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Unter Führung des Streitkräfteunterstützungskommandos Köln-Wahn
Erstes Stabsmanöver für die Fußball-WM
Von Hans Georg
Die Bundeswehr hat mit der Ausweitung ihrer Einsatzoptionen im Inland begonnen und wird ihre neuen Kompetenzen bei der bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft erproben. Während in den Medien noch öffentliche Debatten um die erforderlichen Rechtsgrundlagen geführt werden, übten bereits in den vergangenen Tagen über 2.000 Teilnehmer aus staatlichen und privaten Institutionen in einem groß angelegten Stabsmanöver die Kooperation von Militär, Polizei, Geheimdiensten und zivilen Organisationen. Die Führung dieses Manövers hatte das Streitkräfteunterstützungskommando in Köln-Wahn.
Vollendete Tatsachen vor Verfassungsänderung?
Die Militärstrategen schaffen damit schon jetzt die organisatorischen Voraussetzungen dafür, möglichst viele gesellschaftliche Kräfte für ihre Zwecke nutzbar zu machen. Im Zuge einer "Neuordnung der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit im Inland" sollen künftig mehrere tausend Soldaten auf allen Ebenen den Kontakt zu zivilen Einrichtungen pflegen und diese zur Unterstützung der Bundeswehr heranziehen. Die Fußball-WM gilt als wichtige Probe für die Funktionsfähigkeit entsprechender Konzepte.
Innenminister Schäuble hat angekündigt, noch vor der Fußball-WM 2006 Militäreinsätze im Innern durch eine Verfassungsänderung zu ermöglichen. Laut Grundgesetzartikel 35 darf die Bundeswehr aber nur ausnahmsweise in Notfällen im Landesinneren eingesetzt werden. Die mitregierende SPD versucht sich gegen Schäubles Vorstoß als mäßigende Kraft zu profilieren. "Einen Bundeswehreinsatz im Innern wird es mit der SPD nicht geben", behauptet der SPD-Innenpolitiker Wiefelspütz. Tatsächlich wurden aber schon unter der Regierungsverantwortung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Befugnisse der Streitkräfte im Inland auch ohne Verfassungsänderung erheblich ausgeweitet. Die SPD glaubt zwar, auf eine Neuregelung im Grundgesetz verzichten zu können. In ihrer Koalitionsvereinbarung haben CDU/CSU und SPD sich aber bereits darauf verständigt, erweiterte Möglichkeiten für einen Armee-Einsatz im Inneren durch eine Änderung der Verfassung rechtlich abzusichern, sollten sie dies für nötig halten.

Einsatz zum 50sten Jahrestag auf
dem Kölner Roncalli-Platz
Foto: Arbeiterfotografie
"Vielzahl von Aufgaben"
Während die Medien über die strittigen rechtlichen Grundlagen breit berichten, werden anlässlich der Fußball-WM - von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet - die Grundlagen für flächendeckende Bundeswehr-Inlandseinsätze schon jetzt geschaffen. Die Militärs verkündeten bereits vor über einem Jahr, sie würden bei dem 2006 bevorstehenden Großereignis eine "Vielzahl von Aufgaben" übernehmen. So sei geplant, dem WM-Organisationskomitee bei Transport, Verpflegung, Unterbringung, Sanitätsdienst, Pressearbeit und Protokoll zur Seite zu stehen. Die Innenminister des Bundes und der Länder haben im Mai dieses Jahres ein "Nationales Sicherheitskonzept" beschlossen und erklären inzwischen ihre feste Absicht, die Bundeswehr für den Fall "akuter Bedrohungen" zur Unterstützung der Polizei auch im Objektschutz zum Einsatz zu bringen.
"Operationsfreiheit"
Mit einer speziell auf die Fußball-WM ausgerichteten Übung haben militärische, polizeiliche, zivile und auch geheimdienstliche Organisationen gerade erst den koordinierten Inlands-Einsatz geprobt. Am 14. und 15. Dezember wurde unter der Gesamtleitung des Bundesministeriums des Innern die Stabsrahmenübung LÜKEX 05 ("Länderübergreifendes Krisenmanagement Exercise") mit über 2.000 Beteiligten abgehalten. Die Teilnehmer kamen aus den politischen Leitungen und Krisenstäben von Bundes- und Landesbehörden sowie aus ausgewählten Unternehmen der Wirtschaft und aus weiteren privaten Organisationen. Die Planung und die Übungssteuerung lagen beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), das als Koordinationsstelle der so genannten "Zivilen Verteidigung" der "Unterstützung der Streitkräfte" verpflichtet ist und den Auftrag hat, "Maßnahmen im zivilen Bereich" zu organisieren, "die der Unterstützung der Operationsfreiheit und der Operationsfähigkeit dienen".

Bundeswehr - zur WM wieder auf dem
Römisch-Germanischen Museum?
Foto: Arbeiterfotografie
Schäuble lobt letzten großen Test vor der WM
Das Großmanöver diente als "letzter großer Test vor der Fußball-WM". Während der Übung würden "die Einrichtungen des Bevölkerungsschutzes (Feuerwehren, Hilfsorganisationen, Technisches Hilfswerk), der polizeilichen Gefahrenabwehr (Polizeien des Bundes und der Länder), der Nachrichtendienste sowie der Bundeswehr zum Einsatz gebracht", verkündete das Bundesinnenministerium. Seitens der Bundeswehr waren alle Teilstreitkräfte (Heer, Luftwaffe, Marine und Zentraler Sanitätsdienst) beteiligt, die Führung hatte das Streitkräfteunterstützungskommando in Köln-Wahn. Minister Schäuble zog nach Abschluss der Übung ein "rundum positives Fazit" und lobte die "enge Kooperation aller Teilnehmer".
Den Militärs dient das bevorstehende sportliche Großereignis als willkommener Anlass, die "Neuordnung der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit im Inland" zu forcieren. In der Fachzeitschrift "Europäische Sicherheit" proklamieren zwei Kommandeure der Bundeswehr die "Notwendigkeit der Intensivierung" dieser Kooperation, die die "zuständigen Organe (...) und Institutionen auf allen Verantwortungsebenen" integrieren soll. Auf Bundesebene existiert ein "Gesprächskreis Zivil-Militärische Zusammenarbeit der oberen Bundesbehörden", in dem unter anderem die Bundeswehr, die Bundespolizei, das BBK und das Technische Hilfswerk (THW) die "Koordinierung von Bundesressourcen" absprechen. Sie sind auch für die "Bundeswehrunterstützung während der Fußballweltmeisterschaft 2006" zuständig.

Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Nutzung des Militärpotentials - ein "Wachstumsmarkt"
In den Bundesländern beginnt die Bundeswehr unterdessen, flächendeckend Kommandos von "Beauftragten für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit" (BeaBwZMZ) zu installieren, die die Kooperation zwischen zivilen Organisationen und den Streitkräften koordinieren. In Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern vertreten bereits "BeaBwZMZ" die Bundeswehr gegenüber den zivilen Ämtern und Behörden auf Landes-, Bezirks- und Kreisebene. Es ist geplant, dieses Modell auf das gesamte Bundesgebiet zu übertragen - letztlich sollen insgesamt rund 4.800 Soldaten für diese neue Form der Assimilierung ziviler Kräfte an den Bedarf der Armee im Einsatz sein. Die "Zivil-Militärische Zusammenarbeit" - die Indienststellung aller gesellschaftlichen Ressourcen für die effizientere Nutzung des deutschen Militärpotentials - sei ein "Wachstumsmarkt", hieß es zusammenfassend auf der diesjährigen Jahrestagung der zuständigen Militärs.
Ein Beitrag von german-foreign-policy
Wenn sie mehr über german-foreign-policy wissen wollen:
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56165
Online-Flyer Nr. 23 vom 20.12.2005
Unter Führung des Streitkräfteunterstützungskommandos Köln-Wahn
Erstes Stabsmanöver für die Fußball-WM
Von Hans Georg
Die Bundeswehr hat mit der Ausweitung ihrer Einsatzoptionen im Inland begonnen und wird ihre neuen Kompetenzen bei der bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft erproben. Während in den Medien noch öffentliche Debatten um die erforderlichen Rechtsgrundlagen geführt werden, übten bereits in den vergangenen Tagen über 2.000 Teilnehmer aus staatlichen und privaten Institutionen in einem groß angelegten Stabsmanöver die Kooperation von Militär, Polizei, Geheimdiensten und zivilen Organisationen. Die Führung dieses Manövers hatte das Streitkräfteunterstützungskommando in Köln-Wahn.
Vollendete Tatsachen vor Verfassungsänderung?
Die Militärstrategen schaffen damit schon jetzt die organisatorischen Voraussetzungen dafür, möglichst viele gesellschaftliche Kräfte für ihre Zwecke nutzbar zu machen. Im Zuge einer "Neuordnung der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit im Inland" sollen künftig mehrere tausend Soldaten auf allen Ebenen den Kontakt zu zivilen Einrichtungen pflegen und diese zur Unterstützung der Bundeswehr heranziehen. Die Fußball-WM gilt als wichtige Probe für die Funktionsfähigkeit entsprechender Konzepte.
Innenminister Schäuble hat angekündigt, noch vor der Fußball-WM 2006 Militäreinsätze im Innern durch eine Verfassungsänderung zu ermöglichen. Laut Grundgesetzartikel 35 darf die Bundeswehr aber nur ausnahmsweise in Notfällen im Landesinneren eingesetzt werden. Die mitregierende SPD versucht sich gegen Schäubles Vorstoß als mäßigende Kraft zu profilieren. "Einen Bundeswehreinsatz im Innern wird es mit der SPD nicht geben", behauptet der SPD-Innenpolitiker Wiefelspütz. Tatsächlich wurden aber schon unter der Regierungsverantwortung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Befugnisse der Streitkräfte im Inland auch ohne Verfassungsänderung erheblich ausgeweitet. Die SPD glaubt zwar, auf eine Neuregelung im Grundgesetz verzichten zu können. In ihrer Koalitionsvereinbarung haben CDU/CSU und SPD sich aber bereits darauf verständigt, erweiterte Möglichkeiten für einen Armee-Einsatz im Inneren durch eine Änderung der Verfassung rechtlich abzusichern, sollten sie dies für nötig halten.

Einsatz zum 50sten Jahrestag auf
dem Kölner Roncalli-Platz
Foto: Arbeiterfotografie
"Vielzahl von Aufgaben"
Während die Medien über die strittigen rechtlichen Grundlagen breit berichten, werden anlässlich der Fußball-WM - von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet - die Grundlagen für flächendeckende Bundeswehr-Inlandseinsätze schon jetzt geschaffen. Die Militärs verkündeten bereits vor über einem Jahr, sie würden bei dem 2006 bevorstehenden Großereignis eine "Vielzahl von Aufgaben" übernehmen. So sei geplant, dem WM-Organisationskomitee bei Transport, Verpflegung, Unterbringung, Sanitätsdienst, Pressearbeit und Protokoll zur Seite zu stehen. Die Innenminister des Bundes und der Länder haben im Mai dieses Jahres ein "Nationales Sicherheitskonzept" beschlossen und erklären inzwischen ihre feste Absicht, die Bundeswehr für den Fall "akuter Bedrohungen" zur Unterstützung der Polizei auch im Objektschutz zum Einsatz zu bringen.
"Operationsfreiheit"
Mit einer speziell auf die Fußball-WM ausgerichteten Übung haben militärische, polizeiliche, zivile und auch geheimdienstliche Organisationen gerade erst den koordinierten Inlands-Einsatz geprobt. Am 14. und 15. Dezember wurde unter der Gesamtleitung des Bundesministeriums des Innern die Stabsrahmenübung LÜKEX 05 ("Länderübergreifendes Krisenmanagement Exercise") mit über 2.000 Beteiligten abgehalten. Die Teilnehmer kamen aus den politischen Leitungen und Krisenstäben von Bundes- und Landesbehörden sowie aus ausgewählten Unternehmen der Wirtschaft und aus weiteren privaten Organisationen. Die Planung und die Übungssteuerung lagen beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), das als Koordinationsstelle der so genannten "Zivilen Verteidigung" der "Unterstützung der Streitkräfte" verpflichtet ist und den Auftrag hat, "Maßnahmen im zivilen Bereich" zu organisieren, "die der Unterstützung der Operationsfreiheit und der Operationsfähigkeit dienen".

Bundeswehr - zur WM wieder auf dem
Römisch-Germanischen Museum?
Foto: Arbeiterfotografie
Schäuble lobt letzten großen Test vor der WM
Das Großmanöver diente als "letzter großer Test vor der Fußball-WM". Während der Übung würden "die Einrichtungen des Bevölkerungsschutzes (Feuerwehren, Hilfsorganisationen, Technisches Hilfswerk), der polizeilichen Gefahrenabwehr (Polizeien des Bundes und der Länder), der Nachrichtendienste sowie der Bundeswehr zum Einsatz gebracht", verkündete das Bundesinnenministerium. Seitens der Bundeswehr waren alle Teilstreitkräfte (Heer, Luftwaffe, Marine und Zentraler Sanitätsdienst) beteiligt, die Führung hatte das Streitkräfteunterstützungskommando in Köln-Wahn. Minister Schäuble zog nach Abschluss der Übung ein "rundum positives Fazit" und lobte die "enge Kooperation aller Teilnehmer".
Den Militärs dient das bevorstehende sportliche Großereignis als willkommener Anlass, die "Neuordnung der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit im Inland" zu forcieren. In der Fachzeitschrift "Europäische Sicherheit" proklamieren zwei Kommandeure der Bundeswehr die "Notwendigkeit der Intensivierung" dieser Kooperation, die die "zuständigen Organe (...) und Institutionen auf allen Verantwortungsebenen" integrieren soll. Auf Bundesebene existiert ein "Gesprächskreis Zivil-Militärische Zusammenarbeit der oberen Bundesbehörden", in dem unter anderem die Bundeswehr, die Bundespolizei, das BBK und das Technische Hilfswerk (THW) die "Koordinierung von Bundesressourcen" absprechen. Sie sind auch für die "Bundeswehrunterstützung während der Fußballweltmeisterschaft 2006" zuständig.

Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Nutzung des Militärpotentials - ein "Wachstumsmarkt"
In den Bundesländern beginnt die Bundeswehr unterdessen, flächendeckend Kommandos von "Beauftragten für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit" (BeaBwZMZ) zu installieren, die die Kooperation zwischen zivilen Organisationen und den Streitkräften koordinieren. In Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern vertreten bereits "BeaBwZMZ" die Bundeswehr gegenüber den zivilen Ämtern und Behörden auf Landes-, Bezirks- und Kreisebene. Es ist geplant, dieses Modell auf das gesamte Bundesgebiet zu übertragen - letztlich sollen insgesamt rund 4.800 Soldaten für diese neue Form der Assimilierung ziviler Kräfte an den Bedarf der Armee im Einsatz sein. Die "Zivil-Militärische Zusammenarbeit" - die Indienststellung aller gesellschaftlichen Ressourcen für die effizientere Nutzung des deutschen Militärpotentials - sei ein "Wachstumsmarkt", hieß es zusammenfassend auf der diesjährigen Jahrestagung der zuständigen Militärs.
Ein Beitrag von german-foreign-policy
Wenn sie mehr über german-foreign-policy wissen wollen:
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56165
Online-Flyer Nr. 23 vom 20.12.2005