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Lokales
Polizei ermöglicht "pro Köln"-Aufmarsch durch Kalk und behindert Proteste
Null Interesse an Trauer um NSU-Opfer
Von Peter Kleinert

Mit einem riesigen Aufgebot von etwa 2.000 Polizisten aus ganz Deutschland wurde in Köln am Samstag ein Aufmarsch von etwa 80 Leuten der rechten und rassistischen "Bürgerbewegung pro Köln/pro NRW“ gegen das Autonome Zentrum in Kalk durchgesetzt. Mit Drängelgittern, Räumpanzern und Wasserwerfern wurde das Gebiet um die Kalker Hauptstraße abgesperrt, obwohl die Protestierer gleichzeitig ihre Trauer um die 22 überwiegend türkischen Opfer des Nagelbombenattentats vom Juni 2004 in der Keupstraße öffentlich kund tun wollten, die das rechtsradikale Zwickauer Terror-Trio teilweise schwer verletzt hatte. Die Kalker Bevölkerung wurde wieder einmal in ihrem eigenen Viertel aus- bzw. eingesperrt, auch wenn die Menschen nur einkaufen oder zu ihrer Arbeit gehen wollten.
 

Gegendemonstranten und
trauernde Türken – mit
Polizeigittern von pro Köln
ferngehalten
Als es pro Köln-GegnerInnen gelegentlich gelang, auf die hermetisch abgeriegelte Demonstrationsstrecke durchzukommen, griffen die Polizisten als Beschützer von pro Köln rigoros auch mit Schlagstöcken und Pfefferspray ein. So kann diese „Bürgerbewegung“ ihren Aufmarsch jetzt als Erfolg feiern, auch wenn sie nur etwa 90 Teilnehmer nach Köln mobilisieren konnte. Verdanken können sie das vor allem Polizeipräsident Wolfgang Albers. Der war im Vorfeld auf eine Ankündigung von pro Köln, nur noch einmal in Kalk aufzumarschieren, eingegangen und hatte erklärt, dass man die RassistInnen ignorieren müsse. Dann sei der Spuk schon bald vorbei. „Damit macht man sich von den Rechten erpressbar“, so Thorsten Marten, Sprecher der Antifaschistischen Koordination Köln und Umland (A.K.K.U.). Mit Ignorieren werde man das Neonazi-Problem nie lösen.
 

Polizei schützt pro Köln auf
dem Marsch zum Autonomen
Zentrum
Aber auch Kölns SPD-Oberbürger-meister Jürgen Roters hatte empfohlen, pro Köln zu "ignorieren" und auf Gegendemos zu verzichten. Dabei hatte er noch nach dem Bekanntwerden des rechtsextremistischen Hintergrundes des Keupstraßen-Anschlags des NSU-Terror-Trios auf Türken - gefordert, einen rechten Aufmarsch in Kalk am 10. Dezember zu verbieten. War das also nicht ernst gemeint, sondern nur Populismus? Denn am 10. Dezember waren es bekanntlich Leute aus dem Umfeld des Kölner Neonazi-Anführers Axel Reitz gewesen, die die Demonstration in Kalk und Humboldt-Gremberg angemeldet hatten. Und eben dieser Axel Reitz soll, u.a. laut einem Bericht des WDR, auch Kontakte zu dem rechten Terror-Trio des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) gepflegt haben, von dem unter anderem der Nagelbombenanschlag in der Keupstraße verübt worden war. Anmelder dieser Demonstration war René Emmerich gewesen, der noch bei der Kommunalwahl 2009 für pro Köln angetreten war. Also keine Verbindung zwischen der "Bürgerbewegung“ und den terroristischen Neonazis des NSU?
 

Vor diesem türkischen Café und Reisebüro explodierte
im Juni 2004 die NSU-Nagelbombe
Foto: Klaus Franke/Arbeiterfotografie
Dem Aufruf des “Bündnis gegen pro Köln” waren jetzt am Samstag - trotz Roters und Albers - rund 1.000 Gegendemon-strantInnen gefolgt. Auch etliche Kalker AnwohnerInnen ließen sich von der Kampagne gegen die antifaschistischen Proteste nicht abschrecken und versuchten, ihren Zorn öffentlich kundzutun. Thorsten Marten: „Die Polizei hat wieder einmal einen rechten Aufmarsch mit aller Gewalt durchgesetzt. Wir werden uns davon nicht einschüchtern lassen. Wenn Rechtspopulisten oder Neonazis in Köln aufmarschieren, werden wir uns weiterhin gegen ihre rassistische und menschenverachtende Propaganda wehren.“ Der Sprecher der Kölner Kreisverbandes DIE LINKE, Torsten Löser, erklärte: „Nach den zehn Morden, die auf das Konto rechten Terrors gehen, müssen wir neue, aktivere Formen der Protestes und der Bekämpfung gegen Rechtsextreme entwickeln… Es wäre darüber hinaus Aufgabe des neuen Polizeipräsidenten Albers statt wegzuschauen, Vorschläge zu unterbreiten, wie dem zunehmenden Rechtsextremismus in unserer Stadt begegnet werden kann.“
 

2.000 Kollegen erfolgreich für 80 pro
Köln-Marschierer erfolgreich eingesetzt:
Polizeipräsident Wolfgang Albers
Und der Fraktionssprecher der LINKEN im Rat der Stadt Köln, Jörg Detjen: „Es war und ist Tradition in Köln, dass wir Nazi-Aufmärsche blockieren, uns querstellen und widersetzen. Das wird auch in Zukunft so bleiben! Mit Empörung registrieren wir, dass die Kölner Polizei in den letzten Monaten immer wieder massive Polizeikräfte auffährt, um provozierende und hetzerische Aufmärsche von rechtsextremen Organisationen zu dulden. Dass die Kölner Polizei dafür auch noch öffentlich wirbt, ist mehr als makaber.“ Öffentlich um Verständnis geworben für diese Haltung des Polizeipräsidenten hatte der Kölner Stadt-Anzeiger aus dem DuMont-Verlag. [1]

Bei den Kölner Falken stieß dieser allerdings auch auf wenig Verständnis. Deren erster Vorsitzender Michael van Dawen erklärte: "Es ist unverschämt, den Verlauf der Demo als Erfolg zu bezeichnen, wenn Proteste gegen menschenverachtende Einstellungen verhindert werden und "Pro Köln" mit ihrer rassistischen Einstellung Platz geschaffen wird." "Herr Albers hat sich zum Bewilligungsgehilfen von "Pro Köln" gemacht, so Markus Homberg, Stadtverbandsvorsitzender von Kalk. (PK)
 
[1] http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17427
 
Mehr Informationen:
Antifaschistische Koordination Köln & Umland (AKKU)
http://www.antifa-koeln.net
und
http://www.linksfraktion-koeln.de/


Online-Flyer Nr. 339  vom 31.01.2012



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