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Lokales
Kinderprostitution unter den Augen von Staatsanwälten und Pressevertretern
Profiteure und Paten
Von Hildegard Miensopust

Lehmann-GrubeEnthüllungen über die organisierte Kriminalität politisch vernetzter Banden im Grenzbereich zu Polen und der Tschechischen Republik führen bis in Berliner Regierungs- kreise. Betroffen ist das Ministerium des ehemaligen OB von Leipzig, Wolfgang Tiefensee (SPD). Auch Teile der Staats- regierung in Dresden (Bundesland Sachsen) scheinen verwickelt. Die Kriminellen schleusten Kinder und Jugendliche aus den östlichen Nachbarstaaten nach Deutschland und stellten sie ihren politischen Gönnern in Bordellen zur Verfügung. Polizeiliche Ermittler wurden kaltgestellt oder in die Taten einbezogen. Das LKA Sachsen nennt auch den früheren Kölner Beigeordneten Hinrich Lehmann-Grube als Verdächtigen.

Verfassungsschutzberichte

Die systematisierte Kinderprostitution vollzog sich unter den Augen von Staatsanwälten und Pressevertretern, heißt es in Berichten des deutschen Inlandsgeheimdienstes Verfassungsschutz. Das Geschäft auf Gegenseitigkeit diente der Deckung illegaler Immobilientransaktionen aus dem Gesellschaftsfonds der früheren DDR sowie der Vertuschung schwerer Kapitalverbrechen. Dabei kam es zu mehreren Mordanschlägen. Deutschland ist Drehscheibe des organisierten Missbrauchs von Minderjährigen und europäisches Zielland Nr. 1 beim Frauenhandel. Den deutschen Repressionsbehörden, die bei der Kontrolle von Migranten und Asylbewerbern führend sind, gelingt es aber offenbar nicht, die organisierte Kriminalität mit Kindern und Jugendlichen aus den Armutsstaaten zu unterbinden oder auch nur einzudämmen. Die Ereignisse in Dresden und Leipzig geben einen Hinweis auf die Ursachen des Versagens.

Nach neuesten Informationen wurden unter anderem "'Zigeuner-Kinder' im Alter zwischen acht und zehn Jahren aus Tschechien nach Sachsen" verschleppt "und danach sexuell missbraucht."[1] Die Anlieferung von "Frischfleisch", heißt es in dieser Quelle, sei von einem Staatsanwalt gedeckt worden. Dem kriminellen Netz, das auf diese Weise andere Straftaten ermöglichte, gehör(t)en deutsche Politiker, deren Pressegespielinnen, Rechtsanwälte sowie weitere Vertreter der oberen Gesellschaftsschichten an. Tatorte sind unter anderem Dresden, Leipzig und Chemnitz.

Die Organisatoren der zu "Sexparties" verniedlichten Zwangsveranstaltungen waren demnach "höchste Verantwortliche der Stadtverwaltung Leipzig". Zum Zeitpunkt der Leipziger Ereignisse bekleidete Wolfgang Tiefensee (SPD), der heutige Verkehrsminister im Kabinett Merkel, den Posten des Leipziger Bürgermeisters und Oberbürgermeisters. In einem internen Gutachten des Landeskriminalamts Sachsen wird der Leipziger Amtsvorgänger Tiefensees, Hinrich Lehmann-Grube (SPD), als eventueller Tatbeteiligter genannt - wegen fragwürdiger Immobiliengeschäfte, die dem Kindesmissbrauch der Gesellschaftsprominenz zugrunde liegen. Von  1967 bis 1979 war Lehmann-Grube Beigeordneter im Dezernat Allgemeine Verwaltung der Stadt Köln, dann Oberstadtdirektor in Hannover. Nach der Wende wurde er bis 1998 OB in Leipzig und - als er in den Ruhestand ging - Ehrenbürger der Stadt.

Billig

Nach Erkenntnissen von german foreign politics waren Bauunternehmer, Banker und Immobilienhändler seit Angliederung der DDR erfolgreich bemüht, die politischen Verwaltungsspitzen bei genehmigungspflichtigen Grundstücksübertragungen zu bestechen oder erpressbar zu machen - mittels sexueller Angebote, die ins Gossenmilieu der Zwangsprostitution führen. Um vergesellschaftetes DDR-Eigentum oder private Liegenschaften trotz ungeklärter Rechtsverhältnisse billig erwerben zu können, wurden die politischen Entscheidungsträger nach 1990 mit Kindern aus den deutschen Nachbarländern geködert.

Schlüsselfigur

Zwischen den Konkurrenten der millionenschweren Privatisierungsjagd kam es wiederholt zu Beutekämpfen, deren betrügerische Methoden Mordanschläge, Selbstmorde und entsprechende Gerichtsauseinandersetzungen nach sich zogen. Wie es in einem Dokument des deutschen Inlandsgeheimdienstes heißt, begünstigten Justizangehörige die Verbrechen, in die sie mehrfach verwickelt waren. Gegen den ehemals Leitenden Oberstaatsanwalt Norbert Röger, zurzeit Präsident beim Amtsgericht Chemnitz, sind laut Justizministerium wegen eines eventuellen Anfangsverdachts in dieser Woche Ermittlungen aufgenommen worden. Röger wird als CDU-Mitglied und Schlüsselfigur der Leipziger Gesellschaft bezeichnet, der mit der örtlichen Presse intim verbunden sei.

Großzügigkeit

Das jetzt bekannt werdende Belastungsmaterial wurde vom Sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz gesammelt, nachdem reguläre Polizei-Recherchen immer wieder versandeten. Polizeibeamte, die sich bei der Verfolgung des Kindesmissbrauchs und der mörderischen Privatisierungskämpfe besonders hervortaten, waren entweder suspendiert worden oder mussten mit ansehen, dass politische Vorgesetzte ihre Ermittlungen marginalisierten. Die Täter bleiben bis dato im Dunkel, jedoch nennt ein Bericht des Sächsischen Landeskriminalamtes Namen, darunter den des heutigen SPD-Bundestagsabgeordneten Rainer Fornahl im Zusammenhang mit der Sanierung von später zurückübereigneten Immobilien. "Schattenmänner" der oberen Gesellschaftsschichten geben weitere Hinweise. Auffällig ist die bis heute anhaltende finanzielle Großzügigkeit aus bundesweit bekannten Bordellkreisen, die politischen Mandatsträgern gilt.

Transformationsprozesse

Auf dem Gebiet der Zwangsprostitution und des sexuellen Menschenhandels mit Angeboten jeder Art ist Deutschland führend. Die Bundesrepublik sei zu einer "international agierende(n) Drehscheibe" geworden, heißt es in Fachberichten.[2] Nach Angaben von Hilfsorganisationen arbeiten in Deutschland zwischen 100.000 und 200.000 Ausländerinnen als Prostituierte, "davon ein wachsender Teil Osteuropäerinnen"; als Herkunftsländer nennt das Bundeskriminalamt (BKA) insbesondere Russland, gefolgt von Litauen, Bulgarien, der Ukraine, Polen, Rumänien, Belarus und Lettland.[3] In diesen Herkunftsgebieten hätten die "gewaltigen wirtschaftlichen Transformationsprozesse" zu einer "Verringerung des Lebensstandards, (zu) Massenarbeitslosigkeit, Verarmung großer Teile der Bevölkerung und (zum) Abbau von sozialen Leistungen" geführt, analysiert das BKA.

Kurze Wege

Geschätzt wird, dass 10.000 bis 20.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland als Prostituierte tätig sind. Die Zahl dieser Minderjährigen nimmt Jahr für Jahr zu und der Anteil der Jüngeren steigt. So war jede elfte Prostituierte, die 2002 Kontakt mit der Hilfsorganisation "Mitternachtsmission Dortmund" hatte, unter 18 Jahre alt. Besonders in den deutschen Grenzgebieten zur Tschechischen Republik und Polen floriert das Geschäft mit den Kindern, die in den Nachbarländern billig eingekauft und auf kurzen Wegen in die entsprechenden Bordelle verschleppt werden. Für die informelle Durchlöcherung des Grenzsaums sorgen die aus Deutschland gesteuerten "Euroregionen".[4] Während die deutschen Grenzbehörden mit ausgefeilter Technik Jagd auf Migranten und Asylbewerber machen [5], gelingt es ihnen nicht, schwerwiegende Verstöße gegen elementare Menschenrechte zu unterbinden und die Organisatoren der Kinderprostitution, ihre Profiteure sowie die politischen Paten dingfest zu machen - warum, zeigen die Ereignisse in Sachsen.

Foto: Leizig-online


[1] Der Sachsensumpf V; www.juergen-roth.com 20.05.2007
[2] Soraya Levin: Rezension von: Alexandra Geisler: Gehandelte Frauen. Menschenhandel zum Zweck der Prostitution mit Frauen aus Osteuropa. Trafo Verlag (Berlin) 2005
[3] Bundeskriminalamt: Bundeslagebild Menschenhandel 2005. Pressefreie Kurzfassung. Juli 2006
[4] s. dazu Synchronpersonal, Räumliche Progression und Logik der Dekomposition www.german-foreign-policy.com
[5] s. dazu unser EXTRA-Dossier Festung Europa www.german-foreign-policy.com

Mehr bei  www.german-foreign-policy.com

Online-Flyer Nr. 97  vom 30.05.2007



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