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Inland
Konstantin Wecker-Konzert wegen NPD-Drohungen abgesagt
Wo bleibt unsere Freiheit?
Von Emma Weiß
Die Tour war mit weiteren Auftritten in Schwerin und Bad Reichenhall bewusst in den Umkreis von Eberswalde - einer Neonazi-Hochburg - gelegt worden. Gegen Konstantin Weckers Auftritt in Halberstadt legte die NPD schriftlich Beschwerde bei den Behörden ein und drohte mit massiver Störung des Konzerts durch "aktive Teilnahme". Der stellvertretende Landrat Hans-Dieter Sturm verweigerte daraufhin die Genehmigung des Benefizkonzerts im "öffentlichen Raum" der Schule. Aber auch alternative Veranstaltungsorte wie das Sportzentrum wurden bedroht. Wecker musste auf ein Gymnasium im thüringischen Jena ausweichen.
Was ist das für eine Demokratie, in der rechte Parteien mit Druck und Drohungen Konzerte verbieten lassen können? Landrat Sturm, offiziell ohne Parteibindung - welche Liste hat ihn aufgestellt? - suchte krampfhaft nach Alternativen, um der NPD nicht die Stirn bieten zu müssen. Dabei fand er die nahe liegende Lösung nicht: Anstatt mit allen rechtsstaatlichen Mitteln das Konzert und die SchülerInnen in Halberstadt zu schützen, wurden Freiheitsrechte beschnitten - angeblich um der rechten Szene keine Handhabe zu geben. De facto wird so der Kampf gegen den Faschismus mundtot gemacht. Erinnert das nicht an die Weimarer Republik?
Allein die Drohungen rechter Krawallmacher reichten, um den Staat in die Knie zu zwingen. Hätte man das Konzert stattfinden lassen, und wäre es zu angedrohten Übergriffen gekommen, wäre dies doch eine gute Gelegenheit gewesen, Neonazi-Verbrecher unschädlich zu machen, zumal man rechtzeitig gewarnt worden war. Es fehlen uns nicht die Mittel, Rechtsextreme in die Schranken zu weisen. Hier in Köln beispielsweise konnte sich der Staat ein Polizeiaufgebot von tausend Beamten leisten, um 50 NPD-Anhänger vor der Gegendemonstration zu schützen. Warum sollte dann in Sachsen-Anhalt ein ausreichender Schutz für antifaschistische Veranstaltungen nicht möglich sein?
Nochmals: nicht die Mittel fehlen. Was fehlt, ist der Wille! Und da beginnt die Gefahr für die Demokratie. Der Weg des geringeren Widerstandes ist nicht der Weg in die Freiheit, sondern in die zunehmende Abhängigkeit von gewalttätig auftretenden Nazi-Gruppen. Zur Freiheit gehören Mut und Entschlossenheit. Und die Einsicht in die Notwendigkeit konsequenten Handelns.
Immerhin: Schön zu erfahren, dass die weitere Tour ohne Zwischenfälle verlief und z. T. Polizei unaufgefordert zum Schutz vor Ort war. Ebenfalls erfreulich sind die vielen Mut-Mach-Mails, die in den vergangenen Tagen bei Konstantin Wecker eingegangen sind, sowie die diversen Einladungen von SchulleiterInnen, auch in ihrer Schule ein Konzert zu veranstalten. Auch die Resonanz der Presse, Proteste vom Zentralrat der Juden und von SpitzenpolitikerInnen zeigen, dass es den in Halberstadt vermissten Willen doch gibt.
Trotzdem oder gerade darum heißt es wachsam zu bleiben. Wenn Zivilcourage notwendig wird, um den öffentlichen Schutz zu ersetzen, haben wir bald ein großes Problem. So wichtig das Engagement Einzelner ist, das nicht durch Institutionen ersetzt werden kann, so wichtig ist aber auch die Unabhängigkeit der Behörden. Darum müssen wir den Finger in diese Wunde legen, damit Landräte wie Hans-Dieter Sturm in Zukunft wissen, was ihre Entscheidungen für Konsequenzen haben. Gefährlich wäre es aber auch, sich hier in Köln zurückzulehnen und nach Sachsen-Anhalt zu zeigen, nach dem Motto: "Guck mal der Osten, der hat die ganzen Neonazis". Diese Haltung würde die Trennung von Ost und West verstärken und blind machen für die Zugeständnisse, die überall im Land an rechte und neoliberale Gruppierungen gemacht werden.
Unsere Autorin Emma Weiß ist Lehrerin in Köln
Online-Flyer Nr. 35 vom 14.03.2006
Konstantin Wecker-Konzert wegen NPD-Drohungen abgesagt
Wo bleibt unsere Freiheit?
Von Emma Weiß
Die Tour war mit weiteren Auftritten in Schwerin und Bad Reichenhall bewusst in den Umkreis von Eberswalde - einer Neonazi-Hochburg - gelegt worden. Gegen Konstantin Weckers Auftritt in Halberstadt legte die NPD schriftlich Beschwerde bei den Behörden ein und drohte mit massiver Störung des Konzerts durch "aktive Teilnahme". Der stellvertretende Landrat Hans-Dieter Sturm verweigerte daraufhin die Genehmigung des Benefizkonzerts im "öffentlichen Raum" der Schule. Aber auch alternative Veranstaltungsorte wie das Sportzentrum wurden bedroht. Wecker musste auf ein Gymnasium im thüringischen Jena ausweichen.
Was ist das für eine Demokratie, in der rechte Parteien mit Druck und Drohungen Konzerte verbieten lassen können? Landrat Sturm, offiziell ohne Parteibindung - welche Liste hat ihn aufgestellt? - suchte krampfhaft nach Alternativen, um der NPD nicht die Stirn bieten zu müssen. Dabei fand er die nahe liegende Lösung nicht: Anstatt mit allen rechtsstaatlichen Mitteln das Konzert und die SchülerInnen in Halberstadt zu schützen, wurden Freiheitsrechte beschnitten - angeblich um der rechten Szene keine Handhabe zu geben. De facto wird so der Kampf gegen den Faschismus mundtot gemacht. Erinnert das nicht an die Weimarer Republik?
Allein die Drohungen rechter Krawallmacher reichten, um den Staat in die Knie zu zwingen. Hätte man das Konzert stattfinden lassen, und wäre es zu angedrohten Übergriffen gekommen, wäre dies doch eine gute Gelegenheit gewesen, Neonazi-Verbrecher unschädlich zu machen, zumal man rechtzeitig gewarnt worden war. Es fehlen uns nicht die Mittel, Rechtsextreme in die Schranken zu weisen. Hier in Köln beispielsweise konnte sich der Staat ein Polizeiaufgebot von tausend Beamten leisten, um 50 NPD-Anhänger vor der Gegendemonstration zu schützen. Warum sollte dann in Sachsen-Anhalt ein ausreichender Schutz für antifaschistische Veranstaltungen nicht möglich sein?
Nochmals: nicht die Mittel fehlen. Was fehlt, ist der Wille! Und da beginnt die Gefahr für die Demokratie. Der Weg des geringeren Widerstandes ist nicht der Weg in die Freiheit, sondern in die zunehmende Abhängigkeit von gewalttätig auftretenden Nazi-Gruppen. Zur Freiheit gehören Mut und Entschlossenheit. Und die Einsicht in die Notwendigkeit konsequenten Handelns.
Immerhin: Schön zu erfahren, dass die weitere Tour ohne Zwischenfälle verlief und z. T. Polizei unaufgefordert zum Schutz vor Ort war. Ebenfalls erfreulich sind die vielen Mut-Mach-Mails, die in den vergangenen Tagen bei Konstantin Wecker eingegangen sind, sowie die diversen Einladungen von SchulleiterInnen, auch in ihrer Schule ein Konzert zu veranstalten. Auch die Resonanz der Presse, Proteste vom Zentralrat der Juden und von SpitzenpolitikerInnen zeigen, dass es den in Halberstadt vermissten Willen doch gibt.
Trotzdem oder gerade darum heißt es wachsam zu bleiben. Wenn Zivilcourage notwendig wird, um den öffentlichen Schutz zu ersetzen, haben wir bald ein großes Problem. So wichtig das Engagement Einzelner ist, das nicht durch Institutionen ersetzt werden kann, so wichtig ist aber auch die Unabhängigkeit der Behörden. Darum müssen wir den Finger in diese Wunde legen, damit Landräte wie Hans-Dieter Sturm in Zukunft wissen, was ihre Entscheidungen für Konsequenzen haben. Gefährlich wäre es aber auch, sich hier in Köln zurückzulehnen und nach Sachsen-Anhalt zu zeigen, nach dem Motto: "Guck mal der Osten, der hat die ganzen Neonazis". Diese Haltung würde die Trennung von Ost und West verstärken und blind machen für die Zugeständnisse, die überall im Land an rechte und neoliberale Gruppierungen gemacht werden.
Unsere Autorin Emma Weiß ist Lehrerin in Köln
Online-Flyer Nr. 35 vom 14.03.2006