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Lokales
Straßenzeitung "Querkopf" wird von der Düsseldorfer Konkurrenz attackiert
Kölner Antwort auf "fifty-fifty"-Warnung
Von Harald Schauff

Der "Querkopf" ist bis heute ein kleines, sich selbst tragendes Kölner Straßenzeitungsprojekt. Wir kommen ohne Zuschüsse aus und schwimmen seit 15 Jahren gegen den Strom. Unabhängigkeit zählt uns mehr als eine aufpolierte Aufmachung. Wir verzichten auf Farbdruck und bevorzugen ein simples Layout. Allein deshalb spricht man uns gerne die Seriosität ab bzw. meint, die Zeitung sei ‘schlecht gemacht’, auch ‘redaktionell’. Gemäß dem Motto: ‘Wenn die Form schon nichts ist, kann der Inhalt erst recht nicht taugen.’ Wir wissen, dass die meisten unserer Leser das anders sehen als das Düsseldorfer Strassenmagazin "fifty-fifty", das vor kurzem über uns hergefallen ist. 
 

"fifty-fifty"-Warnung vor dem Kölner "Querkopf"
Zum Verkauf: Sozial Schwache, zuvorderst Erwerbs- und Obdachlose, haben die Möglichkeit, durch den Verkauf der Zeitung etwas Sinnvolles zu tun und ein wenig Geld zu verdienen. Unser Ansatz ist dabei, Obdachlosigkeit möglichst im vorhinein zu verhindern, deshalb: Arbeits-Obdachlosen-Selbsthilfe. Das Ganze basiert auf Freiwilligkeit: Wer möchte, kann die Zeitung an der Ausgabestelle, einem Kiosk in Köln, erwerben und dann für 1,50 anbieten. Der Verkauf erfolgt vollkommen selbstständig und eigenverantwortlich. Eine sozialpädagogische Betreuung gibt es nicht. Erstens, weil dazu personell gar nicht in der Lage sind. Die Redaktion besteht aus ganzen 2 Leuten, die selbst tagtäglich neben der Redaktionsarbeit mehrere Stunden als Verkäufer tätig sind. Zum anderen halten wir nichts davon Verkäufer ‘ans Händchen’ zu nehmen. Nebenbei ist es gelungen, wenigstens drei Verkäufern in Berlin, Wohnraum zu verschaffen.
 
Seit einigen Jahren sind verstärkt Sinti- und Roma-Großfamilien mit dem "Querkopf" in Köln und weiterer Umgebung unterwegs. Sie haben den Zeitungsverkauf als Arbeitsmöglichkeit für sich entdeckt. Seitdem kaufen sie die Zeitung regelmäßig ein, wodurch Auflagenzahl und Einnahmen gestiegen sind. Der Nachteil: Es gibt häufig Beschwerden über Trittbrettfahrer. Einige treten aufdringlich auf und verlangen mehr als den aufgedruckten Preis. Andere missbrauchen die Zeitung zum Spendensammeln u.a. für leukämiekranke Kinder. Das ist natürlich nicht in unserem Sinne, leider jedoch nicht zu kontrollieren.
 
Der Vorwurf von "fifty-fifty", wir würden die Situation der Roma gezielt zu ‘eigenwirtschaftlichen Zwecken’ bzw. zur ‘Abzocke’ ausnutzen, ist absolut lächerlich. Weder haben wir die Roma angeworben, noch schicken wir sie irgendwohin. Wir schicken niemanden wohin. Schon gar nicht um anderen Straßenzeitungen Konkurrenz zu machen. Wie alle anderen Verkäufer bestimmen auch die Roma selbstständig und eigenverantwortlich wann, wo und wie sie verkaufen. Sie kommen dabei eben erstaunlich weit herum.
 
Dem Loccumer Straßenzeitungsabkommen sind wir nicht beigetreten, weil wir uns nicht als typisches Straßenmagazin betrachten und überregional ausgerichtet sind. Wir wollen nicht einfach nur die Armut in dieser Gesellschaft lindern. Wir wollen eine ganz andere Gesellschaft, die keine Armut zulässt. Und deshalb wollen wir nicht mit den Wölfen heulen. Erst recht nicht mit solchen, die sich derart herablassend und herabwürdigend, nahezu verleumderisch, äußern wie im vorliegenden Fall "fifty-fifty".
 
"Fifty-fifty" macht ja indirekt auf diese negative, verletzende Weise fast schon Werbung für uns. Nach dem Motto: ’Kaufen Sie bitte bloß nicht dieses Schmierblatt. Nachher finden Sie noch etwas Interessantes darin.’ Vielleicht sollten wir demnächst versuchen, den "Querkopf " als ‘obskures Straßenschmierblatt mit wärmster Empfehlung von fifty-fifty’ anzupreisen. Das könnte der neue Verkaufsschlager werden.
 
Spaß beiseite: Die selbst ernannten Wohltäter werfen uns ‘eigenwirtschaftliche Zwecke’ vor. Sie selbst kassieren anders als wir Zuschüsse aus allen möglichen Töpfen und verdienen an Anzeigenwerbung. Unser verstorbener Gründervater Klaus Bergmayr meinte einmal, dabei käme soviel rein, dass sie die Zeitung selbst eigentlich gratis an die Verkäufer abgeben könnten.
 
Auf jeden Fall hat fifty-fifty personell und finanziell ganz andere Möglichkeiten als wir. Sie spielen in einer anderen Liga. Warum schießen sie mit Kanonen auf uns Spatzen? Möglich, dass sie durch sinkende Absatzzahlen dünnhäutig geworden sind. Sie sind in den letzen Jahren ganz schön expandiert, sitzen inzwischen nicht mehr nur in Essen und Düsseldorf, sondern auch in Mönchengladbach, Duisburg, Frankfurt und Bonn. Das ist längst ein Sozial- bzw. Wohlfahrtskonzern geworden. Alles für den guten Zweck?
 
Man sitzt auf einem hohen Ross, das heftig austritt. So heftig, dass der Eindruck entsteht, es sei angeschlagen. Da scheint Einiges im Argen zu liegen. (PK)

(1) Hier der "fiftyfifty"-Text zu leichteren Lesen:
(ff). Verkäuferinnen und Verkäufer der obskuren Kölner „Obdachlosenzeitung“ „Querkopf“, die redaktionell und grafisch extrem schlecht gemacht ist, wildern im Verbreitungsgebiet von fiftyfifty und anderen seriösen Straßenmagazinen. Die Macher versprechen, bedürftigen Menschen zu helfen. Wir haben allerdings vielmehr den Verdacht, dass die Not (überwiegend) rumänischer und bulgarischer Armutsmigranten ausgenutzt wird, um für den eigenen Zweck Geld zu erwirtschaften. Den Verkäufern wird so gut wie keine Betreuung angeboten: Keine Vermittlung in Wohnraum, keine Unterstützung bei Behördengängen, keine Einschulung der Kinder, keine ärztliche Versorgung, keine Lobbyarbeit für diese ausgegrenzten Menschen- wie dies bei unserer Zeitung der Fall ist.
Hubert Ostendorf von fiftyfifty: „Der Querkopf missbraucht die Not der Roma aus Osteuropa, um die Auflage zu steigern.“
Die Herausgeber des Schmierblattes kümmert auch kein „Loccumer Abkommen“, bei dem geregelt wurde, dass Straßenzeitungen sich untereinander keine Konkurrenz machen. Im International Network of Streetpapers (INSP) oder auf nationalen Treffen aller deutschen Straßenzeitungen findet man dieses Blatt ebenfalls nicht.
Auf der Querkopf-Homepage kann man die „aktuelle Ausgabe“ von Juli 2006 online lesen. Br. Matthäus rät: „Kaufen Sie dieses unseriöse Blatt nicht. Das Projekt ist auf Abzocke angelegt und hilft den Betroffenen nicht.“
 
Harald Schauff ist Redakteur des Kölner "Querkopf"
Mehr Informationen: http://www.querkopf-koeln.de/                                                                                                                            


Online-Flyer Nr. 391  vom 30.01.2013



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