DFB Frauen-Nationalmannschaft - Porträts von Horst Hamann
Abseits vom Getümmel
Von Bernd J.R. Henke
Wer nun Sportfotografie in Form von spektakulären Schnappschüssen erwartet, die uns Freud und Leid, Artistik und Missgeschick, Triumph und Niederlage der Ballzauberer auf dem Feld ins Bild gebannt vorführen, wird umdenken müssen. Horst Hamann porträtiert die Sportler abseits vom Getümmel, auf und um das Spielfeld herum. Seine Aufnahmen stellen die Spielerin mit den menschlichen Attributen ganzfigurig in dem zu seinem Markenzeichen gewordenen vertikalen Format oder als losgelöste Bewegungsstudien vor schwarzem Hintergrund.
Hommage
Horst Hamann fokussiert die Individualität der Protagonisten in Mimik und Gestik, Ausdruck und Haltung, auch im Bewusstsein ihrer Rolle, die sie als Aktive oder zwischenzeitlich auch als Botschafter des deutschen Fußballs einnehmen. Was Akteure und den Fotografen eint, ist die Liebe zum Fußball. Es ist diese emotionale Grundstimmung, die seine Aufnahmen prägen. Die Gratwanderung des Künstlers zwischen Fan und Fotograf, die den Bildern eine subjektive Qualität und Nähe verleihen und dem Betrachter das Unverfälschte im Moment der Aufnahme spürbar werden lassen. Die Aufnahmen sind Hommage und Dokumentation in Einem.
Power
Wie sich zeigt, war dies eine perfekte Basis für ein kreatives Zusammenspiel vor der Kamera. Schon unmittelbar nach den Aufnahmen hatte Horst Hamann ein gutes Gefühl. „Da war Power drin. Wir haben eine Fülle an tollen Bildern aufgenommen“, erklärt der Fotograf. Und er erhält Bestätigung von der anderen Seite: „Das war mal was anderes und hat sehr viel Spaß gemacht“, so Celia Okoyino da Mbabi nach dem Shooting. Letztlich ist so eine Serie ausdrucksstarker, ästhetischer Schwarz-Weiß-Fotografien entstanden – ein Hingucker, nicht nur für Fans des Frauenfußballs. „Die Sportfotografie ist um eine bemerkenswerte Facette reicher geworden“, bemerkte stolz die Frankfurter Galeristin Martina Grützenmacher, die als Kuratorin die Ausstellung plante, am Abend der Vernissage.
Ballgefühl
Neben der neuen „Schwarzen Serie“ hat die Galeristin Grützenmacher, die Ausstellung mit der „Schwarz-weißen Bilderserie“ des Jahres 2009 erweitert. Der Besucher der Galerie in der Nähe und Gegend von Frankfurts Zeppelinallee, wo ehedem sich ein paar Häuser weiter auch die Zentrale des Deutschen Fußballbund (DFB) zur Aktivenzeit von Franz Beckenbauer, Uwe Seeler sowie dem gebürtigen Wiesbadener Jürgen Grabowski und Bundestrainer Helmut Schön befand, bekommt damit einen Gesamteindruck über das Oeuvre Horst Hamann in Sachen Frauen im Frauenfußball. Ballgefühl zeigen die Spielerinnen der deutschen Frauen-Nationalmannschaft regelmäßig auf dem Fußballplatz – hier aber vor der Kamera demonstrierend. „Zu sehen sind sehr selbstbewusste und attraktive Fußballerinnen. Alles Typen mit eigenständigen Charakteren. Wir haben tolle Porträts mit wunderbaren Details. Da steckt so vieles drin – von Power bis Poesie“, sagte Horst Hamann.
Persönlichkeit
Entstanden sind die Fotos dieser schon 2009 erschienen Serie bei einem Shooting in Köln. Einen Tag von morgens bis abends hatte der in Mannheim geborene Kölner Fotograf die späteren Europameisterinnen und Nationalspielerinnen vor der Linse gehabt – wann immer sich dazu Zeiträume zwischen den Trainingseinheiten auftaten. Dabei verfolgte er konsequent einen Ansatz: „Die Spielerinnen nicht in ihrer üblichen Umgebung, sondern im Studio zu fotografieren, war für mich eine äußerst spannende Aufgabe, deren Reiz darin lag, die Individualität und die Persönlichkeit jeder einzelnen heraus zu kitzeln, ohne dabei ihren Charakter als Leistungssportlerinnen zu vernachlässigen“, erklärte Horst Hamann.
Kick-off
„Die Fußballerinnen haben wunderbar mitgezogen. Obwohl sie keine Models sind, war es eine klasse Zusammenarbeit. Sie waren nicht nur kooperativ, sie waren professionell vor der Kamera, waren richtig inspirierend für mich“, so Horst Hamann im Gespräch mit der Persönlichkeits- und Kommunikationstrainerin Elke Behrendt. Die sportive Elke Behrendt spielte selbst als Torfrau in Handball- und Fußballmannschaften, sowohl mit Männern als auch mit Frauen. In der internationalen Werbeagentur Saatchi & Saatchi gründete sie eine Betriebsfußballmannschaft. Behrendt brachte es mit Verve auf den Punkt: „Menschlichkeit, Authentizität, Gefühle, ohne Schnörkel. Brilliante, explodierende WM-Frauen. Emotionen, die, wenn sie aktiviert werden, das Ventil für die eigenständige Persönlichkeit sein können. Weg von dem ewigen Vergleich mit dem Männerfußball, hin zum eigenen charismatischen erfolgsorientierten Auftritt. Hamann ist es gelungen, das wirkliche verborgene Potential einer Spielerin UND die unbegrenzte Freude an der Bewegung, der Dynamik sichtbar zu machen.. Wenn Sie sich diese Bilder anschauen, dann wissen sie, was uns zur Frauen WM 2011 erwartet: Emotionen, Leistung, Erfolg und absolute Begeisterung.“ Die Schweizer Agentur EnergoWest AG, zu deren Netzwerk die Trainerin Elke Behrendt gehört, wird einige Fotografien in Open Edition erwerben. (HDH)
Kim Kulig, Albufeira Portugal 2010
Format 70 x 100 cm
Lena Goeßling, Albufeira 2010
Format 50 x 65 cm
Bianca Schmidt, Köln 2009
Format 24 x 36 cm
Josephine Henning, Dresden 2010
Format 24 x 36 cm
Inka Grings, Albufeira 2010
Format 50 x 65 cm
Célia Okoyino Da Mbabi & Kim Kulig, Albufeira 2010
Format 60 x 80 cm
Fatmire Bajramaj, Dresden 2010
Format 50 x 65 cm
Anja Mittag & Fatmire Bajramaj, Köln 2009
Format 60 x 80 cm
Bianca Schmidt, Albufeira 2010
Format 50 x 65 cm
Schmidt 2
Saskia Bartusiak, Albufeira 2010
Format 50 x 65 cm
Online-Flyer Nr. 253 vom 09.06.2010