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Landesregierung plant "Reform" der Gemeindeordnung
Kölner "Schramma-Modell" für ganz NRW
Von Rudi Rute
Die CDU/FDP-Landesregierung plant eine "Reform" der NRW-Gemeindeordnung und "massive Änderung der Kommunalverfassung", die bereits im ersten Halbjahr 2006 durch eine Gesetzesänderung wirksam werden soll. Eins ihrer Ziele ist, die Rolle der Oberbürgermeister/innen und Bürgermeister/innen weiter zu Lasten der Stadt- und Gemeinderäte dadurch zu stärken, so dass das Kölner "Modell Schramma", den OB künftig für acht, statt wie bisher für fünf Jahre in sein Amt zu wählen, flächendeckend eingeführt werden kann. Gruselig, was?
Denn damit würde ein "Modell", das den Kölnern nach dem plötzlichen Tod des Schramma- Vorgängers Harry Blum in einer "Nacht und Nebelaktion" aufgezwungen wurde, ohne die schlechten Erfahrungen mit diesem Achtjahre-Modus zu hinterfragen, auf alle anderen Kommunen übertragen. Mit der sicheren achtjährigen Amtszeit des OB ging in Köln jedenfalls keine souveräne Amtsführung einher, die fraktionsübergreifend die Interessen aller BürgerInnen im Auge hatte. Dagegen fanden immer wieder zweifelhafte parteipolitisch einseitige Eingriffe des OB statt - bis in den Wahlkampf und in die Koalitionsverhandlungen hinein.
Auch die im Zusammenhang mit dem Messedeal und dem überteuertem Kredit beim Esch- Fonds offenen Fragen an den Kölner OB, die immerhin zu staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen ihn führten, sind ein klares Votum dafür, dass die Bürger/innen wie bisher alle fünf Jahre ihren Oberbürgermeister wieder - oder neu - wählen können sollten. Durch die Verlängerung der Amtszeit dagegen entstünde auch für die anderen Städte und Gemeinden des Landes das Risiko, dass Verfilzung und Klüngel über das bisher Übliche hinaus gestärkt wurden.
In die gleiche Richtung weist auch die Absicht der Landesregierung, die Rechte der Bürgermeister im Hinblick auf die Festlegung der Kompetenzen der Beigeordneten zu erweitern, was die demokratischen Rechte der Stadt- und Gemeinderäte erheblich schwächen und "Pöstchenvergabe" noch undurchsichtiger machen würde als bisher.
Sollten diese Pläne der Landesregierung durchgesetzt werden, steht den Bürger/innen und ihren gewählten Vertreter/innen in den Stadt- und Gemeinderäten ein autokratisches Präsidialsystem bevor, das Bürgermeister und Oberbürgermeister als omnipotente "Kurfürsten" etabliert und die Ratsmitglieder in vieler Hinsicht zu ohnmächtigen Zaungästen degradiert. Die Gefahr, dass die Politikverdrossenheit der Wähler/innen dadurch weiter wächst, ist groß.
Dort, wo eine Reform der Gemeindeordnung tatsächlich bitter nötig wäre, will die Landesregierung dagegen alles schön beim Alten lassen. Die Möglichkeit einer Abwahl von OBs und Bürgermeistern durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheid wäre dringend notwendig. Gerade in einer so korruptionsanfälligen und skandalträchtigen Stadt wie Köln müsste dieses Instrument den Bürger/innen in die Hand gegeben werden. Andererseits müsste den Bürgermeistern ein Rücktrittsrecht eingeräumt werden, damit sie in verfänglichen Situationen auch davon Gebrauch machen können.
Ein weiterer wichtiger Punkt wäre die Zahlung transparenter Gehälter an die Ratsmitglieder, die verantwortungsvoll das Management einer Großstadt führen und kontrollieren sollen. Denn die bisher gültige Regel des "ehrenamtlichen Einsatzes" steht in keinem Verhältnis zum zeitlichen und administrativen Aufwand, der in der Regel nebenberuflich geleistet werden muss. Die bisherig gültige Regel, dass bestimmte Tätigkeiten und Funktionen über undurchsichtige Aufwandsentschädigungen abgerechnet werden, trägt dagegen nicht eben zum Vertrauen in das parlamentarische System der Städte und Gemeinden bei. Das gleiche gilt für das Vergeben von Posten in den Vorständen kommunaler Gesellschaften zur finanziellen Absicherung der "Ehrenamtlichen".
Ein gegebenenfalls notwendiger streitbarer Einsatz für die Kommune gegenüber dem Land leidet offenkundig allzu oft unter dem Wunsch, sich zur Absicherung der eigenen Existenz als Berufspolitiker zu etablieren, Viele Ratsmitglieder schielen deshalb nach einem Sitz im Landtag, um sich dann bei passender Gelegenheit als Landtagsabgeordnete zur Wahl zu stellen. Nach der jüngsten Kommunalwahl beabsichtigten das allein drei der "führenden Köpfe" der SPD, die kurz zuvor noch für die Stadt angetreten waren. Nach einer öffentlichen Diskussion darüber zog immerhin kurz vor der Wahl Schrammas Stellvertreterin Elfi Scho- Antwerpes ihre Landtagskandidatur zurück. Sauber.

Elfi Scho-Antwerpes - zog Kandidatur zurück
Foto: NRhZ-Archiv
Natürlich ist eine Vertretung der Kommune durch Landtagsabgeordnete sinnvoll und nötig, aber nicht, wenn dies in der Doppelrolle Rats- und Landtagsmitglied geschieht. Denn das kommt - wegen der Interessenkonflikte zwischen Kommune und Land - der Quadratur des Kreises gleich und endet in der Regel zu Lasten der Kommune.
Bund und Länder werden durch das weitere Hinausschieben sinnvoller Veränderungen der Gemeindeordnungen sowie aufgrund ihrer wirtschafts- und steuerpolitischen Zuständigkeiten, unter denen die Kommunen ebenfalls zu leiden haben, in Zukunft noch mehr zum finanziellen Ausbluten der Kommunen bis hin zu deren Ruin beitragen.
So erscheint denn auch in Anbetracht der massiven sozialen Einsparungen auf Landesebene, die schon während der vergangenen Jahre auf die Kommunen herunter brachen, jeder mahnende Zeigefinger bis hin zur Drohung des Regierungspräsidenten, eine Stadt wie Köln wegen ihrer Haushaltslage unter Zwangsverwaltung zu stellen, als schlechter Witz. Das Problem ist aufgrund der aufgezeigten Zusammenhänge so nicht lösbar, auch für die Regierung in Düsseldorf nicht, da Köln bereits jetzt nicht mehr in der Lage ist, die soziale Grundversorgung seiner Bürger/innen zu garantieren, was auf Dauer den "Inneren Frieden" ernsthaft gefährden dürfte. Siehe Frankreich.
Zahlreiche soziale Angebote und Aufgaben wie Junkiestube, Jugendzentren und Kindergärten sind in Köln bereits dem Rotstift zum Opfer gefallen. Weitere werden folgen, da auch das Erzbistum Einsparungen in Höhe von 80 Millionen Euro angekündigt hat - womit im Bereich der Kindergärten weitere Mehrkosten auf die Kommune zukommen, sofern man sie nicht einfach schließen wird.
Wohl nur durch zeitintensive Einzelfallprüfungen und Bemühungen der Grünen in der inzwischen geplatzten Koalition Schwarz/Grün konnte in der vergangenen Legislaturperiode des Rates verhindert werden, dass basisnahe kleine soziale Träger reihenweise den Bach runter gegangen sind. Geplant war nämlich von der schwarzen Mehrheit, unabhängig von Gesamtfinanzierung und Größe der Träger, nach dem Rasenmäherprinzip die Leistungen für alle zu einem festgelegten Prozentsatz zu kürzen.
Alles in allem erscheint also die Stoßrichtung der Landesregierung Richtung Änderung der Gemeindeordnung als Farce. Anstatt das zu ändern, was notwendig wäre, setzt man alles daran, eine Verschlechterung föderaler und demokratischer Strukturen zu Lasten einer autonomen Selbstverwaltung der Kommunen durchzusetzen - zu Gunsten eines neuen Herrschaftsprinzips für die Bürgermeister.
Online-Flyer Nr. 20 vom 30.11.2005
Landesregierung plant "Reform" der Gemeindeordnung
Kölner "Schramma-Modell" für ganz NRW
Von Rudi Rute
Die CDU/FDP-Landesregierung plant eine "Reform" der NRW-Gemeindeordnung und "massive Änderung der Kommunalverfassung", die bereits im ersten Halbjahr 2006 durch eine Gesetzesänderung wirksam werden soll. Eins ihrer Ziele ist, die Rolle der Oberbürgermeister/innen und Bürgermeister/innen weiter zu Lasten der Stadt- und Gemeinderäte dadurch zu stärken, so dass das Kölner "Modell Schramma", den OB künftig für acht, statt wie bisher für fünf Jahre in sein Amt zu wählen, flächendeckend eingeführt werden kann. Gruselig, was?
Denn damit würde ein "Modell", das den Kölnern nach dem plötzlichen Tod des Schramma- Vorgängers Harry Blum in einer "Nacht und Nebelaktion" aufgezwungen wurde, ohne die schlechten Erfahrungen mit diesem Achtjahre-Modus zu hinterfragen, auf alle anderen Kommunen übertragen. Mit der sicheren achtjährigen Amtszeit des OB ging in Köln jedenfalls keine souveräne Amtsführung einher, die fraktionsübergreifend die Interessen aller BürgerInnen im Auge hatte. Dagegen fanden immer wieder zweifelhafte parteipolitisch einseitige Eingriffe des OB statt - bis in den Wahlkampf und in die Koalitionsverhandlungen hinein.
Auch die im Zusammenhang mit dem Messedeal und dem überteuertem Kredit beim Esch- Fonds offenen Fragen an den Kölner OB, die immerhin zu staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen ihn führten, sind ein klares Votum dafür, dass die Bürger/innen wie bisher alle fünf Jahre ihren Oberbürgermeister wieder - oder neu - wählen können sollten. Durch die Verlängerung der Amtszeit dagegen entstünde auch für die anderen Städte und Gemeinden des Landes das Risiko, dass Verfilzung und Klüngel über das bisher Übliche hinaus gestärkt wurden.
In die gleiche Richtung weist auch die Absicht der Landesregierung, die Rechte der Bürgermeister im Hinblick auf die Festlegung der Kompetenzen der Beigeordneten zu erweitern, was die demokratischen Rechte der Stadt- und Gemeinderäte erheblich schwächen und "Pöstchenvergabe" noch undurchsichtiger machen würde als bisher.
Sollten diese Pläne der Landesregierung durchgesetzt werden, steht den Bürger/innen und ihren gewählten Vertreter/innen in den Stadt- und Gemeinderäten ein autokratisches Präsidialsystem bevor, das Bürgermeister und Oberbürgermeister als omnipotente "Kurfürsten" etabliert und die Ratsmitglieder in vieler Hinsicht zu ohnmächtigen Zaungästen degradiert. Die Gefahr, dass die Politikverdrossenheit der Wähler/innen dadurch weiter wächst, ist groß.
Dort, wo eine Reform der Gemeindeordnung tatsächlich bitter nötig wäre, will die Landesregierung dagegen alles schön beim Alten lassen. Die Möglichkeit einer Abwahl von OBs und Bürgermeistern durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheid wäre dringend notwendig. Gerade in einer so korruptionsanfälligen und skandalträchtigen Stadt wie Köln müsste dieses Instrument den Bürger/innen in die Hand gegeben werden. Andererseits müsste den Bürgermeistern ein Rücktrittsrecht eingeräumt werden, damit sie in verfänglichen Situationen auch davon Gebrauch machen können.
Ein weiterer wichtiger Punkt wäre die Zahlung transparenter Gehälter an die Ratsmitglieder, die verantwortungsvoll das Management einer Großstadt führen und kontrollieren sollen. Denn die bisher gültige Regel des "ehrenamtlichen Einsatzes" steht in keinem Verhältnis zum zeitlichen und administrativen Aufwand, der in der Regel nebenberuflich geleistet werden muss. Die bisherig gültige Regel, dass bestimmte Tätigkeiten und Funktionen über undurchsichtige Aufwandsentschädigungen abgerechnet werden, trägt dagegen nicht eben zum Vertrauen in das parlamentarische System der Städte und Gemeinden bei. Das gleiche gilt für das Vergeben von Posten in den Vorständen kommunaler Gesellschaften zur finanziellen Absicherung der "Ehrenamtlichen".
Ein gegebenenfalls notwendiger streitbarer Einsatz für die Kommune gegenüber dem Land leidet offenkundig allzu oft unter dem Wunsch, sich zur Absicherung der eigenen Existenz als Berufspolitiker zu etablieren, Viele Ratsmitglieder schielen deshalb nach einem Sitz im Landtag, um sich dann bei passender Gelegenheit als Landtagsabgeordnete zur Wahl zu stellen. Nach der jüngsten Kommunalwahl beabsichtigten das allein drei der "führenden Köpfe" der SPD, die kurz zuvor noch für die Stadt angetreten waren. Nach einer öffentlichen Diskussion darüber zog immerhin kurz vor der Wahl Schrammas Stellvertreterin Elfi Scho- Antwerpes ihre Landtagskandidatur zurück. Sauber.

Elfi Scho-Antwerpes - zog Kandidatur zurück
Foto: NRhZ-Archiv
Natürlich ist eine Vertretung der Kommune durch Landtagsabgeordnete sinnvoll und nötig, aber nicht, wenn dies in der Doppelrolle Rats- und Landtagsmitglied geschieht. Denn das kommt - wegen der Interessenkonflikte zwischen Kommune und Land - der Quadratur des Kreises gleich und endet in der Regel zu Lasten der Kommune.
Bund und Länder werden durch das weitere Hinausschieben sinnvoller Veränderungen der Gemeindeordnungen sowie aufgrund ihrer wirtschafts- und steuerpolitischen Zuständigkeiten, unter denen die Kommunen ebenfalls zu leiden haben, in Zukunft noch mehr zum finanziellen Ausbluten der Kommunen bis hin zu deren Ruin beitragen.
So erscheint denn auch in Anbetracht der massiven sozialen Einsparungen auf Landesebene, die schon während der vergangenen Jahre auf die Kommunen herunter brachen, jeder mahnende Zeigefinger bis hin zur Drohung des Regierungspräsidenten, eine Stadt wie Köln wegen ihrer Haushaltslage unter Zwangsverwaltung zu stellen, als schlechter Witz. Das Problem ist aufgrund der aufgezeigten Zusammenhänge so nicht lösbar, auch für die Regierung in Düsseldorf nicht, da Köln bereits jetzt nicht mehr in der Lage ist, die soziale Grundversorgung seiner Bürger/innen zu garantieren, was auf Dauer den "Inneren Frieden" ernsthaft gefährden dürfte. Siehe Frankreich.
Zahlreiche soziale Angebote und Aufgaben wie Junkiestube, Jugendzentren und Kindergärten sind in Köln bereits dem Rotstift zum Opfer gefallen. Weitere werden folgen, da auch das Erzbistum Einsparungen in Höhe von 80 Millionen Euro angekündigt hat - womit im Bereich der Kindergärten weitere Mehrkosten auf die Kommune zukommen, sofern man sie nicht einfach schließen wird.
Wohl nur durch zeitintensive Einzelfallprüfungen und Bemühungen der Grünen in der inzwischen geplatzten Koalition Schwarz/Grün konnte in der vergangenen Legislaturperiode des Rates verhindert werden, dass basisnahe kleine soziale Träger reihenweise den Bach runter gegangen sind. Geplant war nämlich von der schwarzen Mehrheit, unabhängig von Gesamtfinanzierung und Größe der Träger, nach dem Rasenmäherprinzip die Leistungen für alle zu einem festgelegten Prozentsatz zu kürzen.
Alles in allem erscheint also die Stoßrichtung der Landesregierung Richtung Änderung der Gemeindeordnung als Farce. Anstatt das zu ändern, was notwendig wäre, setzt man alles daran, eine Verschlechterung föderaler und demokratischer Strukturen zu Lasten einer autonomen Selbstverwaltung der Kommunen durchzusetzen - zu Gunsten eines neuen Herrschaftsprinzips für die Bürgermeister.
Online-Flyer Nr. 20 vom 30.11.2005