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Aktueller Online-Flyer vom 25. April 2024  

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Inland
Mord an Muslimin im Gericht in Dresden aus antiislamischen Motiven
Beim Namen nennen!
Von Sabine Schiffer

Weil er die 32jährige in Ägypten geborene, Kopftuch tragende Marwa El-Sherbini vor einem Jahr auf einem Kinderspielplatz in Dresden als „Islamistin“ und „Terroristin“ beschimpft hatte, wurde der 28jährige Russlanddeutsche Alex W. zu einer Geldstrafe von 780 Euro verurteilt. Vergangenen Mittwoch ermordete er die Apothekerin als Zeugin während der Berufungsverhandlung vor den Augen ihres 3jährigen Sohnes und ihres Ehemannes. Sabine Schiffer zu Medienberichterstattung, Polizei und Politik. – Die Redaktion
Mit Bestürzung haben wie die Nachricht wie auch die Art der Berichterstattung über die antiislamische Messerattacke in Dresden aufgenommen. Mit Kategorisierungen durch Begriffe wie „ausländerfeindlich“ oder „rassistisch“ wird versucht die Tatsache zu umgehen, dass die antiislamische Agitation, die wir seit rund 30 Jahren beobachten und seit etlichen Jahren anmahnen, eine neue Stufe erreicht hat. Dass bisherige Bemühungen um eine Versachlichung der Diskussionen um Islam und Muslime bei weitem nicht ausreichen, zeigt diese Tat wie auch die Tatsache, dass der Ehemann des Opfers von einem Polizisten angeschossen wurde – nicht der tatsächliche Täter. Ob dies etwas mit dem Aussehen des Betroffenen zu tun hat, wäre in einem Gutachten zu prüfen. Statt hier Alarm zu schlagen im Sinne einer Vierten Gewalt, verlegt man sich medial eher auf Straftatsberichterstattung as usual – Russlanddeutscher, also nicht unser Problem.
 
Dabei ist eine solche Tat, in der der Täter sein Opfer als „Islamistin“ und „Terroristin“ beschimpfte, ein eindeutiges Signal, dass die Saat der antiislamischen Hassprediger wie auch deren Pendants der sinn-induktiven Verknüpfung von Gewaltthemen mit Symbolen des Islams in den Mainstream-Medien aufgeht. Wenn sich die Politik weiterhin wie bisher dilettantisch mit dem Erstarken eines antiislamischen Ressentiments als Ausdruck von Meinungsfreiheit befasst und Probleme ausschließlich aufseiten von Muslimen vermutet, werden wir die längst gerufenen Geister bald nicht mehr bändigen können. Es gab nie eine Multi-Kulti-Idylle in Deutschland, und von der sind wir auch heute wieder ganz sicher und sehr weit entfernt.
 
Unser Mitgefühl gilt der Familie des Opfers! Unsere Sorge uns allen – ohne Ausnahme.

Mit bestürzten Grüßen
für das IMV-Team
 
Dr. Sabine Schiffer ist Gründerin und Leiterin des Instituts für Medienverantwortung in Erlangen. (PK)

 
Hier einige der Medienbeiträge:  
Sächsische Zeitung: Streit um eine Schaukel endet tödlich
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2197618
Sächsische Zeitung: 18 Messerstiche in 32 Sekunden
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2198564
Sächsische Zeitung: Im Gericht: Polizist schoss auf Falschen
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2198788
FR-Online: Motiv war Ausländerhass
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/panorama/1820280_Toetung-im-Dresdener-Gericht-Motiv-war-Auslaenderhass.html?sid=256754f4d6198ef4ad293f3088aeb1e3
MDR-Info: Haftbefehl nach tödlicher Messerattacke
http://www.mdr.de/nachrichten/6491174.html

Zum Thema Kopftuch hat die Rosa Luxemburg-Stiftung die Veröffentlichung des Buches “Politik ums Kopftuch“ im Rahmen ihrer Projektförderung unterstützt. Argument Verlag, 2005, 191 Seiten, kartoniert, Euro 9,90, Best.Nr. 703 622

Online-Flyer Nr. 205  vom 08.07.2009



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