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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Sport
Wichtiger als unser Sieg ist die Niederlage der anderen!
Der 1.FC Köln wieder im Oberhaus
Von Hermann

Eigentlich ist die Sommerpause eine undankbare Konstruktion sperrigsten Ausmaßes, dennoch schafft dieser endlos wirkende Zeitraum fußball- ja fast sinnfreier Zeit ein kurzes Intermezzo beinahe unmerklich wohltuender Unaufgeregtheit im Zyklus des Fußballabhängigen. Sie reißt in das ohnehin wenig beachtete Kalenderjahr – was einzig zählt, ist der Zeitraum von August bis Mai – eine klaffende Lücke, deren Ende, hat sie erst einmal begonnen, in fast schon abstrakt wirkender Zukunft liegt.

Leider ist es unmöglich, die spielfreie Zeit zur Regeneration in Mitleidenschaft gezogener Nervenstränge zu nutzen, denn ist der Beginn der Saison – wenn es auch viel Abstraktionsvermögens bedarf – erst einmal absehbar, rücken mit ihm auch immer stärker werdende Zweifel immer weiter in Regionen des Seelenlebens herein, in denen es ihnen möglich ist, das Wohlbefinden merklich zu beeinflussen.
 
Ich sehe mich zurzeit wieder mit dem Zwiespalt zwischen der stillen Hoffnung auf eine große Überraschung und der lähmenden Angst vor einer weiteren Saison im Tabellenkeller konfrontiert. Und besonders graust es mir vor einer Wiederholung der letzten Saison mit dem 1.FC Köln im Oberhaus, die einen anfangs glauben machte, dieses Jahr stünde tatsächlich die große Überraschung an, nach einem kurzen Höhenflug dann aber doch unmissverständlich bewies, dass grade Weihnachten nicht die rechte Zeit für Wünsche und Hoffnungen ist. Denn nach Siegen gegen Mainz und Stuttgart war kurzfristig ein vierter Tabellenplatz erreicht, ein guter Moment also, die Spielzeit auch schon wieder zu beenden, doch das Reglement sah leider vor, dass zweiunddreißig weitere Partien nötig waren, um sich ein repräsentatives Bild von den Leistungen der verschiedenen Mannschaften zu machen. So musste weitergespielt werden, und da im weiteren Verlauf lediglich ein Sieg und drei Unentschieden dem Punktekonto zugerechnet werden konnten, war am sechzehnten Spieltag, pünktlich zur beschaulichen Vorweihnachtszeit, die Abstiegszone erreicht, welche dann auch, trotz achtzehn weiterer Punkte aus der Rückrunde bis zum Saisonende unsere Heimat darstellen sollte.

FC Koeln-Fan Foto Hans-Dieter Hey
Foto: Hans-Dieter Hey

Um Enttäuschungen dieser Art vorzubeugen, will ich mir in dieser Saison einen anderen Blickwinkel auf das Geschehen aneignen. Von Beginn an liegt mein Hauptaugenmerk nicht so sehr auf den FC-Ergebnissen, sondern darauf, mindestens drei Vereine während der Spielzeit auszumachen, deren Potential es ermöglichen könnte, dass sie auch zu Beginn der kommenden Sommerpause hinter dem FC in der Tabelle zu finden sind. Vier Kandidaten habe ich mir schon jetzt ausgeguckt. Aus dem Aberglauben heraus, dass formulierte Wünsche nicht in Erfüllung gehen, nenne ich hier keine Namen – ich kann lediglich verraten, dass es sich um zwei Klubs aus NRW, sowie einen aus Brandenburg und einen aus Baden-Württemberg handelt. Zusätzlich, sozusagen als Bonus-Option, werde ich, quasi als mögliche Überraschungsabsteiger, noch jeweils einen Verein aus Hessen und Berlin genauer beobachten.
 
Ob mir dieses Vorgehen tatsächlich einen beruhigteren Blickwinkel beschert, bleibt abzuwarten, zumal es eigentlich von schlechtem Charakter zeugt, das Unglück anderer beinahe stärker herbeizusehnen, als den eigenen Erfolg. Aber Fußball ist nun einmal der einzige Bereich im Leben, in dem ich nach Herzenslust auf Gerechtigkeit, Rücksicht und Fairness pfeifen kann, denn nichts anderes erwarte ich auch von meinem Gegenüber. Um es mit Péter Esterházys Worten auszudrücken: „Nicht der Bessere soll siegen, sondern wir!“
 
Und da gehe ich jetzt noch einen Schritt weiter und sage: „Wichtiger als unser Sieg ist die Niederlage der anderen.“ Das klingt zwar unsportlich, aber ich will ja nicht auf lange Sicht über die Fair-Play-Wertung in den Europapokal, sondern über einen adäquaten Tabellenplatz, und dafür muss ganz einfach eine angemessene Anzahl Mannschaften entsprechend weniger Punkte holen. Hat man sich erst einmal weiter oben in der Tabelle etabliert, kann man die Sommerpause bestimmt auch für seelische Entspannung und Regeneration nutzen. Um anschließend vielleicht auch wieder gönnen zu können. (PK)

Online-Flyer Nr. 159  vom 13.08.2008



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