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Aktueller Online-Flyer vom 19. August 2025  

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Medien
Eine Frage an unsere LeserInnen und an uns selbst:
NRhZ-Bürger-Reporter?
Von Peter Kleinert

In den vergangenen Monaten sind nicht nur die "Visitor-Zahlen" beim NRhZ-Online-Flyer erfreulich gestiegen. Auch die Soli-Party am Freitag im Kölner Friedenspark war ein Erfolg. Und: Es melden sich immer mehr LeserInnen, die für unser alternatives Medienprojekt schreiben wollen - Artikel und Glossen zu Themen, über die in den etablierten Medien nicht oder weitgehend unter der Fuchtel konzernabhängiger Verleger und politikabhängiger Intendanten berichtet wird. Frage an die LeserInnen und an uns selbst: Sollen wir dem Beispiel von "Ohmy-News" aus Südkorea folgen, über das die "Neue Züricher Zeitung" vor einiger Zeit berichtete? Hier Ausschnitte aus dem NZZ-Artikel von Christoph Neidhart

Eine koreanische Website integriert erfolgreich Bürger-Reporter

In Südkorea verzeichnet eine Website einen erstaunlichen Erfolg. Ohmy-News publiziert Informationen, die von Tausenden von Amateur-Reportern zusammengetragen werden. Inzwischen entstand daraus eine interaktive multimediale Plattform. Für die etablierten Medien wurde sie zu einer ernsthaften Konkurrenz
Bürger-Reporter nennen sie sich, die über 40 000 Journalisten, die Koreas aufregendstes Zeitungsprojekt machen, die Ohmy-News, eine professionell gestaltete Website (ohmynews.com), in der jeder schreiben darf, der sich als Ohmy-Mitglied registriert hat. «Unsere Redaktionsräume sind die Internet-Cafés, Büros und Wohnungen der Menschen», schrieb Ohmy-Gründer Oh Yeon Ho vor sechs Jahren, als er sein Projekt mit «727 News-Guerillas» vorstellte... Skandale aufgedeckt, die die Medien verschwiegen Ohmy-News hat Skandale aufgedeckt, etwa heimliche Zahlungen an Nordkorea zur Belohnung für das Gipfeltreffen im Jahr 2000. Wichtiger: Der Dienst hat die koreanischen Medien, die mit der Macht kungelten, gezwungen, sich zu öffnen. Sie können Korruption, Machtmissbrauch und Günstlingswirtschaft nicht mehr einfach ignorieren. Oh Yeon Ho, der heute 41-jährige Gründer von Ohmy-News, sieht erst im Bürger- Journalismus die wirkliche vierte Gewalt. Er spricht von einer «digitalen Demokratie», die dank der «Heirat von Technologie und Demokratie» möglich geworden sei. Sie beende die Zeit des «Von oben herab»-Journalismus, in der allein die Redaktoren entschieden, was dem Publikum - und den Beschriebenen: den Mächtigen in Wirtschaft und Politik - zumutbar sei.

Kurswechsel der Politik herbeigeführt

Nicht nur die Wahl des Aussenseiters Roh Moo Hyun zum Staatspräsidenten, auch der Erdrutschsieg seiner Uri-Partei in den Parlamentswahlen zwei Jahre später und der Kurswechsel in der Politik Seouls, etwa die neue Distanz zu Washington, wären ohne Ohmy-News nicht denkbar gewesen...
Ohmy-News beschäftigt inzwischen etwa 60 Profis, die 20 Prozent der Beiträge liefern. Die meisten haben selber als Bürger-Reporter angefangen. Diese Redaktion sichtet die Beiträge, weist rund ein Drittel zurück, prüft Fakten, redigiert und besorgt das Layout. Ist ein Text einmal aufgeschaltet, können die meist jungen Autoren ihre Leser zählen. Und diese kommentieren, was sie lesen - und können, falls ihnen ein Text gefällt, im so genannten Trinkgeldtopf ein kleines Honorar zahlen. Ein Kommentar zur geplanten Verschiebung des Regierungssitzes von Seoul in die Provinz brachte seinem Autor über 40 000 Franken ein - wohl einer der bestbezahlten Zeitungsartikel...

Bürger-Journalismus nicht zuverlässig?

Oh Yeon Ho fordert seine Amateur-Schreiber immer wieder auf, sich nicht an den etablierten Medien zu orientieren, deren Stil nicht zu kopieren. Die strikte Trennung von Bericht und Kommentar sei unerwünscht. Auf den koreanischen Ohmy-News findet man viele Geschichten, die das Leben schrieb, Aperçus aus dem Waschsalon und Meinungen über den Alltag kleiner Leute...
Bürger-Journalismus sei nicht zuverlässig, wehren sich die Etablierten; ein Argument, das man auch gegen die Online-Enzyklopädie Wikipedia hört. Die Zeitschrift «Nature» hat diese mit Encyclopaedia Britannica verglichen und kaum Qualitätsunterschiede gefunden. Eine ähnliche Seriosität reklamiert Ohmy-News für sich. Seine Bürger-Reporter schreiben nicht anonym wie auf den meisten Chats und vielen Blogs. Wer Ohmy-Mitglied werden will, muss einen Identitätsnachweis erbringen. Gründer Oh Yeon Ho fordert seine «medialen Strassenkämpfer» auf, in ihren Texten nicht nur zu kritisieren, sondern konstruktive Alternativen aufzuzeigen und die journalistische Qualität hochzuhalten..."

Jetzt sind Sie gefragt

Soweit die NZZ zu "Ohmy-News". Und jetzt, liebe LeserInnen, sind Sie gefragt: Schreiben Sie uns, was Sie von einer solchen Perspektive für die NEUE RHEINISCHE ZEITUNG online halten? Lesen Sie aber bitte vorher "Was wir wollen" und "Wer wir sind". Dann lernen Sie unsere Ziele kennen und erfahren, worauf Sie sich einlassen, wenn Sie bei der NRhZ mitmachen. Texte von "Bürger-Reportern" finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe - wie bisher nicht als solche gekennzeichnet. Ob wir das tun sollen wie die "Ohmy-News"-Redaktion? Auch das wäre eine Frage an Sie.

Weitere Informationen: Ohmy-News

Online-Flyer Nr. 48  vom 14.06.2006



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