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Aktueller Online-Flyer vom 19. August 2025  

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Lokales
Die umfassende Kennzeichnungspflicht von Genfood muß her!
Die ganze Wahrheit auf den Tisch!
meint Hans-Detlev von Kirchbach

"Gentechnik ist, wenn es Landliebe ist" - mit Parolen wie dieser zieht Greenpeace gegen pseudoökologische Werbesprüche zu Felde, mit denen der uninformierten Kundschaft in Wirklichkeit gentechnisches Food-Design verscherbelt werden soll.

Natürlich: Lug und Trug ist die Grundlage jeglicher Werbung. Der Kaffeeautomat, der uns mit dem anheimelnden Bild von Omas Kaffeetafel anzieht, spuckt ja auch nur eine brackige dunkle Brühe unklarer Herkunft und Zusammensetzung in oder neben den lieblosen Plastikbecher. Und das vermeintliche Billig-Handy lockt Jugendliche dank  jahrelanger Knebelverträge hinterhältig in die Schuldenfalle. 

Daran sind wir ja schon gewöhnt. Doch wenn als "kerngesund" und "natürlich" suggeriert wird, was in Wirklichkeit das glatte Gegenteil ist - nämlich ein industrieller Chemie- und Gencocktail, aus dem womöglich noch unbekannte Gesundheitsrisiken resultieren, und das auch noch beim so symbolträchtigen und elementaren Lebensmittel Milch, dann wird´s, so meine ich, im höchsten Maße kriminell. Werbung, die den Verbraucher bewußt in die Falle lockt, ihm Gesundheit verspricht und Krankheitsrisiko verkauft, gehört verboten, ganz einfach.
Statt dessen muß etwas anderes mangels Einsicht eines Teils der Branche wohl von Rechts wegen verfügt werden: die umfassende Aufklärungs- und Deklarierungspflicht für alle Lebensmittelprodukte, bei deren Herstellung gentechnische Verfahren zum Einsatz kamen. 

Da mögen die Verharmloser aus den einschlägigen Industriebranchen einschließlich ihrer publizistischen Wasserträger noch so betont abschätzig von "Hysterie" reden und, wie etwa die "Welt", simpel suggerieren, "die Wissenschaft" gebe im Hinblick auf Gefahren gentechnischer Lebensmittelherstellung "Entwarnung" -  wir, die VerbraucherInnen, sind gut beraten, uns von solch wurschtigen Lobbyistensprüchen im Stil von Butterfahrten nicht einwickeln zu lassen. Manfred Bigge von der Kölner Greenpeace-Gruppe hat recht: Auf den letztendlichen Nachweis von Gesundheitsschäden durch gentechnisch hergestellte Lebensmittel darf man nicht einfach warten, denn dann ist der Schaden schon da. Hier gilt, wie auch beispielsweise bei der Atomenergie, das Vorsorgeprinzip der Risikoabwehr.

Ein glattes Verbot gentechnischer Verfahren ist in der bestehenden  Wirtschafts- und Rechtsordnung wohl unrealistisch. Es würde wahrscheinlich spätestens vor dem Verfassungsgericht scheitern. Das Mindeste aber, was man im Sinne der Verbraucheraufklärung - und damit des "lauteren Wettbewerbs" - rein systemimmanent fordern und erzwingen muß, ist eine umfassende und rückhaltlose Kennzeichnungspflicht. Wer dem Verbraucher die Information vorenthalten will, wie die Lebensmittel hergestellt worden sind, die er sich nach vorheriger Geldentrichtung an die Lebensmittelkonzerne antun soll, hat etwas zu verbergen. Ob Killergene wie etwa der "Bacillus Thuringensis", der angebliche Pflanzenschädlinge, aber auch andere Insekten tötet, irgendwann durchs Milchprodukt beim Verbraucher ankommen, wie Greenpeace und andere Gentec-KritikerInnen fürchten, kann dahingestellt bleiben. Allein das denkbare Risiko rechtfertigt und erfordert wenigstens die umfassende Aufklärung darüber, ob irgendwo in der Herstellungskette eines Lebensmittels gentechnisch veränderte Organismen eingesetzt worden sind. 

Die vollständige Kennzeichnung von "Gen-Food"  zu verweigern, bekundet jedenfalls  eine fundamentale Mißachtung der Menschen, die nicht einmal als Kunden ernst-, sondern nur als zahlende Freßmeute ausgenommen werden. - Wenn sich die VerbraucherInnen durch ihr Kaufverhalten ebenso zur Wehr setzen wie durch politischen Druck, dann vielleicht  ist eine umfassende Kennzeichnungspflicht sogar innerhalb der  kapital- und industrieorientierten Europäischen Union durchsetzbar. Ungemach aber droht auch hier wieder einmal von denUSA: Bushs konzernhörige Administration will nämlich  eine Kennzeichnungspflicht für Gen-Food nicht nur in den USA, sondern mit der üblichen imperialen Anmaßung gleich  weltweit verhindern. Nach dem Weltkrieg gegen den Terror folgt nun also offenbar auch der Weltkrieg gegen Natur und Gesundheit.  


Online-Flyer Nr. 43  vom 09.05.2006



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