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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Lokales
Am 4. April wird nicht nur über den Abriss entschieden
Erste Erfolge im Barmer Viertel
Von Peter Kleinert

"Politisch unumstritten" nennt der Kölner Stadt-Anzeiger den Abriss des Barmer Viertels, den die Stadt Köln vom Erbbauverein fordert. Schau'n wir mal.

Bauwagen - Informationen für Besucher
Bauwagen - Informationen für Besucher
Foto: ina


Dagegen ausgesprochen haben sich inzwischen - vom KStA unterschlagen - ein Bürgerantrag, die LINKS-Fraktion im Stadtrat, die Mülheimer Jusos, die WASG, das Kölner Sozialforum, das Studentenwerk, zahlreiche Anwohner und natürlich die Besetzer der Häuser selbst, darunter SSM und SSK. Wie "unumstritten" der Abriss zugunsten möglicher Klüngel-Investitoren ist, wird der KStA spätestens nach der Ratssitzung am 4. April berichten müssen.

Auf "ein politisches Signal" aus dieser Ratssitzung wartet vor allem das Studentenwerk, das -vertreten durch Verantwortliche in Vermietungsangelegenheiten und technische Mitarbeiter - das Barmer Viertel und die abrissbedrohten Häuser auf der Suche nach preiswerten Studentenwohnungen am vergangenen Donnerstag besuchte. Nach einer Begehung der verschieden zugeschnittenen schönen und überwiegend gut erhaltenen Wohnungen, äußerte das Studentenwerk Interesse für einen Teil der Neubauten. Aber natürlich müsse "ausreichende Planungssicherheit bestehen", bevor man an Investitionen für preiswerte Studentenwohnungen denken könne.

Besetzt gegen den Kölner Klüngel
Besetzt gegen den Kölner Klüngel
Foto: Kölner Sozialforum


Vom Abrissplan wieder abzurücken liegt Kölns OB offensichtlich fern. Fritz Schramma (CDU) in einem Gespräch mit der Kölnischen Rundschau wörtlich: "Innerhalb der nächsten Wochen beginnt ein Workshop zur Überplanung des Gebietes. 40 Prozent davon sollte das Kongresszentrum einnehmen - andererseits: Es gibt keine derartige Halle, die schwarze Zahlen schreibt." Auf die nahe liegende Frage der KR: "Also müsste die Stadt die Verluste auffangen?" hatte der OB nur eine ratlose Gegenfrage parat: "Fragt sich, ob wir uns das in Zukunft zumuten können."

Dass solche Zumutungen à la KölnArena für die BürgerInnen der Stadt längst zu groß geworden sind, hätte der OB den jüngsten NRhZ-Beiträgen seit dem 1. März und einem Offenen Brief an die Grünen-Fraktionsvorsitzende Barbara Moritz entnehmen können. In diesem rechnete SSM-Vertreter Rainer Kippe der Stadt einen neuen Verlust von etwa 50 Millionen Euro vor, wenn die Stadtverordneten bei ihren voreiligen Beschlüssen aus dem Jahr 2002 bleiben. Antwort der Grünen: Der Auftrag für die Abrissarbeiten sei nun einmal "vergeben". Selbst die CDU-nahe KR versah einen Artikel tags drauf mit der Überschrift "Deutzer Millionengrab?"

Claus Ludwig - Antrag am 4. April
Claus Ludwig - Antrag am 4. April
Foto: NRhZ-Archiv


Von den Ratsfraktionen hat sich bislang allein DIE LINKE.KÖLN gegen den Abriss der 381 Wohnungen ausgesprochen. Wie ihr stellvertretender Sprecher Claus Ludwig, Ratsmitglied für GEMEINSAM GEGEN SOZIALRAUB, mitteilte, wird seine Fraktion am 4. April einen Antrag gegen den Abriss vorlegen. Ludwig: "Die Besetzer machen mit ihrer mutigen Aktion deutlich: wir brauchen weder mehr Parkplätze noch mehr Bürogebäude. Erhalt und Neubau von bezahlbaren Wohnungen ist das Gebot der Stunde. Ich warne die Stadt eindringlich davor, die Besetzung zu kriminalisieren und polizeilich räumen zu lassen."

Die Besetzer wiederum können erste Erfolge verzeichnen. Abgesehen davon, dass sogar die Redakteure des Kölner Pressemonopols über sie berichteten, hatten sie ein Treffen mit dem Erbbauverein, der die an die Stadt verkauften Barmer Häuser in diesem Monat hätte abreißen lassen müssen. Danach kündigte der Erbbauverein den Abrissvertrag mit der Stadt. Prompt drohte Schrammas Parteifreund und Kämmerer Soénius der Genossenschaft, die letzten fünf Millionen Euro für den Kauf der Häuser nicht zu bezahlen. Deren Geschäftsführerer reagierte gelassen: "Unsere Rechtsposition ist sehr gut."

Das sieht Jörg Detjen, Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Rat ähnlich: "Wir haben Verständnis für den Erbbauverein. Es ist Aufgabe der Stadt, eine politische Entscheidung zu treffen, ob der Barmer Block abgerissen wird oder nicht... Der Barmer Block hat eine gute Bausubstanz. Wir fordern in unserem Antrag eine Zwischenlösung ohne Abriss. Dann kann in Ruhe über einen Bebauungsplan diskutiert werden. Wir brauchen ein neues Konzept, das realistisch ist und auch umgesetzt werden kann. Das wird Jahre dauern."

OB Schramma - Angst vor der Ratssitzung?
OB Schramma - Angst vor der Ratssitzung?
Foto: NRhZ-Archiv


Der 4. April dürfte ein wichtiger Tag für die Kölner Kommunalpolitik der nächsten Jahre werden. Wie wir vergangenen Samstag meldeten, wollen SPD und Grüne eigentlich Schrammas und Soénius´ CDU durch ein "Kernbündnis" im Rat matt setzen. Doch dafür brauchen sie die Stimmen der LINKS-Fraktion im Rat. Am Beispiel Barmer Viertel könnten sie beweisen, wie ernst sie es mit ihrer neuen Politik für die KölnerInnen meinen - oder ob sie den die Stadt Millionen kostenden Investoren um "moderne stadt", AXA Colonia, Deutsche Bank und vor allem Oppenheim-Bank mit deren Klienten aus dem Hause Neven DuMont weiter zu Diensten stehen wollen.

OB Schramma scheint vor diesem 4. April und dem dort von der LINKS-Fraktion zur Abstimmung eingereichten Antrag gegen den Abriss richtig Schiss zu haben. Dies beweist eine dem Regierungspräsidenten Lindlar und den Ratsfraktionen vorliegende Beschwerde der Berliner Planungsgemeinschaft Wappler/Fraaß/Bernard. Darin beschwert sich Professor Fraaß am 18. März, dass "die Stadt Köln beabsichtigt, den Abriß des Barmer Viertels freihändig zu vergeben". Diese Vergabe sei "unzulässig und verletzt die Rechte anderer Bieter". Fraaß bittet den RP, "im Wege der Kommunalaufsicht dagegen einzuschreiten. Nach meiner Kenntnis soll die Vergabe nächste Woche Donnerstag erfolgen".

RP Lindlar - Soll Schrammas Pläne stoppen
RP Lindlar - Soll Schrammas Pläne stoppen
Foto: RP


Warum Schramma und seine CDU-dominierte Stadtverwaltung bei der Abriss-Vergabe offenbar mal wieder nicht dem Recht entsprechend, sondern Köln-Klüngel-mäßig vorgehen will, begründete der OB in einem Interview mit dem KStA zum Barmer Viertel am Tag der Beschwerde von Professor Fraaß - diese wohl vorausahnend - so: "Wir brauchen an diesem Punkt eine schnelle Entscheidung, weil von ihr die Neuplanung der ehemaligen Hochhausstandorte abhängt. Und die soll im Sommer stehen." Das kann wohl nichts anderes heißen als: Räumung der besetzten Häuser und Abrissbeginn noch vor der drohenden Ratssitzung. Mal sehen, was der Regierungspräsident dazu sagt. Der ist nämlich auch CDU-Mitglied.

Siehe auch die aktuelle Fotogalerie und den Beitrag "Rot-Grün: Die BARMER- Koalition".

Weitere Informationen unter www.koelner-sozialforum.de und barmerviertel.ina-koeln.org


Online-Flyer Nr. 36  vom 21.03.2006



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