NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 19. August 2025  

Fenster schließen

Inland
"Sie sagen ja jetzt..." - Teil 16  
Manche können nicht verlieren  
Von Ulla Lessmann

Manche können ja nicht verlieren. Die kriegen dann so` n ganz kleinen Mund und so` n verbissenen Zug und behaupten, sie hätten nur Pech gehabt oder der Hund hat sie abgelenkt oder es wäre ihnen nicht gut oder eigentlich hatten sie gar keine Lust.

Manche sind so was von verbiestert, wo es doch nur um ein Spiel ist. Am schlimmsten ist Frau Brüser beim Doppelkopf, wo es eben nicht nur um Glück oder Pech geht, sondern auch ein bißchen Geschicklichkeit und Konzentration gefragt ist, und das hat eben nicht jeder.

Jedesmal macht die ein Wesens und zankt mit ihrem Karl-Peter rum, uns ist das unangenehm auf die Dauer und wir wissen gar nicht, ob wir noch hingehen, schließlich können wir auch nicht dafür, dass wir immer gewinnen, wobei wir nie Partei ergreifen, obwohl der Karl-Peter eigentlich gar nicht Doppelkopf spielen kann und Frau Brüser es nie begreifen wird.

Beim Skat, freitags mit Schneiders, ist es ja er, der nicht verlieren kann und immer behauptet, er hat kein Blatt. Jaaaa! Was man draus macht aus so einem Blatt, darauf kommt´s eben an, aber manche spielen einfach drauf los und wundern sich, dass es nichts wird. Aber dann so was von fuchsig werden wie die Schneiders, wenn ich drei Null u wär hintereinander durchziehe! Ich steh' da drüber, mir macht das nichts, mal zu verlieren, ich finde, es ist eine Charakterfrage, ob man damit fertig wird. Montags mit Krämers beim Canasta, da hatten die neulich ihre Nichte mit, die hat das so was von ernst genommen, das machte keinen Spaß, die wollte immer weiter spielen, als sie verlor und dann wollte sie uns erklären, warum wir gewonnen haben!

Das kann ich auf den Tod nicht leiden, wenn sie einem immer hinterher erklären, warum sie verloren haben, und warum wir gewonnen haben. Nämlich mit Glück. Wir haben immer nur Glück und diese Nichte und Frau Brüser haben immer nur Pech. Was kann ich dafür? Frau Brüser muß sich ja nicht wundern, dass sie beim Doppelkopf ständig verliert, wenn sie zwischendurch immer von ihrer Hüfte erzählt, und Ekkehard Schneider braucht sich gar nicht beschweren, dass er nie einen Grand gewinnt, wenn er dauernd von seinem blöden Wintergarten schwärmt. Entweder man spielt oder man spielt nicht, alles durcheinander finde ich furchtbar. Man kann sich doch mal ein bißchen zusammenreißen!

Früher hat man einfach gespielt und sich nichts dabei gedacht, aber heute müssen immer alle gewinnen und sind beleidigt, wenn ich gewinne. Ich glaube, Frau Brüser hat jetzt heimlich einen Kurs gemacht, letztens hat die gewonnen, völlig unbegreiflich, mit einem total miesen Blatt, mein Mann glaubt, dass sie schummelt. Soll die doch alleine spielen, wenn sie das nötig hat! Schneiders scheinen sich jetzt abzusprechen, bloß um uns zu besiegen, da gehen wir erstmal nicht mehr hin. Und dass diese Nichte von Krämers neulich so einen unwahrscheinlichen Dusel hatte, das kann nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Und das kann ich auf den Tod nicht leiden, wenn die Leute anfangen, zu betrügen, nur weil sie nicht verlieren können.

www.ulla-lessmann.de                              




Online-Flyer Nr. 51  vom 04.07.2006



Startseite           nach oben