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Kommentar
Griechenland steht zwar vor der Pleite, aber…
Militärausgaben werden nicht gekürzt
Von Franz Kersjes

Die Europäische Union mit der deutschen Bundeskanzlerin an der Spitze fordert von Griechenland tiefe, drastische Einschnitte im sozialen Bereich, obwohl sich das Land schon seit Jahren in einer tiefen Rezession befindet. Mindestlohn, Arbeitslosenhilfe, Renten und Löhne sollen gekürzt werden, bis zu 150.000 Staatsbedienstete sollen entlassen und Tarifverträge dürfen nur noch auf Unternehmensebene ausgehandelt werden. Die finanzpolitische Souveränität Griechenlands soll durch einen Kommissar der EU abgelöst und die Wahl des griechischen Parlaments ausgesetzt werden. Das alles hat zum Ziel, Voraussetzungen zum Abbau der Schulden und zur Erfüllung der Forderungen von läubigern zu schaffen. Alle Ausgaben sollen zugunsten der Geldverleiher und Spekulanten gekürzt werden. Für die Militärausgaben gibt es dagegen keine vergleichbaren Vorgaben. Bei der Vergabe von EU-Krediten war und ist eine Verwendungssperre für neue Rüstungsgüter nicht vorgesehen.
 
Zur katastrophalen Lage des griechischen Staatshaushalts haben irrsinnige Rüstungsausgaben beigetragen. Nach Angaben der NATO lagen die Ausgaben für Waffen und Militär der europäischen Staaten im vergangenen Jahr durchschnittlich bei 1,7 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsproduktes. In Griechenland waren es 3,1 Prozent. Der Militärhaushalt wurde zwar von 6,5 Milliarden auf 5,5 Milliarden Euro gesenkt, aber 1,8 Milliarden sind weiterhin für die Beschaffung von Rüstungsgütern vorgesehen. Griechenland mit seinen 11 Millionen Bewohnern hat gegenwärtig 156.000 Soldaten und damit nur etwas weniger als Deutschland mit 82 Millionen Einwohnern.
 
Warum diese militärische Hochrüstung? Angeblich bestehen Ängste vor der militärischen Macht des Nachbarn Türkei. Notwendig sei ein „strategisches Gleichgewicht“. Wenn die Griechen deutsche U-Boote bestellen, ordert die türkische Marine noch mehr. Wenn die Griechen deutsche Panzer kaufen, verdoppeln die Türken den Einsatz. Und die deutschen Lieferanten verdienen kräftig daran. Auch die Türkei kann sich ihre extrem hohen Rüstungsausgaben eigentlich nicht leisten. Beide Staaten sind Mitglied der NATO. Zwei Konkurrenten, vielleicht sogar Gegner, in einer so genannten Verteidigungsgemeinschaft. Die Nato verhindert weder militärisches Wettrüsten noch Konflikte zwischen den Mitgliedern.
 
Deutsche Unternehmen haben zur wachsenden Verschuldung Griechenlands erheblich beigetragen. Griechenland bezieht rund 31 Prozent seiner Rüstungsgüter von deutschen Unternehmen. Deutschland gehört zusammen mit den USA und Frankreich zu den Hauptlieferanten von Waffen und Munition. In den vergangenen zehn Jahren wurden Waffen im Wert von mehr als 11 Milliarden US-Dollar importiert. Auf den Kauf von zwei weiteren
neuen U-Booten – Kosten etwa 1,3 Milliarden Euro – will man nicht verzichten. Trotz des riesigen Schuldenberges und der drohenden Staatspleite werden keinerlei Einschränkungen bei den Militärausgaben von der EU und der deutschen Bundeskanzlerin verlangt. So wie im Nahen Osten werden die Waffen künftig vielleicht auch gegen das griechische Volk eingesetzt, wenn Proteste und Widerstände die Durchsetzung der Forderungen aus Deutschland und Europa bedrohen. Kapitalinteressen werden meistens mit Gewalt durchgesetzt. (PK)


Online-Flyer Nr. 343  vom 29.02.2012



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