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Lokales
Serie Sprühende Ideen - Teil 6
Die Schnellschmierer - Fraktion
Von Georg Giesing

Manchmal bleibt sie aber auch an der Oberfläche, wird zum pubertären Räuber- und Gendarm -Spiel nach dem Motto: KIDS gegen KASA. Das kann ja für den EINEN oder ANDEREN noch einen Reiz haben. Aber was ist, wenn die Zeichen an der Wand zu einem konzeptlosen Schnellschmieren verkommen?

Null Plan, aber einen Marker in der Tasche. Hier ein Strich, da ein Kringel, dann noch schnell eine Duftmarke an der Pommesbude abgesetzt. Mit Graffiti-Kunst hat das nichts zu tun!

Der Frust sitzt tief. Auf allen Seiten. Der Wand macht der Strich oder Kringel nichts aus. Ob mit oder ohne Zeichen bleibt sie hässlich. Aber wo bleibt der Sinn? Da muss man schon eine sehr große Sozialarbeiter-Lupe holen. Doch die hat nicht jeder. Und wenn man die doch hat, ist immer noch kein Sinn zu finden.

Hier soll gar nicht von Harald Naegeli, dem Schweizer Sprüher, oder von Keith Haring oder Marcus Krips gesprochen werden, deren Botschaften Stil, Konzept und Kreativität gekonnt zum Ausdruck brachten. Auch nicht von den politischen Botschaften, die sich in Gesellschaften eigene Ausdrucksmöglichkeiten suchen, weil sie ihnen sonst verwehrt werden. Da läge die Messlatte wirklich zu hoch. Aber ein Kratzen mit dem BKS-Schlüssel über eine Fensterscheibe, ein Krickelkrakel am Garagentor sind genau so wenig Graffiti-Kunst wie ein Scheißhaufen auf dem Rosenbeet den Beginn des biologischen Landbaus bedeutet.

Auch wenn in dem Geschmiere der infantilen Krickelkrakel-Fraktion kein Sinn erkennbar ist, bleiben die Fragen: Warum kann diese Gesellschaft, warum können wir, keinen anderen Sinn vermitteln?

Den politisch Verantwortlichen in dieser Stadt und in diesem Staat ist keine Entlastung zu erteilen. Wer Jugendzentren schließt, Schulen verkommen lässt, Sozialpädagogen-Stellen abbaut, wer keine Arbeitsplätze schafft und nicht in der Lage ist, für die jungen Schnellschmierer akzeptable Perspektiven zu schaffen, sollte bescheidener auftreten!

Und wer im Zusammenhang mit den Schmier-Graffiti in der Domstadt Köln ausschließlich von Investitionsverlust und Konsumverlusten redet, hat sich in der Graffiti-Debatte selbst die Maske abgenommen und das beklagte Problem noch nicht einmal verstanden!


GEO-Porträt LesungGeorg Giesing, 1942 in Wuppertal-Barmen geboren, diplomierter Sozialpädagoge, war 28 Jahre Fachlehrer an einem Kölner Berufskolleg, nachdem er eine Lehre als Gärtner, eine Ausbildung als Erzieher und das Studium der Sozialarbeit und Sozialpädagogik abgeschlossen hatte. Giesing ist freier Mitarbeiter bei Zeitungen, Stadtmagazinen und Online-Zeitungen, schreibt Bücher und zeichnet. Eine Auswahl seiner Bücher: "Hexenball im Königsforst", Erzählungen,1985 und 1986, "Rheinpiraten vor Köln", Erzählungen, 1990, "Zwischen Strunde und Flehbach", Erzählungen, 1990, "Wir sind doch ein Leut´, - Auf der Suche nach dem jüdischen Viehhändler Siegfried Forst auf Brodenbach", Erzählung, 2000, "Rheinische Frikadellen" - Geschichten & Grotesken, 2005 .


Die Schnellschmierer - Fraktion
Foto: Georg Giesing


Die Schnellschmierer - Fraktion
Foto: Georg Giesing


Die Schnellschmierer - Fraktion
Foto: Georg Giesing


Die Schnellschmierer - Fraktion
Foto: Georg Giesing


Die Schnellschmierer - Fraktion
Foto: Georg Giesing


Die Schnellschmierer - Fraktion
Foto: Georg Giesing




Online-Flyer Nr. 35  vom 14.03.2006



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