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Demonstration gegen die Schließung eines Heims für Roma und Sinti
"Den rassistischen Konsens durchbrechen!"
Von Christel Mertens
Etwa 100 Menschen demonstrierten am Freitag gegen den zunehmenden Rassismus in Köln-Merkenich, der dort - wegen eines Flüchtlingsheims für Sinti und Roma - vor allem von der rechtsextremen Ratsfraktion Pro Köln offenbar erfolgreich angeheizt wird.

MAD Köln - Aufruf zur Demo
Zur Demonstration unter dem Motto "Den rassistischen Konsens durchbrechen" hatte die Gruppe "MAD Köln" aufgerufen. Unter den rund 100 TeilnehmerInnen befanden sich auch Bewohner des Flüchtlingswohnheims an der Causemannstraße. Die TeilnehmerInnen trafen sich gegen 18 Uhr vor der Flüchtlingsunterkunft und zogen dann lautstark durch den Merkenicher Dorfkern. Die Flüchtlinge unterstützten die Demonstration, obwohl sie mittlerweile aus Angst vor Übergriffen kaum mehr vor die Tür gehen, wie sie anderen DemonstranInnen mitteilten. Die Merkenicher BürgerInnen versteckten sich hinter ihren Gardinen und blieben - von einigen kleineren Pöbeleien abgesehen - weithin ruhig.
Das Heim, in dem gut 60 Sinti und Roma leben müssen, soll geschlossen werden. Das liegt vor allem am massiven rassistisch und antiziganistisch motivierten Protest vieler Merkenicher. In Redebeiträgen wurde thematisiert, wie fest Rassismus in Deutschland verankert ist und klar gemacht, dass dieser Zustand nicht zu tolerieren ist. Egal ob in Köln-Merkenich oder anderswo.
Zur Vorgeschichte: Seit zwei Jahren werden die Sinti und Roma im Heim Ziel verbaler Attacken durch Merkenicher BürgerInnen. Im Nationalsozialismus zählten die "Zigeuner" (ein Terminus der, obwohl im NS entschieden als abwertende Bezeichnung geprägt, bis heute breite Verwendung findet) zu den Hauptopfergruppen der rassenbiologisch motivierten Verfolgung. Sie wurden größtenteils in Konzentrationslagern wie Auschwitz-Birkenau umgebracht, wo ein eigener Bereich für sie existierte. Doch bereits im Kaiserreich und in der Weimarer Republik waren die Roma und Sinti Diskriminierungen ausgesetzt, die auch in der Bundesrepublik anhalten.

Antirassistische Demo in Merkenich
Foto: MAD Köln
Im beschaulichen Kölner Norden wurde ein Horrorszenario entworfen, nach dem deutsche Kinder nicht mehr unbehelligt auf der Strasse spielen könnten, Raub und Einbruch an der Tagesordnung seien. Selbst der Hinweis der Kölner Polizei, in Merkenich sei die Kriminalitätsrate keineswegs höher als in anderen vergleichbaren Vororten, tat dem Wahn keinen Abbruch. Die CDU versuchte im September 2005 die aufgebrachte Stimmung mit einer Diskussion zum "Flüchtlingsproblem" zu beruhigen. Die Stadt reagierte kurz darauf mit der Ankündigung, dass "vier problematische Familien, die nicht für das dörfliche Leben in Merkenich geeignet waren" in andere Heime verlegt worden seien. Die Polizeipräsenz wurde verstärkt.
Obwohl die "Problemfamilien" verlegt wurden, beharrte man auf einem Abriss des Heimes. Am 29.9.2005 lud Pro Köln (die in Merkenich mit 12% der Stimmen bei der letzten Kommunalwahl deutlich ihren stadtweiten Durchschnitt von 4,7% übertrafen) ebenfalls zu einer Diskussionsrunde ein und heizte die Stimmung vor allem dahingehend an, dass auf Stadt und Polizei, sowie generell die "etablierten Kräfte" kein Verlass mehr sei. Dies fiel auf fruchtbaren Boden, nicht umsonst hatte die Bürgerinitiative "Das Heim muss weg" zuvor eine selbsternannte Bürgerwehr gegründet. Diese trat bei der Veranstaltung uniform in schwarzen T-Shirts auf und drohte offen, sich im Notfall auch alleine helfen zu können. Zuvor hatte man bereits 500 Unterschriften für die Forderung "Wir wollen unser Dorf zurück! Das Heim muss weg!" unter den etwa 5.600 Merkenichern gesammelt.
Auf Proteste von AntirassistInnen gegen die Pro Köln-Veranstaltung reagierte die Dorfgemeinschaft mit einem noch engeren Zusammenrücken. Die Situation wurde für die HeimbewohnerInnen ernsthaft bedrohlich. Aus Angst vor Übergriffen schickten die Roma und Sinti ihre Kinder nicht mehr zur Schule, der private Sicherheitsdienst für das Heim wurde verstärkt.
Mittlerweile scheinen die MerkenicherInnen ihr Ziel erreicht zu haben: das Heim soll demnächst geschlossen werden. Als offizielle Begründung gibt die Stadt die "wenig solide Bausubstanz" an. Gleichzeitig kürzte die Stadt die Etats für die Flüchtlingsversorgung drastisch.
Insgesamt leben im gesamten Stadtgebiet 6.100 Menschen unter unhaltbaren Bedingungen in 56 Wohnheimen. Viele Objekte weisen offensichtliche bauliche Mängel auf, sind von Schimmel befallen oder es fehlen ganze Fensterscheiben. Diese Heime existieren weiter, ohne das die Stadt sich in irgendeiner Weise dafür interessieren würde, unter welchen Umständen diese Menschen dort leben müssen.
Online-Flyer Nr. 34 vom 07.03.2006
Demonstration gegen die Schließung eines Heims für Roma und Sinti
"Den rassistischen Konsens durchbrechen!"
Von Christel Mertens
Etwa 100 Menschen demonstrierten am Freitag gegen den zunehmenden Rassismus in Köln-Merkenich, der dort - wegen eines Flüchtlingsheims für Sinti und Roma - vor allem von der rechtsextremen Ratsfraktion Pro Köln offenbar erfolgreich angeheizt wird.

MAD Köln - Aufruf zur Demo
Zur Demonstration unter dem Motto "Den rassistischen Konsens durchbrechen" hatte die Gruppe "MAD Köln" aufgerufen. Unter den rund 100 TeilnehmerInnen befanden sich auch Bewohner des Flüchtlingswohnheims an der Causemannstraße. Die TeilnehmerInnen trafen sich gegen 18 Uhr vor der Flüchtlingsunterkunft und zogen dann lautstark durch den Merkenicher Dorfkern. Die Flüchtlinge unterstützten die Demonstration, obwohl sie mittlerweile aus Angst vor Übergriffen kaum mehr vor die Tür gehen, wie sie anderen DemonstranInnen mitteilten. Die Merkenicher BürgerInnen versteckten sich hinter ihren Gardinen und blieben - von einigen kleineren Pöbeleien abgesehen - weithin ruhig.
Das Heim, in dem gut 60 Sinti und Roma leben müssen, soll geschlossen werden. Das liegt vor allem am massiven rassistisch und antiziganistisch motivierten Protest vieler Merkenicher. In Redebeiträgen wurde thematisiert, wie fest Rassismus in Deutschland verankert ist und klar gemacht, dass dieser Zustand nicht zu tolerieren ist. Egal ob in Köln-Merkenich oder anderswo.
Zur Vorgeschichte: Seit zwei Jahren werden die Sinti und Roma im Heim Ziel verbaler Attacken durch Merkenicher BürgerInnen. Im Nationalsozialismus zählten die "Zigeuner" (ein Terminus der, obwohl im NS entschieden als abwertende Bezeichnung geprägt, bis heute breite Verwendung findet) zu den Hauptopfergruppen der rassenbiologisch motivierten Verfolgung. Sie wurden größtenteils in Konzentrationslagern wie Auschwitz-Birkenau umgebracht, wo ein eigener Bereich für sie existierte. Doch bereits im Kaiserreich und in der Weimarer Republik waren die Roma und Sinti Diskriminierungen ausgesetzt, die auch in der Bundesrepublik anhalten.

Antirassistische Demo in Merkenich
Foto: MAD Köln
Im beschaulichen Kölner Norden wurde ein Horrorszenario entworfen, nach dem deutsche Kinder nicht mehr unbehelligt auf der Strasse spielen könnten, Raub und Einbruch an der Tagesordnung seien. Selbst der Hinweis der Kölner Polizei, in Merkenich sei die Kriminalitätsrate keineswegs höher als in anderen vergleichbaren Vororten, tat dem Wahn keinen Abbruch. Die CDU versuchte im September 2005 die aufgebrachte Stimmung mit einer Diskussion zum "Flüchtlingsproblem" zu beruhigen. Die Stadt reagierte kurz darauf mit der Ankündigung, dass "vier problematische Familien, die nicht für das dörfliche Leben in Merkenich geeignet waren" in andere Heime verlegt worden seien. Die Polizeipräsenz wurde verstärkt.
Obwohl die "Problemfamilien" verlegt wurden, beharrte man auf einem Abriss des Heimes. Am 29.9.2005 lud Pro Köln (die in Merkenich mit 12% der Stimmen bei der letzten Kommunalwahl deutlich ihren stadtweiten Durchschnitt von 4,7% übertrafen) ebenfalls zu einer Diskussionsrunde ein und heizte die Stimmung vor allem dahingehend an, dass auf Stadt und Polizei, sowie generell die "etablierten Kräfte" kein Verlass mehr sei. Dies fiel auf fruchtbaren Boden, nicht umsonst hatte die Bürgerinitiative "Das Heim muss weg" zuvor eine selbsternannte Bürgerwehr gegründet. Diese trat bei der Veranstaltung uniform in schwarzen T-Shirts auf und drohte offen, sich im Notfall auch alleine helfen zu können. Zuvor hatte man bereits 500 Unterschriften für die Forderung "Wir wollen unser Dorf zurück! Das Heim muss weg!" unter den etwa 5.600 Merkenichern gesammelt.
Auf Proteste von AntirassistInnen gegen die Pro Köln-Veranstaltung reagierte die Dorfgemeinschaft mit einem noch engeren Zusammenrücken. Die Situation wurde für die HeimbewohnerInnen ernsthaft bedrohlich. Aus Angst vor Übergriffen schickten die Roma und Sinti ihre Kinder nicht mehr zur Schule, der private Sicherheitsdienst für das Heim wurde verstärkt.
Mittlerweile scheinen die MerkenicherInnen ihr Ziel erreicht zu haben: das Heim soll demnächst geschlossen werden. Als offizielle Begründung gibt die Stadt die "wenig solide Bausubstanz" an. Gleichzeitig kürzte die Stadt die Etats für die Flüchtlingsversorgung drastisch.
Insgesamt leben im gesamten Stadtgebiet 6.100 Menschen unter unhaltbaren Bedingungen in 56 Wohnheimen. Viele Objekte weisen offensichtliche bauliche Mängel auf, sind von Schimmel befallen oder es fehlen ganze Fensterscheiben. Diese Heime existieren weiter, ohne das die Stadt sich in irgendeiner Weise dafür interessieren würde, unter welchen Umständen diese Menschen dort leben müssen.
Online-Flyer Nr. 34 vom 07.03.2006