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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Inland
Absturz eines US-Kampfjets mit Uran-Munition in der Vulkaneifel
Medien unter Militärzensur?
Von Wolfgang Effenberger

Am Nachmittag des 1. April 2011 stürzte ein US-Militärjet Fairchild-Republic A-10 Thunderbolt mit Uranmunition nahe Laufeld/Bernkastel-Wittlich ab, das von den Piloten der US Air-Force den Spitznamen "Warthog"("Warzenschwein") erhielt. Das Dorf befindet sich nur etwa 25 Kilometer entfernt vom US-Stützpunkt Spangdahlem. Der Erdkampfbomber soll eines der sechs Kampfjets vom Typ A-10 sein, welche derzeit bei der Militäraktion zur Durchsetzung des "Flugverbots" für die Truppen von Muammar al-Gaddafi in Libyen im Einsatz sind. Diese Maschinen haben ihren Stützpunkt im pfälzischen Ramstein und in Spangdahlem.


Quelle: http://www.wearechange.ch
 
„Wir sind wohl knapp einer Katastrophe entgangen“, sagte der Bürgermeister von Laufeld, Karl-Josef Junk, der Nachrichtenagentur dapd.(1) Der sowohl mit Raketen als auch mit mehreren Tausend Schuss panzerbrechender Schnellfeuermunition bestückte US-Kampfjet vom Typ A 10 Thunderbolt hatte sich etwa 300 Meter vor dem Dorf Laufeld und 500 Meter von der Autobahn 1 in den Acker gebohrt. Nach einem Knall, der sogar Autos zum Vibrieren brachte, entlud sich ein Riesen-Feuerball, dem nach Zeugenberichten eine weitere Explosion folgte.(2) Die Aufschlagstelle befindet sich direkt in der Einflugschneise der "US Airbase Spangdahlem", von wo täglich unter anderem auch F-16 Kampfflugzeuge zum Einsatz nach Libyen starten. Bei dem abgestürzten "Warzenschwein" handelte es sich um einen langsam fliegenden Jet, der zur Bekämpfung von Menschengruppen und Panzern eingesetzt und mit Uranmunition ausgerüstet wird.
 
Während gegen 16.30 Uhr das US-Militär alles weiträumig abriegelte, scheint es so, als ob die bundesdeutsche Presse einer Militär-Zensur unterliegt. Vergebens wartete der Autor auf Meldungen in den TV-Medien. Dabei ist die Bevölkerung nicht nur durch herumfliegende Trümmer gefährdet worden. Noch größer war die Gefahr der im Kerosinfeuer verglühenden Uranmunition. Laut US Armee sollen die Untersuchungen an der zum militärischen Sperrgebiet erklärten Absturzstelle bis zu 60 Tagen andauern. Wo sind die Erinnerungen an die Flugzeugkatastrophe von Remscheid, wo am 8. Dezember 1988 ein A 10 Thunderbolt-Kampfjet in die Häuser raste? Damals kamen sieben Menschen ums Leben, über 50 wurden verletzt. In der Folgezeit wurde in Remscheid eine Häufung von Krebserkrankungen, Leukämie und Erkrankungen des Immunsystems diagnostiziert.(3) Nicht nur in Remscheid werden die Folgen dieser menschenverachtenden und umweltzerstörenden Munition vertuscht. Die Gründe sind offensichtlich:
 
Anstatt Sprengstoff Uran 238
 
Die Projektile der panzerbrechenden Munition enthalten anstatt Sprengstoff abgereichertes Uran 238 (englisch: Depleted Uranium, kurz: DU) (4). Die zerstörerische Wirkung der DU-Munition beruht auf der Durchschlagskraft, die mit der Masse und der Geschwindigkeit des Geschosses steigt. Um bei gleicher Geschossgröße eine möglichst große Masse zu erreichen, muss man das Geschoss aus einem Material mit möglichst großer Dichte herstellen. Mit der hohen Dichte von 18,95 g/cm3 wird sogar Wolfram übertroffen, was diese Munition auch sehr "kostengünstig" macht. Auf der anderen Seite können so ebenfalls kostengünstig radioaktive Abfälle "entsorgt" werden. Dieses Abfallprodukt fällt bei der Anreicherung von Uran für Brennstäbe in AKWs oder für Atomwaffen an.
 
Beim Aufprall dieser Projektile auf ein gepanzertes Ziel bildet sich heißer Uranstaub, der sich bei Luftkontakt im Inneren spontan entzündet: die mitgeführte Munition oder der Treibstoff entzündet sich ebenfalls. Durch das Schmelzen, Zerstäuben und Entzünden des Urans entstehen Uranpartikel, Urandioxide und z.T. Spuren von Plutoniumoxid in Form von Aerosolen (Partikel, die hundertmal kleiner als ein Sandkorn sind) und in die Umgebungsluft gelangen.

Nach dem im März 2003 veröffentlichten UN-Bericht(5) wurden in Bosnien noch 8 bis 9 Jahre nach dem Einsatz von Uranwaffen im Boden, in der Luft und im Trinkwasser Partikel abgereicherten Urans gefunden.(6) Damit steht der Einsatz von Urangeschossen jedoch u. a. in Konflikt mit dem Genfer Protokoll(7), das die Verwendung von giftigen Stoffen im Krieg verbietet. „Entscheidend ist“, so der Journalist und Politikberater Christoph Hörstel mit seinem Verweis auf den Einsatz von Uran-Munition in Libyen, „dass Sie wissen, dass die USA panzerbrechende Waffen nur mit Uranmunition haben“.(8)
 
Dazu ist die A10 Thunderbolt neben Raketen auch mit einer 30mm Schnellfeuerkanone ausgestattet, deren Munitions-trommel grundsätzlich mit panzerbrechender Uranmunition aus "abgereichertem Uran" ausgerüstet ist. Auf vier panzer-brechende Uranmantelgeschosse folgt in der Munitionstrommel ein hochexplosives Brandgeschoss.
 
Explodierte Uran-Geschosse erzeugen tödlich strahlende Nano-Partikel
 
Immer wieder bestreiten Forscher die Gefahr durch Uran-Munition und verweisen auf deren angeblich geringe Strahlenbelastung.(9) Amerikanische Militärs hingegen waren nach dem Golfkrieg von1991 über die Folgen ihrer mit Uran abgereicherten Munition sehr beunruhigt und entsandten Professor Doug Rokke – Arzt und Umweltphysiker – als Direktor einer Expertengruppe des US-Verteidigungsministeriums in den Irak. Dort untersuchte er mit seinem Team die Folgen der Uran-Munition. Dabei erkrankten mehrere Mitglieder der Gruppe. Zwei von ihnen starben. Rokke verfasste später die militärischen Dienstanweisungen für den Umgang der US-Soldaten mit Uran-Munition. Gefahr für Leib und Leben drohe bei Aufnahme von verstrahlten Partikeln durch den Körper. Sie dürfen keinesfalls in den Magen und die Lunge geraten. Getroffene Panzer müssten unmittelbar versiegelt und fortgeschafft werden. Es ist also nicht der schwach radioaktiv strahlende Urankern dieser Projektile, sondern es sind die vom Menschen aufgenommenen verstrahlten Partikel in Nanogröße, die lebensgefährlich sind. Ein Geschoss enthält etwa 270 Gramm Uran-238. Allein im Kosovo-Krieg sind davon fast 32.000 abgefeuert worden.(10) Soldaten können sich – unter Beachtung einer Dienstanweisung und unter dem Schutz entsprechender Kleidung – weitestgehend schützen. Aber welchen Schutz hat die Bevölkerung? Der kanadische Chemiker Hari Sharma hat die Folgen dieser Munition bei irakischen Kindern dokumentiert. Nach seinen Berechnungen werden nach dem Golfkrieg bis zu 35.000 Menschen daran sterben.
 
Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra
 
Der deutsche Tropenmediziner Dr. Siegwart Horst Günther hat gemeinsam mit Doug Rokke das durch Uranmunition bedingte Krankheitsbild untersucht. Der Arzt und Philanthrop Günther hatte von 1963 bis 1965 bei seinem Vorbild Albert Schweitzer in Lambarene gearbeitet. Es folgten Tätigkeiten als Arzt in Ägypten, Syrien, Israel und Irak. Von 1990 bis 1995 lehrte und arbeitete er an der Universitätsklinik Bagdad im Irak. Dr. Günther gilt als der Entdecker und Erstbeschreiber von Erkrankungen, die der Anwendung von abgereichertem Uran in DU-Munition zugerechnet werden.(11)


Missgebildetes Kind aus der Umgebung von Basra

Quelle: http//data2.blog.de/media

 
Nach dem Golfkrieg von 1991 fielen ihm vor allem bei Kindern bisher nicht bekannte Krankheiten auf. Günther ging davon aus, dass es sich dabei um die Folgen des Kontaktes mit abgereichertem Uran (Depleted Uranium, DU) handelte. Er war ferner der Meinung, dass auch das sogenannte Golfkriegssyndrom auf einer solchen Vergiftung beruht. DU-Munition steht im Verdacht, Ursache für radioaktive Verseuchung, schwer heilende Wunden, Immunschwäche, Blutarmut, Krebs und Fehlbildungen bei Neugeborenen zu sein. Im Golfkrieg 1991 wurden nach Angaben der Universität Oldenburg 330 Tonnen Uranmunition verschossen.(12)
 
Ein Kriegsverbrechen
 
Der Einsatz von Uranmunition ist ein Kriegsverbrechen – und "warum Regierungsstudien zur Uranmunition oft Gefälligkeitsarbeiten sind“, beschreibt der Kölner Filmemacher, Kameramann und Autor Frieder Wagner in einer Beweis- und Faktensammlung, die heute noch gültig ist.(13) Er hat zu diesem Thema auch die Dokumentation “Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra“ im WDR veröffentlichen können. Dafür erhielt er den Europäischen Fernsehpreis bei der ÖKOMEDIA 2004.
 
Frieder Wagner hat in seiner Dokumentation "Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra" den Arzt und Epidemiologen Dr. Siegwart Horst Günther und seine amerikanischen Kollegen bei ihren Untersuchungen im Kosovo, in Bosnien und im Irak begleitet. Überall dort hatten amerikanische Truppen die gefährliche Uran-Munition eingesetzt. Der Film zeigt bislang wenig bekannte Langzeitfolgen, unter denen besonders die Kinder in den Kriegsgebieten zu leiden haben. Nach Ende des jüngsten Irak-Krieges entdeckten die Experten in der Umgebung von Basra kontaminierte Kriegsschauplätze, deren radioaktive Verseuchung die natürliche Erdstrahlung um das 20.000-fache übertrifft.(14)
 
Laut Wagners Beweis- und Faktensammlung sind Regierungsstudien zur Uranmunition nicht nur oft Gefälligkeitsarbeiten, sondern ist der Einsatz von Uranmunition zweifellos ein Kriegsverbrechen.(15) Dem schloß sich die Künstlerin Nina Hagen an: Bei der Uran-Munition handele es sich „um Massenvernichtungswaffen der gefährlichsten, der grausamsten Sorte, denn die Krankheits- und Todesfolgen sind zeitlich absolut unabsehbar für die DNA von Mensch und Natur – nicht nur in den bombardierten Kriegsgebieten, sondern WELTWEIT“. Die Gefährlichkeit der Uran-Munition hat auch die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen reagieren lassen, indem sie schon 1996 in einer Resolution alle Waffen als menschenverachtend ächtete, die abgereichertes Uran enthalten.
 
1999 Außenminister Joseph Fischer bei Monitor
 
Während des Kosovo-Krieges hatte das ARD-Magazin Monitor in Vorbereitung auf die Sendung vom 24. April 1999 dem damaligen Außenminister Joseph Fischer die Gefährlichkeit der Uran-Munition dokumentiert und um Stellungnahme gebeten. Zwei Wochen vor Sendetermin teilte Herr Fischer schriftlich mit: „Dem Auswärtigen Amt ist bekannt, dass solche Munition im Kosovo-Konflikt zum Einsatz kommen kann ... [Es] ist jedoch davon auszugehen, dass Gefährdungen der von Ihnen beschriebenen Art für Mensch und Umwelt nicht auftreten.“ Hatte hier der Minister auf seine Erfahrungen als hessischer Umweltminister zurückgreifen können?
 
In der gleichen Sendung wurde der Umweltphysiker Rokke zitiert: „Die Apaches und die A-10 feuern in jeder Minute Tausende Uran-Geschosse ab. Jedes Geschoß enthält rund ein halbes Pfund Uran-238. Wir bekämpfen die Serben, damit die vertriebenen Kosovaren zurückkehren können. Aber wie sollen die Kosovaren in diese Gegend zurückkehren können, in eine radioaktive Wüste, wo ihr Land, ihre Städte mit Uran-Geschossen übersät sind?“(16)
Zum Abschluss der Sendung konnte Klaus Bednarz nur noch ironisch zusammenfassen: „Die NATO hat inzwischen den geplanten Einsatz dieser Waffen zugegeben. Sie seien, so ein NATO-Sprecher, ganz harmlos. Gefährlich sei es nur, wenn man ein paar Granaten essen würde. Informationspolitik im Krieg... Übrigens: Auch in Deutschland sind derartige radioaktive Waffen stationiert - unter anderem auf dem US-Flughafen Spangdahlem in der Eifel."
 

Uran-Munition sollte schon längst verboten sein. Da hierbei die "westliche Wertegemeinschaft" aber nicht mitspielt, werden sich nun in Libyen die Tragödien wiederholen, die mit den "humanitären" Einsätzen im Kosovo 1999 und in den "Friedenskriegen" im Irak und Afghanistan ausgelöst wurden.
 
Und nun stürzt in Deutschland ein US-Erdkampfjet mit derart verhängnisvoller Munition ab. Der Aufschrei in den Medien und in der Politik bleibt aber wegen mangelnder Informationen und/oder wegen Militärzensur aus! - Und das im Hinblick auf die Endzeitstimmung, die hier seit dem Reaktor-Unglück in Japan herrscht! (PK)
 
Anmerkungen:
 
(1) Deutschland: Absturz eines US-Kampfjets mit Uranmunition unter http://www.wearechange.ch/main/index.php/Mainstream-News/Deutschland-Absturz-eines-US-Kampfjets-mit-Uranmunition.html
(2) Flugzeugabsturz in der Eifel. Mit Uran-Munition beladener US-Kampfjet stürzt in der Vulkaneifel ab unter http://www.focus.de/panorama/videos/flugzeugabsturz-in-der-eifel-us-kampfjet-stuerzt-in-der-vulkaneifel-ab_vid_24090.html vom 2. April 2010
(3) Warum die Medienzensur? Abgestürzter Kampfjet in der Eifel mit Uranmunition bestückt? Unter http://www.rf-news.de/2011/kw13/abgestuerter-kampfjet-in-der-eifel-mit-uranmunition-bestueckt vom 2. April 2011
(4) Natururan besteht aus den Isotopen U-238, U-234 und U-235. Nach der Entfernung des Isotops U-235 aus dem natürlichen Isotopengemisch in uranhaltigen Erzen bleibt das so genannte abgereicherte Uran übrig. Dieses sehr schwere und feste Metall wird unter anderem in der Medizin und in der Rüstungsindustrie verwendet.
(5) http://postconflict.unep.ch/publications/BiH_DU_report.pdf
(6) Universität Hamburg, Institut für Bodenkunde unter http://www.geowiss.uni-hamburg.de/i-boden/umunitio.htm
(7) http://www.icrc.org/ihl.nsf/FULL/280?OpenDocument
(8) Deutscher Experte: NATO setzt Uran-Munition in Libyen ein, unter http://de.rian.ru/security_and_military/20110329/258706698.html vom 29. März 2011
(9) Uran-Munition: Forscher bestreiten Gefahr, in Süddeutsche Zeitung vom 9. Januar 2001
(10) Wolfgang Effenberger: Tödlich verstrahlte Partikel. Leserbrief in der SZ vom 18. januar 2001 S. 13 zu Uran-Munition: Forscher bestreiten Gefahr vom 9. Januar 2001
(11) Uran-Geschosse: Schwergeschädigte Soldaten, mißgebildete Neugeborene, sterbende Kinder, Ahriman Freiburg (Breisgau) 2000,
(12) Onlineauftritt Deutsche Friedensgesellschaft (DFG-VK) Münster Plutonium als Bestandteil in Uranmunition
(13) Frieder Wagner: Warum der Einsatz von Uranmunition und Uranbomben ein Kriegsverbrechen ist. Regierungsstudien oft Gefälligkeitsarbeiten - Teil 1
unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=15733&css=print
(14) Video: Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra unter http://video.google.de/videoplay?docid=8192977154296057254#
(15) Frieder Wagner: Warum der Einsatz von Uranmunition und Uranbomben ein Kriegsverbrechen ist. Regierungsstudien oft Gefälligkeitsarbeiten - Teil 1
unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=15733&css=print
(16) http://www.netzwerk-regenbogen.de/Monitor_Uran.html


Online-Flyer Nr. 296  vom 06.04.2011



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