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Aktueller Online-Flyer vom 19. August 2025  

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Inland
Dax-Firmen und ihre Vorstände rafften wie noch nie
"Börsen-Story" 2005
Von Hans-Peter Keul

Um 51 Mrd. EUR steigerten die 30 Dax (Deutscher Aktien-Index)-Konzerne im Jahr 2005 ihre Profite. Eine Erhöhung um 36 Prozent, die von Vorständen und Aktionären entsprechend gewürdigt wurde. Vergessen haben sie dabei natürlich nicht, dass dieser Aufschwung im eigenen Geldbeutel stark gefährdet würde, wenn auch die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften nun ihren Anteil fordern würden.

Deutlich höhere Renditen kassierten auch die Aktionäre und - im Einvernehmen mit den Aufsichtsräten - durften sich auch die Vorstände mit entsprechend höheren Bezügen bedienen. Ebenso deutlich nahm das soziale Gefälle in der Gesellschaft zu: der Mehrheit der Bevölkerung blieb aufgrund gestiegener Preise erheblich weniger im Portemonnaie.

"Billionen-Bilanz" nannte das die Frankfurter Rundschau, denn die Top-30-Konzerne hatten ihre Umsatzsumme erstmals über die Billionengrenze gehievt. Die um 30 bis 60 Prozent gesteigerten Dividenden kamen zusammen auf 21 Mrd. EUR. Den höchsten Gewinn erzielte der Energieriese E.on mit 7,4 Mrd. EUR. Die Telekom schaffte es mit 4,6 Mrd. EUR auf Rang 2. Kein Mangel also an Wachstum.

Doch "mehr Beschäftigung" hat dieses Wachstum - wie in den vergangenen Jahren - nicht eingebracht. Die in den Medien als Erfolg verkaufte Erhöhung um 200.000 Arbeitsplätze ergab sich allein aus so genannten Finanzzukäufen. Denn: bei den Personalkosten wird nach wie vor kräftig gespart. BAYER verringerte sie innerhalb von 2 Jahren von 32 auf 22 Prozent. Im Schnitt wird nicht einmal ein Viertel der Erlöse für die Arbeitnehmer ausgegeben, denn die insgesamt 3,7 Millionen Werktätigen der Daxler decken gerade ein Zehntel des deutschen Arbeitsmarktes ab.

Während Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitslose konnten ihre Einkommen nur geringfügig zwischen Null und einem Prozent steigern konnten - bei einer Teuerungsrate von satten zwei Prozent ist ihnen real weniger im Geldbeutel geblieben - genehmigten sich Aufsichtsräte und Vorstände eine Erhöhung ihrer Bezüge um ca. 30 Prozent. Die Konsumzurückhaltung der breiten Massen hat also handfeste Gründe.

Vorstandsmitglieder der Dax-Unternehmen sackten durchschnittlich 2,5 Mill. EUR pro Jahr ein. Spitzenreiter ist der inzwischen berühmt-berüchtigte Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank. Seine Bezüge wurden zuletzt auf etwa 11,9 Mill. Euro aufgestockt. Sollte er vorzeitig von dieser Verantwortung entbunden werden, winken ihm "Überbrückungsgelder", die beispielsweise beim Chemieriesen Bayer über 60 Monate gezahlt werden und 80 Prozent der letzten Fest-Vergütung betragen können.

Dagegen beträgt das Arbeitslosengeld I für normalsterbliche Beschäftigte nicht einmal zwei Drittel des letzten Monatslohnes. Und wenn sie vorzeitig in Rente gehen, erwarten sie Abschläge. Aber auch die vollen Ansprüche nach 40 Jahren Arbeitnehmerleben schützen in vielen Fällen nicht mehr vor Altersarmut. Lichtjahre davon entfernt sind die "Ackermänner", denn deren  Pensionsansprüche messen sich am zuletzt empfangenen Gehalt.

Die Moral dieser aus Handelsblatt und Börsennachrichtendienst herausgefilterten "Börsen-Story": Es lohnt sich nach wie vor mehr, "Geld" und damit indirekt "Andere" für sich arbeiten zu lassen, als dies selbst zu tun. Wenn jene Anderen sich vom Lohn ihrer Arbeit nichts mehr leisten, kaum noch überleben können, beißt sich die Katze nicht nur in den Schwanz, sondern frisst sich am Ende selbst: Mit Ackermann & Co. im Führerhaus fährt das Kapital immer rasanter auf sein Ende zu.



Online-Flyer Nr. 43  vom 09.05.2006



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