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Lokales
Interview mit Erich Koprowski, 2. Vorsitzender des ADFC Köln
"Im Prinzip ja!"
Von Georg Giesing

Erich Koprowski ist leidenschaftlicher Radler! In seinem Verein, dem Kölner Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC), engagiert er sich mit anderen Radler/Innen seit Jahren für die Verbesserung der Radwegsituation in Köln. Koprowski ist pragmatisch, er kennt die Stadt, jedes Schlagloch, die Radwege, die Politiker und weiß wovon er spricht. Hier ein Interview mit ihm zur aktuellen Lage der Radfahrer in Köln.

Leidenschaftlicher Radler - Erich Koprowski
Leidenschaftlicher Radler - Erich Koprowski
Foto: Erich Koprowski



G.G.: Ist Köln eine fahrradfreundliche Stadt?

Koprowski: Die Antwort hierauf könnte von Radio Eriwan stammen: Im Prinzip ja! Es ist eine durchaus akzeptable Infrastruktur für den Radverkehr vorhanden, was nicht heißt, dass man diese nicht auch noch verbessern könnte. Dabei geht es aber meist nicht um den "großen Wurf", sondern um Verbesserungen im Detail. Schlechter Zustand der Radwege, Wurzelaufbrüche, nicht abgesenkte Bordsteinkanten, lange Wartezeiten vor roten Ampeln bei Straßenüberquerungen, zu wenig geeignete Abstellmöglichkeiten für Fahrräder sowie Behinderungen durch Baustellen, bei denen fast immer eine alternative Führung des Radverkehrs fehlt, oder das Fehlen durchgängiger Ost-Verbindungen über die Rheinbrücken sind hier nur einige Beispiele.

Manchmal keine Alternative - Baustelle Lindenstraße
Manchmal keine Alternative - Baustelle Lindenstraße
Foto: Erich Koprowski



Die Topographie der Stadt Köln bietet die besten Voraussetzungen für eine sanfte Verkehrsentwicklung. Wo liegen die Hauptprobleme?

Das Hauptproblem liegt in den Köpfen der Verantwortlichen in Verwaltung und Politik. Jedwede Verkehrsplanung wurde bislang dem Primat des motorisierten Individualverkehrs untergeordnet. Die oftmals gepriesene Gleichberechtigung der Verkehrssysteme existiert de facto nicht. Meist werden die Wünsche der Fahrradlobby mit dem Hinweis "Es ist kein Geld da!" abgetan. Dabei drängt sich gerade im großstädtischen Ballungsraum die vermehrte Nutzung des Fahrrades als Verkehrsmittel geradezu auf. Es imitiert weder Abgase noch Lärm, braucht wenig Platz, beugt dem Bewegungsmangel vor, schont durch wesentlich geringere Unterhaltskosten seiner Infrastruktur den Stadtsäckel und trägt insgesamt zu mehr urbaner Lebensqualität bei.

Fehlende Fahrradständer - Haltestelle Kinderkrankenhaus
Fehlende Fahrradständer - Haltestelle Kinderkrankenhaus
Foto: Erich Koprowski



Was müsste dringend verändert werden?

Die Veränderung muss in den Köpfen der Menschen beginnen. Damit meine ich nicht nur die oben bereits zitierten Verantwortlichen, sondern uns alle. Wenn viele das Rad benutzen, sind sie auch an einer guten Infrastruktur interessiert. Die Menschen sollten verstehen, dass sie für die Verkehrsprobleme mit verantwortlich sind. Man steht nicht einfach im täglichen Stau, sondern trägt durch die Wahl des Verkehrsmittels aktiv zu dessen Entstehen bei. Jeder sollte sein Mobilitätsverhalten auf den Prüfstand stellen und sich fragen, ob es denn wirklich jedes Mal die Fahrt mit dem eigenen Pkw sein muss. Die allermeisten Ziele, sei es zum Einkaufen, zu Behörden oder auch zu Freizeiteinrichtungen liegen in Köln so nahe, dass man zur Bewältigung der Strecke dorthin keinen Pkw in Gang setzen muss. Auch der Einkauf für die ganze Familie lässt sich per Fahrrad erledigen: Es gibt heutzutage Fahrradanhänger für jeden Zweck, für die Reise, zum Transport, als Kinderfahrzeug. Hier kommen allerdings wieder die Verantwortlichen ins Spiel: Die Voraussetzungen müssen stimmen! Radfahren muss sicher und komfortabel sein, damit die Menschen zum Umsteigen animiert werden. Dafür müssten dann auch endlich ausreichende Mittel bereitgestellt werden!

Schlechter Radweg - Boltensternstraße
Schlechter Radweg - Boltensternstraße
Foto: Erich Koprowski



Wie stellt sich der ADFC Köln ein fahrradfreundliche Stadt Köln der Zukunft vor?

Die Radverkehrswege befinden sich in einem hervorragenden Zustand und werden ständig gepflegt. Wurzelaufbrüche, Schlaglöcher, nicht abgesenkte Bordsteinkanten: alles passé. Alle Ziele sind einfach und bequem per Rad zu erreichen. Vor öffentlichen Gebäuden und in den Einkaufsstraßen gibt es ausreichend sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. Aber auch in den Wohnvierteln steht genügend Stellfläche zur Verfügung, die man auch durch Umwidmung von Kfz-Parkfläche gewonnen hat. Die Rheinbrücken sind ohne Umwege querbar, jede wichtige Ausfallstraße hat je Fahrtrichtung einen Fahrradstreifen. Die Mitnahme von Fahrrädern in den Fahrzeugen der KVB ist ohne Aufpreis jederzeit möglich. An Bedarfsampeln kommt nach wenigen Sekunden "grün" für Radfahrer. Alle wichtigen Straßenbahnhaltestellen haben Bike & Ride Parkplätze, die die Vernetzung der beiden umweltfreundlichen Verkehrsarten erleichtern. An den DB-Bahnhöfen Mülheim. Deutz, Ehrenfeld, Köln-West und Köln-Süd befinden sich Radstationen, die es Pendlern ermöglichen, ihr Rad gesichert unterzustellen. Radwege werden nur noch ganz selten zugeparkt, seit die Stadt rigoros kontrolliert und Falschparker abschleppen lässt. Die Kölner Polizei achtet darauf, dass alle Radler sich an die Regeln halten. Geisterfahrer und Dunkelmänner haben keine Chance mehr. Alle Verkehrsplanungen müssen mit dem personell gut ausgestatteten Amt des Fahrradbeauftragten abgestimmt werden.

Weitere Informationen über den ADFC unter:
www.is-koeln.de/adfc/aktive.htm



Online-Flyer Nr. 31  vom 14.02.2006



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