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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Wirtschaft und Umwelt
Global Forum for Food and Agriculture im Rahmen der Grünen Woche Berlin
Rechte kleinbäuerlicher Gemeinschaften außen vor
Von Peter Kleinert

Die Rechte kleinbäuerlicher Gemeinschaften kommen beim heute in Berlin angelaufenen „Global Forum for Food and Agriculture“ (GFFA) im Rahmen der Grünen Woche zu kurz – davor warnte die Kölner Menschenrechtsorganisation FIAN. Bezeichnenderweise werde sich auf dem Internationalen GFFA-Podium am Samstag "kein einziger Vertreter kleinbäuerlicher Gemeinschaften finden, dafür aber mit Jürgen Fitschen von der Deutschen Bank und Peter Brabeck-Letmathe, Präsident des Verwaltungsrats von Nestlé, Menschen, deren Unternehmen immer wieder im Zusammenhang mit Landraub beziehungsweise Water Grabbing und unfairen Handelsbedingungen genannt werden".
 
Investitionen von Agrarkonzernen in Entwicklungsländern sollten laut FIAN "nicht mit Hungerbekämpfung gleichgesetzt werden": Sie führten im Gegenteil "oftmals zu Vertreibung und Verarmung ländlicher Bevölkerungen. FIAN fordert daher Landwirtschaftsministerin Aigner auf, die Zusammenarbeit mit kleinbäuerlichen Gemeinschaften in den Fokus zu stellen".
 
Unternehmen des Agrobusiness investierten nur dann in Land, wenn ihnen Rechtssicherheit garantiert werde, heißt es in einer FIAN-Pressemitteilung. Viele Entwicklungsländer führten daher formale Landtitel ein, deren Registrierung teuer sei. „Das hat verheerende Auswirkungen auf kleinbäuerliche Gemeinden, deren traditionell informellen Landrechte häufig ignoriert werden“, erläutert Gertrud Falk, FIAN-Referentin für die Rechte kleinbäuerlicher Gemeinschaften. Auf der Strecke blieben Menschen, die zum Teil seit vielen Generationen über traditionelle Landrechte verfügen. Beim Erwerb formaler Landtitel kämen vor allem Kleinbäuerinnen zu kurz. Denn zusätzlich zu fehlender gesellschaftlicher Macht fehle ihnen oft das Geld, um Land zu kaufen.
 
Das immer wieder vorgetragene Argument, wonach Investitionen in die industrielle Landwirtschaft Arbeitsplätze und Einkommen schaffen würden, stimme so nicht: „Wenn Kleinbauernfamilien von ihrem Land vertrieben werden, um Plantagen Platz zu machen, ist ihr Einkommen durch Lohnarbeit meist geringer als durch selbstständige Landwirtschaft“, sagt Gertrud Falk. Bäuerinnen, die für die Ernährung ihrer Familien zuständig sind, sind besonders betroffen: Sie verdienen auf den Plantagen meist weniger als Männer.
 
Auch die Einführung industriellen Saatguts komme kleinbäuerlichen Gemeinschaften in Entwicklungsländern nicht nur wegen der hohen Preise teuer zu stehen. Häufig sei dieses Saatgut nicht so gut an das jeweilige Klima und die Böden des Globalen Südens angepasst wie traditionelle Saaten. Die versprochenen höheren Erträge würden nur mithilfe von Pestiziden erzielt, "die wiederum teuer erkauft werden müssen – ein Teufelskreis".
 
Besonders fatal sei das Verbot der kostenlosen Nutzung von traditionellem Saatgut, wie es zum Beispiel die Länderstrategie für Mosambik der Neuen Allianz für Ernährungssicherung der G8-Staaten parallel zur Einführung von neuem Saatgut vorsehe.
 
„Viel dringender als Investitionen brauchen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern daher Rechte, die sie gegen die rücksichtslosen Interessen von Agrarkonzernen schützen“, erläutert Falk. „Deshalb fordert FIAN von der Bundesregierung, dass sie die Erarbeitung der Erklärung für die Rechte von kleinbäuerlichen Gemeinschaften und ländlicher Bevölkerung im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen unterstützt.“
 
Der UN-Menschenrechtsrat hat am 24. September 2012 eine Arbeitsgruppe mit der Erarbeitung eines entsprechenden Entwurfs beauftragt. Die Bundesrepublik aber habe sich explizit gegen einen Rechtsschutz kleinbäuerlicher Gemeinschaften ausgesprochen. (PK)
 
 


Online-Flyer Nr. 389  vom 18.01.2013



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