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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Lokales
Warum macht Köln immer noch keine Ausschreibungen für die EU-Zuschüsse?
Neues zu Mülheim 2020
Von Peter Kleinert

Am Montag meldete der WDR in seinen Regionalnachrichten: „Stadt Köln kämpft um Zuschüsse - Die Stadt Köln muss Geld der Europäischen Union für das Projekt Köln-Mülheim 2020 kurzfristig ausgeben. Um Millionen Euro an Fördergeldern zu bekommen, müssen noch in diesem Jahr die Planungen beauftragt werden. Ansonsten drohen die Zuschüsse zu verfallen. Soziale Initiativen in Köln-Mülheim kritisieren, dass die Stadtverwaltung zu langsam arbeite und so die Zuschüsse gefährde.“ Man fragt sich: Was steckt dahinter? Nur Unfähigkeit?
 

Auf Antrag von SPD-Fraktionsgeschäfts-
führer Michael Zimmermann Antwort in
der nächsten Sitzung des
Veedelsbeirates
Der Stadtteil Mülheim, bedrängt von Langzeitarbeitslosigkeit und schlechten Bildungschancen, von zunehmender Gewalt, Drogen und Mangel an Ausbildungsplätzen, hat seit 3 Jahren eine Hoffnung. Die heißt Mülheim 2020 und soll mit 40 Millionen, größtenteils von der EU, den Stadtteil in den Bereichen Lokale Ökonomie, Bildung und Stadtentwicklung nach vorne katapultieren und an den städtischen Durchschnitt heranführen.
 
Alle warten, doch nichts geschieht. Die EU verlangt für die Vergabe Ihrer Mittel eine europaweite Ausschreibung für alle 47 Projekte, doch die Stadt Köln sieht sich bisher außerstande, eine solche zustande zu bringen. Besorgte Bürger bekommen im Veedelsbeirat ausweichende Antworten: die Materie sei neu, und man müsse lernen.
 
Am 8. November wollte der Hauptausschuss des Rates genaue Angaben zum Stand jedes einzelnen Projektes, aber die Verwaltung legte nichts vor und auf Antrag von SPD- Fraktionsgeschäftsführer Michael Zimmermann wurde die Antwort auf die nächste Sitzung des Veedelsbeirates verschoben. Die soll nun am 22.11. Klarheit schaffen.
 
Die Zeit läuft davon
 
Besondere Sorgen machen sich die Mülheimer Bürger, weil die Zeit abläuft. Das Programm reicht von 2007 bis 2013, die meisten Projekte sind auf 5 Jahre konzipiert, bisher ist aber kein einziges davon ausgeschrieben. Niemand weiß, wie die geplanten Projekte bei einer verkürzten Laufzeit von drei oder vielleicht auch nur zwei Jahren umgesetzt werden sollen. Selbst wenn die Ausschreibung der ersten Projekte wie angekündigt bis Ende des Jahres gelingen sollte, so ist wegen des langwierigen Verfahrens mit einem Projektbeginn nach Einschätzung der Verwaltung nicht vor Mai/Juni 2011 zu rechnen. In einem Besprechungsprotokoll, dass der NRhZ vorliegt, heißt es sogar: „Allen Beteiligten ist aber klar, dass die Schulprojekte erst mit Beginn des neuen Schuljahres August 2011 umgesetzt werden können.“
 
Bei den Mitarbeitern in den Behörden, die diese Programme erarbeiten und seit Jahren auf die Bewilligung warten, wachsen Frustration und Wut. Während die Amtsleitung im Veedelsbeirat behauptete, „die für die Antragstellung erforderlichen Konzepte mussten weiter entwickelt werden, um auf dieser Basis die für die Ausschreibungen der Projekte erforderlichen detaillierten Leistungsbeschreibungen erstellen zu können“, berichten Mitarbeiter aus den Fachämtern, sie hätten in den letzten zwei Jahren ihre längst fertigen Projektanträge immer wieder umschreiben müssen, weil die Amtsleitung nicht in der Lage war, eine ordentliche Ausschreibung herauszugeben und dadurch der Zeitrahmen von anfangs fünf über vier auf inzwischen höchstens drei Jahre geschrumpft sei. Nicht zuletzt aus diesem Grunde spricht die Verwaltung immer wieder von einer Verlängerung des Programmes, welche sozusagen schon genehmigt sei. Auf eine Anfrage der Ratsfraktion der LINKEN im Hauptausschuss antwortete sie: „Der Zeitraum für die Durchführung der Projekte endet derzeit gemäß dem vorliegenden Bewilligungsbescheid am 31.12.2013. Eine Verlängerung dieses Zeitraums, mit dem Ziel, die Projekte vollständig bis Ende 2014 umsetzen und abrechnen zu können, wurde bereits vom Fördergeber in Aussicht gestellt und wird nun im förmlichen Verfahren eingeholt.“
 
Amt 15 - OB Jürgen Roters persönlich zugeordnet
 
In einem internen Besprechungsprotokoll, welches der NRhZ vollständig vorliegt, sieht dieser Vorgang aber etwas anders aus. Da ist „die Voraussetzung für den bei der Bezirksregierung zu stellenden Antrag, dass 15 (= das federführende Amt für Stadtentwicklung unter Maria Kröger) bestätigt, dass alle Projekte bis Ende September 2014 fertig gestellt werden und gegenüber 15 abgerechnet sind. Eine solche Erklärung wird 15 jedoch nur abgeben können, wenn die fachlich zuständigen Ämter die Fertigstellung und Abrechnung bis Ende September 2014 ohne Einschränkung zusichern.“
 
Diese Ämter haben allerdings laut Protokoll Bedenken, weil sie keine genaue Kenntnis über den zeitlichen Ablauf der Projekte haben. Das können sie auch schlecht, sind ihre Projekte bisher ja noch nicht einmal ausgeschrieben.
 

Immer noch keinen
Zeitplan erstellt –
Maria Kröger, Amt
für Stadtentwick-
lung
NRhZ-Archiv
Einen Zeitplan hat das Amt unter Maria Kröger, welches als Dezernat dem Oberbürgermeister Jürgen Roters persönlich zugeordnet ist, in den verflossenen drei Jahren nicht erstellen können. (1) Offensichtlich ist diese städtische Behörde überhaupt mit der Aufstellung eines Zeitplanes überfordert und will nun deshalb die Firma Management Consult als externen Berater engagieren, der einen solchen „Zeitmaßnahmenplan“, genannt ZMP, erstellt. Auch das städtische Vergabeamt und das Rechtsamt, zwei Behörden, die mit hochkarätigen Spezialisten in den höheren Gehaltsstufen besetzt sind, sind mit der Gestaltung einer einfachen Ausschreibung nach EU-Recht ganz offensichtlich überfordert. Wie ließe es sich sonst erklären, dass das Amt für Stadtentwicklung nach drei Jahren Programmdauer dafür eine Düsseldorfer Anwaltskanzlei in Anspruch nehmen muss.
 
Sollen unliebsame Projekte herausgedrängt werden?
 
Bei der EU reagiert man zunehmend genervt. Der Mitarbeiter eines Abgeordneten: „Wir reißen uns hier den Arsch auf, um Kohle nach Köln zu schaufeln, und die Kölner sind nicht in der Lage, die Ausschreibungen zu machen, die die EU von jeder kleinsten Gemeinde in Europa verlangt. Ihr könnt doch nicht erwarten, dass wir wegen Euch die Gesetze ändern.“
Inzwischen mehrt sich die Zahl derjenigen, die nicht mehr glauben können, dass die Verzögerungen ihre Ursache nur in der Unfähigkeit der Verwaltungsspitze haben. Es drängt sich der Eindruck auf, dass mit den Verzögerungen unliebsame Projekte herausgedrängt werden sollen. Erstes Opfer: MOVENS, „Coaching für Jugendliche im Übergang Schule Berufe“, eine Initiative des Vereins ISS, die vor allem Ausbildungsplätze für Jugendliche mit Migrationshintergrund suchte und fand. Viel zu oft wird auch betont, OB-Roters habe sein politisches Schicksal mit dem Gelingen von Mülheim 2020 verknüpft. (PK)
 
(1) siehe auch http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=15812
 
 
Die nächste Veedelsbeiratssitzung findet am Montag, 22. November, ab 18 Uhr im VHS-Saal des Bezirksrathauses Mülheim statt.


Online-Flyer Nr. 276  vom 17.11.2010



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