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Lokales
Innenstädte-Schutz vor großflächigem Einzelhandel außerhalb noch möglich?
Wer hat im Ruhrgebiet das Sagen?
Von Lothar Reinhard

Keine weiteren Handelsansiedlungen auf der Grünen Wiese – das will die Nordrhein-westfälische Landesregierung schon im April verordnen. Gut so und endlich. Doch: Viel zu spät kommt diese NRW-Landesinitiative zur Stärkung bzw. Rettung der Innenstädte insbesondere im Ruhrgebiet. Der mörderische Konkurrenzkampf der Teilstädte unter- und gegeneinander, gleichzeitig innerhalb jedes Kirchturms, ist schon sehr weit und bedrohlich fortgeschritten.
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Das illegal genehmigte Rhein-Ruhr-Zentrum
am Mülheimer Stadtrand
Quelle: MBI
Und wie die Duisburger WAZ schreibt, wird auch noch die nächste Runde der Aufrüstung der Verkaufsflächen ungestört von den neuesten Landes-plänen bleiben, ob nun bei den diversen Duisburger Projekten oder beim CentrO, dem riesigen Einkaufszentrum in Oberhau- sen, das seine Erweiterung gerade fertiggestellt hat, und in etlichen anderen Städten des Reviers genausowenig. Die neuen Pläne der nordrhein-westfälischen Landesregierung sähen zwar vor, "dass der Einzelhandel in den Innenstädten nicht mehr geschwächt werden soll" liest man da, aber nun hat auch noch Ikea angekündigt, in Essen, Bottrop usw. größere Einrichtungshäuser zu wollen, nachdem die Landesregierung Ende November 2012 Ikea seine “Homepark-Pläne” in Wuppertal an der Grenze zum Ennepe-Ruhr-Kreis untersagt hatte.

Versagen der verantwortlichen Politiker
 
Auch in der Vergangenheit hätten Düsseldorf bzw. die Bezirksregierungen (RPs) durchaus eingreifen können, doch das passte lange Zeit nicht in die angebotsorientierte Politik der neoliberalen Regierungen, ob Rot-Grün unter Clement und Steinbrück, oder Schwarz-Gelb unter Rüttgers. Und auch die erneute Rot-Grüne Landesregierung unter Frau Kraft hat Jahre verstreichen lassen, obwohl die massiven Innenstadtprobleme bei ihrem Regierungsantritt 2010 mehr als offensichtlich waren.
 
Viele Projekte, z.B. das CentrO, wären ohne gewaltige Landeszuschüsse überhaupt nicht zustande gekommen. Auch ohne das hätten die jeweiligen RP`s auch schon vor Jahren durchaus Möglichkeiten gehabt, denn seit Jahren gab es bereits Landesvorgaben, die Innenstädte zu schützen. Unseres Wissens wurden die zumindest in Velbert einmal sogar angewandt. Da hat das Land gedroht, die Landeszuweisungen zu kürzen, wenn ein bestimmtes Einkaufszentrum auf der Wiese verwirklicht würde.
 
Seit etlichen Jahren versucht der RP Düsseldorf im Auftrag der jeweiligen Landesregierung, eine koordinierte Planung der Einkaufszentren in seinem Bereich hinzubekommen. Doch außer Papier mit klugen Allgemeinplätzen hatten und haben die vielen Sitzungen usw. zumeist nur Wirkungslosigkeit gezeigt, warum auch immer.

Blabla-Ausreden auch vom Bauminister der Grünen
 
Als z.B. das Mülheimer Rhein-Ruhr-Zentrum (RRZ) in der zweiten Hälfte der 90iger Jahre in Reaktion auf den CentrO-Bau in ganz großem Maße erweitert wurde, geschah dies über §34 (Baulückenschließung) rechtlich überaus bedenklich. Wir, die Fraktion der Mülheimer Bürgerinitiativen im Stadtrat, hatten damals mit der Bürgerinitiative der gestressten Anwohner ein Gespräch beim damaligen Bauminister Vesper (Grüne). Er gestand ein, dass der RRZ-Ausbau über §34 ungesetzlich war, doch er hatte bereits alles genehmigt und die vielen Blabla-Ausreden hätten genauso von jeder beliebigen anderen Partei stammen können. Als die Geschichte schließlich vor dem Oberverwaltungsgericht landete, war es zu spät (aufschiebende Wirkung wurde vorher für den Aufbau Ost fast ganz abgeschafft), und ein Urteil nach Recht und Gesetz wäre unverhältnismäßig gewesen, weil weit über 100 Millionen verbaut waren. So „erzwang“ das OVG als „Kompromiss“ eine extra-Autobahn-Abfahrt für das RRZ zur Entlastung der Wohngebiete. Auch diese wäre eigentlich nicht genehmigungsfähig gewesen - wegen zu vieler Abfahrten in zu kurzem Abstand. Doch auch dabei lief alles inklusive einer bis heute völlig undurchschaubaren Finanzierung, uswusf.

Gutachten nach einem Jahrzehnt des Leugnens
 
Ach ja: Ein gesamtes Jahrzehnt wurde in Mülheim von Verwaltung und der gesamten Parteienschar penetrant geleugnet, dass der massive RRZ-Ausbau am Stadtrand Auswirkungen auf die Innenstadt habe. Erst in der 2. Hälfte des folgenden Jahrzehnts wurde das, obwohl jedem Laien klar, in einem der vielen Gutachten auch deutlich zugegeben und keiner muckte mehr auf.
 
So ähnlich war das sicher bei den vielen anderen Einkaufszentren im Revier wohl auch. Auch die Diskussion über das Riesen-FOC in Duisburg oder die in Meiderich und zusätzlich noch auf dem loveparade-Gelände geplanten Riesenbaumärkte inkl. fast allem hat außer mit dem bekannten Kirchturmsdenken wenig mit den Landesplänen am Hut und von Regionalplanung auch nicht den leisesten Hauch oder Anschein. (PK)
 
Lothar Reinhard ist Fraktionsvorsitzender der Mülheimer Bürgerinitiativen im Stadtrat


Online-Flyer Nr. 395  vom 27.02.2013



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