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Lokales
Spannende Telefongespräche von Promis auf dem ersten Kölner Blogger-Kongreß
3. Josef Ackermann und Peer Steinbrück
Von Werner Rügemer

Begeistert waren die Teilnehmer beim ersten Kölner Blogger-Kongreß, weil der Publizist und Kölner Karls-Preis-Träger 2008, Werner Rügemer, ganz ohne Hilfe von WikiLeaks Abschriften von Telefonaten einiger Promis bekommen hatte und diese nun - stilistisch leicht bereinigt - dem Publikum im Kunsthaus Rhenania mit Schauspielern vorführte. Hier ein Telefonat zwischen Josef Ackermann, Deutsche Bank, und Peer Steinbrück, Bundesfinanzminister (SPD), zur zahlungsunfähigen Düsseldorfer Bank IKB, vom 23. Juli 2007. In den USA war kurz zuvor die Finanzkrise öffentlich geworden. Am 27. Juli 2007 gab die IKB ihre Zahlungsunfähigkeit bekannt. Am Wochenende danach beschloss die Bundesregierung, die IKB zu retten. – Die Redaktion


Peer Steinbrück – noch Finanzminister
Fotos: Herbert Sauerwein
 
Ackermann:
Guten Tag, Herr Steinbrück, hier Ackermann, Deutsche Bank. Freundlicherweise hatten Sie mir bei meinem letzten Besuch in Berlin Ihre interne Handynummer gegeben. Ich störe Sie doch gerade nicht?
 
Steinbrück:
Doch, allerdings. Ich bin gerade in einer Minister-Besprechung, wir müssen endlich die mittelfristige Finanzplanung hinkriegen. Sparen, Sparen, Sparen, Abbau der Staatsverschuldung. Da drängen Sie doch auch immer drauf.


Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann,
 
Ackermann
Jaja. Dann will ich es kurz machen. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass die IKB Hilfe braucht, und zwar sofort, sonst geht sie pleite, Sie verstehen?
 
Steinbrück
IKB, wer ist das?
 
Ackermann
IKB, die Industrie Kredit Bank in Düsseldorf. Der Haupteigentümer ist doch Ihre staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau, und deren Aufsichtsratsvorsitzender sind Sie selbst, Herr Bundesfinanzminister.
 
Steinbrück
Ach so, richtig, und was ist mit der IKB?
 
Ackermann
Pleite, bankrott, insolvent. Die IKB hat für Milliarden US-amerikanische Hypothekenkredite gekauft, die sind jetzt wegen der Finanzkrise in den USA nichts mehr wert. Wenn der Staat nicht hilft, geht die IKB pleite, und zwar in den nächsten Tagen.
 
Steinbrück
Moment bitte, Herr Ackermann. Hier bei mir taucht eine Frage zur Finanzplanung auf, der Arbeitsminister hat eine Frage, einen Moment bitte. - Kurze Pause – Ja also, ich bin wieder da. Wieso erfahre ich als Bundesfinanzminister erst jetzt von dieser Entwicklung?
 
Ackermann
Das müssen Sie Ihren Staatssekretär Asmussen fragen, der ist für die Bundesregierung im Aufsichtsrat der IKB.
 
Steinbrück
Asmussen, der ist doch sonst ein fixes Kerlchen. Den muss ich dann mal fragen. Aber wie konnte das kommen? Von wem hat die IKB diesen Ramsch gekauft?
 
Ackermann
Gekauft hat sie die Wertpapiere von uns, der Deutschen Bank.
 
Steinbrück
Wertpapiere, von Ihnen gekauft, von der Deutschen Bank. Das ist ja toll. Aber die IKB ist doch eine kleine Bank. Wieso hatte die so viele Milliarden, um diesen Ramsch zu kaufen?
 
Ackermann
Die IKB hat Kredite aufgenommen. Bei uns zum Beispiel, der Deutschen Bank. Und die kann sie jetzt nicht zurückzahlen.
 
Steinbrück
Bei Ihnen, der Deutschen Bank hat die IKB Kredite dafür aufgenommen. Das wird ja immer doller.
 
Ackermann
Das waren ganz normale Geschäfte. Wir waren nur Vermittler. Andere Banken haben diese Papiere auch gekauft, die Landesbanken zum Beispiel.
 
Steinbrück
Normale Geschäfte, natürlich. Und wir sollen jetzt der IKB helfen, damit sie die Kredite an die Deutsche Bank zurückzahlen kann?
 
Ackermann
Wer sonst kann hier noch helfen? Überlegen Sie mal. Die Pleite der IKB wäre der Anfang der Finanzkrise in Deutschland. Das wäre ganz schlecht für den Ruf des Finanzstandortes. Und natürlich auch sehr schlecht für den Ruf der Bundesregierung und auch für Ihnen Ruf, Herr Bundesfinanzminister. Ich möchte Ihnen nur helfen.
 
Steinbrück
Nur helfen, mir, soso, vielen Dank. Und mit wie viel müsste der Staat der IKB jetzt helfen?
 
Ackermann
Woher soll ich das wissen? Wir von der Deutschen Bank sind doch nicht für die IKB verantwortlich. Aber drei, vier Milliarden oder so, die würden bestimmt schon ausreichen, fürs erste.
 
Steinbrück
Drei, vier Milliarden oder so. Fürs erste. Und Sie meinen, die hätten wir gerade mal so zur Verfügung? Wir machen hier jetzt mit Mühen unsere mittelfristige Finanzplanung. Dem Staat fehlt es hinten und vorne. Wir müssen sparen, sparen, sparen.
 
Ackermann
Das Geld können Sie bei uns als Darlehen aufnehmen. Das würden wir Ihnen gewähren, weil Sie es sind, der Staat.
 
Steinbrück
Würden Sie uns gewähren, weil wir es sind, der Staat. Wunderbar. Da muss ich aber erstmal unsere Bundeskanzlerin fragen.
 
Ackermann
Da machen Sie sich mal keine Sorgen. Ja, fragen Sie sie nur. Ich habe die Bundeskanzlerin gerade auch schon gefragt. Sie hat Einverständnis signalisiert. Es geht schließlich um die Zuverlässigkeit des Finanzstandortes, um das Wohl der Nation, um Deutschland. Gerade in der Krise brauchen wir Vertrauen.
 
Steinbrück
Ja, natürlich.
 
Ackermann
Dann alles Gute. Fragen Sie Ihren Asmussen und handeln Sie rasch und entschlossen, das können Sie doch, Herr Finanzminister. Auf Wiederhören.
 
Steinbrück
Alles klar. Auf Wiederhören. (PK)


Online-Flyer Nr. 293  vom 16.03.2011



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