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Wachstums- und Verdichtungswahn in Zürich
Welcome to Babylon
Von Heinrich Frei
Die Fußballfans und Stadionbauer warten sehnlichst, dass das Hardturm-Fußballstadion in Zürich endlich gebaut wird. Mit dem Stadion sollen auch zwei 137 Meter hohe Hochhäuser mit 570 Wohnungen erstellt werden, damit die Rechnung der Investoren aufgeht. Auch eine Genossenschaftssiedlung mit 174 Wohnungen sollen auf dem Gelände gebaut werden, was zu begrüßen ist. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Stadt Zürich haben dem Stadionprojekt mit den Wohntürmen und der Genossenschaftssiedlung am 25. November 2018 zugestimmt, aber es drohen Rekurse, die das Bauvorhaben um Jahre verzögern könnten. (1) Ein prominenter Wortführer der Gegner des Projektes, des «Komitees gegen den Höhenwahn», der frühere Gemeinderatspräsident und Architekt Marcel Knörr, hat sich jedoch unterdessen zurückgezogen, da er massiv unter Druck gesetzt wurde. (2)
Hardturm-Fußballstadion: rechts mit den zwei Wohntürmen und links neben dem Stadion die Genossenschaftssiedlung, die zusammen mit dem Stadion gebaut werden sollen (Screenshot aus "SRF News")
Hochhäuser: nicht vereinbar mit der 2000-Watt-Gesellschaft
Durch den Bau dieser beiden kleinen Wolkenkratzer neben dem Fußballstadion leidet auch die Umwelt, denn der ökologische Fußabdruck von Hochhäusern ist schlecht. Wohnhochhäuser und auch Bürohochhäuser sind im Bau, Betrieb und im Unterhalt wesentlich umweltbelastender als eine Flachbauweise von bis 5 oder 6 Geschossen. Der Bau von Hochhäusern widerspricht krass den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft, die im rot-grünen Zürich angestrebt wird.
Der Architekt Horst Eisterer machte mich darauf aufmerksam, „dass aber auch „sechs- bis sieben-geschossige Zinsmaschinen - nicht einmal Hochhäuser - noch schlimmer seien als Hochhäuser, weil es sich hier um menschen- und umweltfeindliche Massenbehausungen der großen Menge nach handele, die an Legebatterien und Käfighaltung erinnern. (Alexander Mitscherlich) (3)“
In Hochhäusern wohnen weniger Menschen pro Quadratmeter Wohnfläche
Der Architekt Horst Eisterer, der früher als Dozent an Hochschulen tätig war, schrieb mir weiter: „Bei eigentlichen Hochhäusern sind die Wohnungen teurer als im Flachbau, was zur Folge hat, dass sich dort Leute befinden, die sich eine viel größere Wohnfläche leisten können als die durchschnittlichen 48 Quadratmeter pro Bewohner in Zürich. Deshalb vermögen Hochhäuser von der beschränkten Anzahl wegen die Dichte nicht wesentlich zu steigern, das heisst eine größere Bruttogeschossfläche heisst nicht, dass mehr Menschen in einem Haus wohnen werden. Das Absurde: im urbanen Flachbau ist dieselbe Dichte zu erreichen, wenn die Architekten dies wüssten und soziale Verantwortung tragen wollten“.
Stadtrat in Zürich will noch mehr Hochhäuser
Das letzte „Glanzstück“ unseres Stadtrates, schrieb mir später Horst Eisterer, „ist die Absicht, die Richtlinien für Hochhäuser (2001) zu lockern. Man wird den Eindruck nicht los, der Stadtrat stehe im Dienst von maßlosen, Verdichtung fordernden Investoren und Architekten, die nicht wissen, dass Hochhäuser bei den bei uns akzeptablen Ausnützungsziffern kein geeignetes Verdichtungstool sind. Hochhäuser haben einen, vergleichsweise zum urbanen Flachbau, sehr schlechten „ökologischen Fußabdruck“. Wegen der höheren Mietzinsen leisten sich solche Wohnungen nur Gutbetuchte oder Doppelverdienende, die mehr Wohnfläche beanspruchen als der Durchschnitt - teils sind es sogar Zweitwohnungen – was die Verdichtungsabsichten zunichte macht.
Welcome to Babylon, Willkommen in Zürich West
Welcome to Babylon, in Zürich West: Wohnblock, Büro- und Wohntürme beim Bahnhof Zürich-Hardbrücke und das Bürohaus Prime Tower (Fotos Heinrich Frei)
Zürich vernebelt im Wachstums- und Verdichtungswahn
Die Stadtzürcher Bevölkerung soll bis 2035 um 76.000 Personen wachsen. (4) «Grenzen des Wachstums», wie sie der Club of Rome schon 1972 formuliert hatte, gibt es scheinbar für Zürich nicht. Zürich ist eine Stadt, die immer noch benebelt ist vom Wachstums- und Verdichtungswahn. Um diese neuen 76'000 Menschen in Zürich unterzubringen wird es weitere Massenbehausungen brauchen. (Ende 2018 lebten in Zürich 428.737 Personen) Zu erinnern ist: Sechs- bis 7-geschossige Wohnblocks und Hochhäuser, zwar profitabel für Investoren, sind nach Studien von Kinderärztinnen, Kinderärzten, Psychologinnen und Psychologen, aber nicht geeignet für Familien mit Kindern. Auch Kindergärtnerinnen, Mütter und Großeltern sind gegen ein solches Wohnen von ihren Kindern und Enkeln im sechsten, siebten, achten, neunten, zehnten, elften, zwölften, dreizehnten … Stockwerk.
Wohnhochhäuser in Zürich Nord (Fotos Heinrich Frei)
Bürohochhäuser in Zürich Nord (Fotos Heinrich Frei)
Fußnoten
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Hardturm_(Stadion)
(2) https://www.nzz.ch/zuerich/stadion-zuerich-sorge-wegen-einer-erneuten-abstimmung-ld.1481078
(3) Alexander Mitscherlich „Die Unwirtlichkeit unserer Städte: Anstiftung zum Unfrieden“
(4) https://www.nau.ch/ort/zurich/stadtzurcher-bevolkerung-wird-bis-2025-um-jahrlich-5000-bis-8000-personen-wachsen-65520146
Online-Flyer Nr. 705 vom 15.05.2019
Wachstums- und Verdichtungswahn in Zürich
Welcome to Babylon
Von Heinrich Frei
Die Fußballfans und Stadionbauer warten sehnlichst, dass das Hardturm-Fußballstadion in Zürich endlich gebaut wird. Mit dem Stadion sollen auch zwei 137 Meter hohe Hochhäuser mit 570 Wohnungen erstellt werden, damit die Rechnung der Investoren aufgeht. Auch eine Genossenschaftssiedlung mit 174 Wohnungen sollen auf dem Gelände gebaut werden, was zu begrüßen ist. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Stadt Zürich haben dem Stadionprojekt mit den Wohntürmen und der Genossenschaftssiedlung am 25. November 2018 zugestimmt, aber es drohen Rekurse, die das Bauvorhaben um Jahre verzögern könnten. (1) Ein prominenter Wortführer der Gegner des Projektes, des «Komitees gegen den Höhenwahn», der frühere Gemeinderatspräsident und Architekt Marcel Knörr, hat sich jedoch unterdessen zurückgezogen, da er massiv unter Druck gesetzt wurde. (2)
Hardturm-Fußballstadion: rechts mit den zwei Wohntürmen und links neben dem Stadion die Genossenschaftssiedlung, die zusammen mit dem Stadion gebaut werden sollen (Screenshot aus "SRF News")
Hochhäuser: nicht vereinbar mit der 2000-Watt-Gesellschaft
Durch den Bau dieser beiden kleinen Wolkenkratzer neben dem Fußballstadion leidet auch die Umwelt, denn der ökologische Fußabdruck von Hochhäusern ist schlecht. Wohnhochhäuser und auch Bürohochhäuser sind im Bau, Betrieb und im Unterhalt wesentlich umweltbelastender als eine Flachbauweise von bis 5 oder 6 Geschossen. Der Bau von Hochhäusern widerspricht krass den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft, die im rot-grünen Zürich angestrebt wird.
Der Architekt Horst Eisterer machte mich darauf aufmerksam, „dass aber auch „sechs- bis sieben-geschossige Zinsmaschinen - nicht einmal Hochhäuser - noch schlimmer seien als Hochhäuser, weil es sich hier um menschen- und umweltfeindliche Massenbehausungen der großen Menge nach handele, die an Legebatterien und Käfighaltung erinnern. (Alexander Mitscherlich) (3)“
In Hochhäusern wohnen weniger Menschen pro Quadratmeter Wohnfläche
Der Architekt Horst Eisterer, der früher als Dozent an Hochschulen tätig war, schrieb mir weiter: „Bei eigentlichen Hochhäusern sind die Wohnungen teurer als im Flachbau, was zur Folge hat, dass sich dort Leute befinden, die sich eine viel größere Wohnfläche leisten können als die durchschnittlichen 48 Quadratmeter pro Bewohner in Zürich. Deshalb vermögen Hochhäuser von der beschränkten Anzahl wegen die Dichte nicht wesentlich zu steigern, das heisst eine größere Bruttogeschossfläche heisst nicht, dass mehr Menschen in einem Haus wohnen werden. Das Absurde: im urbanen Flachbau ist dieselbe Dichte zu erreichen, wenn die Architekten dies wüssten und soziale Verantwortung tragen wollten“.
Stadtrat in Zürich will noch mehr Hochhäuser
Das letzte „Glanzstück“ unseres Stadtrates, schrieb mir später Horst Eisterer, „ist die Absicht, die Richtlinien für Hochhäuser (2001) zu lockern. Man wird den Eindruck nicht los, der Stadtrat stehe im Dienst von maßlosen, Verdichtung fordernden Investoren und Architekten, die nicht wissen, dass Hochhäuser bei den bei uns akzeptablen Ausnützungsziffern kein geeignetes Verdichtungstool sind. Hochhäuser haben einen, vergleichsweise zum urbanen Flachbau, sehr schlechten „ökologischen Fußabdruck“. Wegen der höheren Mietzinsen leisten sich solche Wohnungen nur Gutbetuchte oder Doppelverdienende, die mehr Wohnfläche beanspruchen als der Durchschnitt - teils sind es sogar Zweitwohnungen – was die Verdichtungsabsichten zunichte macht.
Welcome to Babylon, Willkommen in Zürich West
Welcome to Babylon, in Zürich West: Wohnblock, Büro- und Wohntürme beim Bahnhof Zürich-Hardbrücke und das Bürohaus Prime Tower (Fotos Heinrich Frei)
Zürich vernebelt im Wachstums- und Verdichtungswahn
Die Stadtzürcher Bevölkerung soll bis 2035 um 76.000 Personen wachsen. (4) «Grenzen des Wachstums», wie sie der Club of Rome schon 1972 formuliert hatte, gibt es scheinbar für Zürich nicht. Zürich ist eine Stadt, die immer noch benebelt ist vom Wachstums- und Verdichtungswahn. Um diese neuen 76'000 Menschen in Zürich unterzubringen wird es weitere Massenbehausungen brauchen. (Ende 2018 lebten in Zürich 428.737 Personen) Zu erinnern ist: Sechs- bis 7-geschossige Wohnblocks und Hochhäuser, zwar profitabel für Investoren, sind nach Studien von Kinderärztinnen, Kinderärzten, Psychologinnen und Psychologen, aber nicht geeignet für Familien mit Kindern. Auch Kindergärtnerinnen, Mütter und Großeltern sind gegen ein solches Wohnen von ihren Kindern und Enkeln im sechsten, siebten, achten, neunten, zehnten, elften, zwölften, dreizehnten … Stockwerk.
Wohnhochhäuser in Zürich Nord (Fotos Heinrich Frei)
Bürohochhäuser in Zürich Nord (Fotos Heinrich Frei)
Fußnoten
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Hardturm_(Stadion)
(2) https://www.nzz.ch/zuerich/stadion-zuerich-sorge-wegen-einer-erneuten-abstimmung-ld.1481078
(3) Alexander Mitscherlich „Die Unwirtlichkeit unserer Städte: Anstiftung zum Unfrieden“
(4) https://www.nau.ch/ort/zurich/stadtzurcher-bevolkerung-wird-bis-2025-um-jahrlich-5000-bis-8000-personen-wachsen-65520146
Online-Flyer Nr. 705 vom 15.05.2019