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Inland
SPD-Abgeordneter und Virologe widersprechen Politik und Medien
Vogelgrippe-Panik dient nur den Pharma-Unternehmen
Von Peter Kleinert
Die Äußerungen ihres Parteifreundes Wodarg dürften vor allem Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und ihren Kollegen in den Landesregierungen gegolten haben. Hier Ausschnitte aus einem Schmidt-Interview mit der BILD-Zeitung, die, wie andere Printmedien und die meisten Fernsehsender, von der Werbung der Pharma-Industrie profitiert:
Ministerin Ulla Schmidt wirbt für Tamiflu
BILD: Warum ist nicht für jeden Deutschen Tamiflu da?
Schmidt: Das einzig sichere Mittel zur Verhütung ist nur die Impfung. Tamiflu kann den Verlauf der Krankheit abmildern oder verzögern. Aber nicht jeder, der erkrankt ist, braucht Tamiflu. Deshalb empfehlen Experten, Tamiflu für 20 Prozent der Bevölkerung bereitzuhalten. Das bereiten die Länder gerade vor.
Zwar, so Ulla Schmidt, die vor ihrer politischen Karriere mal Lehrerin in Aachen war, weiter, habe man natürlich noch nicht den richtigen Impfstoff entwickeln können - für den Fall, "wenn das Virus eine Form annimmt, in der es von Mensch zu Mensch wandert". Doch habe man bereits "Verträge mit Pharmafirmen, die sicherstellen, dass jeder Bundesbürger dann zweimal geimpft werden kann". - Verträge also für zweimal 80 Millionen Impfportionen. - Namen ihrer Vertragspartner in der Pharma-Industrie nannte die Ministerin nicht, äußerte sich auch nicht dazu, ob sie für einen solchen Fall an Zwangsimpfungen denke.
Viren-Experte: "Medikamentenmissbrauch"
Tamiflu ist ein Produkt des weltweit tätigen Schweizer Hoffmann La Roche-Pharma-Konzerns. Doch davor, sich dieses altbekannte, ganz normale Grippe-Mittel schon jetzt einspritzen zu lassen, warnt einer der "Experten", auf die sich die Gesundheitsministerin im BILD-Interview beruft: "Medikamentenmissbrauch" nennt Professor Lutz Gürtler die angesichts der von Politik und Medien hoch gepuschten Angst vor der Vogelgrippe festgestellten Hamsterkäufe in Apotheken der Region um Rügen. Sein Urteil über die BILD-Werbung von Ministerin Schmidt für Tamiflu, ohne sie allerdings mit Namen zu nennen: "Es ist absolut überflüssig, das Medikament vorbeugend einzunehmen."

Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Professor Gürtler ist Virologe und Direktor des Friedrich-Löffler-Instituts, einer Einrichtung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf der nahe Rügen gelegenen Insel Riems und lehrt medizinische Mikrobiologie an der Universität Greifswald. Im Sender NTV versuchte er, die durch Politik und Medien verängstigte Bevölkerung am Montag mit einem weiteren Argument zu beruhigen: Letztendlich werde auch das H5N1-Virus seine Wirkung verlieren, da die davon betroffenen Tiere nach drei bis vier Monaten immunisiert seien. So wie eine menschliche Grippewelle oder jede andere saisonale Epidemie abflache, werde auch die Vogelgrippenwelle wieder verschwinden. "Wir werden künftig mit H5N1 ganz normal leben müssen, wie mit diversen anderen Influenzaviren oder punktuell mit BSE, der Maul- und Klauenseuche und der Schweinepest".
Ganz verkneifen, auch positiv auf Tamiflu hinzuweisen, konnte sich Gürtler - dessen Institut nicht nur von der Bundesregierung abhängig ist, sondern auch mit Pharma-Konzernen wie La Roche zusammenarbeitet - es sich allerdings auch nicht. Auf seiner Internetseite empfiehlt er dessen Einsatz immerhin für die "extrem unwahrscheinliche Situation", dass die Vogelgrippe in Deutschland doch auf Menschen überspringen würde.
SPD-MdB: "Ich halte das für Wahnsinn"
In dieser Einschätzung der "extremen Unwahrscheinlichkeit" ist Prof. Gürtler sich - im Gegensatz zu Politik und Medien - mit dem Medizinaldirektor a.D. und SPD-Abgeordneten Wolfgang Wodarg, auf den in Bundestag, Bundesregierung, Landesregierungen und Medien nur keiner hört, wieder einig. Wodarg: "Ich bin entsetzt darüber, dass man hier Geld für Blödsinn ausgibt." Es sei doch tatsächlich so, dass man sich - wie mit den von seiner Ministerin erwähnten Verträgen mit der Pharmaindustrie - "hier auf eine Krankheit mit Tabletten vorbereitet, und man weiß, dass es diese Krankheit für Menschen noch gar nicht gibt." Es werde hier jede Menge Geld für eine sehr fragwürdige Maßnahme ausgegeben. "Ich halte es für Wahnsinn und überzogen." Bei der Vogelgrippe handele sich um eine Krankheit von Vögeln, die nur unter ganz bestimmten Bedingungen, bei engstem Zusammenleben von Mensch und Tier, auf den Menschen überspringe: "Es hat mit einer menschlichen Gefährdung der Allgemeinheit und mit einer Seuche für Menschen nichts zu tun."
Fotos - NRhZ-Archiv
Online-Flyer Nr. 33 vom 28.02.2006
SPD-Abgeordneter und Virologe widersprechen Politik und Medien
Vogelgrippe-Panik dient nur den Pharma-Unternehmen
Von Peter Kleinert
Die Äußerungen ihres Parteifreundes Wodarg dürften vor allem Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und ihren Kollegen in den Landesregierungen gegolten haben. Hier Ausschnitte aus einem Schmidt-Interview mit der BILD-Zeitung, die, wie andere Printmedien und die meisten Fernsehsender, von der Werbung der Pharma-Industrie profitiert:
Ministerin Ulla Schmidt wirbt für Tamiflu

Schmidt: Das einzig sichere Mittel zur Verhütung ist nur die Impfung. Tamiflu kann den Verlauf der Krankheit abmildern oder verzögern. Aber nicht jeder, der erkrankt ist, braucht Tamiflu. Deshalb empfehlen Experten, Tamiflu für 20 Prozent der Bevölkerung bereitzuhalten. Das bereiten die Länder gerade vor.
Zwar, so Ulla Schmidt, die vor ihrer politischen Karriere mal Lehrerin in Aachen war, weiter, habe man natürlich noch nicht den richtigen Impfstoff entwickeln können - für den Fall, "wenn das Virus eine Form annimmt, in der es von Mensch zu Mensch wandert". Doch habe man bereits "Verträge mit Pharmafirmen, die sicherstellen, dass jeder Bundesbürger dann zweimal geimpft werden kann". - Verträge also für zweimal 80 Millionen Impfportionen. - Namen ihrer Vertragspartner in der Pharma-Industrie nannte die Ministerin nicht, äußerte sich auch nicht dazu, ob sie für einen solchen Fall an Zwangsimpfungen denke.
Viren-Experte: "Medikamentenmissbrauch"


Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Professor Gürtler ist Virologe und Direktor des Friedrich-Löffler-Instituts, einer Einrichtung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf der nahe Rügen gelegenen Insel Riems und lehrt medizinische Mikrobiologie an der Universität Greifswald. Im Sender NTV versuchte er, die durch Politik und Medien verängstigte Bevölkerung am Montag mit einem weiteren Argument zu beruhigen: Letztendlich werde auch das H5N1-Virus seine Wirkung verlieren, da die davon betroffenen Tiere nach drei bis vier Monaten immunisiert seien. So wie eine menschliche Grippewelle oder jede andere saisonale Epidemie abflache, werde auch die Vogelgrippenwelle wieder verschwinden. "Wir werden künftig mit H5N1 ganz normal leben müssen, wie mit diversen anderen Influenzaviren oder punktuell mit BSE, der Maul- und Klauenseuche und der Schweinepest".
Ganz verkneifen, auch positiv auf Tamiflu hinzuweisen, konnte sich Gürtler - dessen Institut nicht nur von der Bundesregierung abhängig ist, sondern auch mit Pharma-Konzernen wie La Roche zusammenarbeitet - es sich allerdings auch nicht. Auf seiner Internetseite empfiehlt er dessen Einsatz immerhin für die "extrem unwahrscheinliche Situation", dass die Vogelgrippe in Deutschland doch auf Menschen überspringen würde.
SPD-MdB: "Ich halte das für Wahnsinn"

Fotos - NRhZ-Archiv
Online-Flyer Nr. 33 vom 28.02.2006