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Aktueller Online-Flyer vom 20. April 2024  

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Literatur
Moshe Zuckermann: Die Kunst ist frei?
Die totale staatliche Politisierung der Kunst verhindern!
Buchtipp von Evelyn Hecht-Galinski

Moshe Zuckermann hat mit diesem Titel und Thema genau den wunden Punkt gefunden, der im Augenblick durch die Medien geistert. Wie weit darf Kunstfreiheit gehen? Es scheint, als ob alle Regeln vergessen werden, wenn es um Politik und Kunst geht. Zeigt nicht die documenta aktuell in eklatanter Weise, wie weit Kunst gehen darf, handelt es sich um Israel, vermeintlichen Judenhass und schändliche Einflussnahme der Politik. Auch die zu kritisierende Einflussnahme auf Operntexte, wie gerade in Bayreuth zu erleben, wo das Wort "Führer" für den König von Brabant weichen musste. Während politische Führungsansprüche momentan zum politischen Kampfbegriff wurden, sind sie in der Kunst, speziell bei einem Wagner Text unerwünscht. Es gibt Beispiele zuhauf. Zuckermann bearbeitet Kapitel für Kapitel alle Formen der Kunst und beschreibt anhand wunderbarer Beispiele und Geschichten persönliche Eindrücke.

Rettet die Kunstfreiheit, ist ein Motto, dass wir alle verinnerlichen sollten, die wir die Kunst und ihre Freiheit in all ihrer Vielfalt erhalten wollen, dafür lohnt es sich zu streiten. Es wird gerade in Deutschland immer schwieriger werden, Ausstellungen zu ermöglichen, Künstler zu gewinnen und Zuschauer die Freiheit der Kunst zu erhalten. Es ist ein gefährlicher Weg in die totale staatliche Politisierung der Kunst, die wir gemeinsam verhindern müssen. Moshe Zuckermann hat mit seinem Buch einen wichtigen Nerv getroffen und Anstöße geschaffen, sich viel mehr damit zu beschäftigen, wie die Kunstfreiheit gerettet werden kann, bevor sie gänzlich zerstört wird.

Es ist nicht immer ganz einfach, dieses Buch zu lesen, aber es lohnt sich. Die Rettung der freien unabhängigen Kunst zu erhalten, dieses Ideal droht zerstört zu werden. Zuckermann hat mit seinem Buch bewiesen, dass sich Politik und Kunst, Intellekt und Feingeist zu einer Symbiose vereinen können. Wie schon zuvor in seinem Wagner-Buch "Ein ewig deutsches Ärgernis" hat Zuckermann seine Liebe zur Kunst und sein großes Wissen verschmelzen lassen und dafür danke ich ihm.


Moshe Zuckermann: "Die Kunst ist frei? Eine Streitschrift für die Kunstautonomie"



Verlag Westend, 2022, Gebunden, 160 Seiten, 20 Euro

Die Forderung nach einer freien und unabhängigen Kunst kennen wir seit dem 19. Jahrhundert. Dieses Streben nach Kunstautonomie fußt auf der Überzeugung, dass der Bereich des Ästhetischen eigenen Regeln folgt, dass Kunst frei sein muss von fremden Ansprüchen, seien diese politischer oder moralischer Natur. Heute scheint es nicht sonderlich gut um dieses Ideal bestellt: Stichworte wie "Cancel Culture" sowie die oft schrill geführten Debatten darüber, wer eigentlich noch etwas sagen oder zeigen darf, zeugen davon, dass die Autonomie der Kunst mehr denn je gefährdet ist. Kenntnisreich und mit stilistischer Brillanz zeichnet Moshe Zuckermann dieses Spannungsfeld nach. Er fragt nach dem Verhältnis von Kunst und Fortschritt, Politik, Elitarismus sowie kulturindustriellem Kitsch. Dabei steht nicht weniger auf dem Spiel als die Rettung der Kunstfreiheit.

Online-Flyer Nr. 798  vom 19.09.2022



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