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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Krieg und Frieden
Zu Imperialismus, Ukraine-Krieg und Neuem Krefelder Appell
Die Ernte der Dummheit
Von Eva und Markus Heizmann (Bündnis gegen Krieg, Basel)

Krieg, es herrscht Krieg! Zur Zeit, da dies niedergeschrieben wird (März 2022), geht ein einziger Aufschrei durch Westeuropa: Stoppt Putin! Gewiss, die Kriegshetze der NATO und der NATO-Schreiberlinge ist uns nicht neu. Zu gut erinnern wir uns an die Kriege, welche das Angriffsbündnis losgetreten hat: Irak, Jugoslawien, Afghanistan, erneut Irak, Libyen, Syrien. Jeder einzelne dieser Angriffe hinterließ Tausende von Toten, Millionen Flüchtlinge, unendliches Leid, Zerstörung von Kulturgut, atomare Verseuchung und verbrannte Erde. Viele dieser Angriffe waren völkerrechtswidrig. Nicht dabei in dieser Aufzählung sind die zahllosen verdeckten Angriffe gegen die Völker der Welt, die allesamt von den Herren des Krieges innerhalb des NATO-Komplexes befördert oder gar ausgeheckt wurden und noch immer ausgeheckt werden. Drei Stichworte dazu sind Palästina, Mali und Jemen. Eine weitere Kriegswaffe, die in so gut wie allen Fällen ebenfalls illegal angewandt wird, ist die Blockade - meist beschönigend «Embargo» oder «Sanktionen» genannt. Allein im Irak wurden durch die Blockade der Westmächte mindestens 500.000 Kinder getötet. (1) Aber auch an vielen anderen Beispielen erkennen wir die immense Zerstörungskraft und die Skrupellosigkeit der NATO-Mächte.

Wer nun also angesichts des so genannten Einmarsches der russischen Armee in die Ukraine Krokodilstränen weint und die Verletzung des internationalen Völkerrechts beklagt, handelt mehr als heuchlerisch. Die Lügen der Medien zum Krieg in der Ukraine sind leicht durchschaubar, die Fakten sprechen eine klare Sprache. Ein Blick auf die Karte genügt, um zu erkennen, dass die Ukraine das unmittelbare Nachbarland Russlands ist. Die Stationierung von NATO-Ausbildern und NATO-Equipment, wie es auch in der Ukraine bereits der Fall ist, ist ebenfalls ein Fakt. (2) Man mag sich gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn es umgekehrt wäre und Russland in unmittelbarer Nähe der USA - zum Beispiel in Mexiko oder in Kanada - ein militärisches Drohszenario aufbauen würde, wie dies die NATO seit Jahrzehnten gegenüber Russland mit einer Selbstverständlichkeit und einer Arroganz tut, die ihresgleichen sucht!

Plötzlich sind die Menschenrechte von «Bild» über «ARD» bis hin zu jedem Presseerzeugnis innerhalb der so genannten «westlichen Wertegemeinschaft» ganz oben auf der Agenda. Plötzlich ist man sich von Rechts über die Mitte bis Links einig: Dieser schreckliche Krieg in der Ukraine muss beendet werden, natürlich ausschließlich auf Kosten Russlands. Bei den oben teilweise erwähnten Angriffen der imperialistischen NATO-Horden gegen die Völker hielten sich die Friedensaufrufe der Mainstream-Presse in sehr engen Grenzen - oder um genauer zu sein: Befördert wird eine durchgehende Dämonisierung der Staatsoberhäupter der Länder, welche die NATO zerstören will. Es gab keine Aufrufe zum Frieden. Ebenso wenig gibt es heute innerhalb des Mainstreams auch nur die geringsten Ansätze, die Situation in der Ukraine aus einer realistischen, rationalen Perspektive zu betrachten. Es scheint, als hätte sich die westliche Welt von dem Instrument der politischen Analyse endgültig verabschiedet.

Krieg ist nicht gleich Krieg

Schon der arabische Philosoph Ibn Chaldun (1332–1406) differenzierte in seinem Grundlagenwerk «Al Muqadimma» zwischen vier Arten von Kriegen und er schreibt: «Dies sind also vier Arten von Kriegen. Die beiden ersteren sind ungerechte Kriege, Verschwörungen. Die beiden letzteren sind gerechte Kriege. Einsatz zur Abwehr eines eingetretenen Unrechts und zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit.» (3)

Was Ibn Chaldun zu einer Zeit niederschrieb, als in Europa, im wahrsten Sinne des Wortes noch finsterstes Mittelalter herrschte, manifestierte sich, wenigstens zum Teil, Jahrhunderte später - nämlich 1945 - als die UNO-Charta geschrieben wurde, im Artikel 51 eben dieser Charta. Dort heisst es: «Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat». […] (4)

Man mag nun im Fall der Ukraine einwenden, die umstrittenen Gebiete Donezk, Luhansk und die der Krim seien nicht Mitglieder der Vereinten Nationen, der Artikel 51 könne also nicht angewandt werden. Das ist richtig.

Ebenso richtig ist jedoch, dass Russland durch die Politik der NATO, spätestens seit Beginn der 1990er Jahre bedroht und provoziert wird, und Russland ist sowohl ein Mitglied der Vereinten Nationen als auch ein ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates. Diese Provokationen des Westens werden hier nicht berichtet, oder falls doch apostrophiert als «russische Propaganda».

Kommt hinzu, dass die Berichterstattung des Westens zur Ukraine vornehmlich im Konjunktiv daher kommt. «Könnte», «soll» und «unbestätigten Berichten zu Folge» sind denn auch die meist verwendeten Worthülsen. Tatsächlich jedoch hat Russland allen Grund sich bedroht zu fühlen: Einerseits ist da die überbordende Expansion eines Militärbündnisses, welches seine Aggressionsbereitschaft in der Vergangenheit immer wieder in schrecklicher Form bewiesen hat. Andererseits ist da auch die nicht unbeträchtliche Ansammlung von Nazis, die offensichtlich mittlerweile sowohl in der ukrainischen Gesellschaft als auch in der ukrainischen Armee angekommen ist. Wer also den formal illegalen Einmarsch Russlands verurteilt, muss sich die Frage gefallen lassen, wie Russland anders hätte reagieren sollen, nachdem sämtliche diplomatischen Bemühungen seitens des Kreml an der westlichen Arroganz gescheitert sind.

Angst, es herrscht Angst

Uns geht es keineswegs darum, die Politik Russlands kritiklos zu verteidigen. Allein die Forderung jedoch, objektiv, fakten- und evidenzbasiert hinzusehen und zu berichten, macht uns in den Augen des vereinten transatlantischen Presseclubs zu «Putin-Verstehern». Mit Leuten wie uns braucht man also gar nicht erst zu diskutieren. Dieser intellektuelle Ruin einer kollektiven Gesprächsverweigerung muss selbstverständlich auch adäquat analysiert werden. Ohne uns all zu weit aus dem Fenster zu lehnen, wagen wir jedoch zu behaupten, dass die Haltung, welche heute von der Mehrheit der westlichen Gesellschaften getragen wird, die geschürte Angst ist. Diese Angst ist kein neues Phänomen, im Gegenteil gehört die Angst zu den Kerninstrumenten der imperialistischen Herrschaft. Eine angstfreie Gesellschaft lässt sich nicht, oder wenigstens nicht so einfach lenken und führen wie eine Gesellschaft, in der die Menschen mit Angst erwachen und mit Angst zu Bett gehen. Dass die Angst geschürt wird, könnte nicht offensichtlicher sein: Angst vor allem was unserem «Kulturkreis» fremd ist, Angst vor Verbrechen und Gewalt und natürlich besonders aktuell: Angst vor der Pandemie.

Diese Ängste, so berechtigt sie zum Teil auch sein mögen, werden instrumentalisiert: Mit dem Schüren der Angst vor der Pandemie sollen wir zu gehorsamen Untertanen erzogen werden. Mit dem Schüren der Angst vor «den Russen» sollen wir dazu erzogen werden, uns hinzustellen und im Chor mit den Transatlantikern nach einem Krieg zu brüllen. Es ist – dies sei zugegeben – verkürzt, die Bereitschaft der Bevölkerungsmehrheit («Linke» eingeschlossen) nur mit Angst zu erklären. Gleichwohl ist die Angst ein Faktor, der uns als tragend erscheint, und den wir nicht vernachlässigen dürfen. Die Dämonisierung des Gegners ist ein wesentlicher Bestandteil der Kriegspropaganda. Ein Gegner, der menschliche Züge trägt, ist nicht so einfach zu bekämpfen wie ein furchteinflössender Dämon. Dass der Gegner im Krieg dämonisiert wird, dass er Angst einflössen soll, ist nicht weiter erstaunlich. Angst macht die Massen in den NATO-Staaten gefügig und kriegsbereit.

Niemand will die NATO oder die USA angreifen. Wenn jedoch genug Angst vor einem Gegner, und sei dieser auch noch so fiktiv, verbreitet wird, stimmt das Volk sowohl dem Krieg als auch allen überdimensionierten Waffengeschäften zu.

Ähnlich verhält es sich mit der Angst vor der Pandemie: Statt unaufgeregt und an den Fakten orientiert über das Virus und dessen mögliche Gefahren zu berichten, wurden und werden Schreckensszenarien an die Wand gemalt, Grundrechte werden geschreddert, Menschen werden dazu gezwungen, sich einen Stoff spritzen zu lassen, der «Impfung» genannt und der von FachärztInnen als «Gentherapie» bezeichnet wird. Die Hersteller lehnen jegliche Haftung für ihre Produkte ab. Dessen ungeachtet wird die Impfung nach wie vor gepusht, und ein allgemeiner Impfzwang ist keineswegs vom Tisch. Ohne die gezielte und geschürte Angstkampagne würde die Mehrheit der Menschen wohl kaum solches über sich ergehen lassen.

Wer immer sich dagegen zur Wehr setzt oder es auch nur wagt, Fragen zu stellen, läuft Gefahr, nicht nur seine Reputation sondern ebenso seine materielle Existenz zu verlieren. Eine Hexenjagd ohnegleichen!

Sie haben Propaganda gesät und wir ernten Dummheit

Die Lügen, welche uns tagtäglich zum Frühstück, zum Mittagessen und zum Abendbrot serviert werden, sind an Absurdität und Einfallslosigkeit kaum mehr zu überbieten. Um so erstaunlicher, dass sie ganz offenkundig noch immer geglaubt werden! Es ist gewiss keine Schande, sich zu täuschen, ebenso wenig ist es eine Schande, Fehler zu begehen. Es zeugt jedoch von einer geradezu unglaublichen Ignoranz, wenn dieselben Fehler mit einer an Bösartigkeit grenzenden Hartnäckigkeit immer und immer wieder wiederholt werden.

Haben wir nicht alle erlebt, wie die USA und die mit ihnen verbandelten Mächte die Welt immer und immer wieder belogen haben, damit sie ihre verbrecherischen Kriege lostreten können? Um all die Verbrechen, welche «im Namen der Demokratie und der Menschenrechte» verübt wurden, zu protokollieren, reicht das Papier nicht aus! All diese gigantischen Lügen werden von einer ebenso gigantischen Propagandamaschine präsentiert, und kaum ist eine Lüge entlarvt, folgt schon die nächste. Diese Propaganda, die tatsächlich nur noch als Hirnwäsche bezeichnet werden kann, schlägt voll durch. Indes fällt es uns schwer, ausschließlich die Urheber dieser Hirnwäsche anzuklagen. Für die Situation, in der wir uns befinden, braucht es mindestens zwei: Einerseits diejenigen, welche die Lügen, die Diffamierungen und die Kriegshetze verbreiten und an die Öffentlichkeit tragen. Anderseits braucht es jedoch eben diese Öffentlichkeit, die all das glaubt und rezipiert. Genau da werden die Fehler der Vergangenheit wiederholt: Als hätte es nie eine Brutkastenlüge gegeben, (5) als hätte es die Lügen zum Krieg gegen Jugoslawien nie gegeben, (6) als hätte es all die Lügen in Zusammenhang mit den Angriffen gegen Syrien nie gegeben. (7)

Die Medienschaffenden der USA und der übrigen NATO-Staaten haben Propaganda gesät, und wir alle ernten nun die daraus gewachsene Gleichschaltung und die Vereinheitlichung des Denkens. Hier passt das englische Sprichwort perfekt: «Fool me once, shame on you; fool me twice, shame on me». (8)

Da mittlerweile die Bevölkerungsmehrheit bereits unendlich viele Male reingelegt wurde, dürfte sich auch die Schande, bzw. die Schuld um den Faktor unendlich erhöht haben.

Die instrumentalisierte Opposition

Der Imperialismus ist ein Gewaltverhältnis, das Kerngeschäft des Imperialismus ist der Krieg. Um Kriege verwirklichen zu können, müssen die imperialistischen Herrscher zuerst die Menschen in ihrem eigenen Einflussbereich ruhig und gefügig halten. Die oben erwähnte Propaganda dient genau diesem Zweck. Eine andere Kernkompetenz aus den Think Tanks von Washington und Brüssel ist die Spaltung der Opposition. Diese Spaltung wird mittlerweile dermaßen akribisch und wissenschaftlich perfektioniert angewandt, dass es sehr anspruchsvoll geworden ist, das zu durchschauen. Nichts desto trotz ist es durchschaubar.

Da es die europäische Linke, mindestens in den letzten 30 Jahren, sträflich vernachlässigt hat, ihre Mitglieder adäquat zu schulen, konnte die leninistische Imperialismus-Theorie nicht oder kaum weiter entwickelt werden. Der ägyptische Intellektuelle Karam Khella, der sich unseres Wissens nach als einziger im deutschsprachigen Raum dieser Aufgabe stellte, (9) wird von der Fachwissenschaft weitgehend ignoriert. Diese Theorielosigkeit hat Folgen.

Einerseits formiert sich innerhalb des Imperialismus eine Opposition, die keine ist, weil sie imperialistische Machenschaften nur punktuell, nicht aber universell durchschaut, und daher auch nicht bekämpft. Anderseits schaffen es imperialistische oder imperialistisch instrumentalisierte Medien und Diskussionsforen, die Opposition in kleine und kleinste Partikel zu spalten. Wem, ausser den imperialistischen Machthabern selbst kann das nützen? Aktuelles Beispiel für diese Intrigenspiele ist die Debatte rund um den «Neuen Krefelder Appell».

Der Neue Krefelder Appell

Der Appell wurde von AktivistInnen der Kampagne «NATO raus – raus aus der NATO» initiiert. Inspirieren liessen sich die InitiantInnen vom Krefelder Appell, der am 16. November 1980 seinen Weg zu einem breiteren Publikum fand. Der ursprüngliche Krefelder Appell war ein Aufruf der westdeutschen Friedensbewegung an die damalige Bundesregierung, die Zustimmung zur Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenraketen in Europa (den so genannten «NATO-Doppelbeschluss») zurückzuziehen und innerhalb der NATO auf eine Beendigung des atomaren Wettrüstens zu drängen. Schon dieser erste Appell war der kleinste gemeinsame Nenner innerhalb der Friedensbewegung: Als Nahziel sollte die so genannte «Nachrüstung» verhindert werden, so sollte der Abbau aller Atomraketen in Europa und schließlich als nicht formuliertes Fernziel, Deutschlands Austritt aus der NATO ermöglicht werden.

Nun also wird über 40 Jahre später ein neuer Anlauf genommen, um den Rüstungswahnsinn zu stoppen, der seinen Ursprung in den westlichen imperialistischen Gesellschaften hat. Dass die Lancierung des Appells mitten in die Zeit fiel, in der versucht wurde, einen Grossteil der Menschheit in eine Pandemie-bedingte Hysterie zu treiben, ist nicht die Schuld der InitiantInnen. Wahrscheinlich hätte es auch niemand verstanden, wenn in dem Aufruf nichts zu den staatlich verordneten Zwangsmassnahmen gestanden wäre.

So wurde die Verantwortung wahrgenommen, und ohne auszuufern wurde die Pandemie thematisiert und als das bezeichnet was sie in der Tat auch ist: eine anderer Form der Kriegsführung. Ebenso wie die durchwegs illegalen Blockaden gegen Völker wie Kuba, Venezuela, Syrien, Palästina und viele andere, werden auch die Zwangsmassnahmen, die Einschränkungen der Grundrechte als Mittel der hybriden Kriegsführung bezeichnet. (10)

Dies scheint einem nicht unwesentlichen Teil des «linken und fortschrittlichen Spektrums» im deutschsprachigen Raum zu starker Tobak zu sein. So distanzierten sich diverse Gruppen und Einzelpersonen von dem Appell, weil dieser auch – man höre und staune – von führenden Querdenkern unterzeichnet worden war. Imperialistische Spaltungsabsichten? Nie gehört! Kontroverse Diskussion unter der bewährten Maxime «These – Anti These – Synthese»? Nie gehört! Besonders pikant in diesem Zusammenhang ist, dass diejenigen, welche den Appell nun bekämpfen und diffamieren, gleichzeitig diejenigen sind, die den VertreterInnen des Neuen Krefelder Appells «Spaltung» vorwerfen.
 
Gegen die Spaltung!

Gegen Dummheit ist kein Kraut gewachsen, sagt der Volksmund. Tatsächlich kann es nur als dumm bezeichnet werden, angesichts der immer manifester werdenden Gefahr eines ausufernden Atomkrieges Spiegelfechtereien zu betreiben, wie wir das zum Beispiel in der «Roten Fahne» der MLPD nachlesen können:

«Der Aufruf spielt der faschistischen Strategie und Taktik der „Querfront“ in die Hände und zielt darauf ab, Kräfte der Friedensbewegung unter den Einfluss dieser Strategie und Taktik zu bringen, insbesondere Kräfte, die zur Unterstützung des russischen Imperialismus neigen, der in dem Aufruf nur als Opfer dargestellt wird. Es wird nicht gelingen, mit dieser Erbschleicherei Massen zu überzeugen, aber zur Verwirrung vieler Menschen könnte er durchaus beitragen.» (11)

Dagegen ist wirklich kein Kraut gewachsen! Abgesehen von der Tatsache, dass die Unterstellung eines «russischen Imperialismus» davon Zeugnis ablegt, dass hier weniger als keine Ahnung darüber vorhanden ist, was den Imperialismus auszeichnet, wird der Leserschaft auch noch vorgaukelt, der Autor (oder die Autorin, das wird nicht klar) verfüge über die notwendige politische Qualifikation, die UnterzeichnerInnen des Appells auf eine höchst primitive Art und Weise (Erbschleicherei) abzukanzeln. Die zum Teil hochdotierten UnterzeichnerInnen des Appells werden sich wohl angesichts solcher Anmassungen, für die sich die Redaktion einer Schülerzeitung schämen müsste, eher amüsieren.

Dies ändert jedoch nichts an den Fakten, und diese Fakten sprechen für sich: Im Jahr 1980, als der ursprüngliche Krefelder Appell formuliert wurde, waren wir noch mit einer Situation konfrontiert, in der der Gegner (die NATO!) ebenso stark war wie heute. Bei dem Widerstand gegen die NATO jedoch gab es eine Bereitschaft zum Dialog und zum Konsens, die wir heute schmerzlich vermissen. Es scheint, als würden die Spaltungsversuche des Imperialismus innerhalb der Linken und innerhalb der Friedensbewegung voll durchschlagen, Corona sei Dank! Wer immer also den InitiantInnen des Neuen Krefelder Appells vorwirft «sie würden die Friedensbewegung spalten» ist gut beraten, einen Blick in den Spiegel zu werfen - und damit ist nicht das transatlantische Propaganda-Heft gemeint!

Gemeinsam gegen die NATO!

Wir, als anti-imperialistisch denkende und handelnde Menschen, befinden uns in einem ständigen Lernprozess. Wir sind nicht der Ansicht, dass wir die ultimative Wahrheit für uns gepachtet haben. Als politisch denkende Menschen wissen wir jedoch: Es gibt ein verifizierbares Richtig und es gibt ein verifizierbares Falsch. Die Ausdehnung der NATO, lange nach der Auflösung des Warschauer Paktes, ist verifizierbar falsch. Der demokratische Widerstand gegen die NATO ist verifizierbar richtig. Diskussionen, ob nun «führende Querdenker» die Kampagne gegen die NATO unterstützen, sind ebenso sophistische Scheinargumentationen, wie der wiederholte Vorwurf der Spaltung nicht zielführend.

Dies vor allem deswegen, weil wir als Linke gelernt haben, unseren Diskurs auch innerhalb des Komplexes der Widersprüche zu führen. Die Frage muss also lauten: Wo liegt der Hauptwiderspruch? Wenn es um die Auflösung des gefährlichsten Militärbündnisses geht, welches die Menschheit jemals heimgesucht hat, müssen zweifellos alle anderen Widersprüche hinten angestellt werden. Das heißt keinesfalls, dass sich nun die eine Fraktion der anderen unterzuordnen hat. Aber es heißt ganz klar: Gemeinsam gegen die NATO!

Wer immer ein Interesse daran hat, die NATO aufzulösen, sollte den neuen Krefelder Appell unterschreiben. Für uns ist es unverständlich, wie sich friedenspolitisch engagierte Menschen in Scheindebatten verlieren können, die letztendlich mit der Sache nichts mehr zu tun haben. Nur gemeinsam gegen die NATO heben wir eine Chance.


Fußnoten:

1 http://blauerbote.com/2020/09/02/bundestag-eine-halbe-million-tote-kinder-waren-den-preis-wert/ (Letzter Zugriff März 2022)
2 Siehe dazu unser Gespräch mit Alexej Albu: «Transatlantische Kriegsrhetorik»
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27919 (Letzter Zugriff März 2022)
3 Ibn Chaldun, «Muqadimma, das Buch der Beispiele» Hier in der Übersetzung von Karam Khella. Eine englische Version der Muqadimma findet sich hier:
https://asadullahali.files.wordpress.com/2012/10/ibn_khaldunal_muqaddimah.pdf (Letzter Zugriff März 2022)
4 https://legal.un.org/repertory/art51.shtml (Letzter Zugriff März 2022)
5 https://www.youtube.com/watch?v=EuDp5VM8QoQ (Letzter Zugriff März 2022)
6 Zum Beispiel hier:
http://www.ag-friedensforschung.de/themen/NATO-Krieg/wimmer.html (Letzter Zugriff März 2022)
7 https://www.tup-verlag.com/LuegeMachtKrieg_Ausstellung.pdf (Dort unter «Fallbeispiel: Ein Foto aus dem Irak wird zu einem Foto aus Syrien» Letzter Zugriff März 2022)
8 «Leg mich einmal rein und du musst dich schämen, legst du mich zum zweiten mal rein, muss ich mich schämen».
9 Insbesondere in Risala Nr. 5, Schwerpunkt Imperialismustheorie, TuP Hamburg 2002
10 http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27850 und http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27931 (Letzter Zugriff jeweils März 2022)
11 https://www.rf-news.de/2021/kw50/neuer-krefelder-appell-achtung-querfront (Letzter Zugriff März 2020)

Online-Flyer Nr. 787  vom 09.03.2022



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