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Inland
BAW und Kölner Staatsanwaltschaft ermitteln wegen Mord an Hamas-Führer
Half der BND dem Mossad?
Von Peter Kleinert

Strafanzeige wegen des Verdachts der Beteiligung eines deutschen Staatsangehörigen bzw. deutscher staatlicher Dienststellen an der Ermordung des Hamas-Führers Mahmud al-Mabhuh am 20. Januar 2010 in einem Hotel in Dubai durch den israelischen Geheimdienst  Mossad hat der Hamburger Rechtsanwalt Armin Fiand am 21. Februar erstattet. Der 50jährige wurde nach Angaben der Hamas in seinem Hotelzimmer vergiftet und durch einen Stromschlag getötet. Der in Syrien lebende al-Mabhuh soll 1989 in die Entführung und Tötung von zwei israelischer Soldaten verwickelt gewesen sein.


Gedenktafel für Mahmud
al-Mabhuh
Quelle:
tageblatt.editpress.lu /AFP
Wie verschiedene Medien berichteten, hatten Überwachungskameras die Mordverdächtigen während ihres in Dubai aufgenommen - am Flughafen, in den Hotels und an anderen Orten der Stadt. Die Filme zeigen Mahmud Mabhuh am 19. Januar um 20.24 Uhr die Lobby seines Hotels in Dubai betreten hatte und wie seine mutmaßlichen Mörder - zehn Männer und eine Frau - um 20.46 Uhr das Hotel kurz nacheinander verließen. FAZ: „Was zunächst wie ein natürlicher Tod aussah, entpuppte sich schließlich als Auftragsmord an dem Gründer der gefürchteten Izeddin-Brigaden der radikalen islamistischen Palästinenserorganisation Hamas. Fast einen Monat lang arbeitete die Polizei von Dubai an dem Fall, bis sich ihr Chef Dahi Chalfan Tamim an die Öffentlichkeit wandte, Fotos der Tatverdächtigen zeigte und den Tathergang rekonstruierte.“

Nach dem Mord sei der als Koordinator des Mordes beschriebene Franzose Elvinger über Qatar nach München gereist. Sechs der Mordverdächtigen waren mit einem britischen Pass gereist, drei mit einem irischen. Ein laut Pass deutscher Staatsbürger gab sich als Michael Bodenheimer aus. Gegen alle hat Dubai inzwischen Haftbefehle ausgestellt. Zwei Palästinenser, die in Dubai leben und das Mordkommando unterstützt haben sollen, wurden nach Angaben des Polizeichefs festgenommen. worden.


Rechtsanwalt Armin Fiand
NRhZ-Archiv
Armin Fiand begründet seine Anzeige damit, dass nicht nur der Polizeichef von Dubai die den  israelischen Geheimdienst Mossad verdächtigt. Laut SPIEGEL-Online vom 20.Februar, „Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen ein“ soll die "Kidon"-Einheit des Mossad das Attentat ausgeführt haben, die in der Vergangenheit bereits für mehrere spektakuläre Liquidationen verantwortlich war. Fiand in seiner Anzeige: Offenbar Im Frühsommer des vergangenen Jahres war nach SPIEGEL-Informationen ein Israeli namens Michael Bodenheimer beim Kölner Einwohnermeldeamt vorstellig geworden und hatte deutsche Reisedokumente beantragt. Gegenüber den Behörden legte er die Hochzeitsurkunde seiner Eltern sowie einen Ende 2008 in Tel Aviv ausgestellten israelischen Pass vor und verwies auf die deutschen Wurzeln seiner Familie, die von den Nazis verfolgt worden sei.“ Mit dem Pass reiste am 19. Januar einer der mutmaßlichen Mossad-Agenten in Dubai ein. Die Staatsanwaltschaft in Köln hat ein Ermittlungsverfahren wegen „mittelbarer Falschbeurkundung“ eingeleitet.

Verdacht auch gegen den BND

„Dieses Delikt ist sicherlich auch von Interesse. Es steht  jedoch nicht im Mittelpunkt der strafrechtlichen Betrachtung des Falles“, heißt es in Fiands Anzeige. „Im Mittelpunkt steht, daß ein deutscher Staatsangehöriger, der mit ziemlicher Sicherheit nicht der zur Fahndung ausgeschriebene “Michael Bodensteiner“ ist, weshalb in den Fahndungslisten sein Vor- und sein Nachname mit dem Zusatz „Alias“ erscheint, an der Tat in Dubai beteiligt war. Der Verdacht, in das Mordgeschehen verwickelt zu sein, richtet sich aber auch gegen deutsche Dienststellen, vornehmlich den BND, der dem Mossad möglicherweise deutsche Ausweispapiere zur Verfügung gestellt hat, damit er sie für seine terroristischen und kriminellen Zwecke benutzen kann.“ Es sei Aufgabe der Staatsanwaltschaft, den Dingen auf den Grund zu gehen, d.h. diesen Verdachtsmomenten nachzugehen.  

Der Mossad, so Rechtsanwalt Fiand, „ist ein Paradebeispiel für staatlich organisierte Kriminalität. Seine Agenten betätigen sich, wenn es darum geht, führende Hamas-Leute  auszuschalten, als Mörderbanden. Von den israelischen Behörden ist keine Aufklärung des Falles zu erwarten. Im Gegenteil, Israel wird alles daran setzen, um die kriminellen Machenschaften seiner Regierung und seines Geheimdienstes zu vertuschen, so wie auch die von seiner Armee im Gaza-Krieg begangenen und im sog. Goldstone-Bericht dokumentierten Kriegsverbrechen in Abrede nimmt und verschleiert.“

Avigdor Liebermann wundert sich

Der israelische Außenminister Avigdor Liebermann habe in einer ersten offiziellen Äußerung Israels zu der Affäre unter Hinweis auf die übliche Praxis der Regierung erklärt: "Israel reagiert nie (auf derartige Vorwürfe), bestätigt sie nie und dementiert sie nie." Er wisse nicht, weshalb angenommen werde, dass Israel oder der Mossad die betreffenden Pässe genutzt haben sollten.

Die „von der deutschen Bundesregierung beschworene unverbrüchliche Freundschaft und Solidarität mit Israel“sei kein Grund, „vom Legalitätsprinzip und damit vom Gesetz abzuweichen“. Deshalb sei die Staatsanwaltschaft zum Einschreiten verpflichtet. Inzwischen werde auch „international nach den mutmaßlichen Tätern gefahndet wird. Interpol hat einen Haftbefehl für die elf mutmaßlichen Verantwortlichen des Mordes ausgestellt. Die Polizeiorganisation veröffentlichte außerdem im Internet die Bilder der Verdächtigen. Das deutsche Bundeskriminalamt stellte die entsprechenden Datensätze ebenfalls in das nationale Fahndungssystem.“

Bis zum Redaktionsschluß dieser NRhZ-Ausgabe ist die Berliner Staatsanwaltschaft Armin Fiands Bitte, „mir den Eingang der Anzeige zu bestätigen und mir das Aktenzeichen anzugeben, unter dem der Vorgang bearbeitet wird“, noch nicht nachgekommen. Allerdings ermittelt jetzt die Generalbundesanwaltschaft. Hintergrund ist, wie ein BAW-Sprecher mitteilte, der „Verdacht geheimdienstlicher Agententätigkeit und mittelbarer Falschbeurkundung“. Auch die Staatsanwaltschaft Köln - siehe http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,680700,00.html ermittelt jetzt wegen des Verdachts auf Mord. (PK)

Armin Fiand, Jahrgang, 1931, nach dem Abitur zunächst Beamter, dann Jura-Studium in Marburg an der Lahn. Veranstaltungen von Wolfgang Abendroth weckten sein Interesse für Politik. 1954 Eintritt in die SPD, 1960 SDS, von 1966 bis 1990 Rechtsanwalt, 2005 Austritt aus der SPD „vor allem wegen ihres unerträglichen Kriegskurses“, Eintritt in die WASG, nun Mitglied der Partei "Die Linke". Wegen „starker Zweifel, ob die BRD noch als Rechtsstaat bezeichnet werden kann, zahlreiche juristische Aktionen und Interventionen, um dies zu beweisen und etwas Sand in das Getriebe zu streuen"



Online-Flyer Nr. 239  vom 03.03.2010



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