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Lokales
Erklärung der Kölner "Initiative ArchivKomplex" zum Wettbewerbsergebnis:
"Enttäuschend und erschreckend!"
Von Bea Brunner, Georg Dietzler, Dorothee Joachim und Hartmut Misgeld

Die Stadt Köln hat für das Gelände des eingestürzten Historischen Archivs und das Umfeld im Georgsviertel einen städtebaulichen Wettbewerb durchgeführt und die Preisträger vorgestellt. Das Ergebnis ist nach Einschätzung der "Initiative ArchivKomplex" enttäuschend und erschreckend: "Die Chance, hier einen würdigen und gleichzeitig lebendigen Ort der Erinnerung zu schaffen und ein städtebauliches Zeichen für einen selbstbewussten Umgang mit dem Archiveinsturz zu setzen, wurde von keinem der Preisträger genutzt. "ArchivKomplex" hat dazu eine Erklärung verfasst, in der unter anderem eine Neubeschäftigung mit dem Einsturzort gefordert wird. Sie wurde bereits von zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet.(1) Hier können auch Sie den Text lesen und unterzeichnen:

Kölner Stadtarchiv nach dem Einsturz vor drei Jahren
NRhZ-Archiv
 
"Erklärung der Initiative ArchivKomplex zum Wettbewerbsergebnis „Erweiterung des Gymnasiums Kaiserin-Augusta-Schule und städtebauliche Entwicklung des Georgsviertels“: Das Ergebnis des Wettbewerbs für das Georgsviertel muss für alle, die nach dem historischen Ereignis des Archiveinsturzes 2009 hier einen würdigen Ort der Erinnerung erwartet haben, eine herbe Enttäuschung sein, wenn nicht sogar als Affront gewertet werden.
 
Die Chance, hier einen ganz besonderen Ort zu schaffen, der Geschichte und Erinnerung mit zukünftigem öffentlichem Leben und Austausch vital verbindet, wird durch eine banale Blockrandbebauung verspielt. Ein von der Severinstraße aus unsichtbarer "Gedenkgarten“ wird durch ein Mauseloch in einem Blockriegel erschlossen und zwischen dem aufragenden Appartementhaus und einer blockfüllenden Sportstätte eingequetscht.
 
Der Einsturz des Historischen Archivs hat die Kölner Stadtgesellschaft wachgerüttelt. Köln hat bereits viele Katastrophen erlebt und würdig in den Stadtgrundriss eingeschrieben. Diese Möglichkeit wäre mit der Umsetzung der Preisträger-Vorschläge auf fatale Weise für immer vertan.
 
Ob dieser Ort künftig als überwachsener Krater, Amphitheater, alternativer Ratssaal, Pantheon, als hängende Gärten oder Markthalle für Gedankenaustausch in Erscheinung tritt, sollten die Kölnerinnen und Kölner mit viel Zeit und viel Leidenschaft noch diskutieren können. Einer Banalisierung dieses Ortes durch einen verharmlosenden Städtebau werden wir entschieden entgegentreten.
 
Unsere Forderungen:
 
1. Wir fordern die Neubeschäftigung mit dem Einsturzort. Die Raumnot der Schule soll bald behoben werden, aber die künftige Gestaltung des Archivgrundstücks darf noch nicht im Bebauungsplan definiert werden. Die Entscheidung für den Gedenkort steht unter keinerlei Zeitdruck und muss vom Schulbau abgekoppelt werden.
 
2. Das Grundstück muss in städtischer Hand bleiben. Der Einsturzort darf keinesfalls trivialen Vermarktungsinteressen geopfert werden. Wir verstehen die Finanznot der Stadt, aber ein Verkauf in 8 Jahren löst auch keine heutigen Finanzprobleme.
 
3. Es ist zu prüfen, ob die Sporthalle räumlich und akustisch (Außensportplatz) diesen Block-Innenbereich so dominant prägen darf wie vorgeschlagen.
 
4. Der Bürgerworkshop muss vor einer etwaigen Beschlussvorlage der Verwaltung neu einberufen werden. Es hat sich als problematisch erwiesen, die Beschäftigung mit dem Archivgelände als Anhängsel eines Schulbauwettbewerbs auszuloben. Ein angemessenes Konzept für die Neugestaltung des Einsturzortes muss unter Einbeziehung von Künstlern in einem langfristigen, schrittweisen Diskussions- und Gestaltungsprozess erst noch gefunden werden."
 
(1) Zu den Unterzeichnerinnen der Erklärung gehören bisher u.a. Gerhart
Baum (Bundesminister a.D.), Karin Beier (Intendantin Schauspiel Köln), Prof. Peter Busmann (Architekt), Prof. Dr. Hiltrud Kier (Kunsthistorikerin), Dr. Stefan Kraus (Kunsthistoriker), Mischa Kuball (Künstler, Prof. KHM), Hans Mörtter (Pfarrer Lutherkirche), Prof. Marcel Odenbach (Künstler), Dr. Hermann-Josef Reuther (Pfarrer St. Georg) und Dieter Wellershoff (Schriftsteller)
 
Vom 9. bis 23. Januar 2013 wird die Stadt Köln im Spanischen Bau des Kölner Rathauses sämtliche Wettbewerbsentwürfe in einer Ausstellung präsentieren.
Als Beitrag zu einer konstruktiven öffentlichen Debatte über die Ergebnisse des Wettbewerbs plant "ArchivKomplex" eine Diskussionsveranstaltung: "Archiv-Einsturzort: Zukunft kontrovers!"
Termin: Montag, 14. Januar 2013, 19:30 Uhr; Eintritt frei
Ort: Aula der Kunsthochschule für Medien Köln, Filzengraben 2, 50674, auf Einladung von Prof. Mischa Kuball, -1/MinusEins Experimentallabor der Kunsthochschule für Medien Köln. An diesem Abend werden auch einige unserer Unterstützerinnen und Unterstützer mit persönlichen Beiträgen zu Wort kommen.
Nähere Informationen über das Programm und die TeilnehmerInnen der Veranstaltung unter www.archivkomplex.de! Hier gibt es – neben weiterführenden Texten und anderen Beiträgen zum Thema – auch die Möglichkeit, unsere Erklärung online zu unterzeichnen.
"ArchivKomplex" c/o Dorothee Joachim, T 0221 378245 / Georg Dietzler, T 0163 7340150
Kontakt: info@archivkomplex.de / www.archivkomplex.de
 
Die Initiative ArchivKomplex ist eine unabhängige Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger, die sich mit dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs und seinen Folgen politisch und künstlerisch auseinandersetzen. (PK)


Online-Flyer Nr. 384  vom 12.12.2012



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