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Aktueller Online-Flyer vom 19. August 2025  

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Lokales
Interview-Reihe mit Kölner Bundestagsabgeordneten
Ursula Heinen:"Köln profilieren"

Wird sich die Fußball-WM 2006 ihrer Meinung nach für die Stadt Köln "lohnen"? Wie stehen sie zur Videoüberwachung des Öffentlichen Raums? Was halten sie von der drohenden Intensivierung des Flughafen-Nachtlärms, von den geplanten Hochhäusern in Deutz und dem geplanten Deutzer ICE-Bahnhof, für den die Deutsche Bahn AG aber kein Geld zur Verfügung stellen will? In einer Interview-Serie, die heute beginnt, haben wir fünf Kölner Bundestagsabgeordnete gefragt, wie sie in Berlin zu diesen Themen die Interessen ihrer Kölner WählerInnen zu vertreten gedenken. Wir beginnen mit Ursula Heinen (CDU), deren Antworten als erste eintrafen, und würden uns natürlich freuen, wenn unsere LeserInnen ihre Meinung, ihre Kritik, ihre Forderungen zur Haltung der Bundestagsabgeordneten einsenden und so eine möglicherweise fruchtbare Diskussion beginnen würden.

Weltkulturerbe Dom - Hochhausplanung in Deutz

Peter Kleinert: Der Dom als Weltkulturerbe der UNESCO auf der einen Seite, die Hochhauspläne für Deutz auf der anderen - dieser Widerspruch ist ja inzwischen auch ein Bundesthema geworden.

Ursula Heinen: Wichtig ist, einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen einer modernen Entwicklung des rechtsrheinischen Kölns mit der gleichzeitigen Wirkung des Weltkulturerbes Kölner Dom zu finden. Der Dom ist ohne jeden Zweifel das herausragende Bauwerk Kölns. Seit seiner Entstehung gehört er zu den wichtigsten Pilgerstätten der Welt. Aber nicht nur für die Pilger, Kunstliebhaber und Touristen aus aller Welt ist der Dom wichtig, vor allem für die Kölner hat er eine unermessliche Bedeutung. Er ist das Wahrzeichen unserer Stadt. Und die Tatsache, dass der Dom 1996 in die Liste des Weltkulturerbes der Unesco aufgenommen wurde, unterstreicht seine Bedeutung zusätzlich. Dadurch wurden der Rang des Kölner Doms und seine Stellung unter den Kulturdenkmälern weltweit auch offiziell anerkannt. Die Stadt Köln hat großen Respekt vor der weltweiten Arbeit des Welterbekomitees der Unesco und nimmt seine Beschlüsse und Mahnungen sehr ernst.

Ursula Heinen
Ursula Heinen
Foto: NRhZ-Archiv


Andererseits gilt es jedoch auch, im rechtsrheinischen Köln nach dem Wegbrechen von großen Industriebetrieben Entwicklungschancen zu sichern und neue Ansiedlungsmöglichkeiten zu schaffen. Dort liegen große Chancen, Köln in den kommenden Jahren als international wettbewerbsfähigen Standort zu profilieren. Zu den neuen Errungenschaften gehören bereits heute die Köln-Arcaden, das Kalk-Karre, das Polizeipräsidium, der LVR-Turm mit der EASA-Ansiedlung, die RTL-Ansiedlung mit dem Umbau der Rheinhallen, die Constantin Höfe, die neuen Messehallen sowie die Weiterentwicklung des Bahnhofs Deutz.

"Alle haben den Plänen zugestimmt"

Die notwendige Entwicklung des Bahnhofsumfeldes war es auch, die die Stadt Köln motivierte, zwei internationale Wettbewerbe auszuschreiben. Im Herbst 2002 stellte der weltweit renommierte Architekt Helmut Jahn der Verwaltung sowie den stadtentwicklungspolitischen Sprechern der damaligen Fraktionen seine Pläne für das Cologne one vor. Alle haben den Plänen zugestimmt. Im Juli 2003 wurde ein entsprechender Satzungsbeschluss gefasst, und dies wiederum einstimmig in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses vom 29.Juli 2003 und ebenso einstimmig in der Ratssitzung am selben Tag.

Bereits damals wurden Kriterien wie die Sichtachsen zum Kölner Dom und die Blickbeziehungen als ganz bedeutend betrachtet. Dies war ausdrücklich ein maßgebliches Kriterium der Jury, die aus den vielen Bewerbern den Gewinner des zweistufigen internationalen Wettbewerbs zu ermitteln hatte. In der hochrangig besetzten Jury waren damals anerkannte Fachpreisrichter sowie Politiker von CDU, von SPD, von FDP und Grünen vertreten. Die Jury, aber auch der Ausschuss für Stadtentwicklung und der Rat sahen keine relevanten Beeinträchtigungen der Sichtbeziehungen zum Dom durch die Errichtung des Hochhauskranzes in Deutz. Sonst hätten die Parteien in den Gremien dem Bebauungsplan mit Sicherheit nicht zugestimmt.

"Planung eventuell neu diskutieren"

Als es im Dezember 2003 um den LVR-Turm ging, waren die Sichtbeziehungen zum Dom ausdrücklich Gegenstand der Beschlussvorlage und wurden im Rat diskutiert. Auch hier wurden keine maßgeblichen Beeinträchtigungen gesehen. Somit haben der Stadtentwicklungsausschuss und der Rat der Stadt Köln im Juli 2003 einstimmig den rechtsgültigen Bebauungsbeschluss gefasst.

Im Folgenden wird es also darum gehen, die Planungen eventuell neu zu diskutieren. Hierbei ist entscheidend, wie die notwendige Weiterentwicklung der Stadt fortgeführt werden kann, ohne die Einwände und Sorgen der Unesco zu vernachlässigen. Beide Gesichtspunkte in Einklang zu bringen, ist das Ziel. Hierbei müssen intensive Gespräche mit allen Beteiligten geführt werden.

Die Bahn hat für Deutz kein Geld

Peter Kleinert: Einerseits soll der Bahnknotenpunkt Köln durch den ICE-Bahnhof Deutz ausgebaut werden, andererseits will die Bahn dafür kein Geld oder weniger als geplant zur Verfügung stellen.

Ursula Heinen: In den kommunalen Koalitionsvereinbarungen von SPD und CDU wurde festgesetzt, dass sich beide Parteien bei der Deutschen Bahn AG dafür einsetzen, den Ausbau des Standortes Köln als Verkehrsknotenpunkt im öffentlichen Schienenverkehr mit der Realisierung des ICE-Bahnhofes Köln-Deutz als direkter Anbindung zum Messegelände nachhaltig zu fördern.

"Neue Gespräche mit der neuen Regierung"

Die Bahn hat leider angekündigt, die nötigen Bahnausbauten zur Erschließung Messe-Süd erst im Jahr 2025 zu tätigen. Innerhalb des Rates der Stadt Köln ist man sich jedoch einig, dass zwischenzeitlich eine Interimslösung gefunden und finanziert werden muss, da die Messe ihren neuen Südeingang bereits in 2006 zur Herbstmesse nutzen muss. Derzeit wird eine Vorfinanzierung verschiedener Maßnahmen von Seiten der Stadt Köln in Gesprächen und Verhandlungen mit den verschiedenen Beteiligten wie Kölner Verkehrsbetriebe (KVB), Deutsche Bahn AG, Messe und dem Fördermittelgeber Nordrhein-Westfalen geführt. Inhalt dieser "kleinen Lösung" ist die behindertengerechte Anbindung mit Aufzügen der Bahnsteige von Deutz-Hoch an den KVB-Tunnel sowie die Anbindung des KVB-Tunnels an die Bahnsteige von Deutz-Tief.

Immer wieder habe ich darüber hinaus durch schriftliche Fragen an die Bundesregierung zum Thema Eisenbahnknotenpunkt Köln die Dringlichkeit der Ausbauten auf Bundesebene angemahnt und bekannt gemacht. Es ist bedauerlich, dass sich der Bund aus der Finanzierung vollständig zurückgezogen hat. Mit einer neuen Regierung sollten aber im November auch wieder neue Gespräche geführt werden.

Wird sich die WM 2006 für Köln "lohnen"?

Peter Kleinert: Wie viel Geld wird die WM 2006 am Ende die Stadt kosten, wenn man dabei die bereits in Köln finanzierten Infrastrukturmassnahmen für zig-Millionen Euro berücksichtigt? Wie viel wird dafür wieder an die Stadt zurück fließen? - Also: wird sich das am Ende "lohnen"?

Ursula Heinen: Es liegt ganz klar auf der Hand, dass sich die Fußballweltmeisterschaft im kommenden Jahr für Deutschland insgesamt, aber auch für Köln, in jeder Hinsicht lohnen wird. Dabei ist eine simple Ausgaben-Einnahmen-Rechnung nicht hilfreich und auch nicht zielführend, da es zu viele Faktoren gibt, die in Geld nicht beziffert werden können. Allein, dass Köln als Austragungsort für fünf WM-Spiele dient und als mögliches WM-Quartier der Brasilianischen Mannschaft im Gespräch ist, stellt für den Tourismusstandort Köln einen großen Bonus dar, der kaum mit einem monetären Gegenwert belegt werden kann. Schon durch den Confederations-Cup im vergangenen Sommer ist die Stadt Köln den jeweiligen Mannschaften und ihren Fans bekannt gemacht und näher gebracht worden.

"Auch der Weltjugendtag war eine positive Werbung"

Der Weltjugendtag in Köln vor wenigen Wochen hat dazu geführt, dass die ganze Welt fast eine Woche ihre Augen auf Köln gerichtet hat - eine positive Werbung für die Stadt Köln. Viele der vorgenommenen infrastrukturellen Maßnahmen, wie der Umbau des ehemaligen Müngersdorfer Stadions zum neuen Rhein-Energy-Stadion, waren ohnehin schon über Jahre hinweg fällig und notwendig, so dass dies nicht als alleinige Maßnahme zur WM gesehen werden kann. Der Nutzen ist doch viel größer und weitreichender.

WM 2005 im Müngersdorfer Stadion
WM 2005 im Müngersdorfer Stadion
Foto: NRhZ-Archiv


Ich hoffe und wünsche mir, dass gerade die als äußerst gastfreundlich bekannte Stadt Köln dem Motto der Weltmeisterschaft "Die Welt zu Gast bei Freunden" voll und ganz gerecht werden kann und die Besucher mit offenen Armen empfangen werden. Um dem Motto der Fußball-Weltmeisterschaft auf Bundesebene entgegenzukommen, hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einem Antrag die Verlängerung der Sperrzeiten für die Außengastronomie wie z.B. Biergärten von 22.00 Uhr auf 24.00 Uhr gefordert. Denn es ist ein unhaltbarer Zustand, dass in- und ausländische Gäste in der schönen Jahreszeit um 22.00 Uhr des Platzes verwiesen werden.

Videoüberwachung des öffentlichen Raums

Peter Kleinert: Frau Merkel hat aus Sicherheitsgründen die Videoüberwachung des öffentlichen Raums gefordert, ebenso die Kölner CDU und Pro-Köln. Letztere hätten ja am liebsten überall Kameras in der Stadt.

Ursula Heinen: In Nordrhein-Westfalen ist die Videoüberwachung mittlerweile eingeschränkt möglich und wird unter anderem in den Polizeipräsidien Düsseldorf und Mönchengladbach praktiziert. Sie befindet sich allerdings derzeit noch in der Testphase. Laut einer aktuellen Umfrage des Allensbach-Instituts befürworten 78 Prozent der Bürger in Deutschland die Videoüberwachung gefährdeter öffentlicher Orte. Durch den offenen Einsatz von Videotechnik an bekannten Kriminalitätsbrennpunkten und den großen Knotenpunkten wie etwa dem Neumarkt kann Kriminalität vorgebeugt, ihre Häufigkeit reduziert und die Aufklärung von Straftaten gesteigert werden. Erste Erfahrungen mit offener Videoüberwachung sind positiv und zeigen einen tatsächlichen Rückgang von Straftaten.

"Nur so kann Freiheit garantiert werden."

Die CDU tritt deshalb für die Einführung einer gesetzlich geregelten offenen Videoüberwachung in allen Ländern ein. Dabei sind Aufzeichnung und Auswertung der Bilder für Zwecke der Strafverfolgung zu regeln und ein Missbrauch zu verhindern. Nur ein Staat, der verantwortungsvoll für die notwendige Sicherheit seiner Bürger sorgt, kann auch deren Freiheit verteidigen und garantieren. Dies gilt angesichts der aktuellen Herausforderungen durch den internationalen Terrorismus mehr denn je. Noch eines: Bei dem Sprengstoffanschlag in der Kölner Kolbstraße im vergangenen Jahr gab es lediglich einen Hinweis auf den Täter und dieser stammte aus einer privaten Überwachungskamera.

Nachtlärm am Flughafen Wahn

Peter Kleinert: Werden beim geplanten Wahner Flughafenausbau nicht die Interessen der Anwohner denen der Wirtschaft untergeordnet?

Ursula Heinen: Zum Schutz der Anwohner hält die CDU Köln an der strikten Einhaltung der getroffenen Nachtflugregelungen fest. Außerdem tritt sie für eine weitere finanzielle Förderung von passiven Luftschutzmaßnahmen bei den Betroffenen ein und fordert die strenge Überwachung derzugewiesenen Start- und Landekorridore.

Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD wurden die Forderungen nach spürbaren Strafen bei Flugroutenverletzungen und der Einrichtung von ausreichend Messstationen, die eine zeitnahe Überschreitung der Grenzwerte registrieren, festgeschrieben. Im Bereich der militärischen Flugbewegungen sind Gespräche mit dem Bundesverteidigungsminister geplant, in denen die Stadt Köln auf eine Reduzierung der Zahl der Nachtflüge sowie eine deutliche Reduktion des Einsatzes von lärmintensiven Maschinen drängt.

"Flughafen wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung"

Auf der anderen Seite darf eine verantwortungsvolle Politik aber nicht die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens aus den Augen lassen. Der Flughafen Köln/Bonn ist von erheblicher Bedeutung für Kölns Funktion als Verkehrsdrehkreuz und für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt sowie der gesamten Region. Aus diesem Grund spricht sich die CDU Köln klar für die Entwicklung des Flughafens auf der Basis der bis 2015 terminierten erteilten Genehmigungen und der gefassten Kölner Ratsbeschlüsse aus.

Online-Flyer Nr. 14  vom 19.10.2005



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