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Arbeit und Soziales
Offener Brief an die Vorsitzenden von DGB, IGM und Ver.di
"Vergeßt die Wurzeln nicht!"
Von Thomas Marschner
Lieber Michael Sommer, Jürgen Peters und Frank Bsirske,
als Vertreter des Dachverbandes und der beiden größten Gewerkschaftsverbände Deutschlands ist dieser Offene Brief an Euch gerichtet, er gilt aber gleichbedeutend auch für die anderen Verantwortlichen, in den Verwaltungs- und Tarifbezirksstellen.
Zu Beginn des Januars 2005 ist die so genannte Hartz-Reform in Kraft getreten. Die überwiegende Mehrheit Eurer Funktionäre und auch Ihr persönlich, habt eindringlich vor den negativen Folgen des damit verbundenen Sozialabbaus gewarnt.
Eure Warnungen haben sich bestätigt, sie werden sogar noch übertroffen. Die Mehrzahl der Langzeitarbeitslosen lebt in Armut... Sie werden als Schmarotzer und Parasiten öffentlich beschimpft und müssen oder sollen hinnehmen, dass sie selbst verantwortlich für ihre persönliche Situation gemacht werden, statt darin die Folgen einer verfehlten Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik zu sehen. Die Große Koalition hat mit dem Fortentwicklungs- und dem Optimierungsgesetz zum SGB II, die Verschärfung von Hartz IV gesetzlich umgesetzt (zwei Verschärfungen in einem Jahr). Die Hetzjagd auf alle "unter Generalverdacht" Stehenden ist eröffnet!
Jüngst wurde eine weitere Verschärfung, des SGBII, durch führende SPD-Funktionäre angemahnt .Die Sozialproteste, die es vor der Einführung von Hartz IV gab, wurden von Euch aktiv unterstützt, leider hat Euer Engagement nach der Einführung spürbar nachgelassen Wo ist die Unterstützung der Armen und wirtschaftlich Bedrohten geblieben? Warum beteiligen sich die Gewerkschaften nicht mehr an der Organisation sozialen Protestes, wo blieb der Aufruf zur Bundesweiten Sozialdemonstration, am 03.06.2006? Oder gibt es in den eigenen Reihen etwa auch Ressentiments gegen uns?
Wenn ein Blick nach Frankreich erlaubt ist? - Dort stellen sich die Gewerkschaften mehrheitlich an die Seite des Sozialprotestes und sehen sich überhaupt als Bestandteil gesellschaftlicher Opposition, wenn es gegen Abbau von Arbeitnehmer-, Bürger- oder Sozialrechten geht! Lobbyarbeit fängt beim einzelnen Mitglied an. Oder ist die Abgrenzung tariflicher Hoheitsgebiete ein höheres Interesse? - In Frankreich werden Nicht-Gewerkschafter nicht ausgegrenzt, sondern eingebunden und für die Gemeinschaft gewonnen!
Ich möchte Euch daran erinnern, dass wir aus der Arbeiterschaft es waren, die die Gewerkschaften zu ihrer Größe gebracht haben! - Was macht ihr als Führung daraus?
Die Errungenschaften der Arbeiterbewegung werden Stück um Stück abgeschmolzen, ausgehöhlt und abgeschafft, der Rückschritt in dunkle Zeiten ist auch für Laien leicht erkennbar, wo bleibt Eure massive Gegenwehr gegenüber der ungehemmten Gewinn- und Machtsucht der Konzerne und Wirtschaftsbarone, die sich um menschenwürdige Lebens- und Arbeitsverhältnisse nicht scheren?
Es werden die Vorausetzungen geschaffen, um die Macht der Gewerkschaften zu brechen, z.B. indem das Kollektiv-Klagerecht abgeschafft wird: Jeder Beschäftigte wird zum Einzelfall gemacht! Die betrieblichen Mitbestimmungsrechte werden Stück für Stück eingegrenzt, damit Betriebsräte und Personalvertretungen an der wirtschaftlichen Ausrichtung eines Betriebes nix mehr mitzureden haben. Für Sozialpläne sind Betriebsräte aber gut genug!
Statt gegen die politische Ablehnung von Mindestlöhnen und die Abschaffung des Kündigungsschutzes zu agieren, wird die Kanzlerin von Euch als Vertreter der Arbeiterschaft beklatscht - Ihr beklatscht die Abschaffung der Gewerkschaften ohne Gewissensbisse zu haben!
Die Anzahl in Armut lebender Kinder wächst täglich, Altersarmut trotz lebenslanger Arbeit ist häufig, und es gibt in Deutschland immer mehr"working poor" (arbeitende Arme)! Die Charity Gesellschaft wird ausgebaut, weil der Staat die Fürsorgegelder zusammenstreicht. Bildung ist in einfachen Sozialverhältnissen nicht selbstverständlich, gute Bildung kostet Geld; Kinder ärmerer Familien müssen früher und zu schlechteren Bedingungen arbeiten (das war im 18.Jahrhundert auch so).
Chancengleichheit wird unter diesen Vorraussetzungen zur Farce, zumal die Möglichkeiten des Zugangs zur Hochschulreife weiter begrenzt werden (Studiengebühren, keine Lehrmittelfreiheit).
Als aktives Mitglied der IG Metall und Vorstandsmitglied in der Bezirksgruppe Berlin Spandau, der Partei Arbeit & Soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative - WASG, richte ich den dringenden Appell an die Industriegewerkschaft Metall und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sowie den DGB, sich verstärkt in die Debatte um den "sozialen Standort Deutschland" einzumischen und nicht länger dabei zuzusehen, wie Stück für Stück die Lebensverhältnisse für große Teile unserer Bevölkerung prekarisiert und elementar verschlechtert werden!
Als erfahrene Gewerkschafter müsstet Ihr um die Massen-Sogwirkung wissen, wenn Ihr zu Demonstrationen oder Aktionen aufruft! - Eure Stimme hat Gewicht im Land!
Deshalb erinnere ich Euch, werte Genossen, daran, die Ausrichtung Eurer gewerkschaftlichen Arbeit verstärkt als gesellschaftliche Gesamtaufgabe in den Kampforganisationen der Arbeiterschaft wahrzunehmen. Je mehr Eure Organisationen nur noch Gewerkschaftspolitik für die "organisierte" oder " tariflich gut bezahlte " Klientel machen, desto weniger Zuspruch dürft ihr für gewerkschaftliche Positionen aus den nicht organisierten Bevölkerungsteilen erwarten. Es ist doch beschämend, die Verarmungsspirale durch Sozialpläne oder Sozialtarifverträge aufhalten zu wollen, am Ende steht für die Beschäftigten der soziale Abstieg - durch Arbeit!
Besonders in den Bereichen so genannter prekärer (ungesicherter) Beschäftigung (Minijob, Zeitarbeit, Ich AG etc.) oder auch bei Arbeitsgelegenheiten für Arbeitslose, die ja nachweislich Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt verdrängen - das betrifft in Berlin aktuell 30.167 "1 EURuro-Jobs" -, sind die Gewerkschaften gefordert. Schätzungsweise sind mehr als die Hälfte davon im Bereich des Öffentlichen Dienstes angesiedelt (ca.16.000). Nicht Abwehrhaltung zur Schadensbegrenzung hilft hier weiter, sondern nur der konsequente Einsatz der gewerkschaftlichen Organisationskraft und die Durchsetzung gewerkschaftlicher Grundpositionen sollte Euer Handeln bestimmen!
Vor allem aber besteht die moralische Pflicht Eurer Organisationen darin, für diejenigen mit zu kämpfen, die nicht mehr selbst für sich kämpfen können, denn auch Kranke, Alte, suchtabhängige Menschen und Migranten haben das Recht auf ein menschenwürdiges Leben - Gerade auch weil uns unsere Geschichte dazu verpflichtet.
Dieses Land braucht wieder eine deutlich kämpferischere Gewerkschaftsbewegung, die sich eindeutig zu ihren Wurzeln, den Arbeitenden oder Arbeitssuchenden Teilen unserer Bevölkerung bekennt.
Deshalb Kollegen, vergesst die Wurzeln der Gewerkschaftsbewegung nicht!
Mit freundlichen Grüssen
Thomas Marschner
M.d.V. WASG Berlin-Spandau
Listenkandidat zur Wahl, zur
Bezirksverordnetenversammlung
in Berlin - Spandau
Online-Flyer Nr. 53 vom 18.07.2006
Offener Brief an die Vorsitzenden von DGB, IGM und Ver.di
"Vergeßt die Wurzeln nicht!"
Von Thomas Marschner
Lieber Michael Sommer, Jürgen Peters und Frank Bsirske,
als Vertreter des Dachverbandes und der beiden größten Gewerkschaftsverbände Deutschlands ist dieser Offene Brief an Euch gerichtet, er gilt aber gleichbedeutend auch für die anderen Verantwortlichen, in den Verwaltungs- und Tarifbezirksstellen.
Zu Beginn des Januars 2005 ist die so genannte Hartz-Reform in Kraft getreten. Die überwiegende Mehrheit Eurer Funktionäre und auch Ihr persönlich, habt eindringlich vor den negativen Folgen des damit verbundenen Sozialabbaus gewarnt.
Eure Warnungen haben sich bestätigt, sie werden sogar noch übertroffen. Die Mehrzahl der Langzeitarbeitslosen lebt in Armut... Sie werden als Schmarotzer und Parasiten öffentlich beschimpft und müssen oder sollen hinnehmen, dass sie selbst verantwortlich für ihre persönliche Situation gemacht werden, statt darin die Folgen einer verfehlten Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik zu sehen. Die Große Koalition hat mit dem Fortentwicklungs- und dem Optimierungsgesetz zum SGB II, die Verschärfung von Hartz IV gesetzlich umgesetzt (zwei Verschärfungen in einem Jahr). Die Hetzjagd auf alle "unter Generalverdacht" Stehenden ist eröffnet!
Jüngst wurde eine weitere Verschärfung, des SGBII, durch führende SPD-Funktionäre angemahnt .Die Sozialproteste, die es vor der Einführung von Hartz IV gab, wurden von Euch aktiv unterstützt, leider hat Euer Engagement nach der Einführung spürbar nachgelassen Wo ist die Unterstützung der Armen und wirtschaftlich Bedrohten geblieben? Warum beteiligen sich die Gewerkschaften nicht mehr an der Organisation sozialen Protestes, wo blieb der Aufruf zur Bundesweiten Sozialdemonstration, am 03.06.2006? Oder gibt es in den eigenen Reihen etwa auch Ressentiments gegen uns?
Wenn ein Blick nach Frankreich erlaubt ist? - Dort stellen sich die Gewerkschaften mehrheitlich an die Seite des Sozialprotestes und sehen sich überhaupt als Bestandteil gesellschaftlicher Opposition, wenn es gegen Abbau von Arbeitnehmer-, Bürger- oder Sozialrechten geht! Lobbyarbeit fängt beim einzelnen Mitglied an. Oder ist die Abgrenzung tariflicher Hoheitsgebiete ein höheres Interesse? - In Frankreich werden Nicht-Gewerkschafter nicht ausgegrenzt, sondern eingebunden und für die Gemeinschaft gewonnen!
Ich möchte Euch daran erinnern, dass wir aus der Arbeiterschaft es waren, die die Gewerkschaften zu ihrer Größe gebracht haben! - Was macht ihr als Führung daraus?
Die Errungenschaften der Arbeiterbewegung werden Stück um Stück abgeschmolzen, ausgehöhlt und abgeschafft, der Rückschritt in dunkle Zeiten ist auch für Laien leicht erkennbar, wo bleibt Eure massive Gegenwehr gegenüber der ungehemmten Gewinn- und Machtsucht der Konzerne und Wirtschaftsbarone, die sich um menschenwürdige Lebens- und Arbeitsverhältnisse nicht scheren?
Es werden die Vorausetzungen geschaffen, um die Macht der Gewerkschaften zu brechen, z.B. indem das Kollektiv-Klagerecht abgeschafft wird: Jeder Beschäftigte wird zum Einzelfall gemacht! Die betrieblichen Mitbestimmungsrechte werden Stück für Stück eingegrenzt, damit Betriebsräte und Personalvertretungen an der wirtschaftlichen Ausrichtung eines Betriebes nix mehr mitzureden haben. Für Sozialpläne sind Betriebsräte aber gut genug!
Statt gegen die politische Ablehnung von Mindestlöhnen und die Abschaffung des Kündigungsschutzes zu agieren, wird die Kanzlerin von Euch als Vertreter der Arbeiterschaft beklatscht - Ihr beklatscht die Abschaffung der Gewerkschaften ohne Gewissensbisse zu haben!
Die Anzahl in Armut lebender Kinder wächst täglich, Altersarmut trotz lebenslanger Arbeit ist häufig, und es gibt in Deutschland immer mehr"working poor" (arbeitende Arme)! Die Charity Gesellschaft wird ausgebaut, weil der Staat die Fürsorgegelder zusammenstreicht. Bildung ist in einfachen Sozialverhältnissen nicht selbstverständlich, gute Bildung kostet Geld; Kinder ärmerer Familien müssen früher und zu schlechteren Bedingungen arbeiten (das war im 18.Jahrhundert auch so).
Chancengleichheit wird unter diesen Vorraussetzungen zur Farce, zumal die Möglichkeiten des Zugangs zur Hochschulreife weiter begrenzt werden (Studiengebühren, keine Lehrmittelfreiheit).
Als aktives Mitglied der IG Metall und Vorstandsmitglied in der Bezirksgruppe Berlin Spandau, der Partei Arbeit & Soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative - WASG, richte ich den dringenden Appell an die Industriegewerkschaft Metall und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sowie den DGB, sich verstärkt in die Debatte um den "sozialen Standort Deutschland" einzumischen und nicht länger dabei zuzusehen, wie Stück für Stück die Lebensverhältnisse für große Teile unserer Bevölkerung prekarisiert und elementar verschlechtert werden!
Als erfahrene Gewerkschafter müsstet Ihr um die Massen-Sogwirkung wissen, wenn Ihr zu Demonstrationen oder Aktionen aufruft! - Eure Stimme hat Gewicht im Land!
Deshalb erinnere ich Euch, werte Genossen, daran, die Ausrichtung Eurer gewerkschaftlichen Arbeit verstärkt als gesellschaftliche Gesamtaufgabe in den Kampforganisationen der Arbeiterschaft wahrzunehmen. Je mehr Eure Organisationen nur noch Gewerkschaftspolitik für die "organisierte" oder " tariflich gut bezahlte " Klientel machen, desto weniger Zuspruch dürft ihr für gewerkschaftliche Positionen aus den nicht organisierten Bevölkerungsteilen erwarten. Es ist doch beschämend, die Verarmungsspirale durch Sozialpläne oder Sozialtarifverträge aufhalten zu wollen, am Ende steht für die Beschäftigten der soziale Abstieg - durch Arbeit!
Besonders in den Bereichen so genannter prekärer (ungesicherter) Beschäftigung (Minijob, Zeitarbeit, Ich AG etc.) oder auch bei Arbeitsgelegenheiten für Arbeitslose, die ja nachweislich Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt verdrängen - das betrifft in Berlin aktuell 30.167 "1 EURuro-Jobs" -, sind die Gewerkschaften gefordert. Schätzungsweise sind mehr als die Hälfte davon im Bereich des Öffentlichen Dienstes angesiedelt (ca.16.000). Nicht Abwehrhaltung zur Schadensbegrenzung hilft hier weiter, sondern nur der konsequente Einsatz der gewerkschaftlichen Organisationskraft und die Durchsetzung gewerkschaftlicher Grundpositionen sollte Euer Handeln bestimmen!
Vor allem aber besteht die moralische Pflicht Eurer Organisationen darin, für diejenigen mit zu kämpfen, die nicht mehr selbst für sich kämpfen können, denn auch Kranke, Alte, suchtabhängige Menschen und Migranten haben das Recht auf ein menschenwürdiges Leben - Gerade auch weil uns unsere Geschichte dazu verpflichtet.
Dieses Land braucht wieder eine deutlich kämpferischere Gewerkschaftsbewegung, die sich eindeutig zu ihren Wurzeln, den Arbeitenden oder Arbeitssuchenden Teilen unserer Bevölkerung bekennt.
Deshalb Kollegen, vergesst die Wurzeln der Gewerkschaftsbewegung nicht!
Mit freundlichen Grüssen
Thomas Marschner
M.d.V. WASG Berlin-Spandau
Listenkandidat zur Wahl, zur
Bezirksverordnetenversammlung
in Berlin - Spandau
Online-Flyer Nr. 53 vom 18.07.2006