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Globales
Internationale Videokonferenz von "Sanctions Kill" am 9. Mai 2020
"Unser Impfstoff gegen die Krise ist Solidarität"
Von Eva und Markus Heizmann, Bündnis gegen den imperialistischen Krieg

Die Welt hat sich ins Netz verlagert. Am Samstag, 9. Mai 2020, um 22:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit veranstaltete die aus den USA stammende Organisation "Sanctions Kill" (1) eine internationale Videokonferenz, ein "Webinar". Gemäß Moderatorin hörten rund 160 TeilnehmerInnen, verteilt über den ganzen Globus, die Kurzreferate von sechs VertreterInnen von Ländern, die in den Zeiten des Virus unter illegalen Blockaden der imperialistisch dominierten Staaten leiden. Momentan sind 39 (!) Länder von illegalen Blockaden der transatlantischen Aggressoren betroffen. In einer Atmosphäre getragen von Ruhe und Empathie führte die Moderatorin durch die Konferenz. Eva und Markus Heizmann haben teilgenommen.

Hochkarätige ReferentInnen

Die ModeratorInnen Joe Lombardo, Margret Flowers, Gail Walker, Sarah Flouders, Gerry Condon, Emily Thomas, Terri Mattson, und Bahman Azad stellten die ReferentInnen kurz vor und begrüßten sie. Gegen Ende der Konferenz meldeten sich noch einige AktivistInnen von „Sanctions Kill“ zu Wort, meist um solidarisch die lancierte Petition gegen die Blockaden zu bewerben.

Es sei vorweggenommen: So interessant, so hoch kompetent und so erkenntnisreich die Kurzreferate der Konferenz auch waren: Eine Videokonferenz, wie uns dies in Zeiten der Krise aufgezwungen wird, kann persönliche Begegnungen und Gespräche niemals ersetzen. Gleichwohl muss zugegeben werden, dass selbst mit einem so hochdotierten Team von ReferentInnen eine reale Veranstaltung mit einer derart hohen Zahl an Teilnehmenden wohl sehr schwierig zu organisieren wäre. Als ReferentInnen traten auf:
  • Cuba: Ana Silvia Rodriguez Abascal, Charge des Affaires der kubanischen UN-Vertretung
  • Zimbabwe: Dr. Frank Guni, Sekretär der Verwaltung, ZANU-PF North America
  • Nicaragua: Francisco O. Campbell, Botschafter Nicaraguas in den USA
  • Syria: Dr. Bashar Ja’afari, UNO-Botschafter Syriens
  • Venezuela: Carlos J. Ron Martinez, Stellvertretender Minister des Außenministeriums
  • Iran: Majid Takht-Ravanchi, UN-Botschafter für den Iran
Sie berichteten über die Situation in ihren jeweiligen Ländern unter den illegalen Blockaden im Allgemeinen und unter den Umständen einer weltweiten Pandemie im Speziellen.

Kuba

Kuba ist das Land, welches am längsten von einer illegalen Blockade des Imperialismus betroffen ist. Ana Silvia Rodriguez Abascal berichtet, sie sei 53 Jahre alt und sie habe noch keinen einzigen Tag ohne Blockade erlebt. Es gibt keine einzige Familie auf Kuba, die nicht von der Blockade betroffen ist. Im Jahre 1962 wurde die Blockade in den USA unter Präsident John F. Kennedy als Gesetz festgeschrieben. Seither wird sie jährlich bestätigt und immer wieder verschärft. Besonders seit letztem Jahr erlebt Kuba eine extrem aggressive Verschärfung der Blockade. Ebenso wie bei anderen Ländern - genannt seien Venezuela, Syrien oder Iran – handelt es sich um einen Wirtschaftskrieg. Ginge es nach den USA, dürfte kein einziges Schiff, kein einziges Flugzeug mehr auf Kuba landen. Natürlich ist Kuba, wie alle anderen Länder auch, auf Importe von außen angewiesen. Es handelt sich bei den Maßnahmen gegen Kuba um Maßnahmen, welche die USA unilateral und gegen die Bestimmungen der UNO Charta und des geltenden Völkerrechts verhängt haben.

Zimbabwe

Dr. Frank Guni, Sekretär der Verwaltung ZANU-PF (2) North America konnte leider nicht, wie angekündigt, am Panel teilnehmen. Er wurde von Omowale Clay (3), einem Aktivisten für Zimbabwe vertreten. Clay ruft zur unbedingten Solidarität mit allen von Blockaden betroffenen Ländern auf. Der Kampf, der in Zimbabwe gegen die Blockade geführt wird, ist gleichzeitig ein Kampf gegen den Kolonialismus und den Neokolonialismus. Es sei, so Clay, ein Irrtum zu glauben, wenn sich ein Land militärisch vom Kolonialismus befreit habe, sei es frei. Es gelte auch den wirtschaftlichen Kolonialismus und vor allem den Kolonialismus in den Köpfen zu beseitigen. (4) Zimbabwe, so sagen die Aggressoren, brauche „Demokratie und Freiheit“ und deshalb belegen sie das Land mit einer Blockade, unter der die Menschen nun seit 2001 zu leiden haben. Sie kämpfen, im wahrsten Sinne des Wortes, um ihr Überleben. Der Grund, weshalb die Blockade aufrecht erhalten und sporadisch verschärft wird, ist: Sie wollen – wie in so vielen anderen Ländern auch – einen „Regime Change“ herbeiführen. In vielen Belangen ist Zimbabwe ein Vorbild für andere afrikanische Länder. So ist zum Beispiel einer der Schwerpunkte der Regierung die Landfrage: Das Land soll denen gehören, die es bebauen. Das (Haupt) Problem, mit dem Zimbabwe konfrontiert ist, ist der Neokolonialismus. Dabei geht es vor allem um die Verteidigung der Ressourcen, das Volk Zimbabwes widersetzt sich der Ausplünderung dieser Ressourcen. Zimbabwe verfügt über ein funktionierendes Gesundheitssystem. So geht denn auch die Pandemie zwar nicht spurlos an Zimbabwe vorüber, aber man kann sagen, sie ist im Griff. Bis zur Stunde zählt Zimbabwe lediglich vier COV-19 Tote. Die Regierung und das Volk von Zimbabwe sehen die Blockaden gegen die Völker ganz klar als eine kriminelle Kriegswaffe an.

Nicaragua


Francisco O. Campbell, Botschafter Nicaraguas in den USA, gibt uns einen kurzen Rückblick in die jüngere Geschichte Nicaraguas in seinem Kampf für Freiheit, Unabhängigkeit und Gerechtigkeit. Die Sache des Volkes in Nicaragua zu demoralisieren und zu destabilisieren war schon immer, seit dem Sturz von Somoza, das Bestreben der USA. Diese Aktionen der USA, mit der sie den Sturz der Regierung von Nicaragua herbei führen wollten und wollen, führen u.a. zu einer Lebensmittel Knappheit im Land. So ist denn im Moment die Versorgung des Volkes mit Nahrung eines der Hauptanliegen der Regierung Nicaraguas. Das System Nicaraguas ist nicht auf den Profit von einigen Wenigen, sondern für die Wohlfahrt von Allen konzipiert. Neben der Blockade, unter der das Volk leidet, ist immer auch mit militärischen Angriffen zu rechnen, so wie es unter Reagan und Bush geschehen ist. Zu all dem kommt nun die Pandemie. Nachdem die WHO die Pandemie ausgerufen hat, hat die Regierung Nicaraguas sofort reagiert. Extra Kliniken für Infizierte wurden eingerichtet, Desinfektionsmittel wurden verteilt, die Grenzen wurden geschlossen. Die Solidarität von Kuba hat sehr geholfen und hilft noch immer.

Syrien

Dr. Bashar Ja’afari, UNO-Botschafter Syriens, bedankt sich bei den OrganisatorInnen und den TeilnehmerInnen und er grüsst auch alle anderen Länder die von Blockaden betroffen sind. Syrien wird seit 2011 mit einer umfassenden Blockade belegt. Jetzt kommen erschwerend die Maßnahmen gegen die Pandemie hinzu. (5) Dies hat enorm negative Auswirkungen, das syrische Volk geht durch eine sehr schwierige Zeit. Die Grund Infrastruktur des Gesundheitssektors ist bedroht. Der Nachschub an notwendigen Medikamenten ist gefährdet. Ebenso die finanzielle Stabilität des Landes. Alle Bereiche des Lebens sind betroffen: Die Schulen, der öffentliche Verkehr, das Gesundheitswesen, einfach alles... Die UNO erlaubt keine Sanktionen, ausser wenn sie vom UN Sicherheitsrat beschlossen wurden. Also sind sämtliche Sanktionen illegal, kriminell. Das ist gesetzlos! Der Import von medizinischen Geräten ist ebenso unmöglich, wie der Import von notwendigen Medikamenten. Die Länder, welche diese Blockaden mit vollziehen, tun dies nur aus einem Grund: Aus Angst vor den USA! Die USA behaupten, es gäbe „humanitäre Ausnahmen“ für medizinisches Equipment und Medikamente. Falls es das tatsächlich gibt, gehen solche Lieferungen nur in den Nordwesten und Nordosten Syriens, wo noch immer die von den USA unterstützten Terrorgruppen kämpfen. Diesen Terroristen senden die USA nicht nur so genannte „humanitäre Hilfe“ sondern auch Waffen und Geld. Wir appellieren dringend:
  • Die Blockaden gegen alle diese 39 Länder aufzuheben!
  • Die illegale Besatzung der Golanhöhen durch die Zionisten sofort zu beenden!
  • Sämtliche von den Zionisten besetzten Gebiete Palästinas sofort zu befreien!
Wir reden nicht nur vom bekannten militärischen Terrorismus. Wir reden auch vom Medienterror und jetzt müssen wir auch von Gesundheitsterror reden. Das Verhalten gegenüber diesen 39 Staaten ist, besonders angesichts der Pandemie, kriminell und unmenschlich. Was ist los mit Ländern wie den USA, dass deren Bevölkerung solche Verbrechen zulassen? UN Generalsekretär Guterres hat nicht einmal, sondern mehrmals eine Aufhebung der Blockaden gefordert. (6) Zwei Milliarden Menschen leiden aktuell unter Sanktionen, Embargos und Blockaden. Im Zug der Pandemie wird sich das noch verschärfen. So wie alle anderen Länder, wollte auch Syrien seine BürgerInnen in den Zeiten der Pandemie nach Hause fliegen. Die USA haben die Flüge untersagt. Die syrischen Landsleute können nicht nach Hause.

Venezuela

Carlos J. Ron Martinez, Stellvertretender Minister des Außenministeriums bestätigt, dass die USA auch in Venezuela mit allen Mitteln einen „Regime Change“ anstreben. Die neuen Angriffe gegen das Land sind nur die aktuellen Auswüchse einer langen Reihe von Aggressionen gegen Venezuela. Auch 2014, als Barack Obama im Weißen Haus saß, wurde es nicht ruhiger. Geschäftsleute, die Geschäfte außerhalb Venezuelas tätigen wollen, müssen ihr Geld in bar mittragen, finanzielle Transaktionen sind verboten. Davon ist die gesamte Bevölkerung betroffen. Der Ölsektor, der hauptsächliche wirtschaftliche Faktor des Landes, ist eingebrochen. 9 Milliarden US$ - Geld das Venezuela gehört - sind auf US amerikanischen Banken blockiert. Da jeder finanzielle Transfer blockiert ist, können auch keine Medikamente oder medizinischen Geräte importiert werden. Alltägliche Dinge können nicht eingeführt werden, weil kein Geldtransfer möglich ist. Das ist, insbesondere angesichts der Pandemie, ein großes Problem. Wie gehen wir damit um? Zu Beginn der Pandemie wurde versucht, mit den USA zu verhandeln um Masken, Desinfektionsmittel usw. einführen zu können. Das war sinnlos, ihr einziges Interesse ist ein „Regime Change“. Kuba, China und Russland sind in die Bresche gesprungen, von ihnen erfahren wir Solidarität, unser Impfstoff gegen die Krise ist Solidarität. Rund 11‘000 ÄrztInnen, darunter auch viele kubanische, sind allein wegen der Pandemie tätig. Diese ÄrztInnen machen Hausbesuche, sie leiten die Menschen zu den Hygienemaßnahmen an. Es gibt Solidaritätsprogramme, Nahrung, Medikamente und andere Hilfsgüter werden verteilt.

Iran

Auch Majid Takht-Ravanchi, UN-Botschafter für den Iran, bestätigt die Unrechtmäßigkeit der Blockaden. Seit nun mehr 20 Jahren leidet das Volk im Iran unter Blockaden, die periodisch verschärft werden. Neu hinzu kommt die Pandemie. Die Sanktionen behindern die effektive Bekämpfung von COVID-19, da alle humanitären und medizinischen Transaktionen ebenfalls der Blockade unterliegen. Im Iran zu handeln ist für ausländische Firmen schwierig bis unmöglich. Der – aus Sicht der USA – illegale Handel mit Iran wird hart bestraft. 83 Millionen Menschen im Iran, die gesamte Industrie, Import und Export, das Finanzwesen, das Transportwesen, alles ist von der Blockade betroffen, alles leidet darunter. Viele, darunter sogar einige US-ParlamentarierInnen, haben die Blockade angeprangert, bisher umsonst.

Diskussion: Wie weiter?


Dr. Bashar Ja’afari ortet das Problem auch im nach wie vor nicht überwundenen kolonialen Denken. Er erwähnt den offenen Brief an die UNO und an Präsident Trump, in welchem die Aufhebung der Blockaden gefordert wird. (7)

Wie wird die von der WHO ausgerufene Pandemie in den verschiedenen Ländern gehandhabt? Kuba zum Beispiel, so Frau Ana Silvia Rodriguez Abascal, schickt ÄrztInnen in alle Welt, die solidarisch gegen die Pandemie arbeiten. Dies hat jedoch, so die Diplomatin in Kuba, eine lange Tradition. Schon immer hat die Karibikinsel medizinisches Personal in die Welt geschickt und nun geschieht angesichts von Corona eigentlich nur das, was immer geschehen ist.

Ein Virus kenne keine Grenzen, mahnt Majid Takht-Ravanchi, der UN Botschafter für den Iran, wir alle säßen als Menschheit im selben Boot, aber COVID-19 sei nicht das einzige Problem mit dem wir konfrontiert seien. Francisco O. Campbell, Botschafter Nicaraguas in den USA, drückt die Solidarität der Regierung Nicaraguas mit allen Völkern, die unter Sanktionen leiden, aus. So wie früher die fortschrittlichen Kräfte aller Völker gegen die Konterrevolution von Reagan in Nicaragua zusammen standen, müssten wir auch heute gegen den gemeinsamen Feind zusammenstehen. Für die Bevölkerung von Zimbabwe seien solche gesundheitspolitischen Kämpfe nichts Neues, wirft Omowale Clay ein. Bereits in früheren Jahren sei in Zimbabwe Cholera als Waffe eingesetzt worden. Damals habe der Imperialismus verhindert, dass Chemikalien zur Wasseraufbereitung nach Zimbabwe importiert wurden. Aufklärung über solche Mechanismen sei wichtig, so Clay weiter. Das Ganze sei völlig unlogisch, sagt Carlos J. Ron Martinez, Stellvertretender Minister des Außenministeriums von Venezuela. Einerseits sei da eine globale Pandemie, anderseits würden die PolitikerInnen der Westens für noch mehr Sanktionen, noch mehr Blockaden plädieren. Damit, so sein Vorschlag, müssten wir uns tiefgehend befassen: Nämlich mit der Mentalität, die eine solche „Logik“ hervorbringt. Diese Mentalität muss verschwinden.

Nekrophil gegen biophil


Die Mentalität, von der Carlos J. Ron Martinez spricht, ist die Mentalität der Konquistadoren, der Kreuzritter, der Sklavenhalter und der modernen CEO‘s in den westlichen Gesellschaften. Mit einem Wort: Die nekrophile Mentalität des Imperialismus, die kein anderes Mittel kennt oder anerkennt als Gewalt. Es ist die Mentalität des Eurozentrismus, die den weißen Mann als Herrscher über die Völker der Erde stellt. Demgegenüber steht die Mentalität, die an dieser globalen Konferenz deutlich spürbar von allen vertreten wurde: Eine Mentalität des gegenseitigen Respekts, der Solidarität und des selbstbewussten Einstehens für die sozialen Werte des Lebens. Eine biophile Mentalität. Hier erkennen wir den Ursprung für eine konstruktive globale Zukunft: Eine Mentalität des Todes steht einer Mentalität des Lebens gegenüber. Das Leben wird siegen!


In der Zwischenzeit wurde die gesamte Konferenz auf YouTube hochgeladen:
https://www.youtube.com/watch?v=7kW894e6zMg
Achtung: YouTube hat die Tendenz, kritische Inhalte zu löschen.

Zur Erinnerung: Die globale Petition, in der zur Beendigung der Blockaden aufgerufen wird, kann hier unterschrieben werden:
https://sanctionskill.org

Der Auftritt von Dr. Bashar Ja’afari wird ausserdem auf Sana Syria dokumentiert:
https://sana.sy/en/?p=191373


Fußnoten:

1 https://sanctionskill.org/
(Zugriff Mai 2020)
2 https://www.zanupf.org.zw/
(Zugriff Mai 2020)
3 https://www.finalcall.com/perspectives/interviews/o_clay11-20-2001.htm
(Zugriff Mai 2020)
4 Siehe dazu: Frantz Fanon: Schwarze Haut, weiße Masken. Syndikat, Frankfurt am Main 1980
5 Siehe dazu auch:
https://www.presstv.com/Detail/2020/05/10/625039/Sanctions-hamper-Syria%E2%80%99sefforts-in-fight-against-coronavirus-pandemic:-UN-envoy
(Zugriff Mai 2020)
6 https://amerika21.de/2020/04/239363/un-sanktionen-venezuela-aufhebung
(Zugriff Mai 2020)
7 Die Petition gegen die Blockaden kann hier unterzeichnet werden:
https://sanctionskill.org/

Online-Flyer Nr. 744  vom 13.05.2020



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