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Lokales
Deutsche Rentner zu blöd zum Krötensammeln?
FAZ geht auf EXPRESS-Niveau
Von Hanne Schweitzer
Das Klischee vom trotteligen Alten, der meint sich nützlich machen zu müssen, bedient z.B: das Zeichnerteam Greser & Lenz auf der Politik-Seite der Zeitung am 7. April. Zu sehen sind Landschaft und Landstraße mit - Achtung! - Tierwanderung-Schild und drei Flatschen auf der Straße, die wohl Kröten sein sollen. Im Bildvordergrund stehen sich zwei Männer gegenüber. Der eine ist schlank, mit randloser Brille, Jackett und Gummistiefeln. Mit der einen Hand trägt er einen leeren Eimer. Die andere Hand hält er ratslos/erschrocken vor den Mund. Laut Sprechblase denkt er gerade: "Ohweh, 5 gerettet, aber 3 zertreten oder aufgespießt".
Auslöser dieses Gedankens ist sein Gegenüber, ein kleiner, deutlich älterer Mann. Der steht, auf einen Stock gestützt, seine Bierplautze in eine stracke Trainingsjacke eingehüllt , aufrecht vor dem Dünnen. Ein krötenähnliches Tier ist auf seinem Stock aufgespießt, der Alte bemerkt es aber nicht. Auf dem Kopf trägt er eine Schiebermütze, vor den Augen eine dicke Brille mit zentimeterdicken Gläsern. Der Dicke reckt dem Dünnen einen Eimer entgegen, aus dem ein Tier rausschaut, das wohl eine Kröte darstellen soll. Hinter vorgehaltener Hand preßt der Dünne als Reaktion darauf hervor: "Ähem ... gut gemacht, Opa Ede!"
Unter der Zeichnung steht:
"Zusatzverdienstmöglichkeiten für Rentner: Geht das gut?"
Was soll uns das sagen?
1. Rentner sind zu dämlich, um Kröten in einem Eimer zu sammeln, ohne dabei Kröten platt zu machen.
2. Technokraten sind zwar korrekt mit Gummistiefeln und Eimer ausgestattet, sammeln aber keine Kröten.
3. Wer keine Kröten gesammelt hat, kann den älteren Sammler ungestraft duzen und "Opa" nennen.
Damit nähern sich die FAZ-Zeichner dem Niveau der Kölner Boulevard-Zeitung EXPRESS, deren Gründer und Verleger Alfred Neven DuMont vor 14 Tagen 78 Jahre alt geworden ist. In Opa Nevens EXPRESS taucht in der Headline auf der 1. Seite regelmäßig eine "Oma" oder ein "Opa" auf. "Oma Ilse" macht dies, "Opa" Walter macht jenes. Nun gilt es als wesentliches Merkmal der bürgerlichen Gesellschaft, dass Männer und Frauen mit ihrem Namen angesprochen werden. Sie sind kein namen- und rechtloses "Gesinde" mehr. Jeder bleibt, auch mit zunehmendem Alter - zuerst einmal Frau Soundso oder Herr Soundso. Erst danach folgen andere Attribute, wie Aufsichtsrat, Fernfahrer, Direktor oder familiäre Zuweisungen wie Vater, Sohn, Tochter, Mutter oder Großmutter oder Großvater.

Opa Fritz
Foto: NRhZ-Archiv
Für die Redaktion des EXPRESS ist das nicht von Belang. "Oma Gertrud (64), Kokain im BH", titelt die Zeitung. Die ungewohnte Kombination von "Oma", "Kokain" und "Büstenhalter" läßt die Überschrift zunächst knackig rüberkommen. Erst beim zweiten Nachdenken stellt sich ein Unwohlsein darüber ein, wie dreist hier eine 64jährige Frau, über deren Familienstand im Artikel überhaupt nichts gesagt wird, von wildfremden Leuten öffentlich als "Oma" tituliert wird.

Oma Elke
Foto: NRhZ-Archiv
Seit 1999 schreiben wir Beschwerdebriefe wegen "Oma und Opa-Überschriften" an die Chefredaktion des EXPRESS. Wir wüßten gerne, warum die Redaktion, die von den Oma- und Opa-Titeln scheint´s nicht lassen kann, warum sie ihre Vorliebe nicht auch auf die ausdehnt, die alt und prominent sind. Dann hieße es nämlich: Opa Dieter, statt Arbeitgeberpräsident Hundt, Oma Elke, statt Elke Heidenreich, Opa Franz, statt Franz Beckenbauer, Opa Alfred, statt siehe oben.

Opa Alfred
Foto: NRhZ-Archiv
Hoffentlich wird die Infektion der FAZ-Zeichner mit dem Oma/Opa-Virus nicht ebenso chronisch. Wir weisen sie vorsichtshalber aber darauf hin, dass z.B. in den USA das Zwangsverrentungsalter schon 1984 abgeschafft wurde. Und so kommt es, dass der Briefträger meiner Kusine in Maine über 80 ist, und Arthur Winston an dem Tag seinen 100. Geburtstag feierte, als er am 22.3.2006 in Los Angeles zum letzten Mal zur Arbeit erschien. Insgesamt 72 Jahre hat Winston als Reinigungs- und Wartungsmann für die städtischen Verkehrsbetriebe in Los Angeles gearbeitet. Davon 35 Jahre als Rentner. 1996 wurde er als Angestellter des Jahrhunderts von Präsident Clinton geehrt. Von wegen zu blöd zum Krötensammeln!
Siehe auch www.altersdiskriminierung.de
Online-Flyer Nr. 40 vom 18.04.2006
Deutsche Rentner zu blöd zum Krötensammeln?
FAZ geht auf EXPRESS-Niveau
Von Hanne Schweitzer
Das Klischee vom trotteligen Alten, der meint sich nützlich machen zu müssen, bedient z.B: das Zeichnerteam Greser & Lenz auf der Politik-Seite der Zeitung am 7. April. Zu sehen sind Landschaft und Landstraße mit - Achtung! - Tierwanderung-Schild und drei Flatschen auf der Straße, die wohl Kröten sein sollen. Im Bildvordergrund stehen sich zwei Männer gegenüber. Der eine ist schlank, mit randloser Brille, Jackett und Gummistiefeln. Mit der einen Hand trägt er einen leeren Eimer. Die andere Hand hält er ratslos/erschrocken vor den Mund. Laut Sprechblase denkt er gerade: "Ohweh, 5 gerettet, aber 3 zertreten oder aufgespießt".
Auslöser dieses Gedankens ist sein Gegenüber, ein kleiner, deutlich älterer Mann. Der steht, auf einen Stock gestützt, seine Bierplautze in eine stracke Trainingsjacke eingehüllt , aufrecht vor dem Dünnen. Ein krötenähnliches Tier ist auf seinem Stock aufgespießt, der Alte bemerkt es aber nicht. Auf dem Kopf trägt er eine Schiebermütze, vor den Augen eine dicke Brille mit zentimeterdicken Gläsern. Der Dicke reckt dem Dünnen einen Eimer entgegen, aus dem ein Tier rausschaut, das wohl eine Kröte darstellen soll. Hinter vorgehaltener Hand preßt der Dünne als Reaktion darauf hervor: "Ähem ... gut gemacht, Opa Ede!"
Unter der Zeichnung steht:
"Zusatzverdienstmöglichkeiten für Rentner: Geht das gut?"
Was soll uns das sagen?
1. Rentner sind zu dämlich, um Kröten in einem Eimer zu sammeln, ohne dabei Kröten platt zu machen.
2. Technokraten sind zwar korrekt mit Gummistiefeln und Eimer ausgestattet, sammeln aber keine Kröten.
3. Wer keine Kröten gesammelt hat, kann den älteren Sammler ungestraft duzen und "Opa" nennen.
Damit nähern sich die FAZ-Zeichner dem Niveau der Kölner Boulevard-Zeitung EXPRESS, deren Gründer und Verleger Alfred Neven DuMont vor 14 Tagen 78 Jahre alt geworden ist. In Opa Nevens EXPRESS taucht in der Headline auf der 1. Seite regelmäßig eine "Oma" oder ein "Opa" auf. "Oma Ilse" macht dies, "Opa" Walter macht jenes. Nun gilt es als wesentliches Merkmal der bürgerlichen Gesellschaft, dass Männer und Frauen mit ihrem Namen angesprochen werden. Sie sind kein namen- und rechtloses "Gesinde" mehr. Jeder bleibt, auch mit zunehmendem Alter - zuerst einmal Frau Soundso oder Herr Soundso. Erst danach folgen andere Attribute, wie Aufsichtsrat, Fernfahrer, Direktor oder familiäre Zuweisungen wie Vater, Sohn, Tochter, Mutter oder Großmutter oder Großvater.

Opa Fritz
Foto: NRhZ-Archiv
Für die Redaktion des EXPRESS ist das nicht von Belang. "Oma Gertrud (64), Kokain im BH", titelt die Zeitung. Die ungewohnte Kombination von "Oma", "Kokain" und "Büstenhalter" läßt die Überschrift zunächst knackig rüberkommen. Erst beim zweiten Nachdenken stellt sich ein Unwohlsein darüber ein, wie dreist hier eine 64jährige Frau, über deren Familienstand im Artikel überhaupt nichts gesagt wird, von wildfremden Leuten öffentlich als "Oma" tituliert wird.

Oma Elke
Foto: NRhZ-Archiv
Seit 1999 schreiben wir Beschwerdebriefe wegen "Oma und Opa-Überschriften" an die Chefredaktion des EXPRESS. Wir wüßten gerne, warum die Redaktion, die von den Oma- und Opa-Titeln scheint´s nicht lassen kann, warum sie ihre Vorliebe nicht auch auf die ausdehnt, die alt und prominent sind. Dann hieße es nämlich: Opa Dieter, statt Arbeitgeberpräsident Hundt, Oma Elke, statt Elke Heidenreich, Opa Franz, statt Franz Beckenbauer, Opa Alfred, statt siehe oben.

Opa Alfred
Foto: NRhZ-Archiv
Hoffentlich wird die Infektion der FAZ-Zeichner mit dem Oma/Opa-Virus nicht ebenso chronisch. Wir weisen sie vorsichtshalber aber darauf hin, dass z.B. in den USA das Zwangsverrentungsalter schon 1984 abgeschafft wurde. Und so kommt es, dass der Briefträger meiner Kusine in Maine über 80 ist, und Arthur Winston an dem Tag seinen 100. Geburtstag feierte, als er am 22.3.2006 in Los Angeles zum letzten Mal zur Arbeit erschien. Insgesamt 72 Jahre hat Winston als Reinigungs- und Wartungsmann für die städtischen Verkehrsbetriebe in Los Angeles gearbeitet. Davon 35 Jahre als Rentner. 1996 wurde er als Angestellter des Jahrhunderts von Präsident Clinton geehrt. Von wegen zu blöd zum Krötensammeln!
Siehe auch www.altersdiskriminierung.de
Online-Flyer Nr. 40 vom 18.04.2006