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Aktueller Online-Flyer vom 19. August 2025  

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Lokales
SSM: "Ein Euro-Jobs gefährden auch Selbsthilfegruppen"
"Hartz IV schafft Hartz IV-Fälle!"
Von Rainer Kippe und Reinhart Röder

In diesen Tagen werden in Köln Tausende sogenannter 1 Euro-Jobs geschaffen. Die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim (SSM) befürchtet in einer Presseerklärung von gestern zur Vergabe dieser Hartz IV-Stellen, "dass dadurch Arbeitsverhältnisse des ersten Arbeitsmarktes gefährdet oder beseitigt werden und Menschen ihre Arbeitsstelle verlieren und ihrerseits zu Hartz- IV- Fällen werden." Dies gelte besonders "für die so genannten niedrigschwelligen Arbeitsplätze und hier nochmals besonders für Selbsthilfegruppen" wie die SSM, "die ohne öffentliche Mittel ihren Lebensunterhalt erwirtschaften".

SSM - Pflaster im Hof
SSM - Pflaster im Hof - Foto: SSM


Für die beteiligten Träger ergibt sich durch die 1 EuroJobs die Möglichkeit, ihre Betreuerstellen langfristig abzusichern, da pro Betreuten im Monat von der ARGE aus öffentlichen Mitteln 685.- Euro bezahlt werden. Die Beschäftigen "1 Euro-Jobber" erhalten zusätzlich aus öffentlichen Mitteln ihre Zahlungen nach Alg II, ihre Wohnungsmiete und mindestens 1 Euro die Stunde.

Um den ersten Arbeitsmarkt zu schützen, hat der Gesetzgeber im Sozialgesetzbuch strenge Regeln aufgestellt. Im Bereich der ARGE gibt es deshalb eine Kommission aus Gewerkschaften, Handwerkskammer, IHK und anderen Verbänden auf der einen Seite und öffentlicher Hand und Sozialhilfeträger auf der anderen. Hier wird vor allem versucht, Handwerk und Kleinbetriebe zu schützen.

SSM - Küche
SSM - Küche - Foto: SSM


Dies führt dazu, dass die im Grundsatz auch von der SSM erwünschte Beschäftigung auf das Gebiet der Selbsthilfegruppen drängt, die gerade in Köln seit Jahrzehnten traditionell von Umzügen, Wohnungsauflösungen und Gebrauchtmöbelhandel leben und ein wesentlicher Teil der lebendigen sozialen Struktur der Domstadt sind. Genau hier findet aber zur Zeit ein Verdrängungswettbewerb statt, der diese Gruppen in ihrer Existenz gefährdet. Mehr und mehr Gruppen gehen deshalb dazu über, sich selbst in Beschäftigungsgesellschaften umzuwandeln und sich so kostenlose Arbeitskräfte zu sichern und den Vereinsmitgliedern über die Betreuungsgelder gleichzeitig Dauerarbeitsplätze zu sichern. Dies geht wieder auf Kosten von Gruppen wie SSK und SSM, die sich an diesem Prozess nicht beteiligen wollen und können. Entgegen der gesetzlichen Vorgabe und den Zusicherungen der ARGE werden sie in ihren Wirtschaftsbereichen von Beschäftigungsgesellschaften niederkonkurriert.

SSM - Panorama
SSM - Panorama - Foto: SSM


Obwohl der ARGE diese Situation bekannt ist und sie mehrmals von SSM wie SSK darauf hingewiesen wurde, hat sie keine Abhilfe geschaffen. Durch die Vergabe von hunderten Stellen fängt der Verdrängungswettbewerb durch finanzierte und betreute Arbeitskräfte jetzt erst richtig an.

Die SSM verlangt von der ARGE,

- dass die ARGE entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag Verträge nur mit Trägern abschließt, die garantieren, dass keine Arbeitskräfte verdrängt und die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden,

- dass Zahlungen nur für Beratung, Betreuung und Qualifizierung geleistet werden dürfen, nicht aber für den Betrieb von Zweckbetrieben, die gewinnorientiert sind,

- dass die ARGE sicherstellt, dass die neuen wie die alten Beschäftigungsgesellschaften unverzüglich alle Geschäftsbereiche aufgeben, welche von anderen Gruppen mit selbst finanzierter Arbeitskraft besetzt sind.

SSM - Straßenansicht
SSM - Straßenansicht - Foto: SSM


Für den SSM kommt es dabei vor allem darauf an, dass diese Gruppen keine Umzüge und Wohnungsauflösungen mehr durchführen, sondern sich auf die vertraglich festgelegten Bereiche Beratung, Betreuung und Qualifizierung in den Arbeitsbereichen zurückziehen, die durch bezahlte Arbeit nicht abgedeckt sind, insbesondere Recycling, Möbelabholungen und Restaurierung. Auf diesen Gebieten gibt es noch hinreichend Möglichkeiten für die Durchführung der bezahlten gesetzlichen Aufgaben, und dafür stehen bei den Gruppen in Form von Lastkraftwagen, Lagerraum und Schreinerwerkstätten auch genügend Mittel zur Verfügung.

Online-Flyer Nr. 06  vom 03.09.2005



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