorderhand völlig unerheblich, mit welchen Mitteln dieser a priori völkerrechtswidrige „Anti-Terrorkrieg“ – an dem sich nota bene auch die Bundesrepublik Deutschland unter fortwährendem Bruch des Grundgesetzes teils mittels stillschweigender Duldung, teils auch mittels aktiver Unterstützung von deutschem Territorium aus beteiligt! – geführt wird, sondern es kommt darauf an, ihn unter allen Umständen zu beenden – und zwar umgehend.
 
Über jenes absolut prioritäre Ziel hinaus muß zudem alles darangesetzt werden, die rasend voranschreitende technologische Entwicklung auf dem Sektor der Drohnensysteme, allen voran der bewaffneten, zum Gegenstand von Rüstungskontroll- und Abrüstungsmaßnahmen zu machen, um so die Aufrüstungsdynamik in den Griff zu bekommen – ganz so, wie dies im Hinblick auf Waffensysteme vielfältiger Art langjährig bewährter Praxis während des Kalten Krieges und danach entspricht.
 
Hierfür ist es unabdingbar, eine operationell handhabbare Definition über den Gegenstand zu entwickeln, der da vertraglich kontrollierbar abgerüstet werden soll. Die zeitweilig offiziell im Pentagon gebräuchliche Definition „… a drone, or unmanned aircraft, is an aircraft or balloon that does not carry a human operator and is capable of flight under remote control or autonomous pro-gramming”, ist zu diesem Behufe völlig unzureichend, da hierunter auch sämtliche gelenkten Bomben, Raketen und Marschflugkörper – also praktisch das gesamte Arsenal moderner Kampfflugzeugbewaffnung – fallen. Für konstruktive und erfolgversprechende Rüstungskontroll- und Abrüstungsverhandlungen auf dem Gebiet der unbemannten Kampfflugzeuge muß also dringend ein Kriterienkatalog für diejenigen Drohnensysteme spezifiziert werden, die aus den Waffenarsenalen verschwinden sollen. Nachfolgende Definitionskriterien könnten dafür in Betracht kommen und müßten diesbezüglich einer genaueren Überprüfung unterzogen werden:
 
•          Drohnen werden durch einen Motor oder ein Triebwerk angetrieben und bewegen sich nicht auf einer ballistischen Flugbahn, sondern aerodynamisch als Starr- oder Drehflügler fliegend durch den Luftraum
•          Drohnen besitzen die Fähigkeit, mehrfach zu starten und wieder zu landen
•          Drohnen werden über Funk und/oder Satelliten kontrolliert und gesteuert
•          Drohnen können als unbewaffnete Aufklärungssysteme, mehrfach verwendbare Waffenplattformen oder Einweg-Kamikazegeräte Verwendung finden
•          Drohnen lassen sich von ihrer Reichweite her in taktische, operative und strategische Systeme unterteilen
•          Drohnen besitzen sehr unterschiedliche Flugdauer von wenigen Stunden bis Tagen
•          Die Stehzeit und Reichweite von Drohnen ließe sich durch die Option der Luftbetankung vervielfachen
•          Drohnen können sehr unterschiedliche Flughöhen rsp. Gipfelhöhen erreichen
 
Vorstehender Kriterienkatalog erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, zeigt indessen auf, anhand welcher Spezifikationen sich bestimmte Typen oder Kategorien von unbemannten Fluggeräten im Zuge von Rüstungskontroll- und Abrüstungsverhandlungen aus den Arsenalen entweder eliminieren ließen oder im vertraglich vereinbarten Konsens zugelassen blieben.
 
Eine vollständige Beseitigung sämtlicher Drohnensysteme – zu klären wäre davon abgesehen in jedem Fall die zivile Nutzung – muß indes aufgrund des bereits erreichten technischen Entwicklungs- und Verbreitungsgrades als völlig unrealistisch erscheinen, auch wenn dies friedenspolitisch selbstredend die beste und humanste Lösung wäre. (PK) 
 
Jürgen Rose war Oberstleutnant der Bundeswehr und ist Mitglied im Vorstand des „Darmstädter Signals“, des Forums für kritische StaatsbürgerInnen in Uniform.


Online-Flyer Nr. 461  vom 04.06.2014



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